Mutismus - oder doch nur "schüchtern"?
Verfasst: Sa. 11.06.2016, 23:39
Ich sage gleich, ich habe keine Diagnose, deshalb frage ich danach. Ich habe mich die letzte Zeit öfters (eigentlich im Rahmen meiner Arbeit) mit Verhaltensstörungen beschäftigt und bin auch auf das Thema "Mutismus" gestoßen. Der Begriff hat mir vorher nichts gesagt, aber die Beschreibung dazu ließ mich doch etwas stutzen.
Ich zähle mal einige Punkte auf, die auf Mutismus zutreffen:
- plötzliches Schweigen in bestimmten Situationen (Ohnmacht)
- trotzdem keine Sprachstörungen
- stark unterschiedliches Verhalten zwischen vertautem / nicht vertrautem Umfeld
- plötzliches Erstarren, wenn die Person in eine bestimmte Situation gerät
Bei mir ist das so: Ich hatte noch nie ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern und kann mich an mehr negative als positive Gefühle erinnern. Meistens war es so, dass ich schon häufig von meiner Mutter verbessert wurde oder auch in solchen Situationen, sie holt mich vom Kindergarten ab, wir begegnen jemandem, er fragt mich nach meinem Namen und ich sage nichts (hierbei weiß ich nicht, ob es ein Erstarren war, aber jedenfalls schon eine Art Ohnmacht, ich konnte es einfach nicht). Meine Mutter: "Na? Du kannst doch wohl antworten, du weißt doch, wie du heißt". Das hat es dann nicht gerade besser gemacht. Dabei war mir jedenfalls auch irgendwie damals schon klar, dass über mich geurteilt wird, vor allem, wenn meine Mutter anschließend noch beschämt drüber gelacht oder Kommentare dazu abgelassen hat. Im Kindergarten selbst war es dann so, dass ich nie Freunde hatte, und wenn ich mal mit jemandem gespielt habe, auch nur wenig oder nichts gesagt habe (da muss ich aber auch sagen, dass ich außerhalb vom Kindergarten, neben meinen Geschwistern, nie Kontakt zu anderen Kindern hatte) und mit den Erzieherinnen auch nichts geredet habe, wenn ich nicht gefragt wurde oder was sagen musste. Wenn ich z.B. aufs Klo musste hab, ich das so lange aufgeschoben, bis es nicht mehr ging, und dann bin ich ewig um die Erzieherin herumgeschlichen, bis sie mich überhaupt bemerkt hat, und habe dann ganz leise meinen Satz gesagt. Einfach rein zu gehen habe ich mich nie getraut, obwohl das andere auch gemacht haben. Ein mal bin ich sogar wieder raus, weil ne Erzieherin kam und gesagt hat wir sollen gehen und ich nicht die Klappe auf bekommen habe, es ihr zu sagen. Ich bin auch nie zu Erziehern, wenn mich jemand geärgert hat. Einmal hat mir ein junge ins Gesicht geschlagen, dass mein Glas aus der Brille raus gegangen ist, und ich habe es hingenommen, ohne ein Wort zu ihm oder der Erzieherin zu sagen, das war so "sag es doch, wenn dich andere ärgern, die hilft dir" - "nein, wie blöd das ist, lass es einfach, tu so, als wäre nichts, zu viel Aufmerksamkeit".
In der Grundschule war es jedenfalls ähnlich. Ich habe mich zwar gemeldet, aber ich habe nie mit anderen gesprochen, weil ich wieder nicht wusste was und dann immer dachte, die haben alle ihre Freunde, was wollen die mit dir. Obwohl ich da auch (normalerweise) immer geantwortet habe. Ich wollte auch nie vom Wochenende erzählen, weil ich mir dachte, wen schert, was du gemacht hast? Die anderen findens eh nur blöd. Meine Lehrerin mochte ich eigentlich, aber ich habe nur mit ihr geredet, sogar ziemlich viel, wenn ich mit ihr alleine war. Sobald jemand dazu kam oder ich das Gefühl hatte, dass jemand mithören kann (z.B., wenn sie zu mir an den Tisch kam, wo andere dabei saßen), habe ich sofort aufgehört zu reden. Sie hat sogar mal nen Schulpsychologen wegen mir im Unterricht gehabt. Es war wohl nicht nur deshalb, aber auch. Sie hat echt versucht, mir zu helfen, aber irgendwie war sie selbst überfordert und hat einige Male überreagiert, wenn ich nichts oder nicht genug gesagt habe, was dann wieder bewirkt hat, dass ich still war und mich nicht mal mehr verteidigt habe, als ich dann Strafarbeiten bekommen habe oder in eine andere Klasse geschickt wurde.
