Bin total verzweifelt...

Es geht hier sowohl um stoffgebundene Süchte und Abhängigkeiten (wie Alkohol- und Drogenmissbrauch) und nicht-stoffgebundene Süchte wie Verhaltenssüchte (z.B. Internetsucht, Kaufsucht, Spielsucht etc.), als auch um Zwangsstörungen (Zwangshandlungen und Zwangsgedanken/-ideen).

Bin total verzweifelt...

Beitragvon Mausefrau » Di. 01.11.2005, 17:13

Hallo!
Bin neu hier und im Moment ziemlich verzweifelt!
Eigentlich führ ich ein ganz normales Leben, bin schwer verliebt (auch noch nach elf Jahren Beziehung) und habe zwei supersüße Kids.
Ich hatte bis letzte Woche einen Minijob, der mir nun wegen Diebstahls gekündigt wurde, weil ich meiner Freundin Prozente weitergegeben habe. Das ist die eine Geschichte... ich habe mich dafür entschuldigt, weil mir alles wahnsinnig leid tut, was aber jetzt dabei rauskommt, kann ich nur abwarten...
Die andere Geschichte ist folgende, die ich bisher nur meinem Mann und meiner Mam in Ansätzen erzählt habe (d.h. er kennt die ganze Geschichte, Details habe ich aber ausgelassen): ich habe in der Arbeit ab und zu etwas geklaut. Meine Mama meinte, so Kleinkram nimmt doch jeder mal mit, ich soll da einen Unterschied machen, aber ich glaube, dass ich ein ernsthaftes Problem habe und bin eigentlich ziemlich sicher, dass ich in psychotherapeutische Behandlung gehen möchte, auch wenn es mir schwer fällt, dass zuzugeben, weil ich doch immer so perfekt sein möchte...
Ich weiß selber nicht genau, was dazu geführt hat, ich weiß nur, dass ich es für mich rausfinden möchte, weil ich weiß, dass ich nicht einfach geklaut habe, um mich zu bereichern. Achje, dass ist alles sooo kompliziert zu erklären und ich weiß einfach nicht, was der Auslöser war...
Tatsache ist, dass ich schon in meiner Lehre irgendwann damit angefangen habe (1998/2000). Ein wichtiges Gefühl dabei war für mich immer folgendes: meine damalige Ausbilderin hat mir eigentlich garnichts beigebracht, alles mußte ich mir hart erkämpfen und ich war/bin immer gut gewesen in meinem Job, nur dass das die betreffenden Personen nur wenig zu honorieren wußten, sondern mich stattdessen immer noch mit Ihren eigenen Problemen belastet haben. Irgendwann hab ich einfach etwas mitgehen lassen, sozusagen um mich selbst zu belohnen, hatte aber natürlich nicht wirklich Freude an den Sachen, weil ich genau wußte, dies kann nicht der richtige Weg sein.
Achja, ich möchte betonen, dass ich KEINEN gravierenden Schaden hinterlassen habe! Ich bin auch nie in irgendwelche Kaufhäuser und habe da geklaut, bzw. habe ich auch nicht den Drang das zu tun!
Nach meiner Lehre war es jetzt über Jahre überhaupt ein Thema mehr für mich, alles lief normal, die Kinder kamen, alles paletti...
Was mich jetzt aber schon etwa seit der Geburt meiner Kids (4 + 2 Jahre alt) beschäftigt, ist eine andere Geschichte: Angst um die Zukunft, Geldsorgen, kranker Mann - noch mehr Geldsorgen etc. d.h. ich bin ständig besorgt,dass jemand in meiner Familie ****** könnte (incl. ich), dass jemandem etwas passieren könnte, dass die Grippe-Pandemie kommt, dass wir Schulden machen könnten etc. und das sind nur ein paar von soooo vielen Beispielen!
Und jetzt bin ich wieder in eine ähnliche Sache hineingeschlittert: ich hatte diesen Job und habe - ich bin echt ein furchtbarer Perfektionist - für einen Hungerlon noch dazu, alles dafür getan, dass ich diesen Job so gut wie möglich mache. Anfangs wurde das auch honoriert, doch je länger ich dort arbeitete, desto mehr wurde das alles zur Selbstverständlichkeit für meine neue Chefin und wenn mal ein Fehler passierte gab Sie mir immer das Gefühl, ich sei daran Schuld, egal ob ich etwas dafür konnte oder nicht. Das schlimmste ist aber, dass ich mir diese Fehler immer anlasten ließ, aus Angst, ich könne etwas falsch gemacht haben, selbst wenn es nicht so war.
Irgendeine Grenze in mir fiel dann als ich im Sommer mal zwei Wochen richtig krank war und ich mir -völlig unberechtigt- anhören durfte, warum ich denn krank sei. Das hat sogar meine Mitmenschen ziemlich entsetzt, die genau wußten, was ich leiste.
Ich glaube nach diesem Erlebnis hat es wieder angefangen, dass ich hin und wieder etwas mitnahm, ohne es zu bezahlen oder mal etwas Geld klaute, um beim Lebensmittel-Einkauf nicht in die roten Zahlen zu kommen...
Und jetzt? Erwischt worden, wenn auch auf Umwegen. Ich weiß nicht, ob die Chefin schon länger was vermutete oder ob es nur diese eine Mal war, dass ist auch egal, Fakt ist, ich muß und möchte etwas tun, um wieder ein unbeschwertes Leben zu führen.
Ich weiß auch nicht, ob ein Trauma eine Rolle spielen kann, hab da leider schon ein paar Sachen im Hinterkopf über die ich mit niemandem bisher wirklich geredet habe. Was soll ich nur tun????
Ich war in meiner Verzweiflung letzte Woche schon bei meiner Hausärztin, die auch Psychotherapeutin ist und hab ihr die Geschichte in Ansätzen erzählt, aber nicht dass mit dem Diebstahl. Ich weiß garnicht, ob ich Ihr dass noch sagen kann, aber ich muß einfach ehrlich sein! Kann ich Ihr noch in die Augen schauen, ist es normal, dass man bei der ersten Sitzung vor lauter Schreck noch nicht alles erzählt, weil man sein perfektes Bild vor anderen nicht zerstören will (ich meine sie kennt mich seit 15 Jahren oder so...)
Weiß jemand von Euch einen Rat?

