Sinnloses Leben?

[Hypericum]

Hallo ihr lieben,

Zunächst kurz etwas über mich. Ich bin 26 Jahre, seit fast 3 Jahren in einer glücklichen Beziehung, habe ein gutes Verhältnis zu meiner Familie und mache zur zeit mein Abitur nach..

... Und trotzdem bin ich unglücklich. Ich kann mein Problem nicht mal genau definieren. Ich merke das ich seit Monaten schon keinen Antrieb mehr habe. Meine Noten wurden schlechter,ich komme in letzter zeit immer zu spät oder bleibe an manchen Tagen einfach ganz Zuhause. Meine Wohnung versinkt im Chaos. Egal was ich mir vornehme, es ist als hätte ich einfach alle kraft verloren.

Zwei Dinge sind es die mich im Moment besonders belasten. Ich wohne jetzt bald 2 Jahre alleine, war immer ein Mensch der eher die Einsamkeit gesucht hat. Doch jetzt merke ich wie sehr ich es satt habe alleine zu sein. Es gibt immer öfter Abende an denen ich einfach auf meinem Sofa sitze und Weine wenn keiner für mich zeit hat und ich mich so schrecklich einsam fühle. Habe meinen Freund gefragt ob er nicht mit mir zusammen ziehen würde aber er möchte noch nicht und dafür habe ich auch Verständnis.

Das zweite Problem ist etwas, das mich schon ewig verfolgt. Seit ich denken kann denke ich darüber nach: was ist dein Ziel im leben? Welchen Sinn hat es? Wie willst du deine Zukunft gestalten? Und ich habe keine Antwort darauf. Mal möchte ich dies, mal möchte ich das. Ich habe einfach zu wenig Ehrgeiz ein Ziel zu verfolgen. Sobald ich auf ein Hindernis stoße mache ich einen Rückzieher. Jetzt bin ich 26 und weiß nichts mit meinem leben anzufangen. Ich fühle mich deswegen oft leer und nichtsnützig.
Es scheint jeder hat etwas in seinem leben gefunden was es lohnt dem nachzugehen und dafür zu kämpfen, nur ich Scheine die einzige zu sein die keine "Bestimmung" hat. Manchmal denke ich, ich bin nicht dafür gemacht in dieser Welt zu leben. Was soll ich nur tun?

Das tat ehrlich gesagt mal ganz gut darüber zu schreiben...Hoffentlich kann mir jemand einen Rat geben.
Danke fürs lesen,
Lg Hypericum

[Christine]

Hallo Hypericum,

erstmal herzlich willkommen. Einiges an deinem Beitrag kam mir sehr bekannt vor; ich bin auch vor einiger Zeit in eine eigene Wohnung gezogen und fühle mich in letzter Zeit sehr allein. Dabei habe ich früher das Allein-sein sehr genossen. Nur, wenn es zu viel wird, wird es wohl zu Einsamkeit.
Ich weiß, es ist schwer sich aufzuraffen, aber ich denke, man ist weniger einsam, wenn man in seinem Allein-sein beschäftigt ist. Hast du Hobbys oder Interessen, mit denen du dich ablenken kannst, wenn du dich alleine fühlst? Schreib dann doch auf, wie es dir geht. Oder zeichne oder male etwas. Spielst du ein Instrument? Das könnte auch helfen.
Versuche, deine Gefühle auszudrücken, und schau wo dich das hinführt.
Was mir auch geholfen hat, ist, bewusst das Positive am Allein-sein zu suchen. Wenn ich mich einsam fühle, frage ich mich: Wie wäre es denn, wenn jetzt jemand da wäre? Oft wird mir dann bewusst, dass mich das eher stören würde, weil man allein dann doch entspannter ist als mit Besuch. Dass es gut tut, seinen Haushalt allein zu organisieren, ohne sich nach irgendjemand richten zu müssen.
Wegen der Antriebslosigkeit... Ich kenne das nur zu gut. Versuch nicht, alles auf einmal hinzubekommen, dadurch sieht man die Arbeit die man hat als riesigen Berg und kommt damit kein Stück weiter.
Nimm dir lieber konkret 1-2 Sachen vor, z.B. "heute Nachmittag gehe ich einkaufen". Und wenn du das dann geschafft hast, ist es schon ein Erfolg.
Mir hilft es manchmal, To-do-Listen mit den seltsamsten Kleinigkeiten zu schreiben. Wirklich alles, was ich tun werde, nicht nur das was erledigt werden muss. Sowas wie, "Kaffee austrinken, Tasse ausspülen, Zähne putzen, ..." Auch wenn es seltsam klingt, es ist ein tolles Gefühl ständig irgendwas abhaken zu können. Und so bekommt man dann etwas mehr Energie um auch andere Sachen wieder besser schaffen zu können.

