von Lingenia » Fr. 21.10.2005, 17:35
Hallo Leute,
das sind noch ein paar Dinge ... es widerholt sich bestimmt einiges was oben schon drinnen steht, aber es ist auch neues dabei ... denk ich ... vielleicht hilft es ja den ein oder anderen ... ich hoffe es ... hab das selbst erst vor einigen Tagen geschrieben bekommen ...
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Hier also ein paar Vorschläge, die bei der Bewältigung von SVV helfen können. Vorweg:
Es gibt da verschiedene Wege und jeder muss probieren, was ihm hilft.
Eine erste Notfall-Technik ist es, etwas zu tun, was keine Selbstverletzung ist, aber trotzdem noch ein intensives Gefühl erzeugt.
zum Beispiel:
- kalt duschen
- kalt Baden
- Eiswürfel an den Körper drücken
- etwas Scharfes oder Bitteres essen: Zitrone, Grapefruit, Pfefferonis
Ist natürlich erstmal nur eine Ersatzhandlung, keine Lösung des eigentlichen Problems, aber man schadet sich damit nicht selbst. Und was noch wichtig ist: Du erkennst, dass Du der SVV widerstehen kannst. Langfristig mußt Du natürlich rausfinden, warum Du ritzt und Dir Strategien für diese Situationen zurechtlegen, damit Du "gesund" mit ihnen umgehen kannst. Aber das ist leichter, wenn Du ohne SVV so eine Situation durchstehen konntest. Und das macht Dich dann auch stolz, dass Du wiederstanden hast. Und wenn Du weniger ritzt, dann hast Du auch mehr Kraft darüber nachzudenken, warum du es tust/meinst, es tun zu müssen.
Und je mehr Krisen Du durchstehst, ohne zu ritzen, desto geringer wird der Drang.
Langfristig mußt Du dann neue Wege finden, die Krisen ohne SVV zu überstehen.
Dafür mußt Du herausfinden, was hinter dem Drang zu Ritzen steht - was fühlst Du, wenn Du glaubst, ritzen zu müssen? Nimm Dir hierfür Zeit und tue es jedesmal, wenn Du merkst, Du willst Ritzen. Du kannst Dir auch z. B. eine vorgegebene "Mindestzeit" zum Überlegen und Nachfühlen vorgeben, z.B. verpflichtest Du Dich Dir selbst, vor dem Ritzen 10 min nachzufühlen, warum Du das meinst, nun tun zu müssen und ob es keinen anderen Weg gibt, dass Du Dich besser fühlst. Die Vorgabezeit hat mir oft geholfen, dass Überlegen und Fühlen nicht zu vermeiden, denn gerade am Anfang ist Ritzen einfacher als Fühlen.
Reflektiere, was durch das Ritzen mit Dir geschieht. Folgende Fragen sind hilfreich:
- Warum glaube ich, mich verletzen zu müssen?
- Was hat mich zu diesem Punkt gebracht, was ist der Auslöser?
- War ich schon einmal an diesem Punkt? Womit hatte es zu tun? Wie habe ich mich gefühlt?
- Was tat ich früher (statt ritzen), um dieses Gefühl zu bewältigen?
- Wie fühle ich mich jetzt in diesem Moment?
- Wie werde ich mich fühlen, wenn ich mich selbst verletze?
- Wie wird es mir nach dem Ritzen gehen?
- Wie werde ich mich morgen früh fühlen?
- Kann ich dem Auslöser ausweichen, oder zukünftig besser mit ihm umgehen?
- Muss ich mich nun wirklich selbst verletzen ?
Erkenne die auslösenden Gefühle, um geeignete Strategien anwenden zu können, um mit ihnen umzugehen:
Bin ich zornig?
Bin ich ruhelos/nervös?
Bin ich frustriert?
Bin ich traurig oder enttäuscht?
Kann ich meine Gefühle überhaupt wahrnehmen oder fühle ich sozusagen nichts?
Will ich aus Gewohnheit ritzen?
Spüre ich mich nicht ?
Als nächstes kannst Du dann eine Strategie für die jeweiligen Gefühle entwickeln oder einen der folgenden Vorschläge anwenden:
Wenn du zornig, frustriert oder ruhelos bist, mache etwas, um Dich abzureagieren, z.B.:
- in ein Kissen schreien, oder in den Wald gehen und schreien
- Kissen rumschmeißen
- Zerschneide eine Plastikflasche, ein Kleidungsstück, schneide einen Fetzen anstelle dich selbst.
- zerreiße Papier (Zeitungen, Telefonbücher usw.)
- tanze zu lauter Musik
Deiner Krativität sind keine Grenzen gesetzt: TU, WAS DIR GUTTUT, BEACHTE ABER, DASS ES WEDER DIR NOCH ANDEREN SCHADEN DARF!!
Noch ein Tip, der mir ganz gut geholfen hat: Nehme ein Foto oder eine Zeichnung von dir - markiere mit rotem Stift, was du vorhast zu tun. Zerschneide, oder zerreiße das Bild. Für mich war es immer ein Stück weit, also würde ich damit die SVV zerstören, außerdem wird Dir klar, was Du Deinem Körper antun willst.
