Meine Mutter - die Egozentrikerin

Hier geht's um jede Form von zwischenmenschlichen Beziehungen, also um Liebe(skummer) und Partnerschaft (auch Sexualität), um Freunde, Bekannte, Angehörige und andere soziale Kontakte in Eurem Umfeld.

Meine Mutter - die Egozentrikerin

Beitragvon Gruenchen87 » Mo. 07.12.2015, 18:20

Hallo :)

das ist mein erster (langer) Beitrag und leider startet er gleich mit einem Thema, mit dem ich mich schon immer auseinander setzen muss.

Ich habe wie im Vorstellungsthread schon erwähnt, gerade eine sehr schwere depressive Episode in meinem Leben durchlebt, habe einige Schicksalsschläge erleben müssen und dazu mit einer phobischen Störung umgehen müssen. Das alles habe ich dank einer jahrelangen Verhaltenstherapie, verbunden mit zwei Klinikaufenthalten und mit der Hilfe meines Freundes gut verarbeitet bzw. einen besseren Umgang gelernt.
Mir geht es gut. :) So gut sogar, dass ich schwanger geworden bin. :) Mein Freund und ich erwarten im Juni nächsten Jahres unser erstes Kind und freuen uns wahnsinnig darauf. :)

Jedoch merke ich, vor allem in meinen Träumen, dass ich mich noch um ein besonderes Thema kümmern muss. Ich wünsche mir auch dafür Frieden und Wiederherstellung meiner Kräfte.
Es betrifft meine Mutter.

Sie ist schon immer ein sehr egozentrischer Mensch gewesen. Kurzbeschreibung: Sie redet sehr viel über sich, zu viel. Andere lässt sie kaum zu Wort kommen. Wenn, dann verarbeitet sie das für sich, bezieht Dinge auf sich, erkennt an dem Gesagten nur, was für sie zählt und übereinstimmt, sodass permanent der Eindruck entsteht, dass sie niemandem zuhört, nie auf andere achtet und auch keine andere Meinung zählt.
Egal wie ernst das Thema ist. Ein Beispiel dafür: Ich bat sie vor einigen Tagen, mich anzurufen, wenn sie Zeit hat, um ihr mitzuteilen, dass ihr Enkel ein Junge wird. (Das ich schwanger bin, wusste sie schon, darüber freute sie sich sehr.) Ihre Reaktion darauf war: "Hmm, ja, du ich glaube bei dem letzten Update meines Handys ist was schiefgelaufen [...5 Minuten nur davon erzählt...] Ich hab jetzt eigentlich gar keine Lust zu telefonieren."

Meine Therapeutin hat mich schon mehrfach bestätigt. In der Welt meiner Mutter existiert nur sie. Oft reagiert sie auf Außenstehende (auch mich als Tochter) mit Ablehnung, teilweise Herabwürdigung und Misstrauen in die Fähigkeiten anderer.

Das Schlimme daran ist, dass es ständig wechselt. Einen Moment lang, ist sie für mich da, lässt mich Vertrauen aufbauen, Hoffnung haben, jetzt endlich mal eine verlässliche Aussage zu haben, eine Basis. Und im nächsten Moment existiere ich nicht mehr für sie. Und das ist schon seit meiner frühesten Kindheit so. Sie zieht mich ran und stößt mich weg, ganz wie es ihr gefällt, egal wie es mir geht/ging.

Geblieben ist Wut und Trauer, ich verarbeite das wie gesagt in Träumen, die teils sehr heftig sind und Gesprächen mit der Therapeutin und meinem Freund.

Nun werde ich selbst Mutter. Ich wohne schon seit Jahren weit weg von zuhause und bin darüber sehr froh. Ich habe Abstand zu ihr und dem teilweise ebenfalls anstrengenden Rest der Familie nehmen können, habe meine Psyche wieder stabilisiert und fühle mich bereit dazu, ein Kind zu haben, zusammen mit meinem Freund.

Wir sind uns der Verantwortung sehr bewusst, auch das unterstellt sie mir gern. Sie spricht auch nur von mir, als wäre ich alleinerziehend, so wie sie es mit mir und meinem jüngeren Bruder war.
Ich erkenne das Verhalten. Ich versuche zu akzeptieren, dass sie nie die Mutter sein wird, dich ich gebraucht hätte. Ich versuche zu akzeptieren, dass ich sie nicht ändern werde.

