Selbstverletzung oder Selbstbestrafung

Es geht hier um die Themen sexueller Missbrauch und Nötigung bzw. Vergewaltigung sowie um körperliche wie emotionale Formen der Gewalt.

Wichtig: Die Inhalte dieses Unterforums können v.a. für Betroffene stark triggernd sein!

Selbstverletzung oder Selbstbestrafung

Beitragvon Freemind » Mo. 22.05.2006, 12:53

Ich habe ein Verhalten, was ich bisher noch nirgends finden konnte, dass es noch einer macht, außer mir. Deswegen schäm ich mich sehr, aber ich leide so darunter, dass ich es loswerden muss! Mein Therapeut weiß auch von diesem Verhalten. Hat aber noch keine Lösung gefunden. Ich habe es ihm auch erst letzte Woche gestanden.
Folgendes:
Ich schaue mir erotische Filme an und ich finde die zuerst anregend.
Dann befriedige ich mich selbst und wenn ich zum Höhepunkt komme, fang ich an zu weinen. Ich fühl mich beschmutzt, benutzt, dreckig und schlecht und allein gelassen. Dann schwöre ich, nie wieder guck ich solche Filme an, nie wieder fasse ich mich an, keinen Mann will ich nie haben.
Wenn ich mich selber nicht glücklich machen kann, kann es niemand. Ich habe es nicht verdient, sexuellen Spaß zu erleben.
Das Erlebnis reicht aus für eine Zeit von 14 Tagen, mich in diesem Schockzustand zu halten, dann mach ich es ohne Film und verfalle wieder in diesen Zustand der Traurigkeit. Also ob mit Film oder ohne, ich heule immer nach oder während des Höhepunktes.

Meist tue ich das, wenn ich auf die Idee komme, Männer sind nicht alle schlecht. Ich könnt ja mal nach einem Typ gucken. Bin seit 2 Jahren Single und habe auch seit dem, außer mit mir, keinen Sex. Ich habe auch nicht das Verlangen danach. Was auch in Ordnung ist. Schließlich habe ich auch schlimmes erlebt, da ist es eh nicht so schön, Sex zu haben. Ich habe jedenfalls noch kein schönes Erlebnis mit einem Mann gehabt. Wie auch. Ich denke ja dann meist auch an die Vergangenheit, wie mein Großvater mich angegrabscht hat und noch an meine Intimzonen Oral verkehrt hat. Ich schäme mich für diese Vergangenheit, genauso aber auch dafür, dass ich mir solch Filme anschaue.

Und warum tue ich es trotzdem? Es tut mir weh, sie anzusehen, wie die Frauen benutzt werden, und trotzdem gucke ich mir die Filme an. Aus die Maus. Ich fühle mich, als würde ich in dem Moment handeln, wie einer, der ritzt. Ich verletze mich psychisch, gib mir die Keule und bestrafe mich für das, was ich tue. Was sagt Ihr dazu? Was kann ich da machen. Gehört von solch Fall, habt Ihr sicher nicht, oder?
Freemind
 

Beitragvon iYurael » Mo. 22.05.2006, 13:17

Hi du
wilkommen im Forum :)


"Habt ihr euch waehrend eines Orgasmus schonmal gefragt was der Sinn des Lebens ist? Nein, weil wir dann genau da sind wo wir hin wollen, am Hoehepunkt des Lebens" <- so oder so aehnlich von Mittermeier

Hast du mal versucht die Frauen nicht als benutzt an zu sehen, sondern als Personen die im Film spass haben.
Das Weinen muss auch nichts schlechtes sein, kann mir gut vorstellen dass es einigen anderen ebenso geht. Ich finde es nichtmal irgendwie seltsam.
Wenn Leute sehr gluecklich sind weinen sie, und ein Orgasmus setzt wenn ich mich nicht irre einige Gluecksgefuehle frei. Das Weinen einfach als...Bestaetigung, als weiteres Erlebniss ansehen. Versuch es zu geniessen.
Darum solltest du dir also finde ich keine Sorgen machen.

Eher darum dass du dich beschmutzt fuehlst.
Aber auch das ist unnoetig.
Etliche Menschen machen es regelmaessig, es ist normal, nichts wofuer du dich schaemen solltest :)

Das mit deinem Opa ist scheisse, ja und ich kann verstehen dass du daran oft denken musst. Aber dafuer kannst DU NICHTS. Das war er!
Du musst mit deiner Vergangenheit nunmal leben und darum versuch sie als ein Teil von dir anzusehen. Es ist sicher keiner der Teile auf die man stolz sein kann, ABER, wenn du es schaffst ein gesundes Verhaeltniss zur Sexualitaet (mit dir selbst / mit anderen) aufzubauen, dann kannst du wirklich stolz sein finde ich!


