Vergewaltigt ... und mächtige Schuldgefühle (*trigger*)

Es geht hier um die Themen sexueller Missbrauch und Nötigung bzw. Vergewaltigung sowie um körperliche wie emotionale Formen der Gewalt.

Wichtig: Die Inhalte dieses Unterforums können v.a. für Betroffene stark triggernd sein!

Vergewaltigt ... und mächtige Schuldgefühle (*trigger*)

Beitragvon Lebenzerfließt » Mo. 01.09.2014, 00:25

Guten Abend,

ich habe mich hier angemeldet, um endlich ungehinder über mein Erlebtes berichten zu können... Ich bin seit einigen Jahren in Therapie, eigentlich wegen ganz anderer Dinge. Doch bei meinem Therapeuten kann ich über das, weshalb ich jetzt weiterhin bei ihm bin, nicht reden... Ich bleibe dann nicht anwesend, dissoziiere sehr schnell, wenn es nur im Ansatz des Ansatzes um das Thema geht... Ich weiß, so komme ich in der Therapie nicht weiter, aber ich weiß nicht, wie ich da raus komme aus diesem Schweigen... Zumal der Druck in mir steigt, reden zu müssen, sonst gibt er die Therapie irgendwann mit mir auf... und der Druck steigt, weil ich es einfach loswerden muss... Habe das Gefühl, innerlich langsam zu explodieren, weil es raus will...
Ich hoffe, dieses Forum hilft mir ein bisschen, diesen Druck, es mal loswerden zu müssen, zu reduzieren...


Ich bin seit 6,5 Jahren mit meinem Freund zusammen und wir haben eine zweijährige Tochter zusammen. Wir haben ein Jahr lang für ein zweites Kind geübt, es klappte nicht, und ich trennte mich von ihm - Wegen ganz anderer Gründe... Er ließ mich mit Haushalt, Kind und dem Leben komplett allein und alle Versuche meinerseits, etwas in unserer Beziehung zum Positiven zu veändern, scheiterten. Nach langer Zeit schien ich die Trennung zu schaffen.. Und quartierte mich und meine Tochter mitsamt den beiden Hunden bei einem fast 50jährigen Mann ein, bei dem ich das Gefühl hatte, endlich ist jemand für mich da.. fängt mich während der Trennungszeit auf... Er trinkt zwar viel Alkohol, was mich *eigentlich* immer ziemlich anwidert, aber er ist auch Punk und Hundeliebhaber... Ich dachte, er hätte sein Herz am rechten Fleck und sei einfach mit der Welt überfordert... Was mir ja nicht fremd ist...
Ich hatte ihm schon oft gesagt, dass er zu 0% mein Typ ist, ich es auch ekelig finde, allein die Vorstellung, mit ihm zu schlafen usw... Er war für mich wie ein Vaterersatz; so zumindest hätte ich es gewollt... Aber seine ständigen Annäherungen endeten doch damit, dass ich nach der Trennung mit meinem Freund mit dem Mann ins Bett ging.
Aber nach 2,5 Wochen war er mal wieder vom Vorabend komplett verkatert und ich fand es so abartig... Ich wollte nach Hause, Abstand, weg von ihm... Denn diese Art, dann ständig so nahe zu kommen und diese Wesensveränderung hasse ich total am Alkohol... Aber er sagte, er braucht gerade verkater viel Nähe und er sei doch auch für mich da usw... Ich blieb, aber erklärte ihm in einem fast zweistündigen Gespräch, dass ich körperlichen Abstand möchte, wenn er sich so verhält und so riecht... Mein leiblicher Vater ist ganz lieb, aber auch Alkoholiker, und wenn jemand zu viel trinkt, werde ich daran erinnert, und ich werde traurig und wütend zugleich... Der Mann hatte verstanden, wie sehr mich sein Alkoholkonsum runterzieht, wenn ich bei ihm bin, und dass ich in der Nacht dort schlafe, wenn er meine Distanz akzetiert. ... Dachte ich zumindest... Schließlich hatten wir lang und deutlich über dieses Nein gesprochen...
Wir gingen auf´s Sofa und wollten schlafen; ich sagte ihm noch, dass es mir Leid tut, aber ich es so einfach nicht kann... Ich am nächsten Tag wieder besser drauf sein werde...
Doch als ich die Augen zu hatte und fast eingeschlafen war, fing er an, mich zu berühren... Und eben diese ganze alkoholisierte Art ekete mich so an... dass ich kein Wort raus brachte... Ich fing an, Panik zu kriegen... Oder spielte ich sie nur vor, damit er aufhört?? Ich hyperventilierte... Er entschuldigte sich, hörte auf, grabschte dann in meinem Gesicht rum... Hat wohl nach Tränen gesucht und keine gefunden... und dann fiel dieser Satz... "Ach so, du weinst ja gar nicht.."
In dem Moment hätte ich irgendetwas sagen müssen... Irgendwas... :(
Aber ich hypervenilierte und ließ es über mich ergehen...
Ich stellte mich tot oder so... hatte die Augen fest zusammen gekniffen, bekam kaum Luft, krampfte... Und er machte einfach weiter...

