Für mich würde "kritisch, aber stabil" nur im Sinne von "Man befürchtet zwar, dass die Person sterben könnte, aber nicht von jetzt auf gleich" funktionieren.
Seltsam ist das für mich aber schon, weil ich das Wort "kritisch" immer damit assoziiere, dass sich die Situation schlagartig ändern kann.
Ich denke, man assoziiert das Adjektiv "stabil" häufig mit etwas Positivem oder geht zumindest davon aus, dass es sich nicht schlagartig ändert, auch wenn die Situation schlecht sein mag. Wenn ich sagen würde "Die Lage in der Ukraine ist stabil" sage ich damit nicht, ob die Situation positiv oder negativ ist, sondern drücke einfach nur aus, dass sie sich zumindest nicht von jetzt auf gleich verschlechtert. Wenn ich jedoch sage "Die Lage in der Ukraine ist kritisch", setzt das für mich voraus, dass ich davon ausgehe, dass die Situation jeden Moment in ein negatives Extremum umschlagen kann.
"Kritisch, aber stabil" würde ich vielleicht bei einem Patienten verwenden, dessen Zustand äußerst heikel ist und der in absehbarer Zeit sterben könnte, aber eben nicht von jetzt auf gleich, weil der Zustand nicht zum sofortigen Tod führt. Aber seltsam ist die Formulierung irgendwie schon.
Für mich liegt das Paradoxon einfach darin, dass ich "stabil" mit einem unveränderlichen Zustand assoziiere und bei "kritisch" davon ausgehe, dass der Zustand jederzeit zu akuter Lebensgefahr führen könnte.