die traurige Mausefrau :cry:
Mausefrau
 

Beitragvon Luna I. » Di. 01.11.2005, 17:34

Liebe Mausefrau!

Den Hintergrund deiner Probleme kenne ich freilich nicht ganz, weshalb ich mich von jeglicher diagnostischer Aussage fernhalte. Was ich nur sehe, ist, wie du auch schon selbst erkannt hast, dass du Ängste hast (Krankheit, Tod, etc..) und dass du Anerkennung brauchst und wenn du diese nicht bekommst, stielst du. Soweit ist mir das klar. Die genauen Hintergründe, Traumata und sonstiges, kann nur ein Fachmann abklären und dann therapieren. Deshalb solltest du unbedingt zum Psychotherapeuten gehen.

Es ist normal, dass man, gerade wenn man perfekt sein will, nicht sofort dem Hausarzt alles sagen kann. Taste dich langsam vor, aber verschweige dein Hauptproblem nicht! Du möchtest doch, dass man dir hilft, also sage, was mit dir los ist!

Ich wünsche dir alles Gute, Luna
Luna I.
 

Beitragvon -ce- » Fr. 04.11.2005, 16:08

hallo traurige mausefrau

... jetzt kapier ich überhaupt erst, wie das gemeint ist. Glückwunsch zu diesem Nick!

Also ich könnte Dir von einem kleinen Mädchen erzählen, 6 Jahre alt und eben erst in die Schule gekommen, die brachte jeden Tag mehr heim, als sie in die Schule mitgenommen hatte. Regelmäßig traf es sich, daß Mitschüler in der Pause rings um einen Tisch herumstanden, und da kam von unten her ihre Hand und grabschte, was sich gerade anbot. Ohne Ziel und eigentlich auch ohne auf die Werte zu achten, so daß es nie kontinuierlich gesteigert wurde.

Sie hatte keinerlei Frust oder Schwierigkeiten beim Lernen. Freute sich auch nicht sonderlich an dem Besitz dieser Dinge, wiewohl schon mal das eine oder andere wertvollere dabei war. Lediglich das Gefühl, allen anderen darin überlegen zu sein, war Anreiz.

