"Nur der Computer"?

Thematik dieses Forums: Dissoziationen wie Depersonalisation, Derealisation und andere dissoziative Zustände sowie Traumata und ihre möglichen Folgen, so wie u.a. auch die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), die akute Belastungsreaktion oder die Dissoziative Identitätsstörung (DIS) bzw. Multiple Persönlichkeitsstörung (MPS).

"Nur der Computer"?

Beitragvon Kafkaesk » Do. 18.06.2015, 19:04

Hey, ich überlege seit inzwischen einiger Zeit, ob ich mir eine Therapie suche, aber in letzter Sekunde hält mich immer etwas zurück.
Seit ich denken kann dissoziiere ich, verliere Zeit (meistens mehrere Stunden), kann mich nicht an Dinge erinnern die ich erzählt habe/die mir erzählt wurden, dass ich irgendwo dabei gewesen bin und dass es eine Zeit vor meinem zwölften Lebensjahr gab weiß ich schon mal gar nicht.
Das heißt, natürlich weiß ich es, aber meine Erinnerungen - die alle rein negativ sind - lassen sich an einer Hand abzählen und den Rest kenne ich lediglich von Fotos. In der Schule bin ich es ebenfalls gewohnt, neben mir zu stehen.
Meine Tage sind eigentlich entsprechend kurz, vorallem da ich die Abende (ich habe eine von meinen Eltern eingestellte Sperre) vor dem Computer befinde und mich in die Virtualität verkrieche.
In letzter Zeit habe ich mich öfter bemüht, zu erinnern oder aufmerksam "in der gegenwärtigen Realität verankert" zu bleiben, was mir, wie ich erschrocken bemerkt habe, vollkommen unmöglich ist.
Ich weiß, dass ich in meiner Kindheit ein paar traumatische Dinge erlebt habe (an die ich mich aber nur teilweise erinnere, oder die mir bestätigt wurden) aber ich habe mich immer für sehr stabil gehalten, weil ich auch keine Angstzustände oder Panikattacken habe.
Außerdem meinen meine Eltern, meine Konzentrationsschwierigkeiten und Gedächtnislücken kämen einzig und allein daher, dass ich so viel Zeit (täglich etwa drei bis vier Stunden) vor dem PC verbringe und auch sonst oft mit den Gedanken dadran hänge. Jetzt weiß ich nicht, wie ich damit umgehen soll, weil ich weiß dass ich mir viel auf Diagnosen und Symptome einbilde, und Angst habe, von einem Psychodoc nur als Idiot angesehen werden, sollte ich es überhaupt so weit schaffen.
Ist es also möglich, dass ich mir alles nur einbilde und einfach nicht einsehen will, dass es eine einfache Erklärung gibt beziehungsweise kennt jemand das auch und/oder kann mir weiterhelfen?
vielen Danke im voraus
yours Kafkaesk
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Re: "Nur der Computer"?

Beitragvon Another » Do. 18.06.2015, 20:58

Ich würde dir empfehlen eine Therapie anzufangen. Du kannst es auch erstmal nur ausprobieren und nach einer Zeit wieder abbrechen, wenn du glaubst dass dir das nicht weiterhilft. Du bist zu nichts verpflichtet und niemand zwingt dich.

Das alles "nur vom Computer" kommt halte ich für nicht realistisch. (Wäre es so, müssten ja unglaublich viel mehr ähnliche Probleme wie du haben.) Ein Psychologe wird dich ernst nehmen und sicherlich nicht als "Idiot" sehen.

Ich habe zu wenig Informationen darüber (und über dich) darum kann ich dir leider keine Hilfe sein. Es wäre gut zu wissen ob es gewisse (Stress)Situation gibt wo es stärker/öfter auftritt als sonst. Aber da könnte man nur ins Blaue raten, um so eine konkrete Ursache zu finden. (Höchstwahrscheinlich hat es mit einem traumatischen Ereignis zutun. Ein weiterer Grund einem Psychologen eine Chance zu geben.)


