Hallo du (=
Also mit einer sozialen Phobie kann ich dienen! (=
Zuerst einmal: Das ist wirklich ein ganz schöner Haufen an Fragen, ich möchte dir diese allerdings trotz dem gerne beantworten. Abgesehen davon halte ich Tinas Vorschlag durchaus für sinnvoll
(Allerdings fehlt jetzt Tinas Beitrag
Trotz dem!)
Zu den FragenWie lange ich das habe lässt sich schwer einordnen, das mit der Diagnostik ist ja immer so 'ne Sache. Rückwirkend betrachtet dass sich erste Anzeichen bereits sehr früh bei mir bemerkbar gemacht haben (undgefähr als ich eingeschult wurde, also mit 6), das hätte sich allerdings wahrscheinlich auch anders verlaufen können. In Behandlung wegen dieser allgemeinen Problematik bin ich mit Unterbrechungen seit dem 7. Lebensjahr, seit meinem 14. explizit u.A. wegen sozialer Phobie. Wirklich ausgeprägt hat sie sich mit dem Beginn meiner Pubertät, so ab dem 12. Lebensjahr. Da haben einige Äußere Faktoren eine Rolle gespielt, ohne diese bin ich mir nicht sicher ob sich aus meinen Schwierigkeiten im Zwischenmenschlichen auch eine Phobie entwickelt hätte. Soviel zur Geschichte
Zum Thema der Therapie:
Ich hab schon ein paar gemacht, also gehe ich mal nicht auf alle ein, sondenr nur die, die auch wirklich etwas bewirken konnten
Die längste war ein mehrjähriger Aufenthalt in einer sozialtherapeutischen Einrichtung. Dort wurde viel Wert auf Gruppentherapie gelegt sowohl ausschließlich mit Leuten mit der selben Diagnose (was ein sehr schönes Konzept ist, da man in diesem Raum gute Möglichkeiten hat sich gegenseitig und dadurch auch selbst zu helfen) als auch sozusagen interdisziplinäre. Dieser Aufenthalt dort hat mich ein großes Stück weiter gebracht, allerdings gibt es nach wie vor einiges zu tun
Im Anschluss daran habe ich eine ambulante Therapie (eigentlich sogar 2
) aufgenommen. Die Eine bei einem Verhaltenstherapeuten, diese findet regelmäßig statt und das Andere ist eine Traumatherapie, welche ich in unregelmäßigen Abständen fortführe, je nach meinem Zustand.
Wie macht sich das bemerkbar?
Das ist nun wirklich schwer zusammenzufassen, das ist doch schon ein ganzer Haufen.
Wenn ich versuchen müsste ein allgemeingültiges Leitmotiv zu verfassen würde ich es ungefähr so ausdrücken: Die Angst in zwischenmenschlichen Situationen nicht angemessen reagieren zu können, negativ Bewertet zu werden, sich Fehlverhalten vor den Augen Anderer zu leisten.
Oder so. Ich habe jetzt wirklich lange überlegt und dieser Satz erfasst auch nicht alles, aber ein wenig schon.
Ein praktisches Beispiel dazu mal:
Während meiner Ausbildung (als Tischler) hatte ich immer wieder Schwierigkeiten mit den Deadlines, da ich nicht in der Lage war zu Arbeiten wenn mir Andere dabei zugesehen haben, aus Angst davor etwas nicht richtig zu machen, bzw. besser machen zu können und dass dies von den Menschen dann zu einer Abwertung meiner Person führen könnte. Das ist natürlich recht unpraktisch, aus mehreren Gründen. Erstens ist es wirklich schwer sich etwas beibringen zu lassen bzw. zu lernen wenn man versucht Situationen zu vermeiden in denen man korrigiert werden könnte. Ich habe irgend wann mit meinem Meister ein offenes Gespräch gesucht und wir konnte gute Reglungen finden, (Zu ihm hatte ich nach 1 1/2 Jahren ein so gutes Vertrauensverhältnis dass wir auch zusammen problemlos arbeiten konnten) ich habe beispielsweise zu Anderen Zeiten, am Wochenende oder wenn der Großteil des Betriebes auf Montage war gearbeitet und wenn alle da waren habe ich Tätigkeiten ausgeübt bei denen ich unbeobachtet bleiben konnte.
