Zwangsgedanken sind wie eine Droge

Es geht hier sowohl um stoffgebundene Süchte und Abhängigkeiten (wie Alkohol- und Drogenmissbrauch) und nicht-stoffgebundene Süchte wie Verhaltenssüchte (z.B. Internetsucht, Kaufsucht, Spielsucht etc.), als auch um Zwangsstörungen (Zwangshandlungen und Zwangsgedanken/-ideen).

Zwangsgedanken sind wie eine Droge

Beitragvon Jörg69 » So. 26.02.2012, 15:32

Mein Problem besteht so denke ich eigentlich schon mein ganzes Leben, jedoch habe ich erst vor gut 4-5 Jahren bemerkt das etwas mit meiner Psyche nicht stimmt.

Vor 6 Jahren wurde bei meinem Sohn ADS diagnostiziert. Er bekam entsprechende Medikamente.
Ich habe sehr viel über ADS gelesen und parallelen zu mir selber gefunden. Durch zahlreiche Tests wurde auch bei mir ADHS diagnostiziert sowie Depression Angstzustände usw.

Ich ging keinem Streit aus dem Weg und bin noch heute sehr verbal provokativ. Alles stelle ich Frage wenn ich glaube das ich ungerecht behandelt werde. Ich lese jedes Gesetz und jede Verordnung um meine Interessen mit alles mittel durchzusetzen. Gleichzeitig bin ich aber auch sehr hilfsbereit und sehr ehrlich ( manchmal zu ehrlich ). Wenn ich mir eine Meinung über eine Peron gebildete habe bin ich sehr schwer davon abzubringen. Wer gegen mich ist der ist auch so denke ich mein Feind. Ich entrinde ein Gefühl von Rache Vergeltung für alles. Bei Kleinigkeit nicht zu explodieren ist sehr schwer möglich und es ist sehr ansengend. Ich rede mich in Rage und finde auch hier kein ende. Um so mehr ich denke und arbeite um so besser fühle ich mich es ist wie eine Droge und das Gefühl möchte ich nicht missen. Wenn ich dann nicht mehr kann kommt der Absturz, ein absolut brutales Gefühl. Aber immer wieder kommt dieses Gefühl welches mich in diesen Strudel zieht. Grübelte und Zwangsgedanken quälten mich. Schlafen ist ohne Schlafmittel nicht möglich. Ich hoffe das die seit einigen Monaten dauernde Psychotherapie mir etwas helfen kann meine Gefühle zu kontrolliere. Mich nur auf eine Sache zu konzentrieren und nicht an 1000 Projekte gleichzeitig zu denken, meinen Frieden mit meiner Umwelt zu finden das wäre mein Wunsch.
Jörg69
 

Re: Zwangsgedanken sind wie eine Droge

Beitragvon frank » So. 26.02.2012, 19:44

...es klingt so als hättest du viele baustellen gleichzeitig offen, nur keine einzige beenden, den das würde ja stillstand bedeuten. in diesem stillstand müsstest du dich dann intensiv mit deiner wut und deinen idealistischen vorstellungen, wie es zu sein hätte, auseinandersetzen und eine vielleicht einmal bezogene position wieder revidieren. in etwa so, nur um des verstehens willen ???
frank
frank
 

Re: Zwangsgedanken sind wie eine Droge

Beitragvon Jörg69 » So. 26.02.2012, 20:04

Hallo Frank,

ich denke so kann man es sehen. Stillstand ist eine Horrorvorstellung für mich. Ich habe z.B mehre Schubladen mit etlichen Papieren und Kabeln, alles durcheinander. 20 Aktenordner im Schrank und ich habe da schon lange die Übersicht verloren. Aller paar Monate kippe ich die Schublade aus und versuche alles zu sortieren um es anschließend wieder in die Schublade zu legen. Etwas zu ende bringen ist fast unmöglich und eine Qual an sich. Teilweise Panik und Angstzustände vor dem nächsten Tag. Wenn ich bei der Psychotherapie in diesem Spartanisch eingerichtet und so schrecklich leisen Raum mit der Therapeutin sitze ist auch diese so leise Umgebung sehr unangenehm. Ich versuche Ständig in der Therapie zu reden Hauptsache es ist nicht leise und so Still.
Jörg69
 

Re: Zwangsgedanken sind wie eine Droge

Beitragvon Vanilla » So. 26.02.2012, 20:21

warum ist Stille für dich so schwer zu ertragen?
Und wenn dann ständig reden musst um die Stille zufüllen, bleibt keine Zeit, dich mit deinen Problemen auseinanderzusetzen. Ähnlich war es zu Beginn meiner Therapie.
Dir wurde dieses Leben gegeben, weil du stark genug bist um es zu leben.
Unbekannt

Ja, ich hasse meine MS und sie mich scheinbar auch. Aber manchmal sitzen wir auch zusammen und lachen gemeinsam über meinen Gang

