in letzter Zeit ist es mir schon passiert, dass ich mich aufgrund meines lädierten Nervenkostüms total mit Ärzten überworfen habe. Teilweise, weil ich mich von ihnen in eine Ecke gedrängt gefühlt habe, aber auch, weil ich teilweise richtig misstrauisch geworden bin und ich irgendwie das Gefühl hatte, dass man mir die Zügel aus der Hand nehmen will. Kennt Ihr solche Situationen auch?
Eigentlich hat das alles mit meinem langjährigen Schwerpunktarzt begonnen, bei dem ich bereits über 13 Jahre in Behandlung war. Bei einem Termin legte er mir einen Behandlungsvertrag vor die Nase, den er von mir unterschrieben haben wollte. Es ging darin um eine neuartige, lebenswichtige Medikamententherapie, die ich drei Monate nehmen musste. Jeden Tag eine Tablette, die das Stück 700 Euro kostete. Der Behandlungsvertrag legte fest, dass mein Arzt die nächsten zwei Jahre mit der Uniklinik Hannover, die ich bisher noch gar nicht kannte und meiner Krankenkasse einen regen Austausch all meiner Patientendaten haben darf. In dem Vertrag wurden sämtliche Diagnosen aufgelistet, die mein Arzt bisher von mir gesammelt hat. Teilweise auch Dinge, die absolut nichts mit der zu behandelnden Krankheit zu tun hatten. Auch Diagnosen zu Störungen, die mich meiner Meinung nach stigmatisieren hätten können.
Ich wollte mich daraufhin weigern, diesen Vertrag zu unterschreiben, weil ich der Meinung war, dass ich diese Diagnosen nicht mit fremden Menschen teilen mag. Ich habe mich dann versucht zu erklären. Doch mein Arzt hat mich nur frech angegrinst und gemeint, wenn ich nicht unterschreibe, dann würde ich auch die Medikamente nicht bekommen. Mit anderen Worten hat er mir also ins Gesicht gesagt: unterschreib oder krepier! Denn er wusste ja, dass diese Medikamenten-Therapie für mich lebenswichtig war.
Daraufhin sind mir regelrecht die Nerven weggebrochen. Mein ganzer Körper hat von einer Sekunde zur anderen nur noch unkontrolliert gezittert. Ich bekam Wortfindungsstörungen, extreme Gefühlswallung, die sich nicht mehr richtig kontrollieren ließen. Schüttelfrost, Schweißausbrüche und ein subtiles Panikgefühl überkamen mich. Und mein Kopf fühlte sich an, als ob die Schädelplatte jeden Augenblick explodieren würde und sich das Hirn im Kopf irgendwie umdrehen würde. In diesem Moment oder Zustand konnte ich mich gar nicht mehr richtig artikulieren, erklären, geschweige denn wehren oder verteidigen. Es fühlte sich so an, als ob ich jeden Moment komplett durchdrehe. Meine ganze Souveränität ist mir von einem Moment zum anderen förmlich abhanden gekommen. Zu allem Übel hat sich mein Mann, der bei dem Termin dabei war, auch noch auf die Seite von diesem Arzt geschlagen. Das hat dann alles noch schlimmer werden lassen. Ich habe den Vertrag dann unter großem Druck unterschrieben. Nur einfach, um möglichst schnell wieder dieser belastenden Situation entfliehen zu können. Ich hätte in dem Moment wahrscheinlich sogar ein Mordgeständnis unterschrieben, hätte man mir eines unter die Nase gehalten.
Die folgenden Tage drehte ich dann vollständig am Rad. Der ganze Vorfall lies mich nicht mehr los, beschäftigte mich ununterbrochen. Auch in der Nacht. Einige Tage später verlangte ich Einsicht in meine Patientenakte. Die wurde mir aber erst verwehrt. Danach eskalierte die Situation erst recht. Ich habe mit Anwalt, Patientenschutzbund, Ärztekammer usw… gedroht. Ihr könnt Euch sicherlich vorstellen, wie der Arzt daraufhin reagierte. Das Arzt-Patientenverhältnis ist nun unwiderruflich zerstört.
Daraufhin habe ich mir einen neuen Schwerpunktarzt im UKE in Hamburg gesucht. Und dort hat sich mehr oder weniger die gleiche Situation wiederholt. Denn mein neuer Arzt hatte natürlich nichts besseres zu tun, als sich hinter meinem Rücken mit dem ehemaligen Schwerpunktarzt zu besprechen. Er hat also nun bereits eine vorgefertigte Meinung über mich gebildet. Diesbezüglich werde ich dort nun auch behandelt. Wie eine entmündigte Irre, der man beständig irgendwelche Therapie- oder Behandlungsauflagen stellen muss. Nach jedem Termin gehe ich als totales Nervenbündel aus dem Zimmer heraus. Ich habe mich sogar schon gefragt, ob es ihm wohl Spaß macht, mich jedes Mal so fertig zu machen.
Meinem Mann zu liebe nehme ich nun Pillchen, Opipramol, die mich wieder ein bisschen auf den Teppich geholt haben. Ich sehe die Dinge nun schon ein bisschen reflektierter. Gut möglich, dass ich bei den Ärzten wirklich einen leicht gestörten Eindruck hinterlassen habe oder irgendwie überreagiert habe. Dennoch kann ich nun kein Vertrauen mehr zu ihnen finden.
Weil ich aufgrund meiner körperlichen Erkrankungen aber unbedingt auf einen Schwerpunktarzt angewiesen bin, habe ich mir nun gleich einen gesucht, der auch gleichzeitig Neurologe und Psychiater ist. Wenn man mich schon in diese Richtung drängen will, habe ich den Arzt mir nun wenigstens selbst ausgesucht. So weit, so gut...
Nun habe ich aber extreme Angst, dass sich mein neuer Arzt bei meinem kommenden Termin ebenfalls wieder mit meinen ehemaligen Ärzten besprechen will. Denn das ist bei meinen schweren körperlichen Erkrankungen in der Regel immer so. Wahrscheinlich kennen sich die Ärzte untereinander sogar.
Wie komme ich denn nun wieder aus diesem Teufelskreislauf heraus? Denn wie kann ich einem Arzt vertrauen, der sich mit anderen Ärzten bespricht, die bereits ihr Urteil über mich gefällt haben? Schlussendlich ist es doch so, dass sich die Ärzte untereinander näher stehen, als zu ihren Patienten. Es gibt doch hierzu auch das passende Sprichwort: eine Krähe hackt der Anderen kein Auge aus. Irgendwie scheine ich das Vertrauen zu Ärzten so immer mehr zu verlieren. Dazu kommt, dass ich mich momentan viel zu labil fühle, um mich überhaupt noch gescheit wehren oder verteidigen zu können. Wie komme ich da nur wieder heraus?
Sorry, dass ich hier nun einen ganzen Roman gepostet habe. Das scheint wohl eine Nebenwirkung von meinem leichten Dachschaden zu sein. Ich sollte daraus Profit schlagen und Bücher schreiben.
Vielleicht kann mir ja jemand einen wertvollen Tipp geben. Wie finde ich denn mein Vertrauen zu Ärzten nun wieder?
Lieben Gruß
Ruby