Sein Atem dabei... Wie er meine Beine dann nahm... auf seine Schulter legte... in mich eindrang, als wäre ich irgendein Ding... Irgendwann, keine Ahnung, wie lang das alles dauerte, nahm er ihn raus und rückte stöhnend weiter zu meinem Gesicht...
Ich bin normalerweise ziemlich verklemmt... und hatte mit meinem Freund immer nur "Blümchen-Sex"... Hatte noch nie einen *** im Mund... Und dieser Mann wusste das...
Aber an diesem Abend... steckte er ihn in meinen Mund... Zum Glück war mein Mund so verkrampft, dass er die Zähne nicht auseinander bekam... Aber dennoch... ist es das erse Mal gewesen, dass ich so was im Mund hatte... So wollte ich es nicht :ˋ(
Als er merkte, er kommt da nicht rein... rückte er wieder nach unten... Ich spürte sein Ding an meinen Hintern... Ich hatte so eine scheiß Angst davor... Denn auch da wusste er, dass ich das noch nie hatte... und nicht wollte mit ihm!!
Ich konnte nichts sagen...
Und dann die Schmerzen....
Es war einfach unerträglich!
Erst nur ein kleines Stück rein, dann mehr und mehr, bis er ganz drin war. Ich dachte, es zerreißt mich...
Dann hörte er auf damit und machte "normal" weiter... bis er mit diesem ekeligen Stöhnen zum Höhepunkt kam...

Ich war zwischendurch immer mal wieder, die Erinnerungen kommen nach und nach...
Ich war auch nicht mehr bei mir, als er fertig war... Als ich zu mir kam, wieder "anwesend" war, brach ich in Tränen aus... Fragte ihn nur immer wieder, warum er das getan hat...
Als ich nur heulte und noch kein Wort raus brachte, tat er noch so, als wüsste er nicht, was ich für ein Problem habe... Er wollte mich trösten, ich solle ihm doch sagen, was ich habe, was mit mir los sei... Als ich sagte, ich habe es bewusst mitgekriegt... und ich wäre vor Schmerzen zu mir gekommen dabei,... ich weiß, was er mit mir gemacht hat... tat es ihm plötzlich Leid... Er wiederholte immer nur "Scheiße... Scheiße... Entschuldigung... Scheiße..."
Ich ging ins Schlafzimmer, in dem meine Tochter schlief... Legte mich zu ihr... Am nächsten Morgen packte ich die Sachen und ging...