Es kam wie es kommen mußte: Man schöpfte Verdacht und dann kam die Lehrerin zu dem kleinen Mädchen nach Hause. Das war angekündigt und so vergrub sie alle diese fremden Habseligkeiten in einem Sandhaufen, der zufällig vor das Haus geschüttet worden war.

Sie hatte das so gut versteckt, daß nur ein Bruchteil wieder angefunden wurde und diese Sachen durch den feuchten Sand auch noch verdorben waren.

Im Laufe ihrer Schulzeit hat sie dann nie wieder etwas mitgehen lassen - weniger aus Angst vor Erwischtwerden, als vielmehr, weil der Reiz verbrannt war.

Indessen wurde sie selbst beklaut und stand entsetzt vor den Resten ihres teuren Fahrrades, als man da alles Mögliche abgeschraubt hatte. Ohnmächtig wütend.

In den höheren Klassen ergab es sich, daß sie zusammen mit dem Sohn des Physiklehrers ein Ding gedreht hatte, indem dieser, der in Vaters Auftrag gelegentlich Zugang zu einem Verwahrraum für Demonstrationsinstrumentarien hatte, einen dieser Apparate, der auch gut als Spielzeug zu verwenden war (heute kostet sowas an die 1.200 EUR, es war aber eigentlich noch wertvoller, weil Vorkriegsware), außen auf das Fensterbrett stellte, von wo sie es dann wegzuholen hatte. Es war dieses mehr so eine Mutprobe, Imponiergehabe auch.

Er hätte dieses Ding nun schlecht mit nach Hause nehmen können, also nahm sie es mit und versteckte es in ihrer Gartenlaube - nicht ohne ab und an auch wirklich damit zu spielen. Dann wurde in die Gartenlaube eingebrochen, überall in der Kolonie, und den Einsatz von Fährtenhunden befürchtend, vergrub sie auch dieses wieder. Blöderweise nicht, ohne es vorher mit einem Hammer zu zertrümmern (wegen der Verteilung auf verschiedene Grabeorte).

Im Beruf nachher nahm sie auch schon mal dieses und jenes mit, aber nichts von Wert, sondern lediglich Sachen, die sowieso weggeworfen werden sollten, wenngleich auch noch keiner die Genehmigung dafür gegeben hatte. Dinge von Wert zu stehlen, wäre unweigerlich aufgefallen.

Nur einmal noch, es war dies eine Kundenniederlassung, wo so Leute im Range unseres kleinen Mädchens, bei Erscheinen regelmäßig kleine Präsente (Kosmetika) überreicht bekamen, hatte sie eine Kollegin dabei, die die Sache offensichtlich zu freizügig interpretierte, und, als sie an einer ganzen Großpackung solcher Artikel vorbeikamen, deren Auto auch noch ganz nah dabei stand, beteiligte sie sich an diesem Coup, indem sie das Auto heranzuholen hatte. Sie hat von der Sore aber nichts genommen. Dies war Diebstahl, Vertrauensbruch und Hinterlist in einem.

Heute traue ich mich - ach so, hatte ich versäumt, zu sagen, daß ich selbst diese frühreife Diebin gewesen bin, jetzt groß geworden? - noch nicht einmal einen Pflasterstein von der Straße aufzuheben, weil ich immer denken muß, einer könnte es beobachten.

Und um so bestürzter bin ich, wenn ich mich übervorteilt sehe, bestohlen, oder wenn sie zum zwanzigsten Male den Stern von meinem Auto abbrechen.

Es ist, und dem sollte das alles hier dienen, indessen nie notwendig geworden, eine Therapie allein deswegen zu beginnen. In anderen Therapien (z.B. tiefenpsychologisch) wird in diese Richtung gefragt, aber es war nie als relevant deklariert worden.

Soviel vielleicht zu Deiner Beruhigung - Du tust es, aber Du kannst es von allein auch wieder lassen. Es kommt irgendwann vielleicht wieder, doch nachher verlierst Du auch wieder das Interesse daran.

... und ich, hab ich genug angestellt, um in Deinen Club aufgenommen zu werden? ;-)

fragt sich -ce-
-ce-
 


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