Jede Nacht erlebe ich es wieder *trigger*

Es geht hier um die Themen sexueller Missbrauch und Nötigung bzw. Vergewaltigung sowie um körperliche wie emotionale Formen der Gewalt.

Wichtig: Die Inhalte dieses Unterforums können v.a. für Betroffene stark triggernd sein!

Jede Nacht erlebe ich es wieder *trigger*

Beitragvon tdaeu » Mo. 26.11.2012, 23:02

Ich wurde von meinem dritten bis zu meinem fünfzehnten Lebensjahr von meinem Opa sexuell missbraucht... zwölf Jahre, die tiefe Narben auf meiner Seele hinterlassen haben. Mal spürre ich sie mehr, mal weniger - aber seit einer Woche spürre ich sie SEHR deutlioch.
Jede Nacht wache ich schweißgebadet auf, ich kann nur noch mit Musik und Licht schlafen - habe Angst. Ich brauche dann einige Minuten um zu begreifen, dass es nur ein Traum wa, doch es ist dann so real.
Bekomme häufig Panikattaken....bin mit meiner Kraft am Ende. Ich kann nicht mehr.
Ich war lange stabil, konnte verträngen...aber jetzt geht es nicht mehr. und ich warte immer noch auf einen Therapieplatz. Ich bin kurz davor aufzugeben - die Angst frisst mich auf. Habe starke Depressionen und verletze mich jeden tag selbst.
Ich bin abends so verzweifelt, dass ich an Selbstmord denke, ich würde es nicht versuchen, dass kann ich versichern - aber der Gedanke befreit.
Vor ein paar wochen, hab ich das leben versucht zu genießen, aber jetzt kann ich es nicht mehr!!!!
Bald ist Weihnachten, dann muss ich ihn sehen.... ich ertrage es nicht, mit ihm in einem Raum zu sein...bekomme dann starke Intrusionen und Panikattacken. Ich fühle mich so klein,leer und schutzlos...
mein Verstand weiß, dass ich zuhause sicher bin, da zwischen uns fast 100km liegen - aber meine Gefühle denken immer, dass er jeden Augenblick das Zimmer betretten könnte.
Wegen ihm habe ich schon so viel aufgegeben: meine Heimat - meine Freunde, die ich dort hatte - und das schlimmste, ich habe mich für ihn aufgegeben.
Ich versuche in Gedichten zu verarbeiten....oder in form von tagebucheinträgen - aber ich will nur vergessen.
Ich bin eine Überlebende - aber dafür habe ich lebenslänglich bekommen
Ich darf und kann ihn nicht mal anzeigen und zur REchenschaft ziehen....muss schweigen....kann nur darüber schreiben......
diese Menschen würden, selbst wenn man sie anzeigt im idealfall ein paar jährchen kriegen, aber ihre Opfer sitzen lebenslänglich in einem Käfig, denn die Täter gebaut haben.
Ich will einfach nur vergessen-.......aber es geht nicht
ich weiß nicht mehr weiter
tdaeu
 

Re: Jede Nacht erlebe ich es wieder *trigger*

Beitragvon GLaDOS » Di. 27.11.2012, 17:48

Kannst du dich denn notfalls nicht an eine psychiatrische Ambulanz wenden, wenn es ganz schlimm wird? Es ist sehr wichtig, dass du mit deiner starken Depression nicht alleine bleibst. Möglicherweise kannst du dort, wo du auf deinen Therapieplatz wartest anrufen, und schildern wie es dir zur Zeit geht - vielleicht beschleunigt sich dadurch etwas.

Hast du denn keine Möglichkeit Weihnachten dieses Jahr nicht zu ihnen zu fahren? Ich würde da sicher nicht hin wollen, wenn ich wüsste das er da wäre. Es ist notwendig, dass du dich selber schützt, egal was deine Familie von dir denkt. Du hast enorme Gründe dort nicht auftauchen zu wollen. Hast du dich jemals innerhalb der Familie jemanden anvertraut?

Ich find's gut das du versuchst alles in Form von schreiben zu verarbeiten, es kann sicher helfen.

Liebe Grüsse...
GLaDOS
 

Re: Jede Nacht erlebe ich es wieder *trigger*

Beitragvon tdaeu » Di. 27.11.2012, 23:22

Danke für deine Liebe Antwort
Ich war heute bei meiner Psychiaterin....hab jetzt tavor verschrieben bek0ommen - hoffentlich wird es dann besser!!!!1
tdaeu
 

Re: Jede Nacht erlebe ich es wieder *trigger*

Beitragvon Orchideenblüte » So. 09.12.2012, 20:02

Dass du deinen Opa zu Weihnachten wiedersiehst ... und wieder so tust als wäre nix Schlimmes passiert .... so wie du es als kleines Kind getan hast und all die Jahre jetzt auch noch .... das ist der Trigger. Du fühlst dich wieder genauso ausgeliefert wie früher. Die Medikamente werden dir helfen, aber sie werden dich nur beruhigen. Damals warst du ein kleines Kind und von der Familie abhängig. Du hättest nie etwas getan, was die Familie zerstört.

