Warum darf ich nicht normal sein

Hier geht's um jede Form von zwischenmenschlichen Beziehungen, also um Liebe(skummer) und Partnerschaft (auch Sexualität), um Freunde, Bekannte, Angehörige und andere soziale Kontakte in Eurem Umfeld.

Warum darf ich nicht normal sein

Beitragvon Schwesterli » Di. 03.11.2015, 04:01

Normalerweise schreibe ich nicht in Foren, aber da ich nicht mehr weiter weiß, versuche ich mal Hilfe zu finden.
Kurz zu mir: ich bin eine Frau, die voll im Leben steht. Normalerweise. Jetzt im Moment gerade nicht. Der Grund ist, dass ich vor ein paar Monaten gekündigt wurde, obwohl ich die einzige Spezialistin auf diesem Gebiet war. Aber nicht nur mein Arbeitgeber, sondern auch mein Freund hat mir "gekündigt". Das aber alles macht mich mal gar nicht so fertig.
Das alles wär nämlich vermutlich gar nicht passiert, wenn ich nicht angefangen hätte zu schwächeln. Mein Gesundheitszustand war nämlich die vergangenen Monate nicht so rosig.
Nun ist es so, dass ich als alleinerziehende Mutter bisher immer "meinen Mann" gestanden habe. Ich war sehr erfolgreich im Beruf, einen Partner hatte ich zumeist nicht an meiner Seite. Und wenn doch, dann war es einer, der sich von mir bemuttern ließ. Solche Beziehungsgeschichten hielten nur nicht lang, denn ich habe schon ein Kind, und ganz sicher brauche ich nicht noch ein erwachsenes Kind mit dazu.
Sprich-ich war stets die Starke. Einen Partner an meiner Seite brauchte ich eigentlich nicht.
Aber trotzdem kam ein Mann, der mich sehr beeindruckt hat. Allerdings zu der Zeit, als es mir gesundheitlich noch gut ging. Als ich auf einmal immer kränklicher wurde, spürte ich schon, dass es in der Beziehung kriselt. Als ich dann noch meinen sehr guten Job verlor, war zugleich auch die Beziehung passé.

Nun fing ich an zu grübeln, so vor vier, fünf Monaten, und komme da nicht mehr heraus. Ähnliche Geschichten habe ich schon oft erlebt.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich nicht ernst genommen werde, sobald ich zu schwächeln beginne. So gut wie niemand weiß, dass ich sehr verletzlich bin. Mir kommt es vor, als werde ich von meinen Mitmenschen als Idol hingestellt. Jedermann möchte mich bewundern und anbeten, und so lange ich dieses Ideal aufrecht erhalten kann, ist alles gut. Fast jeder meiner Mitmenschen weiß, durch welche Höllen ich gegangen bin. Jeder kann sehen, dass ich mir als alleinerziehende Mutter ohne jegliche Unterstützung (auch finanziell) den Arsch aufreiße, jeder sieht, dass ich ich nur noch arbeite und für sonst nichts mehr Zeit habe. Auch nicht wirklich für mein Kind. Trotzdem betrachtet mich jedermann als "Übermensch", als jemand, dem sämtliche menschliche Schwächen fremd sind.
Trotzdem ich in meinem Leben nicht auf eine einzige glückliche Beziehung zurückblicken kann, bin ich in meinem Freundeskreis die Beziehungsratgeberin Nummer1.

Aber spätestens dann, wenn ich anfange, selbst Schwächen zu zeigen, werde ich abgeschossen von meinem Umfeld. Normalerweise kann ich damit umgehen. Solche falschen Freunde brauche ich eh nicht.

Aber dieses Mal schaut es anders aus: Es war einerseits ein Job, in dem ich als einzige Spezialistin überhaupt prinzipiell unkündbar war und andererseits der Mann, mit dem ich mein zukünftiges Leben verbringen wollte. Dabei habe ich nichts verbrochen. Ich wurde nur krank.