Achja, Respekt dass du das alles hier so offen schreibst:)

Schoenen Tag noch,

iYu
iYurael
 

Beitragvon Freemind » Mo. 22.05.2006, 13:48

Hast du mal versucht die Frauen nicht als benutzt an zu sehen, sondern als Personen die im Film spass haben.


Hallo iYurael, habe ich schon. Aber ich sehe die Situation und denke an mich. Ich weine um mich, wegen dem was da passiert. Die Szene überträgt sich irgendwie auf mich und dann fühle ich mich nicht gut.
Ausserdem ist es ein Zwiespalt, einerseits Verlangen nach Zärtlichkeit, andererseits, sich selber Verbieten.
Ja klar, ist es normal und durchaus gesund, dass man sich selber liebt und auch dass man erotische Filme ansieht. Das Weinen, empfinde ich nicht als Glück, eher Verzweiflung und Schmerz. Ich bin süchtig nach dem Gefühl, den Schmerz zu erleben, so blöd das auch klingt, aber das erinnert mich daran, dass ich es damals zugelassen habe. Naja, das ist was für meinen Therapeuten, aber es kotzt mich an, dass ich mich damit so verletze. Und es tut auch wirklich weh. Es ist aber nichts entzündet.
Es schmerzt seelisch. Meine Arbeit leidet momentan darunter und mein Job ist dadurch in Gefahr. Selbst Entspannung oder Selbsthypnose zum Wohlbefinden bekomme ich nicht mehr hin. Gestern 16:00 Uhr hab ich mich dazu bewegt zu Entspannen und bin eingeschlafen bis heute morgen 8:00!!!

Ich will nicht in Depressionen verfallen und möchte vorher dagegen etwas tun, bevor es zu spät ist. Noch habe ich Spass am leben und freue mich auf jeden tag, aber das Negativdenken wird immer mehr, je öfter ich mich selber anfasse. Dagegen muss es doch was geben.
Freemind
 

Beitragvon planb » Mo. 22.05.2006, 16:35

Freemind hat geschrieben:. Das Weinen, empfinde ich nicht als Glück, eher Verzweiflung und Schmerz. Ich bin süchtig nach dem Gefühl, den Schmerz zu erleben, so blöd das auch klingt, aber das erinnert mich daran, dass ich es damals zugelassen habe.


Hast du es wirklich zugelassen oder war es nicht eher so, dass du wahrscheinlich keine Chance hattest, "Nein" zu sagen und das auch durchzusetzen?

Und ich denke, du wirst mit deinem Therapeuten herausfinden, warum du immer wieder dieses Erlebnis suchst. Aber das dauert möglicherweise längere Zeit.
planb
 

Beitragvon verrückte-nudel1981 » Mo. 22.05.2006, 17:22

Hallo Freemind!

Ich denke auch, dass Du Dich dafür bestrafen willst, dass Du früher missbraucht wurdest. Aber das ist nicht Deine Schuld, auch wenn Du das vielleicht anders siehst?!? Hm, es ist schon ungewöhnlich, dass Du Dich nach der Selbstbefriedigung schlecht fühlst. Doch das ist wahrscheinlich auf den Missbrauch zurück zu führen. :troest:
verrückte-nudel1981
 

Beitragvon Freemind » Mo. 22.05.2006, 23:48

Hast du es wirklich zugelassen oder war es nicht eher so, dass du wahrscheinlich keine Chance hattest, "Nein" zu sagen und das auch durchzusetzen?


Ich hatte keine Chance zu verstehen, dass es nicht richtig ist, was mit mir angestellt wird. Ich hätte wegrennen können, glaube ich. Aber er hat mich belohnt, mit Geld oder anderen Sachen. Ein Kind weiß ich, lässt sich bestechen. Oft hört man, "Geh nicht mit fremden Männern mit, die Dir Schokolade anbieten" - Meist sind diese auch solch Schweine. Das weiß ich mit meinem bewussten Verstand, aber es ist für mich dennoch nicht klar, dass ich so naiv war, so naiv wie ein Kind nun mal ist.

