Alles erscheint unreal

Thematik dieses Forums: Dissoziationen wie Depersonalisation, Derealisation und andere dissoziative Zustände sowie Traumata und ihre möglichen Folgen, so wie u.a. auch die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), die akute Belastungsreaktion oder die Dissoziative Identitätsstörung (DIS) bzw. Multiple Persönlichkeitsstörung (MPS).

Alles erscheint unreal

Beitragvon Jess » Fr. 28.10.2016, 20:16

Hallo zusammen

Ich bin neu hier und weiss gar nicht so recht, ob mein Thema hierher gehört. Aber ich versuch es jetzt.
In meiner Kindheit, wurde ich in einer Pflegefamilie, mit einem anderen Kind misshandelt und missbraucht. Das war so zwischen meinem 2. und 5. Lebensjahr. Ich kann mich nicht an alles erinnern. Habe mehrere Therapien und drei Klinikaufenthalte gemacht. Beim letzten Klinikaufenthalt kamen körperliche beschwerden dazu. Anfangs habe ich meine Beine nicht gespürt und später bekam ich krämpfe in den Beinen.
Jedoch hatte ich diese jetzt lange nicht mehr. Ich fühlte mich auch eine lange Zeit gut. Das Thema ist für mich eigentlich zu einem gewissen Punkt abgeschlossen.
Das ist alles in der Schweiz passiert und meine Eltern sind da leider auch nicht mit mir umgezogen, nachdem es rauskam. Wir lebten in einem recht kleinem Dorf, da sieht man die Leute halt immer wieder einmal. Da es mit meinen Eltern auch immer wieder Probleme gibt und ich einen Neuanfang starten möchte, habe ich mich dazu entschieden, nach Wien zu ziehen. (Meine Mama kommt von hier, ich bin Doppelstaatsbürgerin und hab noch Familie hier)
Nun bin ich seit ca zwei Monate in Wien. Mein eigentliches Problem kommt jetzt: Es hat vor ca einem Monat begonnen. Alles um mich herum, erscheint mir so unreal. Ich mir selber auch. Wenn ich in den Spiegel schaue, weiss ich, dass ich das bin, aber irgendwie doch auch nicht. Es klingt bescheuert... Wenn ich mir Erinnerungsfotos von meiner Familie und meinen Freunden ansehe, kommt mir das auch alles so komisch vor. Sehr fremd. Als würde ich die Personen gar nicht wirklich kennen. Als hätte ich das auf dem Foto nicht wirklich erlebt. Das macht mir Angst.
Und ich habe auch vor immer mehr Dingen Angst. Wohne in einer WG und verstehe mich auch sehr gut, mit den Leuten hier. Aber seit einiger Zeit, traue ich mich gar nicht mehr aus meinem Zimmer, geschweige denn, ganz raus zu gehen. Ich fühle mich alleine, auch wenn ich es nicht bin. Das fühlt sich so an, als wäre ich in einem Glaskasten gefangen und alle anderen um mich herum sind draussen. Ich bin da, aber doch ganz wo anders.
Ich kann nicht schlafen, weil ich immer Angst habe, etwas vergessen zu haben. Einen Termin oder ähnliches, dann krieg ich panik.

Es fühlt sich an, als würde man träumen, aber man weiss, dass man wach ist... Und ähnlich wie so ein Dauerschwindel... Alles dreht sich und man weiss gar nicht mehr so recht, wo oben und unten ist.

Ich weiss nicht, was mit mir los ist und was ich dagegen tun kann...
Ich hoffe es ist einigermasse verständlich erklärt...

Liebe Grüsse
Jess
Jess
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Re: Alles erscheint unreal

Beitragvon phine » Do. 24.11.2016, 14:25

Hallo Jess,

ich bin auch neu hier. Ich finde du hast das ziemlich gut erklärt. Hört sich so an, als wenn deine neue Umgebung/Veränderung eine Belastung für dich ist, obwohl du die Leute nett findest. Mir geht das auch oft so in Gruppen. Nur weil es eine Gruppe ist, unabhängig von den einzelnen Leuten sogar. Wenn ich vertrauen gefasst habe geht das dann irgendwann meist weg.