Aber "es" tat ihm ja so Leid... Und ich wollte doch nicht allein sein...
Also versuchte ich, damit klar zu kommen... ihm zu verzeihen... Doch ich bekam einen Bulimierückfall nach dem anderen, was mir deutlichst zeigte, dass der Kontakt zu ihm schädlich, ja sogar zerstörerisch für mich ist... Ich bat ihn, mir Abstand zu lassen... Damit ich mich ordnen konnte...
Aber das konnte er nicht... Ohne mich würde er mit dem Alkohol zugrunde gehen... Er hat nie eine geliebt wie mich... Er kann sich ein Leben ohne mich nicht mehr vorstellen...
Auch fing er an, dass sein Rücken wieder Probleme macht; er wohl ins Krankenhaus muss und es nicht gut aussieht....
Die ersten ca. zwei Wochen versuchte ich, ihn zu trösten... irgendwie... Ihm Hoffnung zu machen, dass wir das wieder hinkriegen.. zumindest freundschaftlich... Aber er versank so im Selbstmitleid und ich hatte keine Kraft für sein Leid, denn ich kam mit mir ja schon nicht zurecht...
Ich holte meinen Freund zurück, weil ich es nicht mehr mit mir allein aushielt... Ich erzählte ihm erst nichs davon... Einmal schliefen wir miteinander und ich heulte heimlich dabei; wünschte nur, es sei vorbei... Irgendwann sagte ich ihm, was war, und er sagte sofort, dass es eine Vergewaltigung war...
Danach ging mir der Begriff nicht mehr aus dem Kopf...
Ich verstand danach irgendwann endlich, dass seine ganze Selbstmitleidstour einfach nicht angemessen war... Dass nicht er rumheulen müsste, sondern ich... Dass nicht ich stark für ihn sein müsste, sondern er für mich, theoretisch..
Ich ging zu meinem früheren Therapeuten... Der mir erklärte, dass Täter sich so oft selbst zu Opfern machen...
Eigentlich habe ich es verstanden... Dass ich das Opfer bin... Er der Täter...
Eigentlich...
Denn Schuldgefühle ihm gegenüber habe ich immer noch... Wenn ich dran denke, wie er wieder täglich im Alkohol versinken wird...
Andererseits hasse ich ihn dafür... Für das, was er mir angetan hat... Denn er hat mir zwei "erste Male" genommen, die vermutlich beide meine "letzten Male" gewesen sein werden... Seitdem kann ich auch nicht mehr mit meinem Freund schlafen, ohne zu heulen oder starke Schmerzen zu haben... Zwei Mal haben wir es noch versucht, aber es geht einfach nicht...
Der Mann wohnt nur eine Straße weiter... Er hat einen Hund und auf meinen Spaziergängen sehe ich ihn hin und wieder... Ich zittere jedes Mal, kriege Herzrasen, flüchte... Aber ich weiß nicht, wovor ich Angst habe... Ob es nicht mein schlechtes Gewissen ihm gegenüber ist... dass mich so erzittern lässt...

Einen Tag vor diesem Abend verstand ich mich mit meinem Freund sehr gut und wir schliefen miteinander...


Ich bin schwanger... Die fruchtbaren Tage waren dieses eine Wochenende... Und ich weiß nicht, ob mein Freund der Vater ist oder das Kind von einer Vergewaltigung stammt... Lange wollte ich es abtreiben, obwohl ich ein Jahr ein zweites Kind wollte... Inzwischen habe ich über die Hälfte der Schwangerschaft geschafft... Ich habe mich mit dem Kind "abgefunden"... Habe aber riesige Angst, es nie richtig lieben zu können :(
Als ich dem Mann von der Schwangerschaft erzählte, fing er an zu schreiben, dass er mir dieses Kind geschenkt hat... Und er schrieb sexuelle Details, wie geil er mich findet usw... Ich schrieb, dass ich kein Kind von einer Vergewaltigung wollte... Doch er meinte, mein Eisprung sei schon zehn Tage vorher gewesen...
Ich fühlte mich einfach nur noch verarscht... Denn ich weiß, wann ich meinen Eisprung hatte... Ich habe ein Jahr lang drauf geachtet... (Auch die Entwicklung des Fötus hat von Anfang an bis jetzt auch dieses Wochenende als wahrcheinlichsten Eisprungstag gezeigt...) Aber er wollte mir erklären, wann meine Regel war und dann mein Eisprung, dass ich dieses Kind doch wollte, und wieder driftete er ins Sexuelle ab... Mir wurde beim Lesen richtig schlecht und ich schrieb das auch, und auch, dass er damit aufhören soll... Schon versank er wieder in seinem Selbstmitleid und wie schlecht die Welt sei... Ich brach den Kontakt komplett ab...
Im Juni schrieb er mir zu meinem Geburtstag; in seiner SMS schrieb er "Hey Kleines"... und wie sehr er sich auf diesen Tag gefreut hatte...
Er betonte auch immer wieder, dass er sechs Monate insgesamt für mich da war und jetzt alles nur wegen eines Fehlers kaputt sei...?

Wie gesagt, irgendwann machte es bei mir Klick und ich fragte mich, wie ich so lang drauf reinfallen konnte... Wieso ich Schuldgefühle habe...
Wieso habe ich sie jetzt noch?

Oder hatte ich doch Schuld? Und übertreibe?
Hätte ich ihm verzeihen müssen und können?


