Alkoholismus

Es geht hier sowohl um stoffgebundene Süchte und Abhängigkeiten (wie Alkohol- und Drogenmissbrauch) und nicht-stoffgebundene Süchte wie Verhaltenssüchte (z.B. Internetsucht, Kaufsucht, Spielsucht etc.), als auch um Zwangsstörungen (Zwangshandlungen und Zwangsgedanken/-ideen).

Alkoholismus

Beitragvon planb » Fr. 03.09.2010, 12:38

Ich würde gerne mit euch hier über Alkoholismus diskutieren. Mein Vater war Alkoholiker. Ich hab ihn gehasst deswegen. Ich hatte keinerlei Respekt mehr vor ihm. Seine Gehirnzellen waren schätzungsweise schon so weit weggesoffen, dass ihm sein äußeres Erscheinungsbild völlig egal war. Er stank. Ich hab mich geschämt wegen ihm.

Ich hatte versucht, es ihm auszureden. Hab seinen Schnaps weggeschüttet. Ohne Erfolg. Am Ende hab ich ihn entweder ignoriert oder beleidigt und beschimpft.

Irgendwo hab ich gelesen, dass man Alkis so lassen soll, wie sie sind. Also ihnen bei ihren Problemen nicht helfen soll (krieg das eben nicht richtig zusammen). Sie müssen selber die Kurve kriegen. Man gerät sonst in Gefahr, ein Co-Alkoholiker zu werden.
planb
 

Re: Alkoholismus

Beitragvon englein » Fr. 03.09.2010, 16:00

sie müssen erst mit der nase am boden liegen oder gar vom partner oder freund verlassen sein, dann merken sie es. ansonsten hilft man ihnen indirekt zum trinken...es ist ein sch...spiel ich weiss von was ich rede.
mein erster mann war alkoholiker ich hab es mit allen facetten gespürt.
englein
 

Re: Alkoholismus

Beitragvon Atisha » Fr. 03.09.2010, 19:52

Der eine hört früher auf, der andere später und manche saufen sich zu Tode.
Empfehlen kann ich das Buch "Die Suchtfibel" von Ralf Schneider dort steht der ganze Werdegang eines Alkoholikers drinnen und auch wie man es vielleicht schaffen kann wieder rauszukommen. Es ist ein Buch von Betroffenen für Betroffene (und Angehörige). Dort steht nur die Wahrheit drinnen, so wies ist.
Ich war ja auch auf dem besten Weg dorthin, hatte schon richtig Entzugssymptome und war einmal für drei Wochen zur Entgiftung. Dort habe ich mir geschworen du bekomms jetzt die Kurve oder du wirst dran zu Grunde gehen. Nun bin ich seit einem halben Jahr trocken und fühle mich wohl und verspüre auch kein Trinkverlangen mehr. Etwas schwer waren die ersten Monate, dann wars einfach für mich.
Ich denke man sollte dem Alkoholiker ins Gewissen reden und ihn drängen aufzuhören. Man hat das bei mir gemacht und ich bin dankbar und bin deswegen weg von dem Zeug. Ohne fremde Mithilfe hätte ich es vielleicht niemals geschafft. Der Schalter muss sich bei jedem natürlich irgendwann einmal selber umlegen und es muss zum Willen kommen nicht mehr trinken zu wollen. Dann ist es immer noch schwer genug und Rückfälle gehören auch mit dazu. Mein Arzt und mein Therapeut und noch andere haben mich gedrängt aufzuhören und auch das ich in eine Selbsthilfegruppe gehe. Heute gehe ich gerne dort hin - eine Selbsthilfegruppe ist wirklich zu empfehlen, für jeden der trocken werden möchte oder bleiben möchte.
Ich kann also nur empfehlen die Betroffenen zu bedrängen aufzuhören und eine Selbsthilfegruppe sich anzuschauen. Und das so früh wie möglich, denn je tiefer man drinnen steckt, desto schwerer wird es. Bei mir hat es wie gesagt bis zur ersten Entgiftung im Krankenhaus gedauert, aber dort habe ich dann (hoffentlich) die Kurve bekommen. Ich glaube wer es da nicht schafft für den wirds richtig böse.
Nun hatte ich aber das Glück, dass meine psychischen Trinkgründe fast weggefallen sind. Wer aufhören muss, aber mit seinen Ursachen weiterleben (ohne erfolgreiche Behandlung) für den ist es 1000mal schwerer als es für mich war.
Ich hatte aber auch noch soziale Unterstützung durch meine Reha-Maßnahme. Auch sind nicht alle Gründe aus denen ich getrunken habe heute verschwunden. Ich muss jetzt nur ohne Alk damit klarkommen. Fragt mich nicht wie ich das schaffe, ich sehe immer die Konsequenzen vor Augen und stehe eben negative Gefühle und Probleme durch, ich halte sie aus.
Zuletzt geändert von Atisha am Fr. 03.09.2010, 20:14, insgesamt 4-mal geändert.
Atisha
 