Ich habe zwar ein schlechtes Zeitgefühl und erinnere mich an auch fast nicht, aber bei mir hat das andere Ursachen. Ich dissoziire also nicht, habe mich aber trotzdem so frei gefühlt dir zu antworten.
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Re: "Nur der Computer"?

Beitragvon Lightning » Fr. 19.06.2015, 16:48

Dass es am Computer liegt, denke ich auch nicht. Beschäftigung am Computer hat bei mir eher dazu geführt, dass ich mich wieder besser konzentrieren kann. Kommt natürlich auch immer ein wenig darauf an, was du am PC machst. Auch beim Zocken gibt es ja Spiele, die du eher ohne zu denken zocken kannst.. und andere, bei denen man sich sehr konzentrieren muss oder sogar dabei lernen kann. Bei dem ein oder anderen Strategiespiel muss man z.B. mehr denken.. als bei Moorhuhn ^^

Ich habe auch große Lücken, was die Jugend betrifft.. also auch nach dem 12. Lebensjahr.. aber gut.. da weiss ich auch, dass es hauptsächlich von Drogen kommt.. und von Desinteresse. Vieles vergesse ich absichtlich.. ich lebe wohl eher im Jetzt als in der Vergangenheit. Schlimm ist es nur, wenn ich - wie du anscheinend auch - nach einem Gespräch eigentlich nur noch grob sagen kann, worum es ging. Also ich könnte wohl nicht mal meine eigenen Sätze wiederholen.. nur den Inhalt dieser. Allerdings stört mich das mittlerweile nicht mehr soo sehr.. zumindest, so lange die wichtigen Infos hängen bleiben :P

Es gibt ja auch Gedächtnis- und Konzentrationstraining. Wenn man das mal durchziehen würde.. würde es sicher auch was helfen. Also sich etwas Merken ist auch ein wenig Übungssache. Ich merk das auch, wenn ich für den Abi-Fernkurs lerne.. anfangs ging gar nichts.. wenn ich täglich lerne, kann ich mir nach ner Woche die Dinge relativ gut merken. Allerdings vergesse ich dann auch alles wieder ziemlich flott, wenn ich es nicht wiederhole.. aber das ist wohl auch relativ normal.. nicht grundlos sind Lernmaterialien so aufeinander aufgebaut, dass man Gelerntes längere Zeit wiederholt.

Also ich würde das nicht zu negativ sehen.. Dinge, die dich interessieren, kannst du dir sicher auch gut merken. Auch wenn es um PC-Spiele geht.. merkt man sich ja im Grunde sehr viel. Nimm z.B. mal ein MMO wie World of Warcraft.. wenn man sich da die Gebiete alle merkt.. und den Grundriss der Städte.. wo die ganzen Händler stehen.. wo die Eingänge der Inis sind.. welche Items es wo gibt.. wer alles auf der Friendlist ist und wer die Leute waren.. usw usw.. dann merkt man sich ja auch sehr viel. Da würde ich sagen, dass Zocken evtl. auch anstrengend fürs Denken sein kann und man sich dann evtl. im Alltag nur noch das merkt, was einem eben wichtig erscheint und ansonsten dem Gehirn mal ne Pause gönnt ;)

So richtig disoziationen habe ich nur noch selten.. weiss ja nicht, wie oft du das hast und wie lange die Zeiten so sind. Ob es so schlimm ist, dass du ne Therapie deswegen machen solltest, musst du wissen. Aber so ein Gedächtnis- und Konzentrationstraining.. kann sicher nicht schaden.
Lightning
 

Beitragvon Kafkaesk » Fr. 19.06.2015, 20:24

Danke für die schnelle Antwort Another,
Ich denke ich sollte mich nicht so anstellen, und es wirklich mal versuchen. Dann werde ich auch sehen, wie ernst es ist.
Leider habe ich bisher aber eher die Erfahrung gemacht, dass Psychologen es vorziehen mich nicht wirklich für voll zu nehmen.

das seltsame ist eigentlich, dass es nicht mal Stresssituationen braucht, um mal "abzutauchen" (zum Beispiel grade, ich hatte mich um 18:00 Uhr hier hin gesetzt und bin nur kurz weggegangen). Aber manchmal ist es auch kurz nach Stresssituationen, wenn ich beginne über den Stress nachzudenken.