In der Mittelstufe war es dann besser, was Freunde anging. Deshalb wurde auch, glaube ich, meine Offenheit da etwas besser. Trotzdem habe ich nie Gespräche angefangen oder sowas. Auch beim Heimlaufen nach der Schule bin ich meistens nur mit gelaufen und habe wenig gesagt. Und irgendwann hat sich das wieder gegeben und ich bin wieder alleine gelaufen. Was mir da so extrem aufgefallen ist, es gab viele blöde Weiber, die gelästert haben und ich habe nie was gesagt, im Unterricht kaum und unter Freunden so plaudern eigentlich nie und in Gruppenarbeiten, wo man seine eigene Meinung oder Ideen einbringen sollte wirklich nie, bis heute nicht, aber wenn sich jemand mit mir angelegt hat, also mich wirklich direkt angegriffen hat, habe ich mich immer verteidigt und demjenigen meine Meinung dazu gesagt (also Schülern).
In der Oberstufe war es dann so, ich dachte, ich könnte alle bösen Geister zurücklassen und neu anfangen, aber leider waren mehr als fünfzehn von fünfundzwanzig Leuten aus meiner alten Schule. Und damit wurde es nicht besser, sondern schlechter. Ich habe mich die ersten zwei bis drei Wochen noch am Unterricht beteiligt, und dann nicht mehr. Da waren Leute, die ich noch nie gesehen hatte, die so viel geurteilt und Gerüchte verbreitet haben, die ich teilweise mochte, aber wusste, dass sie alle anscheinend schon irgendwas über mich gehört haben, und egal, ob ich mit ihnen rede und es gut liefe, trotzdem andere es mitbekommen und wieder darüber urteilen und mich schlecht machen würden. Und die paar wenigen Male, die ich mich anfangs gemeldet habe, wurden entweder mit "du hast dich ja auch mal gemeldet" oder mit "da muss dringend mehr kommen" kommentiert. Und es war einfach immer dieses Werten, dieses nicht einfach tun können, was man will, und es wird hingenommen. Es war dann auch so, dass mich niemand in Gruppenarbeiten haben wollte und ich mich nicht getraut habe, einfach zu fragen, was wollen die schon mit mir? Und wenn ich mich dazu überwunden habe, hieß es meistens "Unsre Gruppe is schon voll" oder "Nee, wir sind schon zu viele" oder ein mal, ich hatte eine aus der Gruppe gefragt, weil alle anderen Gruppen größer waren und sie hatte schon ja gesagt (hat mich viel Überwindung gekostet) und habe dann ne Minute später von den anderen gesagt bekommen, ich solle alle fragen als Gruppe und nicht eine. Daraufhin hab ich erst mal geheult. Man kann einfach nichts richtig machen.
Inzwischen, ich bin jetzt in der Ausbildung, habe mit fast allen noch nie oder sehr wenig geredet (sind schon fast zwei Jahre jetzt), ist es wieder so, mit den Leuten, mit denen ich jetzt schon länger etwas mehr zu tun habe, kann ich reden. Sobald jemand dazu kommt, bin ich stumm. Auch, wenn wir in der Pause draußen stehen, wenn mich nicht jemand direkt anspricht, sage ich nichts. Immer der Gedanke, "was hast du schon zu sagen?" Obwohl ich mir schon sehr lange denke, scheiß drauf! Andere labern auch nur Kacke und machen sich nichts draus. Ich finde mich ja auch in Ordnung. Und ich bin ja auch nicht dumm, aber die Gedanken sind immer stärker als meine Kraft, es einfach zu tun. Ich melde mich im Unterricht inzwischen wieder. Es kostet mich meistens viel Überwindung und manchmal warte ich einige Fragen lang ab, weil ich denke, es könnte ja falsch sein, jetzt noch nicht, die nächste vielleicht, oh, wäre richtig gewesen, naja, vielleicht nächstes mal. Aber mein Arm wandert einfach nicht nach oben. Meistens dann eher so spontan, wenn die Gedanken keine Chance haben so schnell zu reagieren.
