Sonntag
Manchmal frage ich mich, was mit dem Denken in meinem Kopf los ist. Ob es normal ist, dass ich die absolute Überflutung von wild durcheinander gewürfelten Gedanken erlebe, die alle synchron und mehrspurig in verschiedene Richtungen rasen. Hin und wieder habe ich dabei auch noch dieses völlig paradoxe Gefühl, als wäre mein Kopf währenddessen komplett leer, als würde ich an Gedankenarmut leiden. Und dann gibt es diese Momente, in denen mich mein Denken wie eine schwarze Wolke verschluckt und mich vollends mit Negativität beschmutzt, bis zwischendurch irgendwo ein kleiner Gedanke auftaucht, der mich wahnsinnig zum Lachen bringt. Gelegentlich bzw. meistens sind es Witze auf meine eigenen Kosten. Dafür habe ich bereits viele fragwürdige und verständnislose Blicke und Meinungen geerntet, denn kranke Menschen sind in dieser Gesellschaft kaum berechtigt, noch richtig lachen zu dürfen - es widerspricht dem schlechten Allgemeinzustand. Wenn man völlig am Boden oder im Dreck liegt und das eigene Leben nur noch einem würdelosen Schrottplatz gleicht, wie kann man in so einer Situation noch lachen.
Vielleicht liegt's am schwarzen Humor, am trockenen Sarkasmus, an meinem größtenteils sehr verkorksten Leben oder einfach nur an der skurrilen Ironie. Dadurch durfte ich mir bereits unterstellen lassen, ich würde den Ernst meiner gesundheitlichen Situation nicht richtig wahrnehmen, was zu gewissen Zeiten vielleicht auch stimmt. Als ich vor einigen Jahren krankheitsbedingt barfuß in meiner eigenen Kotze stand, hätte ich vor Entsetzen und Erbärmlichkeit wahrscheinlich lauthals heulen können, stattdessen fiel das Entsetzen auf die Erkenntnis, dass ich das Essen zum Teil nur sehr nachlässig gekaut hatte.
Ich habe ein Problem damit, ernst zu sein. Ebenso habe ich ein Problem, lustig zu sein bzw. kann ich über vieles nicht lachen, worüber die Menge lacht. Das fiel mir unter anderem vor vielen Jahren auf, als ich mir "Switch Reloaded" ansah. Alle schwärmten davon und meinten, ich würde mich vor Lachen nicht mehr einkriegen, stattdessen saß ich sehr gelangweilt und von dieser Serie genervt auf der Couch und verstand nicht, was die Leute daran lustig finden konnten. Ich stellte mir ernsthaft die Frage, ob in meinem Kopf irgendein Kontakt defekt wäre, der zum Verständnis dieser unlustigen Witzigkeit führen sollte. Oder es hängt in irgendeiner Form mit der nicht vorhandenen Funktion des Anpassens zusammen.
Gelegentlich habe ich diese 8 im Kopf - eine relativ häufige Assoziation bzgl. meines Denkens, weil sie weder Anfang noch Ende hat und genauso erscheint mir diese scheinbare Endlosschleife aus Worten. Ich könnte wahrscheinlich stundenlang und hochgerechnet wohl mindestens mein halbes Leben lang über meine Gedanken philosophieren und sie in ihre Einzelteile zerlegen, mir den Kopf darüber zerbrechen und mir diverse Erklärungen und Spekulationen zusammenfantasieren, die wiederum für neuen gedanklichen Stoff sorgen, der sich wie von selbst vermehrt.