Und man muss ja nicht selbst betroffen sein, um helfen zu können, danke dass du dich so frei gefühlt hast


Das stimmt mit der Konzentration Lightning. Ich hab auch das Gefühl eher anwesend zu sein, wenn ich am PC sitze, aber eigentlich zocke ich nicht, sondern bin eher der Mensch, der chattet.

Ich denke auch, dass ich viel absichtlich und aus Desinteresse vergesse (auch teilweise in der Schule), aber dann gibts auch wieder Sachen, auf die ich mich eigentlich konzentrieren will. Meine eigenen Sätze kann ich schon mal gar nicht wiederholen, deshalb erzähle ich Dinge immer doppelt und dreifach denselben Menschen. Wichtige Infos bleiben auch schon mal hängen, aber ich muss sie öfter wiederholen bis sie auch da bleiben.

Das mit dem Konzentrationstraining ist eine gute Idee. Ich werd mich mal informieren, oder weißt du wie man das macht?

Danke jedenfalls, was du sagst beruhigt mich und hilft gut gegen die Schwarzmalerei ^^

Meine Dissoziationen, oder wie man es nennen mag gehen täglich gewöhnlich etwa 30 Minuten bis 3,5 Stunden lang, soweit ich das schätzen kann weil die Übergänge fließend sind.
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Re: "Nur der Computer"?

Beitragvon Lightning » Fr. 19.06.2015, 20:37

Das mit dem Konzentrationstraining ist eine gute Idee. Ich werd mich mal informieren, oder weißt du wie man das macht?


Leider nicht, da ich nie wirklich in Therapie war.. zumindest nicht nach der Geschlossenen und der Offenen.. Da gab es zwar auch Konzentrations- und Gedächtnistraining.. aber ich habe nie mitgemacht. Ich weiss nur, dass es dort zum Teil auch am PC geübt wurde.

Chatten ist sicher auch gut für dich. Ich konnte nach der akuten Phase z.B. nicht mal mehr lesen.. weil ich mir nicht mehr als ein Wort merken konnte und/oder Gedankenrasen dazwischen kam. Viel Sprechen war da auch nicht drinn. Das habe ich im Prinzip auch durch Chatten und Teamspeak langsam wieder verbessert. Gut.. das mit dem Lesen erstmal mit Comics.. vor ernsten Zeilen hatte ich gleich immer Angst, falls ich sie mir merken konnte :X

Irgendwo im Forum standen ja auch ein paar Tipps dazu, wie man das ungewollte Abdriften zum Teil etwas in den Griff bekommen kann.. müsste jetzt aber selbst suchen, wo genau das war.

*Edith* Habs mal gesucht:
viewtopic.php?f=49&t=13077

Evtl. kann dir ja der ein oder andere Tipp von dort auch helfen :)
Lightning
 

Re: "Nur der Computer"?

Beitragvon slot108 » So. 11.10.2015, 11:07

is faszinierend wie oft Symptome als Ursache hingestellt werden.
2015, gibt 8-Kern-CPUs, i-phones, aber die Köppe der Menchen sind immer noch in vor 2000 stecken geblieben.

ich wette drauf, dass du so viel am PC sitzt, weil du dich da wahrscheinlich wohler fühlst, als in der Realität. oder? das is ne Auszeit, in der auch das Dissoziieren nicht ins Gewicht fällt.

ich arbeite am PC, hab 2 meiner großen Hobbys am PC.
phasenweise sitz ich non stop davor. DAS ist bedenklich!
aber nicht die 2, 3 Stunden, die du da täglich vor sitzt.
finde ich jetz.
slot108
 


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