Probesitzung endet in Retraumatisierung...Bin ich schuld?

Thematik dieses Forums: Dissoziationen wie Depersonalisation, Derealisation und andere dissoziative Zustände sowie Traumata und ihre möglichen Folgen, so wie u.a. auch die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), die akute Belastungsreaktion oder die Dissoziative Identitätsstörung (DIS) bzw. Multiple Persönlichkeitsstörung (MPS).

Probesitzung endet in Retraumatisierung...Bin ich schuld?

Beitragvon Lilu » Mo. 22.09.2014, 14:50

Hallo Ihr Lieben,

ich hatte eine Probesitzung bei einer Traumatherapeutin.....Kurz und knapp, sie hat sich ziemlich heftig und emotional über meine Mutter (eine der Täter) ausgelassen (Soziopathin, Psychopathin, dämliche Glucke)..

Da mich dies irgendwie verstört und nach einer Woche immer noch keine Ruhe gelassen hat, habe ich der Thera eine Mail geschrieben.

Ich habe sie ganz offen gefragt bzw. ihr gesagt, dass mich ihre emotionalen Ausbrüche/Beschimpfungen über meine Mutter extrem ge-bzw. verstört haben. Ich meinte auch, das solche Emotionen eigentlich mir vorbehalten sein sollten. Ich frage sie auch, ob dies vielleicht so gewollt war bezügl. eines Denkanstosses, oder ob sie auch in Zukunft über die Täter so emotional richten würde.

Ihre Mail-Antwort..."Wir besprechen das in der nächsten Sitzung..."

Da war ich dann auch..

Sehr kühler Empfang. Sie begrüßte mich kauend. Wortkarg bat sie mich, Platz zu nehmen. Ihr Verhalten reichte, dass ich anfing zu dissoziieren….

Sie legte die ausgedruckte Mail auf den Tisch und las sie mir vor. Sie unterstrich in ROT Wörter wie „emotional“ und „Ausbruch“ und noch weitere… Dann sollte ich mir die Mail auch noch mal durchlesen. Ich lehnte ab.

Sie: „Würden Sie die Mail heute noch genauso formulieren?“

Ich: „Vielleicht nicht wörtlich, aber inhaltlich schon…“

Sie: „Ich kann mich nicht entsinnen, ihre Mutter beschimpft zu haben. Und emtionale Ausbrüche hatte ich auch nicht. Ich habe vielleicht emtional reagiert, aber ein Ausbruch war es nicht.“

Ich: „Sie haben meine Mutter Soziopathin, Psychopatin und dämliche Glucke genannt. Und das ziemlich ungehalten. Aber ich hatte Ihnen ja auch noch geschrieben, dass ich mir nicht sicher bin, ob Sie WIRKLICH so sind, oder ob ihre Reaktion einen „Sinn“ hatte, also psychotherapeutisch.“

Sie: „Dann würden Sie mir Manipulation unterstellen….“

Ich: „Ich kenne es nur so, dass wenn über die Täter gesprochen wurde, eher ruhig und sachlich gesprochen wurde.“ (Für mich war dies immer die passendere Reaktion auf die Täter. Bloß nicht zu viel Beachtung schenken. Verdient haben sie es ja nicht.)

Sie: „Die alte Psychotherapieschule meint, dass auf solche Themen NICHT emotional reagiert werden sollte. Aber in der NEUEN wird gesagt, dass dies überhaupt nicht gut für den Patienten ist, da dieser sich nicht ernstgenommen fühlt........ So wie Sie mich beschrieben haben, bin ich nicht.“

Ich: „Es kam aber so bei mir an. Ich hatte das Gefühl, dass Sie sich wenig unter Kontrolle hatten. Das fühlte sich für mich nicht gut an.“

Sie: „Ich habe eher das Gefühl, dass Sie das was Sie mir vorwerfen, eher SIE sind. Machen Sie das öfter? Anderen etwas „unterstellen“, was aber eigentlich Sie sind? Machen Sie das bei Ihren Kindern auch so. Und bei Ihrem Mann?“

An dieser Stelle war es vorbei. Ich fühlte mich unverstanden, getadelt….UND ich hatte das Gefühl das etwas „Falsches“ von mir gedacht wird, bzw. sie mir etwas unterstellt, mich irgendwie beeinflussen will, mir im Kopf „rumwurschteln“ will…. (ob dem so ist weiß ich nicht, aber es fühlte sich schlecht an). Eigentlich fühlte ich mich wie ein Kleinkind….. dann Kopfleere, alles verschwommen, ich war ziemlich weit in mir drinnen…

Ich: „Ich möchte jetzt gehen….“

Ich stand auf, sagte noch „Auf Wiedersehen“ (bestimmt nicht) und ging….

Die Frau scheint mich ja gut zu kennen, so nach 70 Minuten…. Vielleicht hätte ich es anders angehen können, aber ich musste das klären. Ich musste wissen, ob ich mit ihr klar komme. Ich mag es eigentlich, wenn es nicht „zu seicht“ in der Therapie zu geht, aber wenn ich meinen „Seelenmüll“ und meine Befürchtungen bei einer Thera nicht loswerden kann, dann kann es nicht die RICHTIGE sein.