Re: Alkoholismus

Beitragvon planb » Fr. 03.09.2010, 19:56

Das Buch hab ich und es ist sehr gut. Für Nichtalkoholiker. Ich weiß nicht, wie es auf Alkis wirkt.
planb
 

Re: Alkoholismus

Beitragvon Atisha » Fr. 03.09.2010, 23:07

Das ist ein gutes Erklärungsmodell finde ich:
http://www.bruecke-burghausen.de/wie_entsteht_sucht.htm
Atisha
 

Re: Alkoholismus

Beitragvon Angel78 » Di. 18.10.2011, 20:56

mein Vater war auch Alkoholiker..
ich weiß noch.. er hat viel Geld versoffen .. manchmal sind wir ihn nachts vom Lokal abholen gefahren, ich als Kleinkind mit :roll:
aber so war er viel lustiger als nüchtern.. nüchtern war er immer grantig und schlecht aufgelegt :(
Angel78
 

Re: Alkoholismus

Beitragvon Minchen » Mi. 19.10.2011, 23:19

Bei mir waren beide Elternteile Alkoholiker.
Beide mussten einen gewissen Pegel haben, mein Vater hat Bier getrunken und meine Mutter Cognac. Sie haben sich getrennt als ich ca. 6 Jahre alt war, so musste ich wenigstens nur mit einem Alkoholiker aufwachsen.
Ich hab alles versucht meiner Mutter da raus zu helfen, hab auch wie PlanB den Alkohol weggeschüttet, hab dann auch noch die Flasche auf dem Boden zerschlagen. Aber nichts, kein Kommentar, als ich wieder da war, war alles weg.
Ich hab Kassenzettel gesammelt und hab ihr ne Aufstellung gemacht, was sie im Monat so vertrinkt, und was sie für uns für Essen ausgibt. Das war traurig.
Jetzt sind beide tot.
Und ich bin immer noch Kind von Alkoholikern. Das wird wohl bleiben.
Minchen
 

Re: Alkoholismus

Beitragvon Atisha » Mi. 19.10.2011, 23:41

Alkohol ist wirklich Teufelszeug, es verlockt dich immer wieder zu trinken und wenn du dabei drauf gehst.
Vielleicht gehts nur Alkoholkranken so, aber das ist meine Erinnerung. Hoffentlich komme ich da nie wieder hin und werde wieder so ein elendes abhängiges Bündel-Mensch.
Atisha
 

Re: Alkoholismus

Beitragvon Leonie » Do. 20.10.2011, 00:47

Habt ihr schon einmal überlegt, ob es Menschen gibt, die nicht immer nach dem Schema "das wollende sehen eines Menschen" gibt? Es gibt Menschen, die mit Alkohol aggressiv werden, das ist nicht wirklich gut, aber alle mit der Nase in der Gossi liegen sehen wollen, ist das vernünftig?

Mich werdet ihr niemals mit der Nase in der Gosse vorfinden und ich habe niemanden in der Familie geschlagen. Ich habe meine Familie, auch wenn sie wissen, dass ich Alk brauche. Trinke ich zu viel, bin ich eh allein, also belästige niemand. Kehrt bitte nicht alle über einen Kamm.