Heute bist du erwachsen. Heute bist du gewachsen, auch in deinem Kopf. Heute erkennst du, dass Missbrauch nur in einem kranken Familiensystem geschieht und das dieses kranke Familiensystem sich nur aufrecht erhält, wenn alle Mitglieder brav ihre ihnen zugeteilten Rollen spielen...

Damals waren die Erwachsenen für dich verantwortlich. Heute bist DU für dich verantwortlich. Indem du zu Weihnachten hingehst und so tust als wäre nie etwas gewesen, schaffst du dieselbe Situation wie damals. Und davor hat dein Körper Angst. Denn damals war in solchen Situationen der Missbrauch da. Und dein Körper erinnert sich und sendet dir Warnsignale.

Sich im Kopf zu sagen, es passiert nichts, dass reicht leider nicht. Der Trigger ist viel zu stark. Dein Körper weiß nicht, dass du ihn jetzt als Erwachsene beschützen kannst. Du musst es ihm erst beweisen. Du musst ihm beweisen, dass du jetzt über dein Leben bestimmst ... du entscheidest, was du in deinem Leben tust. Du musst dich entscheiden, ob du dich weiter kleinmachen willst für die Familie. Oder ob du anfängst besser auf dich achtzugeben und zu dir und einen Gefühlen, Ängsten, Bedürfnissen zu stehen. DAs ist glaube ich das schlimmste am Missbrauch: ich habe mich wie ein Stück Dreck behandelt gefühlt, weil mein Stiefvater mich missbrauchte, wie es ihm passte. Und so minderwertig habe ich mich dann auch als Erwachsene gefühlt und die Bedürfnisse anderer, die heile Welt, die Harmonie, etc. immer vor meine Bedürfnisse gestellt.

Dein Opa hat dir so etwas Schlimmes angetan. Wenn ich meinen Stiefvater, der mich jahrelang missbraucht hat, wiedersehen würde, keine Ahnung, was ich tun würde ... aber eins wäre sicher, ich würde vor Wut toben .... und auch vor Verachtung und Hass. Denn es war keine Liebe wie vorgegaukelt sondern purer Machtmissbrauch. Und wie du genau sagtest, wir Opfer / Überlebende leiden ein Leben lang darunter.

Meine Trigger hören erst auf, wenn ich grundsätzlich etwas an der Situation ändere. Wenn es z.B. eine Situation ist vor der ich mich fürchte, dann wenn ich diese (z.b. ein Treffen) verschiebe (und zwar egal wie der andere reagiert) ... oder wenn das nicht geht, ich mir Schutzanker versuche zu bauen, das Treffen verändere (andere Zeit, anderer Ort, noch jemand mitnehme etc.). Aber das hilft bei mir nur bedingt, weil ich mich dann immer noch ausgeliefert fühle. Aktuell geht es mir am Besten, wenn ich auf meine innere Stimme höre und wenn die gar nicht hin will .... nun ja .... Ich feiere z.b. seit Jahren Weihnachten alleine. Früher habe ich es mit meiner Mutter gefeiert, ich bin sogar mit ihr auf meine Kosten in Urlaub gefahren etc.. Aber das war für mich innerlich immer sehr schwer, weil ich mich an den Missbrauch dann auch erinnert habe, meine Mutter hier aber eher abblockt und so tut als sei nie etwas gewesen. Ich war jahrelang traurig zu Weihnachten auch wenn ich bei Freunden war etc. Irgendwann habe ich es dann zu Grabe getragen: den Wunsch einer heilen Familie und eines friedvollen schönen Festes. Das heißt nicht, dass es mich heute nicht mehr schmerzt, aber ich versinke nicht mehr so in der Traurigkeit. Heute ist es so, dass wir sehr wenig Kontakt haben. Aber dafür ist er ehrlich und liebevoll. Ich akzeptiere, dass sie nicht über früher reden will ... und sie akzeptiert (und damit zeigt sei mir ihre Liebe), dass mir das Thema sehr wichtig ist und ich mich sehr damit beschäftige und ihr gegenüber auch verbittert bin, weil sie Mittäterin war. Durch ihr Schweigen und ihre passive Mithilfe konnte diese kaputte Familie überhaupt erst entstehen. Und sie als Erwachsene hatte die Verantwortung egal wie hilflos, klein, unsicher, ängstlich sie sich selber gefühlt haben mag.

Hast du Freunde mit denen du über den Missbrauch reden kannst? Das wäre gut, denn ich z.b. habe erst an den Reaktionen gesehen, dass es wirklich was Schlimmes war ... für mich war das ja Alltag/Normal. Außerdem ist es gut, wenn du spürst, dass Leute dich ernst nehmen und auf dich eingehen. Das tut echt gut und du gibst diesen schlimmen Erlebnissen auch einen Raum und Platz. Und das brauchen sie, denn sie gehören zu dir, sie sind ein Teil von dir, ein Teil deiner Kindheit und Jugend.

Ich wünsche dir viel, viel Glück!!!!
Orchideenblüte
 


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