Ich wünsche dir alles Gute

Liebe Grüße
Christine

[effloresco]

Hallo Hypericum!

Schön, dass du deinen Gedanken Luft machen konntest. Redest du manchmal mit deiner Familie und deinem Freund darüber? Hätten sie Verständnis dafür?
Ich kann deine Situation sehr gut verstehen, solche Gedanken und Gefühle trüben meinen Alltag auch ab und zu.
Eine eigene Wohnung bzw ein eigener Haushalt ist sicherlich viel Arbeit, damit kann man sich schon mal allein fühlen, oder wie siehst du das?
Bist du abends denn oft alleine? Kannst du das ändern und vielleicht mal raus, unter Leute gehen? Oder Treffen mit Freunden auf den Nachmittag verlegen? Vielleicht fühlt es sich dann abends nicht mehr so einsam an.

Christine hat, finde ich, schon super Tipps gegeben. Immer wenigstens 1 oder 2 Sachen vornehmen, selbst wenn das heißt, dass man mal alle Schulstunden besucht. Schau, ob du das hinkriegst. Du musst auch nicht sofort einen ganzen Frühjahrsputz starten, nimm dir erst mal eine kleine Ecke deiner Wohnung vor. Schritt für Schritt.
Das mit den Hobbys und Interessen jeglicher Art finde ich auch gut. Du kannst so deinen Gedanken und Gefühlen Ausdruck verleihen und sie auf Papier, Leinwand, Musik, was-auch-immer, übertragen und so belasten sie dich nicht mehr so. Wie soll man denn auch großartig in die Zukunft blicken, wenn einen andere Dinge viel mehr beschäftigen? So vertreibst du vielleicht die Wolken und kannst klarer sehen.

Auch wenn es seltsam klingt, es ist ein tolles Gefühl ständig irgendwas abhaken zu können.

Bestes Gefühl überhaupt. Gut, dass ich nicht die einzige bin

Liebe Hypericum, halt uns doch mal auf dem Laufenden

Liebe Grüße,
effloresco

[Atisha]

Hallo Hypericum!

Solche Zeiten wie du sie jetzt erlebst gehören mit zum Leben dazu. Es sind die Zeiten der Wandlung und Veränderung. Die Zeit des Getragenseins von der körperlichen Entwicklung und von der Gesellschaft ist nun vorüber. Du steuerst der Mitte des Lebens zu. Jetzt solltest du Beruf und Familie planen und anfangen. Später dann im Alter geht es mehr um innere Sinnsuche und um Spiritualität. Letztlich solltest du wissen, dass du niemals den Sinn deines Lebens in äußeren materiellen Dingen finden wirst. Letztlich geht es im Leben immer um eine geistige und seelische Entwicklung. Darum schaue mal auf dein Inneres und las dich von ihm tragen. Nehme alles so an wie es kommt. Erlebe das Leben. Man ist nur beschränkt ein Gestalter seines Lebens. Der Weg zum Glück geht über das Annehmen und Erdulden und Ertragen dessen was kommt, auch gerade der leidvollen Erfahrungen.

[Hypericum]

Vielen dank für eure Antworten. Ich werde es mal versuchen mir im Haushalt kleinere Ziele zu setzen,aber es wächst mir Grade wirklich über den Kopf. Wie schafft man das an einem Tag nach der schule noch zu lernen, den Haushalt zu machen und dann eventuell abends noch arbeiten zu gehen? Mir ist das wirklich zu viel.. Aber andere können es ja auch..
Ich habe meinem Freund den Beitrag zum lesen gegeben weil ich nicht darüber reden konnte aber ich wollte da er Bescheid weiß. Wir konnten noch nicht wirklich reden und er hat auch nichts dazu gesagt, aber er ist für mich da. Meiner Familie kann ich das nicht sagen. Ich stehe immer unglaublich unter Druck weil ich Angst habe sie zu enttäuschen. Ich bin nunmal das Schwarze Schaf in der Familie die nichts auf die Reihe kriegt, es ist besser wenn ich das für mich behalte, auch wenn meine Mutter mich sicher unterstützen würde. Mein Vater natürlich auch aber er ist kein Mann von großen Worten.