Ich will einen Weg finden, mein Kind zu beschützen. Ich stand selbst als Kind zwischen Mutter und meiner Oma. Ich vertraue meiner Mutter nicht. Schon gar nicht, wenn es um mein eigenes Kind geht, ich weiß, sie würde auch mein Baby zurückstoßen, wenn es einen Grund dafür gibt. Kurz bevor ich schwanger wurde, habe ich den Kontakt zu ihr abgebrochen. Die Frage, die sich mir stellt ist: darf ich meinem Kind die Oma entziehen? Mein Freund und ich sind für das Kindeswohl verantwortlich. Ich weiß, dass es sehr anstrengend ist, zu sehen, wenn die eigene Mutter weint und auch den Grund zu wissen, eben dazwischen zu stehen.

Zudem hat sie mir heute mitgeteilt, dass sie, sollte ich erneut an einer Depression erkranken oder an der berühmten Schwangerschaftsdepression leiden, dass Kind zu sich nehmen will. o-Ton: "Auf keinen Fall in so eine fremde Pflegefamilie. Das Kind soll ja in der Familie bleiben." Das war mehr oder minder keine Frage ihrerseits.
Ich frage mich wiederum, in was für eine Ecke sie mich eigentlich stellt? Mein Freund und ich werden IMMER für unser Kind da sein. Und sollte es mir wirklich schlecht gehen und meinem Freund auch, dann würden wir uns immer Hilfe suchen und alles versuchen und das Kind niemals darunter leiden lassen.

Ihre Aussage erinnert mich schmerzlich an einen Moment, als ich mit starken Rückenschmerzen in einer Notfallaufnahme lag und mich nicht bewegen konnte. Hilflos lag ich da, als eine Schwester kopfschüttelnd meine Akte/Krankheitsgeschichte las und meinte: "Wie können Sie mit Ihren Depressionen bloß ans Kinder kriegen denken? Ich sehe hier jeden Tag misshandelte Kinder von überforderten Eltern.Ts." Das fand ich ungeheuerlich. Ich konnte gar nichts sagen damals. Habe mich hinterher schriftlich beschwert und eine Entschuldigung seitens des Krankenhauses bekommen.

Wie dem auch sei, ich wüsste gern, ob es hier jmd. gibt, der Ähnliches erlebt hat und wie er/sie damit umgeht. Und auch gern Anregungen, wie ich damit umgehen kann.
Ich sehe bisher zwei Möglichkeiten: 1. Die Umstände akzeptieren, Grenzen setzen, wenn nötig und mir möglich in dem Moment (manchmal bin ich einfach nur sprachlos) oder 2. Den Kontakt wieder abbrechen um mich und meine Familie zu schützen.

Vielen Dank fürs Lesen.
LG, Gruenchen87
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Re: Meine Mutter - die Egozentrikerin

Beitragvon kleeblatt123 » Mo. 07.12.2015, 20:24

Huhu... :)

Und erstmal herzlichen Glückwunsch zur Schwangerschaft und weiterhin alles Gute! :cuddle:

Ja naja, ich glaube bei dieser Entscheidung kann dir niemand helfen... Du solltest in dich reinhorchen und gucken was DU möchtest.

Ich kenne das. Andere können da reden und reden und es kommt doch nicht an. Es muss selbst bei einem "Klick" machen.

Hast du denn da eine Tendenz? Denn irgendwie habe ich das Gefühl, nachdem was du geschrieben hast.
kleeblatt123
 

Re: Meine Mutter - die Egozentrikerin

Beitragvon Gruenchen87 » Mo. 07.12.2015, 20:57

Hallo Kleeblatt :)

vielen Dank für deine Antwort und die Glückwünsche. :cuddle: Wir freuen uns so sehr auf unser Baby. :)

Es fällt mir bei dieser Entscheidung wirklich schwer, eine Entscheidung zu treffen. Sonst habe ich das mittlerweile schon sehr gut drauf. :)

Tendenz... hm, also den Kontakt abzubrechen wäre der "einfache" Weg. Aber es ist ein wirklich großer Schritt. So weiter gehen kann es für mich nicht. Es ist zu verletzend und Stress kann ich, vor allem jetzt in der Schwangerschaft, gar nicht gebrauchen. Also werde ich mich insofern schützen, dass ich mich erstmal nicht mehr melde.

Ich werde nicht, wie beim letzten Mal, eine besondere Ankündigung machen.

Ich denke, ich schütze mich, im Falle sie ruft an, einfach damit, aufzulegen, wenn es zuviel wird und sei es durch einen Vorwand oder gar nicht erst ranzugehen. Durch die Entfernung bin ich ja anders für sie nicht zu erreichen.

