Liebes Glühwürmchen,
ich stehe vor einem ähnlichen Problem wie du. Mir ist das Thema immer sehr unangenehm und ich habe totale Hemmungen, darüber zu reden, weil man eben zwangseingewiesen werden könnte, wie du schon angesprochen hast. Das Problem ist wohl, dass man eine Suizidgefährdung nicht messen kann und es dann im Ermessen deines Psychotherapeuten liegt, ob er dich einweisen lässt, um dich vor dir selbst zu schützen, oder eben nicht. Das ist sehr schwierig.
Ich persönlich finde es immer wahnsinnig ätzend, wenn ich im Internet auf Leute treffe, die meinen, dass "Suizidgedanken" und "konkrete Suizidabsichten" dasselbe seien und für mich sind das eindeutig zwei Paar Schuhe. Ich denke, es gibt Menschen, die so viele Schicksalsschläge auf einmal erleiden, dass eine konkrete Suizidabsicht auch ohne monatelange Suizidgedanken vorliegt und andererseits gibt es Menschen, die sich Gedanken über Suizid machen, aber keine Absicht haben, ihr Leben in naher Zukunft zu beenden.
Es ist wohl gut, immer ehrlich zu einem Therapeuten zu sein und ich denke (oder hoffe vielmehr), dass ein guter Therapeut dich nicht so schnell einweisen wird bzw. auch bittet, ihm zu versichern, dass du dir nichts antust. Es ist aber eben auch Teil seines Berufs, bei akuter Suizidgefährdung zu handeln und wenn man in einem ruhigen Moment mal darüber nachdenkt, ist das wohl auch die richtige Entscheidung.
Deine Frage kann dir wohl niemand beantworten, da man selbst wohl nicht spürt, wann man den Punkt erreicht hat, wo aus Suizidgedanken akute Pläne werden. Wichtig ist nur, dass du weißt, wo du dir im Fall der Fälle Hilfe holen kannst und die 112 kann man in Notfällen immer wählen. Es ist nie zu spät, sich Hilfe zu holen und ich bin davon überzeugt, dass man selbst dann noch gerettet werden kann, wenn man keinen Sinn mehr in allem sieht. Das Heimtückische an Suizidgedanken ist, dass man immer nur auf einer Schiene fährt ("Alles macht keinen Sinn mehr"), aber vergisst, dass uns in jedem Moment Dutzende Türen offenstehen, man hat meistens nur viel zu viel Angst, diese Türen zu öffnen, weil sie eine radikale Veränderung mit sich bringen. Man kann seine Lebensumstände immer ändern. Man kann seinen Job hinschmeißen und etwas Neues ausprobieren. Man kann in eine andere Stadt ziehen und neue Leute kennenlernen. Man kann einen Klinikaufenthalt in Erwägung ziehen, um das Leben zu entschleunigen und wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Ich glaube nicht, dass man irgendwann einen Punkt erreicht, wo Suizid den einzigen Ausweg darstellt. Das gaukeln uns die Suizidgedanken zwar vor, aber das ist nicht wahr. Auch wenn ich deine Gedanken verstehen kann, bin ich tief in mir drin überzeugt, dass der Tod nicht die Lösung ist. Wenn man keinen Sinn im Leben findet, muss man etwas finden, wofür es sich zu leben lohnt. Manche Menschen verbringen ihr ganzes Leben damit, einen Lebenssinn zu finden und einige von ihnen werden irgendwann glücklich. Das Leben kann grau und hässlich sein, aber auch bunt, wenn wir es zulassen. Ganz wichtig finde ich, dass man immer noch in ruhigen, angenehmen Momenten den Gedanken hat "Das Leben kann auch schön sein".
Ich hab' dich gern!