Ich habe auch das Problem, das ich bis heute nicht ans Telefon gehe, wenn jemand von meiner Familie zu Hause ist oder jemand von ihnen anrufen könnte. Wenn ich weiß, dass es definitiv für mich ist (z.B. an meinem Handy) und niemand da ist, der es mitbekommt, dann gehe ich ran. Genauso ist es, wenn ich z.B. mit meinem Vater einkaufen bin und er meint, ich könne doch mal fragen, wo sich das und das befindet, dann mach ichs nicht. Dann merke ich, wie mein Herz rast und sich irgendwie alles anspannt und ich versuche dann nach Ausreden zu finden, einfach weil es so eine Situation ist, wo ich irgendwie auf der Probe stehe und man erwartet, dass ich etwas tue und richtig tue. Wenn ich aber von mir aus sage, hey, ich frag mal nach, ist das kein Problem.
Und noch was anderes: Was mir auch schon als Kind aufgefallen ist (und anderen aus meiner Klasse z.B. auch), ist dass ich zu Hause ganz anders war als in der Schule. Zu Hause war ich immer laut, wild, habe quer durch den ganzen Garten gebrüllt und bin immer rum gerannt. In der Schule war ich ruhig bis ganz still, hatte keine Freunde, hab in den Pausen alleine rumgestanden und mich nicht mal getraut, Spielsachen auszuprobieren. Zu Hause habe ich oft gesagt bekommen, ich soll nicht so laut sein, das stört die Leute, ich soll mich nicht dreckig machen und ich darf dies nicht und das nicht, weil alles zu gefährlich ist. Aber nicht in dem Sinne von zu viel Vorsicht, sondern, die Sprüche meiner Mutter "Das macht man nicht", "Das sagt man nicht", "Da gucken ja die Leute".
Keine Ahnung, ob man auf diese Weise eine Diagnose stellen kann (oder eine Einschätzung). Ich kann mich halt an früher nicht so genau erinnern. Komisch finde ich nur, dass ich während meiner Arbeit im Kindergarten auch drei Mädchen (also zwischen 3 und 6 Jahren) hatte, bei denen da sehr auffällige Verhaltensmuster waren, aber angeblich ist Mutismus sehr selten. Oder doch nur so selten diagnostiziert?
Ich zähle mal einige Punkte auf, die auf Mutismus zutreffen:
- plötzliches Schweigen in bestimmten Situationen (Ohnmacht)
- trotzdem keine Sprachstörungen
- stark unterschiedliches Verhalten zwischen vertautem / nicht vertrautem Umfeld
- plötzliches Erstarren, wenn die Person in eine bestimmte Situation gerät
Bei mir ist das so: Ich hatte noch nie ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern und kann mich an mehr negative als positive Gefühle erinnern. Meistens war es so, dass ich schon häufig von meiner Mutter verbessert wurde oder auch in solchen Situationen, sie holt mich vom Kindergarten ab, wir begegnen jemandem, er fragt mich nach meinem Namen und ich sage nichts (hierbei weiß ich nicht, ob es ein Erstarren war, aber jedenfalls schon eine Art Ohnmacht, ich konnte es einfach nicht). Meine Mutter: "Na? Du kannst doch wohl antworten, du weißt doch, wie du heißt". Das hat es dann nicht gerade besser gemacht. Dabei war mir jedenfalls auch irgendwie damals schon klar, dass über mich geurteilt wird, vor allem, wenn meine Mutter anschließend noch beschämt drüber gelacht oder Kommentare dazu abgelassen hat. Im Kindergarten selbst war es dann so, dass ich nie Freunde hatte, und wenn ich mal mit jemandem gespielt habe, auch nur wenig oder nichts gesagt habe (da muss ich aber auch sagen, dass ich außerhalb vom Kindergarten, neben meinen Geschwistern, nie Kontakt zu anderen Kindern hatte) und mit den Erzieherinnen auch nichts geredet habe, wenn ich nicht gefragt wurde oder was sagen musste. Wenn ich z.B. aufs Klo musste hab, ich das so lange aufgeschoben, bis es nicht mehr ging, und dann bin ich ewig um die Erzieherin herumgeschlichen, bis sie mich überhaupt bemerkt hat, und habe dann ganz leise meinen Satz gesagt. Einfach rein zu gehen habe ich mich nie getraut, obwohl das andere auch gemacht haben. Ein mal bin ich sogar wieder raus, weil ne Erzieherin kam und gesagt hat wir sollen gehen und ich nicht die Klappe auf bekommen habe, es ihr zu sagen. Ich bin auch nie zu Erziehern, wenn mich jemand geärgert hat. Einmal hat mir ein junge ins Gesicht geschlagen, dass mein Glas aus der Brille raus gegangen ist, und ich habe es hingenommen, ohne ein Wort zu ihm oder der Erzieherin zu sagen, das war so "sag es doch, wenn dich andere ärgern, die hilft dir" - "nein, wie blöd das ist, lass es einfach, tu so, als wäre nichts, zu viel Aufmerksamkeit".