Warum darf ich niemals schwach sein, wie andere Menschen auch? Selbst wenn meine Schwäche nur kurz andauert, sind die Folgen stets bitter für mich. Niemand nimmt mich ernst, wenn ich auch so etwas wie Gefühle habe. Warum ist das so?
Schwesterli
 

Re: Warum darf ich nicht normal sein

Beitragvon EwigeMutter » Di. 03.11.2015, 12:10

In diese Rolle der starken und unabhängigen Frau, die eigentlich niemanden braucht, hast Du dich ja selbst gebracht und so wie ich es aus deinen Zeilen herauslese, fühltest Du dich bisher auch immer wohl darin.
Du akzeptierst dich selbst anscheinend nur, wenn Du stark bist und alles selbst in die Hand nimmst.....das wird von Deinem Umfeld sicherlich auch so wahrgenommen.
Trotzdem kann ich mir nur schlecht vorstellen, dass Dein Partner dich verlassen hat, weil Du krank geworden bist.....wenn das tatsächlich der Grund ist, dann sei froh, dass Du ihn los bist.
Welcher Art sind denn deine gesundheitlichen Probleme?
Ist es etwas sehr Belastendes und Einschränkendes?
Was war denn der genaue Kündigungsgrund? Wegen Krankheit kann man, soweit ich weiß, nicht so schnell den Job verlieren.
Es kommt leider oft vor, dass sogenannte Freunde sich abwenden, wenn man in Schwierigkeiten steckt....da bist Du in guter Gesellschaft und gewiss kein Einzelfall.
Es liegt also nicht an Dir, sondern am Egoismus und an der Bequemlichkeit der meisten Zeitgenossen.Viele Menschen wollen in einer “Freundschaft“ in erster Linie nur profitieren....leider.
Es ist schwer, wirkliche Freunde zu finden, die einem auch in Notzeiten zur Seite stehen.
Suche nicht immer die Fehler bei Dir, oft ist es die Schwäche und/oder die Gleichgültigkeit der anderen, die uns leiden lässt.
EwigeMutter
 

Re: Warum darf ich nicht normal sein

Beitragvon LAnima » Di. 03.11.2015, 23:01

Liebe Schwesterli,

auch wenn man eine starke Person (nach außen) ist, so darf man doch auch schwach sein.
Ich kann deinen Wunsch gut nachvollziehen. Sich einfach auch mal zurückzulehen und selbst etwas Unterstützung, vielleicht auch nur Zuspruch zu bekommen.
Es tut der Seele doch nur gut.
Vielleicht fällt es deinen Freunden schwer mit dir umzugehen, wenn du "plötzlich" so anders bist und deine Gefühle zeigst, vielleicht irritiert es sie.

Sorry, ich möchte eigentlich mehr schreiben, doch die Wörte fließen nicht so. :oops:

Ich wünsche dir, dass du wieder gesundest.
LAnima
 

Re: Warum darf ich nicht normal sein

Beitragvon SoundOfSilence » Mi. 04.11.2015, 00:50

Hey Du,

Das klingt echt hart...! :troest:
Eine einfache Antwort habe ich nicht , aber grundsätzlich wird es vermutlich einerseits an dir liegen (also daran wie du selber mit Gefühlen und Schwächen umgehst) und andererseits vielleicht auch an dem Menschentyp mit dem du dich umgibst (u viele Menschen vom Stamme nimm... ?). Da steckt dann oft auch ein ungutes Muster dahinter .... Soetwas kann man zumindest mal für dich hinterfragen, ob es einen auch wirklich glücklich macht "was " man sich da immer so sucht .

Bleib tapfer - und willkommen hier im Forum!

Liebe Grüße,
SoS
SoundOfSilence
 

Re: Warum darf ich nicht normal sein

Beitragvon ViJo » Mi. 04.11.2015, 16:54

Hallo Schwesterli,

... habe da mal eine Frage. Hast du aus dieser Bewunderung anderer, deinen Wert gezogen?
Und dich deshalb immer wieder derart verausgabt, diesen hohen "Posten" auch nach außen aufrecht zu erhalten?
Es wäre wichtig, dass in Zukunft deine innere Verletzbarkeit, mit deiner äußeren "Fassade"(damit meine ich nicht, dass du nicht stark bist), in Einklang miteinander bringst, um auch für andere so gesehen zu werden, wie du wirklich bist. Dazu müsstest du allerdings diesen Anspruch an dich selber, für andere Bewundernswert zu sein, aufgeben.
Ich glaube, dann wirst du andere Menschen kennen lernen, die dir ebenbürtig sind.

Herzlich Willkommen bei uns.
Liebe Grüße von L.R.
ViJo
 


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