Freund dissoziiert / spaltet sich an

Thematik dieses Forums: Dissoziationen wie Depersonalisation, Derealisation und andere dissoziative Zustände sowie Traumata und ihre möglichen Folgen, so wie u.a. auch die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), die akute Belastungsreaktion oder die Dissoziative Identitätsstörung (DIS) bzw. Multiple Persönlichkeitsstörung (MPS).

Freund dissoziiert / spaltet sich an

Beitragvon Spreckles » So. 01.11.2015, 19:42

Hallo Zusammen,

Ich bin seit gestern hier registriert und hoffe auf die Beantwortung der einen oder anderen Frage.
Es geht um meinen Freund. Wir kennen uns seit ca 2,5 Jahren. Waren verlobt und wollten eine Familie gründen.
Jeder von uns bringt eine schlimme Geschichte mit.
Mein Freund wurde mit ca 8/9 Jahren von seiner Mutter nach der Trennung seiner Eltern aus seinem Zuhause gerissen und lebte fortan in einem anderen Bundesland. Er hat sozusagen seinen Vater verloren, sein Zuhause und seine Freunde. Seine Mutter hat ihm und seinem Bruder gesagt, dass sie in den Urlaub fahren. Dem war aber nicht so. Er hat dieses wegreißen nur schwer verarbeiten können. Generell hat er an diese Zeit kaum Erinnerungen. Als er ca 17 war, starb seine Mutter an Krebs. Bevor sie gestorben ist, ist er wieder zurück zu seinem Vater geflohen. Er konnte sie dabei zusehen, wie sie immer schwächer wurde und dem Tode nah war.
Nach ihrem Tod nahm er Drogen und trank Alkohol. Er brach 2 Ausbildungen ab und lernte dann seine Frau kennen. Er erbte irgendwann ein Haus und sie bekamen ein Baby.
2012 verstarb auch sie an einer Krankheit. Ca ein Dreiviertel Jahr später lernten wir uns kennen. Wir haben uns Hals über Kopf in einander verliebt und ich bin auch sehr schnell bei ihm und seinen Sohn eingezogen.
Ein paar Monate später fing alles an. Er litt unter schweren Verlustängsten mir gegenüber. Er liebte mich so sehr, dass es ihm weh tat. Ich litt darunter, weil ich keine Luft zum Atmen hatte.
Etwa ein Jahr später fiel er ständig hin. Manchmal bis zu 3 Mal am Tag. Ohne irgendeine Ohnmacht. Ihm sackten einfach die Beine weg.
Zu der Zeit war er schon in therapeutischer Behandlung und nahm cymbalta.
In dem Sommer begann es auch, dass er in dem einen Moment total lieb zu ihr war und im nächsten wurde er fies und gemein. Mir kam das sehr merkwürdig vor, habe mir aber keine weiteren Gedanken gemacht.
Im November begannen seine Abspaltungen. Spürbar und sehbar. Er verdrehte seine Augen und war jemand anderes. Der eine war ein kleines Kind welches nicht laufen konnte. Es könnte schreiben, verdrehte aber die Wörter und Buchstaben. Er schrieb mir einst: chid ebiel hci. Genauso wie er schrieb, sprach er auch. Dieses Kind hatte furchtbare Angst und versteckte sich oft unter dem Bett oder in irgendwelchen Nischen.
Der andere war ein Fiesling. Er war aggressiv, Selbstverletzend und trank.
Anfangs war es mir noch möglich, meinen Freund zurück zuholen. Er konnte sich an nichts mehr erinnern und war sehr erschöpft.
Diese Abspaltungen geschahen manchmal bis zu 4 mal am Tag.
Anfang diesen Jahres bin ich mit ihm in die Notfallambulanz, weil ich am Ende mit meinen Kräften war.
Die Ärztin vor Ort hat es wohl nicht Glauben können oder wollen. Sie entließ uns mit den Worten: meiden Sie Konflikte, da diese wohl die Abspaltungen auslösen.
Im Mai diesen Jahres war er zur Reha (angeordnet vom Arbeitsamt). Ich bat um ein Gespräch mit der Therapeutin in der Klinik. Auch da hatte ich das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden.
Nach 5 Wochen wurde er entlassen. Er kam als völlig anderer und mir fremder Mensch nach Hause.
Die Abspaltungen sind nicht mehr sehbar aber spürbar. Das kleine Kind und der Fiesling entwickelten sich weiter (auch schon in der Zeit vor der Reha). Er rollt nicht mehr mit den Augen und hat auch keine Blackouts mehr. Dennoch verhält er sich nicht mehr so, wie der Mensch vor der Reha.
Von mir will er nichts mehr wissen. Er hat sich getrennt, und sagt er liebt mich nicht mehr.
Wir wohnen aber noch zusammen. Zeitweise sucht er Nähe im nächsten Moment knallt er mir um die Ohren, dass ich endlich ausziehen soll.
Wenn er gesund wäre, würde ich ihm das alles glauben. Ihr müsst aber wissen, dass der Fiesling mal zu mir meinte, dass er alles dafür tun wird, das mein Freund alles und jeden verliert. Der Fiesling hasst alles und jeden und insbesondere meinen Freund. Er hasst auch unsere Katzen und mein Freund will mittlerweilevon den Katzen auch nichts mehr wissen.
Das kleine Kind zeigt sich nicht mehr. Aber ich kann manchmal ihm reden, wenn mein Freund schläft.
Mein Freund sagt, dass er keine Gefühle mehr spüren kann. Er fühlt sich leer und innerlich tot.
Ich weiß mittlerweile garnicht mehr, ob der Mensch den ich seit der Reha erlebe überhaupt noch meine Freund ist, oder nicht jemand anderes. Letzen Sonntag wurde er nämlich getriggert und brach zusammen. Er weinte plötzlich, was er schon lange nicht mehr getan hat. Er konnte plötzlich wieder fühlen.
Erschöpft davon, legte er sich schlafen. Ich lag neben ihm und rief nach meiner Katze. Plötzlich sprach das kleine Kind zu mir während mein Freund schlief. Er sagte mir, dass er heute gekämpft hat gegen den Fiesling und gewonnen hat. Er sei sonst so schwach und hatte Angst.

