von Pegasus » Di. 30.11.2010, 20:05
Evolutionstheorie
In der Wissenschaft gibt es inzwischen Vorstellungen, dass Homosexualität der Gesamtfitness der Sippe dient, also auch im Sinn der Evolutionstheorie einen Nutzen hat, da sie dafür sorgt, dass sich eine größere Anzahl von Menschen um ein neugeborenes Kind kümmern kann. Berücksichtigt wird hierbei, dass homosexuell Veranlagte trotz biologischer Möglichkeit durchschnittlich weniger eigene Kinder zeugen als Heterosexuelle, dadurch jedoch ihre genetisch nah verwandten Neffen und Nichten mitversorgen können. Damit hätten letztlich auch ihre Gene eine Chance auf Fortbestand (siehe auch das Buch „Das egoistische Gen“). Bei dieser Theorie ist allerdings zu beachten, dass es sich hierbei um die umstrittene Gruppenselektion handelt. Zudem erklärt diese Theorie nicht den evolutionstheoretischen Nutzen der Homosexualität, sondern der Abwesenheit von Heterosexualität. Demnach müsste eine asexuelle Veranlagung, bei der kein Aufwand in die Suche eines Sexualpartners investiert wird und kein Risiko sexuell übertragener Krankheiten besteht, bei der Sicherung des Fortbestands naher Verwandter erfolgreicher sein.
Wissenschaftler der Universität Padua konnten darüber hinaus in einer Studie zeigen, dass dieselbe genetische Veranlagung, die bei männlichen Homosexuellen für deren sexuelle Orientierung verantwortlich ist, gleichzeitig auch deren weibliche Verwandte mütterlicherseits fruchtbarer macht. Der dadurch bei weiblichen Verwandten entstehende evolutionäre Vorteil könnte so die Durchsetzungsfähigkeit der genetischen Veranlagung für Homosexualität erhöhen.
Zweifelhaft bleibt jedoch, ob sich Homosexualität angesichts moderner Erkenntnisse, Verfahren und schöpferischen Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin überhaupt noch dem Rechtfertigungszwang unterwerfen muss, ob sie denn evolutionstheoretisch sinnvoll ist oder nicht. Dieser Zweifel wird auch schon dadurch bestärkt, dass eine biologistische Zweck- und Sinnbegründung von Sexualität sich zudem stets dem Verdacht aussetzen muss, als Projektionsfolie menschlicher Denk- und Wertungssysteme zu dienen und damit bestimmte Moralvorstellungen von „richtiger“ oder „falscher“ Sexualität zu transportieren.
Ein anderer Zugang zur Sexualitätsthematik ist daher die Frage, warum es überhaupt die Norm der Heterosexualität gibt und alles andere als Abweichung gesehen wird. In bestimmten Gender Studies wird analysiert, dass Heterosexismus und Heteronormativität Grundpfeiler unserer Gesellschaft sind und die Homosexualität eine soziokulturelle Konstruktion darstellt.