Zu dem Hobby kann ich sagen das ich sehr gerne zeichne und ich mir sehr oft dafür zeit nehme. Beinahe täglich. Dadurch lasse ich aber auch andere Dinge Schleifen. Was mir auch oft auffällt ist, dass das Zeichen mich nicht ablenkt sondern mich eher aufwühlt und ich oft einfach beim zeichnen Anfange zu weinen. Vielleicht weil es mich schon mein ganzes leben lang begleitet und es immer wieder Erinnerungen wach ruft und mir zeit wie weit ich es bisher gebracht habe. Nämlich nicht sehr weit. Ich habe oft darüber nachgedacht mehr mit meiner Kunst anzufangen, sie zu Verkaufen. Aber alles was ich plane scheitert sofort wieder beim kleinsten Anzeichen eines Hindernisses und weil ich nicht genug Selbstbewusstsein habe meine Kunst mit Überzeugung der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Wenn ich im Moment in den spiegel gucke sehe ich einfach nicht mehr mich sondern irgendeine Frau die in den letzten Wochen unglaublich zugenommen hat, nach über 3 Jahren wieder gelegentlich zu Zigaretten greift und in ihrem leben nichts erreicht hat.
Ich habe daran gedacht psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, habe aber noch gar keine Erfahrung damit gemacht und habe irgendwie ziemliche Angst davor.

Zum Thema Freunde und weggehen.. Seit ich in der Schule bin gehe ich wieder häufig aus, ich habe dort wirklich ein paar nette Menschen gefunden. Ich merke allerdings das mir eine richtige Freundin fehlt. Früher war das anders aber ist ja häufig so das man sich auseinander lebt oder umzieht.. Und so trennen sich die Wege. Ich bin außerdem eher jemand der mit Männern besser klar kommt, mit Frauen habe ich oft meine Schwierigkeiten und habe keine mehr gefunden die mit mir auf der selben Wellenlänge wäre.

Nun muss ich aber schlafen gehen.. Und morgen werde ich sicher wieder mit angeschwollen Augen in die Schule müssen. Ich sehe immer aus wie eine Qualle nach solchen Abenden wie heute..

Nochmals danke fürs lesen und Antworten,
Lg Hypericum

[effloresco]

Hallo Hypericum,

Wie schafft man das an einem Tag nach der schule noch zu lernen, den Haushalt zu machen und dann eventuell abends noch arbeiten zu gehen? Mir ist das wirklich zu viel

Ich glaube, die Leute, die das alles an einem Tag schaffen, sprudeln vor Energie über und sind eher die große Ausnahme. Mir wäre das auch zu viel.
Schüler haben ja auch viel zu tun und dann noch einen eigenen Haushalt... ohje. Immer schön Schritt für Schritt.

er hat auch nichts dazu gesagt, aber er ist für mich da

Das ist doch gut

Zum Hobby: Hast du eventuell etwas zu verarbeiten, was beim Zeichnen besonders gut Ausdruck findet? Und naja, Kunst verkaufen ist natürlich immer schwer. Da bist du nicht die Einzige. Eine Sache ist das Interessenten finden, die andere ist, dass man eben echt persönliche Dinge verkauft.
Zum Thema Freunde: Es ist schön, dass du nette Menschen in deiner Umgebung gefunden hast. Vielleicht kannst du dich einem oder einer von ihnen öffnen? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man manchmal mit einer Kleinigkeit den ersten Schritt machen kann und dann geht der Rest von selbst.

Ich habe daran gedacht psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, habe aber noch gar keine Erfahrung damit gemacht und habe irgendwie ziemliche Angst davor.

Ich finde, das könntest du ruhig versuchen. Deine Probleme stören deinen Alltag ja schon. Du kannst ja erstmal ein wenig im Forum lesen, vielleicht nimmt dir das die Angst. Ansonsten stell doch die Fragen, die du hast.

Viele Grüße,
effloresco

[GLaDOS]

Ich habe daran gedacht psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, habe aber noch gar keine Erfahrung damit gemacht und habe irgendwie ziemliche Angst davor.

Ein Versuch ist es allemal wert. Das du angst davor hast kann ich verstehen, aber du kannst dich ja mal an das Thema rantasten, und dir so etwas von der Angst nehmen.

Schaden kann es auf keinen Fall sich Hilfe zu suchen, und mit dem Forum hier, hast du schon mal einen Schritt in die Richtung gemacht. Wenn du Fragen hast, dann immer her damit ?

[Mirai]

Hallo, Hypericum!

Ich weiß nicht, ob meine Einstellung dir hilft, aber ich frage mich auch ab und zu nach dem Sinn des Lebens und bislang hab ich die Ansicht, dass man einfach ein glückliches Leben leben sollte.
Ich finde es auch nicht ungewöhnlich, wenn man kein festes Ziel vor Augen hat. Ich denke, es geht vielen Menschen so. Sei es, weil sie vielseitig interessiert sind oder aber das Richtige noch nicht gefunden haben.

Du bist nicht "nichtsnützig", weil du deinen Weg im Leben noch nicht gefunden. Sei nicht so hart zu dir selbst. Im schlimmsten Fall kannst du ja einfach alles auf dich zukommen lassen.

Ich hoffe, ich konnte dir mit meinen Worten ein bisschen Mut machen.