Es tut mir leid, dass es so konfus und sprunghaft geschrieben ist. Ich habe schon soviel auslassen müssen, weil
Es sonst Zuviel Text wäre.
Es ist alles traurigerweise wahr, so abgefahren es auch klingen mag.

Ich habe Angst. Ich habe Angst um ihm, ich sorge mich, denn er will keine Therapie mehr machen. Tabletten nimmt er auch nicht mehr.
Zudem stehe ich noch so unter Schock, dass er mich nicht mehr will. Wir wollte zusammen alt werden und haben uns abgöttisch geliebt. Aber seit der Reha ist alles anders.

Was soll ich nur tun?? Was hat er? Wie kann man ihm und mir helfen?

Liebe Grüße
Spreckles
Spreckles
 

Re: Freund dissoziiert / spaltet sich an

Beitragvon Schild58krötchen » So. 06.12.2015, 13:25

Hallo Spreckles,
so wie du deinen Freund beschreibst, sieht es mir nach einer Dissoziativen Identitätsstörung aus (früher: Multiple Persönlichkeit). Er switcht - aus welchen Gründen auch immer - von einer zur anderen inneren Person (du beschreibst den kleinen ängstlichen Jungen, den aggressiven, ...). Es ist ein langer Therapieweg, der durchaus Erfolge zeigen kann. Allerdings muss dein Freund sich schon dazu bereit erklären. Bei meinem letzten Klinikaufenthalt habe ich eine Frau kennengelernt, die mit ihrer DIS sehr offensiv umging. Auch wir anderen auf Station bekamen mit, wenn sie zu einem der inneren Kinder switchte. Es ist wichtig, wenn du als Angehörige dann weißt, was du tun kannst.
Soviel erstmal jetzt. Wenn du mehr wissen möchtest, melde dich.
Schildkrötchen
Schild58krötchen
 


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