There is sugar on the radio
Benutzeravatar
Vanilla
Vielschreiber
 
Beiträge: 10272
Registriert: Do. 26.11.2009, 17:29

Re: Zwangsgedanken sind wie eine Droge

Beitragvon Jörg69 » So. 26.02.2012, 20:58

Hallo Vanilla,

sich nur auf eine Sache zu Konzentrieren ist zur Zeit nicht möglich. Meine Gedanken springen von eine in die andere Ecke und wieder zurück.
Ich weiß leider nicht wirklich warum Stille so schwer zu ertragen ist. Es ist in jeden Fall kein schönes Gefühl. Ständig mache ich mir indirekt Schuldvorwürfe, aber natürlich nur für
mich. Niemals zeigen das man(n) auch schwach sein kann. Nicht mehr zu kämpfen gegen die eigene Überzeugung. Die Wut einfach raus lassen.
Wenn ich Jogge oder Kraftsport betreibe und mich richtig auspower geht es für eine sehr kurze Zeit besser.

Dieses ewige misstrauen gegen mich selber und gegen jeden anderen. Wenn ich mich unter Druck setze egal in welcher Form gibt mir das ein Glücksgefühl als wenn man Drogen nehmen würde. Dieses Gefühl will man nicht missen. So viele Negative Gedanken und Gefühle. Wenn ich mit dem Auto über die Landstraße fahre habe ich ab und zu das Gefühl such Dir einen Baum der groß genug ist und knall einfach davor und Schluss. Das was mich so glaube ich davon abhält ist mein Sohn und meine Frau die ich nicht alleine lasen möchte.

Es gibt aber auch Momente da bin ich einfach nur traurig. Ich sehe das Elend der Welt die Kriege und die Gewalt und kann es nicht wirklich ändern.
Jörg69
 

Re: Zwangsgedanken sind wie eine Droge

Beitragvon Atisha » So. 26.02.2012, 21:52

Also ich mache mir nur Gedanken über etwas wenn ich das auch will. Ich kann ganz gedankenlos sein. Mit Außnahme wenn ich mal depri bin oder Ängste aufkommen. Ich kann auch fast nichts tun, dann schwelge ich in eigenen schönen Gedanken und Bildern. Ich höre kaum Musik, gucke nie Fernsehen und liebe die Stille.

Hoffentlich habe ich jetzt nichts Falsches gesagt. Ich will dich damit nicht frustriern, sondern dir zeigen, dass es auch anders geht.
Atisha
 

Re: Zwangsgedanken sind wie eine Droge

Beitragvon frank » Mo. 27.02.2012, 05:09

Hallo,
einige Passagen die Du schreibst kenne ich von früher, schaffst Du es Dein Familienleben noch zu leben oder geht es Dir schon an die Substanz? Ängstigt Dich die Stille so sehr, das Du dann am liebsten alles stehen und liegen lassen möchtest?
Du hast ja den Wunsch nach einem Baum beim Autofahren, und den Halt den Dir die Familie gibt beschrieben, mein Gedanke geht in eine andere Richtung....willst Du nur noch für Deine Familie funktionieren, schwierig zu umschreiben, Du fühlst Dich mehr verantwortlich, in der Pflicht aber Deine Emotionen werden weniger als sie anfänglich waren?

Das Dich der Sport den Du betreibst ein Stück weit wieder füllt bringt Dir die innere Ruhe klare Gedanken zu fassen, den Alltag loszulassen?

Niemals zeigen das man(n) auch schwach sein kann. Nicht mehr zu kämpfen gegen die eigene Überzeugung. Die Wut einfach raus lassen.
, hast Du heute schon eine Ahnung warum es Dir so geht?

Frank
frank
 

Re: Zwangsgedanken sind wie eine Droge

Beitragvon Jörg69 » Mo. 27.02.2012, 23:03

Hallo Atisha,
Hallo Frank,

Nun zum Du Atisha hast nichts falsches gesagt. Jeder Mensch und jede Erkrankung ist irgendwie anders. Das Du
dich ggf. In eine Setzen kannst ist eine gute Leistung. Das kann ich leider nicht es ist nur in den letzten Monaten schlimmer geworden. Und so macht das Leben nicht wirklich Freude. Ich erkenne das positive im Leben nur sehr schwer auch wenn es noch so offensichtlich ist.

Zu Dir Frank, richtig zur Zeit funktioniere ich nur, es quellen mich ängste was mich am nächsten Tag erwartet. Für mich ist Familie alles. Mit vielen Freunden habe ich nichts mehr zu tun und das will ich auch nicht wirklich. Einfach nur
stille und ich kann es nur schwer in Worten fassen ist einfach der Horror. Mein Psychotherapeutin meinte es wir ein Langer Weg.
Andere Meinung zu akzeptieren sich nur auf eine Sache zu erkennen und vor allem die Sachen die mit mir geschehen zu Bereifen. Ich möchte nicht versagen, ich möchte meine Arbeit so gut wie möglich machen und Fehler verzeihe mich nicht. Ich weiss nicht ob das jemand kennt was wirkliche Einsamkeit ist die einen immer wieder einholt.