Ich habe gestern mit einer Kollegin/Freundin gesprochen. Weil sie sich Sorgen macht um mich. Sie meinte, ob ich schon mal an eine Selbsthilfegruppe gedacht habe. Nein, sagte ich. Aber ich habe mich gleich mal auf die Suche begeben und eine in meiner Nähe gefunden. Weiß nur noch nicht, ob das so ne gute Idee ist, da hin zu gehen. Wie das abläuft und was ich da erzähle oder ob ich das ertragen kann, andere ihre Erlebnisse zu höhren. Werde Mittwoch mit meinem Therapeuten darüber sprechen. Immerhin kennen die sich dort mit meinem Thema aus. Aber ob das etwas bringt?
Heute habe ich es wieder getan, mich selbst verletzt in diesem Sinne, wie ich erwähnt habe. Scheibenkleister aber auch, kurz bevor ich auf Arbeit ging. Dann bin ich total retraumatisiert zur Arbeit gefahren, dann noch die reguläre Arbeit zu machen, fiel mir schwer. Aber meine Kollegen sind sehr verständnissvoll, sie wissen, dass es mir nicht gut geht. Den Grund wissen sie nicht, aber es ist schön zu wissen, dass sie Rücksicht nehmen und nicht böse mit mir sind, wenn ich so gar nicht gut arbeite. Sogar mein Chef sagt, ich sollte mal etwas anderes machen, damit ich nicht mehr so unter Druck stehe. Na dann. 8)
Freemind
 

Beitragvon Freemind » Do. 25.05.2006, 17:54

So da wär ich wieder. Mein Therapeut sagt mir, dass es gar nicht so ungewöhnlich ist, mein Verhalten. Es gibt verschiedene Wege, sich selbst zu verletzen, die auch ein gemeinsames Ziel haben, ... sich selbst zu spüren bsp. Und ich muss jetzt schauen, wann genau ich das machen will.
Wenn ich weiß, in welchen Situationen mir danach ist, den Schmerz zu spüren, kann ich eventuell schon dirkekt Gegenmassnahmen einleiten, damit ich es nicht mehr tue.

Zu der Selbsthilfegruppe sagt er, dass es keine gute Idee ist. Weil ich dann durch dieses Thema retraumatisiert werde. Er meint, bei Leuten mit postraumatischer Belastungstörung wäre ein "leck" im Hirn, so dass die Erinnerungen rausrutschen oder andere Gefühle mit sich vermischen können. Wenn mir also jemand etwas über seine Missbrauchserfahrungen erzählen würde, wäre das wieder eine Hardcorvariante, womit ich direkt konfrontiert werde und ich beginne zu disoziieren, verfalle in den alten Zustand und bin psychisch unten. Also bleibt mir nur die Gesprächstherapie und viel Geduld. Was meint Ihr denn? Gibt es noch andere Möglichkeiten, das Erlebte zu verarbeiten?
Freemind
 

Beitragvon verrückte-nudel1981 » Do. 25.05.2006, 18:17

Freemind hat geschrieben:Was meint Ihr denn? Gibt es noch andere Möglichkeiten, das Erlebte zu verarbeiten?

Hm, wenn dann vielleicht eine Psychotherapie, aber die machst Du ja schon, ne?
verrückte-nudel1981
 

Beitragvon Freemind » Do. 25.05.2006, 20:36

verrückte-nudel1981 hat geschrieben:
Freemind hat geschrieben:Was meint Ihr denn? Gibt es noch andere Möglichkeiten, das Erlebte zu verarbeiten?

Hm, wenn dann vielleicht eine Psychotherapie, aber die machst Du ja schon, ne?


jau, seit 1 Jahr.
Und erst jetzt kommt das Thema zu tragen.
Vorher musste erst mal mein Selbstwertgefühl aufgebaut werden, Kompetenzen verstärkt werden, Angststörung auch noch behandeln,

und nun will aus meinem Kopf das Thema Missbrauch nicht mehr raus. Also es drückt ziemlich und will mich mit aller Macht konfrontieren. teilweise habe ich Bilder oder Gefühle von damals im Kopf. Ich weiß noch alles ganz genau, aber ich will es nicht mehr sehen müssen. Hoffe, mein Therapeut bringt mich in eine gute Richtung.
Freemind
 

Psychotraumatologie (Traumatherapie)

Beitragvon Site Admin » Fr. 26.05.2006, 09:16

Also bleibt mir nur die Gesprächstherapie und viel Geduld. Was meint Ihr denn? Gibt es noch andere Möglichkeiten, das Erlebte zu verarbeiten?