In der Grundschule war es jedenfalls ähnlich. Ich habe mich zwar gemeldet, aber ich habe nie mit anderen gesprochen, weil ich wieder nicht wusste was und dann immer dachte, die haben alle ihre Freunde, was wollen die mit dir. Obwohl ich da auch (normalerweise) immer geantwortet habe. Ich wollte auch nie vom Wochenende erzählen, weil ich mir dachte, wen schert, was du gemacht hast? Die anderen findens eh nur blöd. Meine Lehrerin mochte ich eigentlich, aber ich habe nur mit ihr geredet, sogar ziemlich viel, wenn ich mit ihr alleine war. Sobald jemand dazu kam oder ich das Gefühl hatte, dass jemand mithören kann (z.B., wenn sie zu mir an den Tisch kam, wo andere dabei saßen), habe ich sofort aufgehört zu reden. Sie hat sogar mal nen Schulpsychologen wegen mir im Unterricht gehabt. Es war wohl nicht nur deshalb, aber auch. Sie hat echt versucht, mir zu helfen, aber irgendwie war sie selbst überfordert und hat einige Male überreagiert, wenn ich nichts oder nicht genug gesagt habe, was dann wieder bewirkt hat, dass ich still war und mich nicht mal mehr verteidigt habe, als ich dann Strafarbeiten bekommen habe oder in eine andere Klasse geschickt wurde.
In der Mittelstufe war es dann besser, was Freunde anging. Deshalb wurde auch, glaube ich, meine Offenheit da etwas besser. Trotzdem habe ich nie Gespräche angefangen oder sowas. Auch beim Heimlaufen nach der Schule bin ich meistens nur mit gelaufen und habe wenig gesagt. Und irgendwann hat sich das wieder gegeben und ich bin wieder alleine gelaufen. Was mir da so extrem aufgefallen ist, es gab viele blöde Weiber, die gelästert haben und ich habe nie was gesagt, im Unterricht kaum und unter Freunden so plaudern eigentlich nie und in Gruppenarbeiten, wo man seine eigene Meinung oder Ideen einbringen sollte wirklich nie, bis heute nicht, aber wenn sich jemand mit mir angelegt hat, also mich wirklich direkt angegriffen hat, habe ich mich immer verteidigt und demjenigen meine Meinung dazu gesagt (also Schülern).
In der Oberstufe war es dann so, ich dachte, ich könnte alle bösen Geister zurücklassen und neu anfangen, aber leider waren mehr als fünfzehn von fünfundzwanzig Leuten aus meiner alten Schule. Und damit wurde es nicht besser, sondern schlechter. Ich habe mich die ersten zwei bis drei Wochen noch am Unterricht beteiligt, und dann nicht mehr. Da waren Leute, die ich noch nie gesehen hatte, die so viel geurteilt und Gerüchte verbreitet haben, die ich teilweise mochte, aber wusste, dass sie alle anscheinend schon irgendwas über mich gehört haben, und egal, ob ich mit ihnen rede und es gut liefe, trotzdem andere es mitbekommen und wieder darüber urteilen und mich schlecht machen würden. Und die paar wenigen Male, die ich mich anfangs gemeldet habe, wurden entweder mit "du hast dich ja auch mal gemeldet" oder mit "da muss dringend mehr kommen" kommentiert. Und es war einfach immer dieses Werten, dieses nicht einfach tun können, was man will, und es wird hingenommen. Es war dann auch so, dass mich niemand in Gruppenarbeiten haben wollte und ich mich nicht getraut habe, einfach zu fragen, was wollen die schon mit mir? Und wenn ich mich dazu überwunden habe, hieß es meistens "Unsre Gruppe is schon voll" oder "Nee, wir sind schon zu viele" oder ein mal, ich hatte eine aus der Gruppe gefragt, weil alle anderen Gruppen größer waren und sie hatte schon ja gesagt (hat mich viel Überwindung gekostet) und habe dann ne Minute später von den anderen gesagt bekommen, ich solle alle fragen als Gruppe und nicht eine. Daraufhin hab ich erst mal geheult. Man kann einfach nichts richtig machen.