Ich kann dir nur ezählen was ich so mache. Ich denke dass sowas ein Schutzmechanismus von deinem Körper ist. " Irgendwas ist zu belastend eventuell und dein Körper/Gehirn schützt dich. Falls es unerträglich ist mit dem SChwindel probiere mal Chinabalsam aus. Hört sich banal an, aber kurzweilig hilft es bei mir gut. Oder etwas Scharfes essen, wie auf Ingwer beissen hilft auch gegen normalen Schwindel und Dissoziation

Für mich ist am hilfreichsten sich nicht 100% zurückzuziehen. Das ist total schwer, denn man kann ja niemanden alles erzählen, aber ich finde Halbwahrheiten sind da total legitim. Das einem Schwindlig und komisch ist kann man doch schon erzählen ;-) Dann wundern sich die anderen vielleicht nicht so doll. Ich kann dir nur den Rat geben in Kontakt mit Leuten zu bleiben, bei denen du eigentich ein gutes Gefühl hast, auch wenn du nicht viel von dir geben kannst eventuell. Wenn man sagt, dass es einem körperlich nicht nicht so gut geht, haben die Leute doch meist Verständnis. Und keiner kann Gendanken lesen ;-)

Was es genau ist was dich belastet solltest du mit einer Therapeutin zusammen herausfinden, nur falls dein Inneres nicht irgendwann beruhigt wird und merkt, das eigentlich alles gut ist in der neuen Umgebung. Ich weiß es ist schwer so schnell jemand zu finden, gibt es vielleicht eine Ambulanz von einem Krankenhaus, wo man sich hinwenden kann, falls es schlimmer wird? Ich meine ja auch nur, um mit jemanden dort zu reden.

Ich drück die Daumen, dass es besser wird!
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Re: Alles erscheint unreal

Beitragvon loner » Fr. 25.11.2016, 08:43

Hallo Jess,

Ich weiß nicht, ob ich dir wirklich helfen kann. Aber vielleicht ist es ein Trost, dass es anderen Menschen auch so geht und du nicht ganz alleine bist. Ich sehe das ähnlich wie phine. Es kann sehr gut ein Schutzmechanismus deines "Geistes" sein. Vielleicht gibt es irgendetwas in deiner Umgebung, dass dich triggert. Etwas, was dir unbewusst das Vergangene wieder in dein Unterbewusstsein holt. Dann würde ich versuchen, diesem Trigger aus dem Weg zu gehen.
Mir ging es gerade diesen Sommer auch häufig so. Selbst bei direkter Konfontation mit anderen Menschen kam ich mir vor wie im Traum, als wäre ich in einer Blase. Daher habe ich ein bisschen gelesen und versucht herauszufinden, was da los sein könnte. Du sagst ja, dass du auch schlecht schläfst. Und ich habe halt gelesen, dass wenn das Gehirn sehr überlastet ist-zb weil man sich eben nicht ausruhen kann- dann kann das schonmal zu solchen komischen Zuständen führen. Für mich hört sich das so an, als hättest du einfach ziemlichen Stress momentan und dieser Stress löst bei dir diesen Zustand aus. Deine Verunsicherung und Angst, wie auch die Sorge, etwas vergessen zu haben, kenne ich nur zu gut von mir. Mir hilft es in solchen Phasen sehr, alles, was wichtig ist aufzuschreiben und Termine auf Klebezettel irgendwo gut sichtbar zu deponieren, selbst wenn es eigentlich klar ist, dass ich es nicht vergessen würde. Auch helfen mir kleine "Rituale", die sich für andere wie Zwänge anhören mögen. Aber sie beruhigen mich. Zum Beispiel trage ich meinen Hausschlüssel stehts in der rechten Jackentasche und kontrolliere, ob er da ist, wenn ich unterwegs bin. Vielleicht ist das auch nicht so gesund ... keine Ahnung. Versuche dir wieder mehr zu vertrauen, dass du nicht so vergesslich bist, wie du glaubst und darauf zu vertrauen, dass die Welt nicht untergeht, wenn man mal was vergisst. Denn wie oft stellen wir uns alles viel unangenehmer vor, als es dann in Wirklichkeit ist?

Liebe Grüße
loner
Wie einfach wäre das Leben, wenn sich die unnötigen Sorgen von den echten unterscheiden ließen. (Karl Heinrich Waggerl)
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