Man sollte sich eher mit der Thematik auseinander setzen, warum ist jemand Alkoholsüchtig. Danach kann auch jeder selbst mal über Lösungswege nach denken und dem Alki sagen, wie und was er machen soll. Das Alkis nichts trinken sollten, dass will ein Alki nicht wissen, das weiß er allein. Bringt Ratschläge und keine Vorwürfe. Alkis werden aber lieber in unserer Gesellschaft abgeschoben (in fürchterlichen Krankenhäusern), als das es den Menschen wirklich was bringt. Um diese grauenvollen KH´s zu überstehen, muss man sich bei Entlassung wieder zu ziehen.

Habe jetzt nur diesen Thread gelesen und hab schon wieder Kopfbrummen, toll.

LG Leonie
Leonie
 

Re: Alkoholismus

Beitragvon Atisha » Do. 20.10.2011, 05:30

Hallo Leonie,

auch ich bin jemand der nie aggressiv geworden ist, auch ich habe still für mich alleine getrunken ... du wirst sehr viele der Alkoholsüchtigen nicht in der Gosse finden.

Aber bitte denke nicht das es bei dir anders sein wird, dass du eine Ausnahme bist. Lass dir die die noch tiefer drinnen stecken und die letztlich um ihr Überleben kämpfen eine noch rechtzeitige Abschreckung sein, nehme Vernunft an und höre auf mit dem Trinken.

Es wird so gehandhabt, das zuerst dein Alkoholkonsum beendet sein muss, bevor man dich auf anderes hin behandelt. Ich würde sagen sehr viele von den Betroffenen haben irgendwelche anderen Gründe warum sie in die Sucht geraden sind, äußere wie innere. Ich denke auch, dass ich gerade bei mir Glück hatte, das der eigentliche gesundheitliche Grund warum ich trank nicht mehr vorhanden war und ich somit gut aufhören konnte. Wo das so nicht der Fall ist die habens bestimmt sehr viel schwerer davon wegzukommen.

Zur Entgiftung würde ich die drei Wochen ins KH gehen, die können doch nicht alle schrecklich sein. Ich war in zweien und die waren ok. Und dann versuche das du im Anschluß ambulante Unterstützung hast und nicht alleine zu Hause herumsitzt, Suchtberatung, Selbsthilfegruppe, Psychotherapeuten. Und wenn du das so nicht schaffst musst du zu einer Langzeitentwöhnung ... ja das ist nichts Schönes, da muss man durch und ich sage dir nochmal besser gleich als später. Wobei es natürlich jetzt auf ein paar Monate nicht ankommt, aber spätestens wenn du zum Schnaps greifst solltest du dir es nochmal überlegen.

Jetzt höre ich schon wieder, das mache ich nie, aber warts ab.
Atisha
 

Re: Alkoholismus

Beitragvon Minchen » Do. 20.10.2011, 08:49

@Leonie,
ich verurteile niemanden. Dazu habe ich nicht das Recht. Aber ich musste meine ganze Kindheit und Jugend mit einer Alkoholikerin zusammenleben. Die hat mich (bis auf ein Mal und da richtig) nie geschlagen.
Sie ist eigentlich nicht aggressiv geworden, im Gegenteil, wenn sie getrunken hat, und sie hat morgens schon mit Cognac angefangen, hat sie angefangen zu singen. Wurde so übertrieben fröhlich, das man fast übersehen konnte vor lauter Fröhlichkeit das der Kühlschrank mal wieder leer war. Oder das wir jahrelang kein warmes Wasser hatten.
Ich verurteile niemanden, aber ich möchte Alkoholismus auch nicht verharmlosen!
Mit 14 war ich nahe dran, ich hab morgens vor der Schule schon getrunken und danach direkt weiter gemacht.
Das hat mir geholfen zu vergessen und nicht zu fühlen. Aber ich bin froh, das ich nicht mehr trinke, das ich meinen Kindern nicht das gleiche antue, wie mir angetan worden ist. Meine Schwester und ich leiden heute noch unter den Folgen.

Und das:

Zitat Leonie: und dem Alki sagen, wie und was er machen soll.

bringt überhaupt nichts, ich hab es jahrelang versucht und hab mir Vorwürfe gemacht, es funktioniert nicht!!
Minchen
 

Re: Alkoholismus

Beitragvon Leonie » Do. 20.10.2011, 10:21

Ja eben weil es nicht funktioniert Minchen, nützt es nichts.