Ungern gehe ich auf Feiern oder zu anderen öffentlichen Veranstaltungen. Am Abend bin ich sehr erschöpft und komme ohne entsprechende Hilfemittel nicht aus. Auf einer weise fürchte ich das wer ich bin. Ich werde nun langsam müde und gehe ins Bett.

Gute Nacht Ihr beiden.
Jörg69
 

Re: Zwangsgedanken sind wie eine Droge

Beitragvon frank » Di. 28.02.2012, 09:14

Hallo
ich kann es nachvollziehen, mit damals ähnlichen Vorzeichen.
Hast Du schon einmal daran gedacht eine vollstationäre Therapie zu beginnen?..und im Zuge dieser Therapie Deine Frau mit einzubinden.Ich könnte mir vorstellen das es für sie in der innerfamiliären Situation ebenfalls schwer ist.
Mein Gedanke dahinter ist, das solange Du in deiner Vorstellung "funktionieren musst" weiterlebst nur sehr langsam aus diesem inneren Druck herauskommst.
Der lange weg könnte evtl. so für Dich kürzer werden.
Das ist mein Erfahrungswert, vielleicht für Dich einen Gedanken wert.

lieben Gruß
Frank
frank
 

Re: Zwangsgedanken sind wie eine Droge

Beitragvon Jörg69 » Do. 01.03.2012, 21:16

Hallo Frank,

nun natürlich ist das alles auch eine Belastung für meine Frau, sie lässt es sich nicht so anmerken. Eine Stationäre Behandlung schließe ich zur Zeit aus weil ich meinem Arbeitgeber keine Gelegenheit geben möchte dieses auszunutzen. Nun kann Du berechtigt Fragen " Der Arbeitgeber bzw. die Behörde wo ich abgeordnet bin kann eigentlich nicht wissen woran ich erkrankt bin" Leider ist dieses nicht der Fall. Die Betriebsärztin hat mich auf Wunsch des AG untersucht und mich voll einsatzfähig eingestuft. Soweit so gut nur hat die gute Ärztin der Personalstelle eine Empfehlung gegeben ich sollte unter Psychologischer und Psychiatrischer Anleitung Gespräche führen. Diese ergebnis- wurde an den öffentlichen Postkorb per Mail versandt. :(

Der AG legt mir zur Zeit sehr viel Steine in den Weg. Deshalb ist es zur Zeit nicht möglich der Arbeit fern zu bleiben, eine wöchentliche Therapie von 50 min muss ausreichen.
Jörg69
 

Re: Zwangsgedanken sind wie eine Droge

Beitragvon frank » Do. 01.03.2012, 21:43

Hallo,
das sind harte Bandagen mit denen Du dich im Arbeitsleben bewegen sollst. Das vertrauliches Material im öffentlichen Postkorb landete ist wirklich nicht das Tollste...
Kannst Du deine Frau irgendwann mit in die Gespräche einbinden?
Mein Gedanke dahinter ist das sie mehr von Dir und Deiner Erkrankung versteht, ein Stück weit die Verantwortung wieder an Dich zurückgeben kann. Damit ist ihr eine Menge an Belastung genommen, und der Umgang miteinander entspannt sich. So kann es für Dich vielleicht leichter sein offen mit Deiner Situation innerhalb der Familie umzugehen.
Ihr würdet ein gemeinsames Ziel verfolgen, "Deine baldige Genesung".

Ich schreibe das einfach mal so, es entspricht in etwa dem was ich damals selbst hätte unternehmen können, aber versäumte, und es ist nur meine Vorstellung Deiner Lebenssituation.

lieben Gruß
Frank
frank
 

Re: Zwangsgedanken sind wie eine Droge

Beitragvon Jörg69 » Di. 06.03.2012, 21:20

Hallo Frank,

ich mag mir nicht in die Seele schauen lassen. Damit will ich sagen ich kann und möcht mein Frau nicht damit belasten. Ich sage Ihr natürlich wie ich mich fühle aber das muss reichen.

Die Problematik ist sehr viel komplexer ich wäre nach meiner eigenen Einschätzung der geborene Revoluzzer. Ich gebe immer 100 % und das erwarte ich auch von andern, wenn ich Fehler mache ist das für mich der persönliche Horror. Aber genau so schwer fehlt es mir Fehler von andern Menschen zu akzeptieren. Ich setze meine Vorstellung von dingen mit allen legitimen mittel durch ohne Rücksicht auf Verluste. Ich habe die schrille Vorstellung wer nicht mein Freund ist der ist mein Feind. Ich selber möchte mich nicht zum Freund haben da ich glaube das ich auf die eine oder andere weise ein Schw..... bin absolut rücksichtslos. Sorry das ich das so offen schreibe. Wenn ich mich in einer Situation überlegen fühle ist das fantastisch und berauschend. Ich will mehr und weiß das es im Grunde eine falsch Moralische Vorstellung ist.
Jörg69
 


Zurück zu Drogen, Süchte und Zwänge

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 0 Gäste