Wenn du dich traurig, deprimiert, unglücklich fühlst, verwöhne Dich mit etwas Ruhigem, z.B.:
- Ein warmes Bad mit Badeöl oder Schaumbad
- Genieße einen warmen Kakao oder Tee und ein gutes Buch, zünde Räucherstäbchen oder Duftlampen an, und Kerzen, wenn Du magst. Höre beruhigende Musik.
- Rufe einen Freund oder eine Freundin an; Sprich dann aber nur über Dingen, über die Du reden willst und nicht über welche, die Dich zusätzlich belasten
- triff Dich mit guten Freunden
- Lass Dich von jemand Lieben in den Arm nehmen
- Nimm Dein Lieblingskuscheltier und mach es Dir damit gemütlich, rede mit ihm
- Schmiere Pflegecreme auf die Stellen wo du dich verletzen willst (fand ich sehr hilfreich - stoppt die Autoaggression).
Auch hier kannst Du kreativ sein: Tue, was immer Dir hilft, um dich sicherer und wohler zu fühlen.
Fühlst Du extremes Verlangen, Gier oder hast Du das Gefühl, Dich zu verlieren oder schon nicht mehr zu spüren, bist Du zwischen mehreren Gefühlen hin- und hergerissen, dann tu etwas, was einen starken spürbaren Reiz auslöst, Dir aber nicht schadet, z.B.:
- Drücke lange Eis an deinen Körper bis es schmerzt, rote Flecken
macht. (dies gibt anschließend keine Wunden)
- Stecke deine Finger in Eiscreme
- Nimm ein kaltes Bad oder dusche kalt
- Iss etwas Scharfes oder Bitteres (Grapefruit, Zitrone, Pfefferoni - hat auch alles nicht viele Kalorien, oder, wenn Du Angst hast, dann einen FA zu bekommen – beiß einfach nur ein paar Mal rein)
- Lass ein Gummiband an Deine Arme schnalzen..
- Konzentriere dich, wie du atmest. Achte darauf, wie sich der Brustkorb bei jedem Atemzug bewegt.
Wenn du dich sammeln willst, mache etwas um deine Konzentration anzuregen, z.B.:
- Game – Boy/Computer spielen
- Handarbeiten
- malen
- Esse und kaue etwas ganz bewußt, achte auf den Geschmack. Als Beispiel:
Nimm einen Apfel ganz bewußt in deine Finger, schaue ihn an, betaste ihn - wie fühlt sie sich an? Rolle ihn zwischen den Händen. Betrachte ihn ganz genau, alle kleinen Feinheiten der Oberfläche. Versuche, ihn mit Worten zu beschreiben. Führe den Apfel zu deinem Mund. Achte darauf, wie er sich mit der Zunge anfühlt, wie er genau schmeckt.
Folgende Tips habe ich mal wo aufgeschnappt, aber nicht ausprobiert und weiß also auch nicht, ob und wie sie wirken, da ich den Wunsch, Blut zu sehen, nicht so kenne:
Beim Wunsch, Blut zu sehen:
- Zeichne auf dir mit einem roten Filzstift Striche auf die Haut.
- oder: Nehme ein Fläschchen mit roter Lebensmittelfarbe und erwärme sie langsam indem du das Fläschchen in eine Tasse stellst und langsam warmes Wasser in die Tasse tropfen läßt.
Nehme das Fläschchen und fahre langsam über die Stellen der Haut, die du zu ritzen vorhattest, - drücke das Fläschchen an die Haut so als ob du vorhättest dich zu ritzen.
Tropfe einige Tropfen der Lebensmittelfarbe (6-7 Tropfen) auf die Stelle. - Nehme Eiswürfel und ziehe sie durch die Tropfen der Lebensmittelfarbe.
- Bemale dich mit roten Fingerfarben.
Beim Wunsch, Narben zu sehen oder Blutkrusten zu kratzen:
- Nehme einen Henna Färbesatz (Haarfärber). - Schmiere die Paste auf die Haut. - Lasse sie über Nacht eintrocknen. Am nächsten Tag kannst du sie abzupfen. - Es läßt orange spuren zurück.
Hier noch einmal eine recht gute Möglichkeit, SVV hinauszuzögern und kontrollieren zu lernen:
„Das 15-Minuten-Spiel“:
- Sage Dir: 15 Minuten will ich durchhalten - du kannst es.
- Wenn 15 Minuten vorbei sind, schaue ob du noch einmal 15 Minuten durchhalten kannst.
- Wenn Du dann trotzdem trotzdem ritzen willst: Wenn der Drang unaushaltbar ist, entscheide ZUVOR ganz genau, wieviel du dir erlaubst und wann es genug ist.
ERLAUBE DEM DRANG NICHT; DICH ZU KONTROLLIEREN; SONDERN KONTROLLIERE DU DEN DRANG!
ENTSCHEIDE SCHON IM VORFELD GANZ GENAU, was du dir selbst erlaubst, und was zuviel ist und halte dich an deine Limits.
Liebe Grüße Lingenia