Atisha, heute gibt es keine 3 Wochen im KH mehr, dass hatte ich 2005 in Hannover mal. Bei uns kommt man ab den 5. Tag bis max. 9. Tag aus der Klinik, danach müsste man natürlich zu einer Tagesklinik oder so. Selbsthilfegruppe habe ich probiert über Monate, die haben mich aufgeregt und ich fing wieder an zu trinken. Ich bin kein Herdentier und ich mag nicht dauernd an den Alk erinnert werden, wenn ich trocken bin. Dort bekomme ich einen Hals und Druck.

Die Therapeuten in der Tagesklinik waren nie Alkoholiker, wollen einem aber sagen, dass man nie mehr Alkohol trinken soll :roll: , also das taugt alles nichts. Zumal ich aus Genuss getrunken habe. Schnaps habe ich noch nie getrunken.

Minchen, ich habe nie vor der Arbeit getrunken und auch nicht während. Ich trinke schon ca. 18 Jahre, habe keine körperlichen Schäden (Ärztlich bestätigt, was er auch nicht verstehen konnte). Meine Tochter ist auch das ganze Gegenteil von mir, ich habe sie nie mit Alk konfrontiert.

LG Leonie
Leonie
 

Re: Alkoholismus

Beitragvon Minchen » Do. 20.10.2011, 11:58

aber nur weil es nichts nutzt, ist es besser die Augen zu verschließen und es als gegeben hin zu nehmen?
Nein, das kann es nicht sein!
Und das ist ja leichter gesagt als getan.
Könntest Du daneben stehen wenn sich ein geliebter Mensch (zum Beispiel Deine Tochter) selbst verletzt und blutet und sagen, es hat ja eh keinen Sinn etwas zu sagen, da lass ich sie einmal?
Du machst Dir selber etwas vor und beschönigst die Sache auch noch!
Minchen
 

Re: Alkoholismus

Beitragvon Leonie » Do. 20.10.2011, 14:07

Minchen, so war das nicht gemeint.

Ich hatte im Vorpost geschrieben, dass ich es auch nicht schön finde, wenn Alkoholiker aggressiv sind. Wollte nur mal kund tun, dass es auch andere Alkoholiker gibt. Mir geht es lediglich um den "in der Gosse liegen" Satz.

Ich würde niemals weggucken, wenn ich sehe, ein Mensch braucht Hilfe und das beziehe ich nicht nur auf ritzen.

Wann willst du aber feststellen, dass ein Mensch in dem sein Kopf ein Entzug noch nicht stattfinden kann, wann willst du wirklich wissen, der Mensch gehört weggesperrt :evil: ? Man kann Menschen die Probleme haben, damit noch kranker machen. Wenn Menschen sich ritzen und schon im KH unfreiwillig liegen, dann finden sie doch noch ihren Weg, habe ich selbst miterlebt (sie ist dann auf der offenen Station aus dem Fenster gesprungen). Hat ja viel gebracht, sie wegzusperren.

Werde mich wohl aus diesen Thread ausklinken, sorry.

LG Leonie
Leonie
 

Re: Alkoholismus

Beitragvon Minchen » Fr. 21.10.2011, 01:29

Leonie, das hab ich so nicht gewollt und auch nicht gemeint.
Da sind wohl ein wenig die Pferde mit mir durch gegangen. Ist halt ein sehr emotionales Thema.
Sowohl der "in der Gosse liegen" Satz als auch das Wegsperren sind beide nicht von mir,
sehr wohl von mir ist das ich immer weiter verzweifelt versucht habe meine Mutter dazu zu bringen auf zu hören, und das auch noch zwei Tage vor ihrem Tod.
Sie wollte nicht und ich gebe mir die Schuld daran. Das ich es einfach nicht hartnäckig genug versucht habe.
Wenn ich nur wichtig genug gewesen wäre um für mich mit dem trinken auf zu hören. Dann wäre alles gut geworden.
Minchen
 

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