Ich fühle mich wie in den Boden gestampft….

Wie ist es bei Euch? Habt ihr Eure Thera schon einmal kritisert? Wie hat sie reagiert? Seid ihr der Meinung, dass man der Thera ALLES sagen kann, bzw. könnt ihr das?

Ich nehme an, dass mich diese Situation extrem überfordert bzw. retraumatisiert hat, da ich am nächsten Tag krank wurde. Übelkeit, Erbrechen, Taubheitsgefühle in den Extremitäten. In meinem Kopf ist alles durcheinander. Hätte ich Sie nicht kritisieren dürfen? Aber ich habe doch nur 5 Probestunden. Ich stand unter Druck und wollte vorher herausfinden, ob ich mit ihr kann oder nicht. Das das dann so aus dem Ruder läuft, war nicht beabsichtigt....Ich habe einerseits Schuldgefühle, andererseits fühle ich mich im Recht. Sie hätte SO einfach nicht reagieren dürfen. Meine "Schnipsel" streiten sich...

LG Lilu
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Re: Probesitzung endet in Retraumatisierung...Bin ich schuld

Beitragvon Kleiner Elefant » Mo. 22.09.2014, 14:57

Hallo Lilu,
ist ja echt blöd gelaufen.
Ich hatte auch mal einen großen Konflikt mit meiner Thera.
Ich habe ihr gleich zu Beginn der Stunde gesagt, dass ich das klären muss und vorher nichts Anderes besprechen mag. Sie ging drauf ein. Sie dachte wohl auch außerhalb der Arbeit nach und überlegte, warum ich tat, was ich tat, warum ich dachte und sprach, was ich dachte und sprach. Und ich hätte es nie so formuleiren können, aber sie fand den Grund. Und ich fühlte mich ihr dann sehr nah.
Ich habe aber auch so argumentiert wie Du: Wie ich MICH fühle und so. Ich finde Dein Verhalten echt bewundernswert, das habe ich damals nicht so hinbekommen. ich habe rumgewütet^^

Ich denke, wenn Du Dich menschlich bei ihr nicht wohlfühlst, weiß ich nicht, ob es Dir dann gut tun wird.
Kleiner Elefant
 

Re: Probesitzung endet in Retraumatisierung...Bin ich schuld

Beitragvon Lilu » Mo. 22.09.2014, 15:00

Hallo kleiner Elefant,
ich bin nie wieder bei dieser Frau gewesen. Da wäre ich ja wirklich dämlich :shock:
Ich suche weiter nach eine Thera.
LG Lilu
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Re: Probesitzung endet in Retraumatisierung...Bin ich schuld

Beitragvon Kleiner Elefant » Mo. 22.09.2014, 15:02

Es tut mir wirklich Leid, dass es so blöd gelaufen ist.
Es hätte mich auch sehr verärgert und traurig gemacht, hätte meine Thera reagiert wie Deine.
Hassu mal an eine Beratungsstelle gedacht?
Da sitzen manchmals auch Traumatheras.
Kleiner Elefant
 

Re: Probesitzung endet in Retraumatisierung...Bin ich schuld

Beitragvon Rainbow » Mo. 22.09.2014, 15:31

Ich finde du hast das echt gut gemacht...bist bei dir geblieben im Gespräch.
Ihre Reaktion kann ich absolut gar nicht nachvollziehen

Ich habe meine Thera schon etliche Male kritisiert und habe sowas niemals zu hören bekommen.
Höchstens mal, das sie das so nicht wahrgenommen hat wie ich, aber das sie in Zukunft mehr darauf achten wird.

Du bist nicht Schuld!
Rainbow
 

Re: Probesitzung endet in Retraumatisierung...Bin ich schuld

Beitragvon ViJo » Mo. 22.09.2014, 15:33

hi Lilu,

es ist gelinde gesagt echt mistig gelaufen und es ist leider weit verbreitet, dass ein Therapeut mit einer Kritik nicht umgehen kann und es zum Problem des Klienten macht.
Aber ich habe doch nur 5 Probestunden. Ich stand unter Druck und wollte vorher herausfinden, ob ich mit ihr kann oder nicht.

Und genau das hast du super richtig gemacht, so weißt du gleich, sie ist sicher nicht die Richtige.

Ja, eine kompetente Therapeutin ist in der Lage sich kritisieren zu lassen und adäquat darauf reagieren zu können.
Meine Therapeutin und ich hatten immer wieder Streitgespräche und sie war eine von denen, die nicht nur in der Lage war Kritik anzunehmen, sondern sich auch zu entschuldigen. Es gibt sie, die Guten und Fähigen :wink:
ViJo
 

Re: Probesitzung endet in Retraumatisierung...Bin ich schuld

Beitragvon Lilu » Mo. 22.09.2014, 16:26

Ich bin gerade richtig gerührt von Euren Beiträgen.. es tut wirklich gut, zu wissen, dass ich doch nicht alles falsch gemacht habe...

Danke an Euch und LG Lilu
Lilu
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