Inzwischen, ich bin jetzt in der Ausbildung, habe mit fast allen noch nie oder sehr wenig geredet (sind schon fast zwei Jahre jetzt), ist es wieder so, mit den Leuten, mit denen ich jetzt schon länger etwas mehr zu tun habe, kann ich reden. Sobald jemand dazu kommt, bin ich stumm. Auch, wenn wir in der Pause draußen stehen, wenn mich nicht jemand direkt anspricht, sage ich nichts. Immer der Gedanke, "was hast du schon zu sagen?" Obwohl ich mir schon sehr lange denke, scheiß drauf! Andere labern auch nur Kacke und machen sich nichts draus. Ich finde mich ja auch in Ordnung. Und ich bin ja auch nicht dumm, aber die Gedanken sind immer stärker als meine Kraft, es einfach zu tun. Ich melde mich im Unterricht inzwischen wieder. Es kostet mich meistens viel Überwindung und manchmal warte ich einige Fragen lang ab, weil ich denke, es könnte ja falsch sein, jetzt noch nicht, die nächste vielleicht, oh, wäre richtig gewesen, naja, vielleicht nächstes mal. Aber mein Arm wandert einfach nicht nach oben. Meistens dann eher so spontan, wenn die Gedanken keine Chance haben so schnell zu reagieren.
Ich habe auch das Problem, das ich bis heute nicht ans Telefon gehe, wenn jemand von meiner Familie zu Hause ist oder jemand von ihnen anrufen könnte. Wenn ich weiß, dass es definitiv für mich ist (z.B. an meinem Handy) und niemand da ist, der es mitbekommt, dann gehe ich ran. Genauso ist es, wenn ich z.B. mit meinem Vater einkaufen bin und er meint, ich könne doch mal fragen, wo sich das und das befindet, dann mach ichs nicht. Dann merke ich, wie mein Herz rast und sich irgendwie alles anspannt und ich versuche dann nach Ausreden zu finden, einfach weil es so eine Situation ist, wo ich irgendwie auf der Probe stehe und man erwartet, dass ich etwas tue und richtig tue. Wenn ich aber von mir aus sage, hey, ich frag mal nach, ist das kein Problem.
Und noch was anderes: Was mir auch schon als Kind aufgefallen ist (und anderen aus meiner Klasse z.B. auch), ist dass ich zu Hause ganz anders war als in der Schule. Zu Hause war ich immer laut, wild, habe quer durch den ganzen Garten gebrüllt und bin immer rum gerannt. In der Schule war ich ruhig bis ganz still, hatte keine Freunde, hab in den Pausen alleine rumgestanden und mich nicht mal getraut, Spielsachen auszuprobieren. Zu Hause habe ich oft gesagt bekommen, ich soll nicht so laut sein, das stört die Leute, ich soll mich nicht dreckig machen und ich darf dies nicht und das nicht, weil alles zu gefährlich ist. Aber nicht in dem Sinne von zu viel Vorsicht, sondern, die Sprüche meiner Mutter "Das macht man nicht", "Das sagt man nicht", "Da gucken ja die Leute".
Keine Ahnung, ob man auf diese Weise eine Diagnose stellen kann (oder eine Einschätzung). Ich kann mich halt an früher nicht so genau erinnern. Komisch finde ich nur, dass ich während meiner Arbeit im Kindergarten auch drei Mädchen (also zwischen 3 und 6 Jahren) hatte, bei denen da sehr auffällige Verhaltensmuster waren, aber angeblich ist Mutismus sehr selten. Oder doch nur so selten diagnostiziert?