Mittlerweile bin ich nicht mehr in diesem Beruf Tätig und wenn ich heute mit anderen Menschen zu tun habe, gestaltet sich die Situation meistens so dass sie mir bzw. zumindest ich nicht ihnen untergeordnet oder überlegen bin. Das nimmt einiges an Spannung heraus.
Allgemein sorgen diese Ängste in meinem Berufsleben übrigens dafür dass ich extrem Sorgfältig und übermäßig gut vorbereitet bin, was zum Beispiel bei Kundenterminen sehr gut ankommt, da ich eigentlich auf jede noch so abwegige Frage und Idee etwas zu sagen weiß da ich all das schon vorauszuplanen versucht habe. Hat also auch etwas Gutes das Ganze
Damit komme ich ja auch eigentlich gleich schon zu deinem nächsten Punkt, den Tricks und Strategien. Die oben erwähnte "Überplanung" ist eine, ich wende diese häufig an und in beruflichen Situationen funktioniert das auch in der Regel.
Für die alltäglicheren Probleme (Scheiße, die Leute sehen was ich einkaufe, was denken die von mir, kann ich Ingwer, Sojajoghurt, Einmalhandschuhe und eine Flasche Gin zusammen kaufen, sieht das komisch aus?, ich will nicht nur 2 Brötchen kaufen, dafür lohnt sich der Aufwand der Verkäuferin doch gar nicht, ich nehme gleich 10, klaustrophobische Gefühle und kurze Synkopen in größeren Menschenmengen etc.) gibt es keine wirklichen Patentlösungen. Meisten heißt es da Augen zu und durch, rational denken sich nicht von der Angst verleiten lassen, wenn in der Öffentlichkeit sich ins Gedächtnis rufen dass man diese Menschen nie wieder sehen wird. Gegen die körperlichen Abwehrreaktionen (Ohnmacht, Schwindel, Übelkeit etc.)) war meine langandauernde Therapie ganz erfolgreich, diese treten nur noch auf wenn es mir wirklich sehr schlecht geht.
Ein Trick der mir allerdings hilft und den ich sozusagen permanent anwende: Medizinische Vorbereitung. Ich trage immer Medikamente bei mir gegen verschiedenste körperliche Symptome, Panikattacken etc., sowie ein breitgestreutes allgemeinmedizinisches Arsenal (Verbands- und Nahtmaterial, Rettungsdecke etc.) was mir wesentlich mehr Sicherheit gibt. Abgesehen davon habe ich ein paar Notfallmedizinische Schulungen gemacht, um mir selbst und Anderen helfen zu können. Hier ist allerdings Vorsicht geboten, soetwas kann schnell ausarten und man wird ohne diesen Krempel handlungsunfähig bzw. übertreitb in der Vorbereitung derart dass man schon in den paranoiden Bereich geht.
Was mir gerade noch zum Thema Therapie einfällt: Meine ganz persönliche ist die Musik. Setz mich auf Bühne hinter ein Klavier oder drück mir ein Mikrofon in die Hand und ich bin ein komplett anderer Mensch. Meistens gelingt es mir auch das so erlange Positive auszuweiten und es hält ein paar Tage vor und auch allgemein wirkt sich das sehr gut aus, da es mir beweist dass ich eben auch ganz anders kann und auf genau das was ich in diesen Momenten fühle versuche ich auf Krisensituationen zu übertragen.
So, ich sitze jetztb hier schon lange an diesem Texthaufen und wenn ich noch länger darüber nachdenke werde ich ihn vermutlich nicht absenden, also sehe mir Rechtschreibfehler bitte nach. Ich hoffe ich konnte dir damit ein wenig weiterhelfen..
(=