Hast du schon mal daran gedacht, es mit einer speziellen Traumatherapie zu versuchen? Dort wird mittels verschiedener Techniken versucht, einem Kenntnise zu vermitteln, "besser" mit dem Trauma umzugehen...

Es ist nur etwas schwerer, einen darauf spezialisierten Therapeuten zu finden, der auch ausgebildet ist in diese teils doch sehr spezielle Techniken, und die Wartezeiten sind meist länger als bei "normalen" allgemeinen Therapeuten.

Einen groben Überblick über die Traumatherapie (eigentlich nennt sie sich korrekterweise "Psychotraumatologie") und die angewandten Methoden gibt dieser Wikipedia-Artikel: http://de.wikipedia.org/wiki/Traumatherapie (unbedingt lesenswert, um in dieses Thema "einzusteigen")

Es gibt sogar auch einige wenige psychiatrische Kliniken, die eine eigene "Traumastation" haben. Bei mir in Bremen gibt es z.B. so eine (die Klinik Dr. Heines): http://www.ameos.de/ameos_haueser/ameos ... achabt.htm


Du kannt ja mal mit deinem Therapeuten darüber sprechen, was er davon hielte. Es wäre ja kein Ersatz für deine jetzige Gesprächstherapie, sondern eine Art Ergänzung. Ob sie aber für dich letzten Endes wirklich sinnvoll und "nötig" ist, musst du mit deinem Therapeuten besprechen.



P.S.: Was dagegen, wenn das Thema ins Allgemein-Forum verschoben wird? Einen Vorstellungs-Thread hast du hier ja bereits...
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Beitragvon Freemind » Sa. 27.05.2006, 22:52

Danke für den Tip, ich schaus mir mal an.

Und Dein P.S. hab ich gelesen und es ist in Ordnung
Freemind
 

Beitragvon dani » Sa. 10.06.2006, 13:49

Hallo,

Ich wurde mit 13 Jahren von meinem Bruder missbraucht .War noch nicht mal aufgeklärt. Ich ahnte nur, das das nicht in Ordnung war und nicht sein durfte.

Das ist 35 Jahre her....
Ich hasse ihn immer noch dafür. Der kann froh sein das ich nicht mehr weiss wo er wohnt. Heute würde ich den anzeigen.

Liebe Grüsse
dani
 

Beitragvon verrückte-nudel1981 » Sa. 10.06.2006, 16:30

@dani: Nur ist es leider so, dass Du Deinen Bruder heute nicht mehr anzeigen könntest, weil diese Taten nach 35 Jahren längst verjährt sind!
verrückte-nudel1981
 

Re: Selbstverletzung oder Selbstbestrafung

Beitragvon Schnuffi » Do. 02.10.2014, 01:11

Hallo Freemind,

ich habe Deinen Beitrag heute erst gelesen.
Bei mir ist es GENAUSO!
Es tut so gut, zu erfahren, dass man nicht allein ist!

Bei mir war es mein Vater.
Ich war 3x in einer speziellen Trauma-Klinik und 2x in einer Psychiatrie wegen Suizidgefahr.
Ich mache auch ambulante Therapie. Ich bin auf einem guten Weg mittlerweile, aber der Missbrauch hat mir viel genommen in meinem Leben.

Ich habe mich noch nie getraut, darüber zu reden. Ich bin so froh, dass Du es getan hast.

Bei mir ist es so, dass ich stundenlang immer wieder Selbstbefriedigung bis zum Orgasmus mache, wonach ich auch immer weine. Da bricht dann der ganze Schmerz und Verlust aus mir heraus. Ich mache das bis zur absoluten Erschöpfung, bin dann schweißgebadet, und im Intimbereich wund. Das ging sogar schon so weit, dass ich geblutet habe. Dennoch musste ich es immer wieder, wie unter einem großen Zwang, bis zum nächsten Orgasmus machen.

Ich habe große Schuldgefühle, weil ich auch beim Missbrauch einen Orgasmus hatte. Er hat vorher nie aufgehört zu reiben, während er sich auch selbst befriedigte.

Ich hasse meinen Körper dafür und wäre oft lieber tot, um aus diesem Körper herauszukommen.
Schnuffi
 


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