Glaub mir, Versuche zu erklären, zu verhandeln, Grenzen zu setzen, im Guten wie im Bösen, das habe ich alles schon tausendfach hinter mir und es wird traurigerweise konsequent ignoriert.

Nochmal lieben Dank für deine Antwort. :)
LG, Gruenchen87
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Re: Meine Mutter - die Egozentrikerin

Beitragvon kleeblatt123 » Mo. 07.12.2015, 21:06

Glaub mir, ich kann das so gut nachempfinden, wie schwer es ist, da eine Entscheidung zu treffen... :cuddle:

Aber dennoch, lag ich ja richtig, dass du bereits eine Tendenz hast. Und ich denke, es kommt auf einen Versuch an, ob es dir so ausreicht oder ob dich bereits kurze, unregelmäßige Telefonate enorm stressen werden. Danach könntest du ja immer noch den Schritt des Kontaktabbruchs wählen.
kleeblatt123
 

Re: Meine Mutter - die Egozentrikerin

Beitragvon Sensibelchen » Mo. 07.12.2015, 21:12

Auch ich kann dir nur meine Gedanken aber keineswegs einen Rat geben...
Zuallererst aber herzlichen Glückwunsch dass ihr bald zu dritt seid!!!
Ein Kind ist ein Geschenk!

Meine Therapeutin würde sagen "bleiben sie bei sich"!
Ihr seid eine Familie und dazu gehören du, dein Freund und euer Baby. ihr werdet Mutti und Vati für euer Kind zu sein, ihr habt die Verantwortung. Für euer Kind ist es wichtig von euch liebe, Ausrichtung und halt zu bekommen -- "Ein richtig schönes weiches Nest.."

Inwieweit ihr Onkel/Tanten/Großeltern mit einbezieht, müsst ihr selbst entscheiden. Für euren kleinen ist es aber wichtig, wenn durch einen Kontaktperson-Wechsel nicht huü nd hott sich abwechseln..

Das sind meine Gedanken, die keinen Anspruch auf Richtigkeit und vor allem pädagogische Genauigkeit hat!!!
Sensibelchen
 

Re: Meine Mutter - die Egozentrikerin

Beitragvon Gruenchen87 » Mo. 07.12.2015, 21:26

Nochmal hallo :)

Zu Kleeblatt: Ja, genau das denke ich mir auch. Ich starte einfach "Versuche", wie es mir damit geht und handle dementsprechend. Danke nochmal, ich werde hier berichten, wie ich mit der Situation umgegangen bin. :)

Zu Sensibelchen: Vielen Dank für deine Antwort und deine Glückwünsche. :) Dieser Satz "Bleiben Sie bei sich" steht bestimmt im Therapeuten-Lehrbuch auf Seite 1 :lol: der hätte gut von meiner Therapeutin stammen können. Aber genau das ist es, was ich versuchen werde, mit meinen "Versuchen". Ich achte auf mich, meine Gefühle und mein Wohlbefinden und wenn ich schon ihren Namen auf dem Telefon sehe und das schon Stress bedeutet, gehe ich einfach nicht ran. Das kann ich ja von Fall zu Fall entscheiden. :)

Hier bei uns in der selben Stadt wohnen noch die Eltern meines Freundes, die schon mehrfach Oma und Opa sind und diesen Test ganz wunderbar bestehen. :lol: Die werden wir auf jeden Fall einbeziehen und meinen Bruder auch, er wohnt allerdings ebenfalls weit weg, freut sich aber sehr, Onkel zu werden und wird alles möglich machen, um seinen Neffen oft zu sehen. :)

Danke für deine Gedanken. :)

LG, Gruenchen87
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Re: Meine Mutter - die Egozentrikerin

Beitragvon Gruenchen87 » Mo. 07.12.2015, 21:35

Hmm, jetzt fällt mir auf, dass das "Einbeziehen" auch missverstanden werden kann.

Also uns ist schon bewusst, dass WIR die Eltern sind und die volle Verantwortung haben. Ich meinte mit einbeziehen einfach nur, dass es noch Menschen in unseren Leben gibt, denen wir unser Kind sehr gern vorstellen und mit denen wir getrost auch Beziehungen zulassen.

Und das Bei-sich-bleiben habe ich schon verstanden als: versuche dich auf die Einheit deiner kleinen Familie zu konzentrieren und andere Personen soweit auszublenden. Ich bezog es jetzt nur einfach ebenfalls auf zukünftigen Kontakt zu meiner Mutter, wo ich auch versuchen werde, bei mir zu bleiben.

Ich hoffe, ich hab mich jetzt verständlicher ausgedrückt. :lol:
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