Mit meinem Freund bin ich ja wieder zusammen... Und ich bin froh, dass er da ist... Er arbeitet nun viel an sich... Er versucht auch, Verständnis für das fehlende Sexualleben zu haben... Aber ich fühle mich nicht mehr wie eine "gute Freundin"... Ich kann ihm keinen Sex bieten... Ich trennte mich und war mit einem fast 50jährigen Alkoholiker im Bett... Ich erwarte eventuell ein Kind von diesem anderen Mann...
Mein Freund sagt, seine Spermien werden wohl gegen die einen alten, Alkoholikers angekommen sein und für ihn ist es so oder so sein Kind... Aber mein Gewissen deswegen erdrückt mich :(

Ich denke ständig an das, was war... Kriege es nicht mehr aus meinem Kopf... Dieses Kind im Bauch macht es nicht besser :(

Ich gehe wieder regelmäßig zur Therapie, aber kriege keinen Ton raus...
Ich habe Angst, als Mutter für das zweite Kind zu versagen...
Habe den Glauben ans Gute verloren...
Fühle mich nicht mehr wie ein "guter Mensch", der ich immer versuchte zu sein...

Nun ist der Text sehr lang geworden... Aber es tut gut, das alles mal loszuwerden...

Ich weiß nicht, wie ich mein Leben wieder in Griff kriegen soll... Oder ob ich einfach nur übertreibe... :(
Danke für´s Lesen...
Lebenzerfließt
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Re: Vergewaltigt ... und mächtige Schuldgefühle (*trigger*)

Beitragvon Christine » Mo. 01.09.2014, 00:39

Hey...

Vorweg, ich hab nur den ersten Absatz und den Schluss gelesen. In der Mitte musste ich vieles überspringen, weil mich sowas triggert... ich hoffe, das was ich schreibe ergibt trotzdem einen Sinn.

Erstens: Hab keine Angst, dein Therapeut wird die Therapie sicher nicht abbrechen, weil du noch Zeit brauchst, über das Erlebte zu sprechen. Wenn man etwas so traumatisches erlebt hat, reden die wenigsten Menschen einfach drauf los, das weiß er sicher auch. Wenn es ein guter Therapeut ist, wird er dir alle Zeit geben, die du brauchst.
Meine momentane Therapeutin sagte sogar, bevor man nicht richtig stabil ist, sollte man besser überhaupt keine konkreten Erinnerungen besprechen, weil das zu sehr aus der Bahn wirft.
Vielleicht kannst du ja mal mit deinem Therapeuten über diese Ängste reden? Er wird dich sicher etwas beruhigen können.

Und zum Anderen... wenn du irgendwie kannst, brich bitte den Kontakt zu diesem Mann ab, der dir das angetan hat. Ob Kindsvater oder nicht - es tut dir nicht gut, das alles immer wieder durchleben zu müssen, dir Anspielungen anhören zu müssen... ich kann mir vorstellen, wie belastend das ist und wie schwer man damit umgehen kann.
Pass auf dich auf und tu dir das nicht an. :troest:
Christine
 

Re: Vergewaltigt ... und mächtige Schuldgefühle (*trigger*)

Beitragvon Panvie » Mo. 01.09.2014, 00:56

Ich habe mich ebenfalls durch den Text gearbeitet und sehe deine Situation mit gemischten Gefühlen... Aber vorher ein Tipp: Kopiere dir bitte diesen Text, druck ihn dir aus (oder schreib ihn per Hand ab) und steck ihn in einen Briefumschlag.

Nun hast du die Erinnerung materiell, sichtbar... greifbar gemacht. Und nun kannst du entscheiden, ob du gegen Ende einer Therapiesitzung sagst, dass du deinem Therapeuten gern einen Brief geben möchtest, den er sich mal nach der Sitzung ansehen soll oder den Brief bei dir daheim gut versteckst und darüber nachdenkst, ob es gut ist, dass da "diese Sache" unausgesprochen bei dir rumliegt. Die Sache für dich zu behalten kann katastrophale Folgen für deine Psyche haben. Traumata können durch Zurückhaltung von Informationen und dem Versuch es allein zu verarbeiten, immer mehr wachsen und kritischer für dich werden. Wenn du kein Vertrauen zu diesem Therapeuten hast, dann wäre es besser, ihn komplett zu wechseln... Denn Gegenseitigkeit ist eine Grundlage einer erfolgreichen Therapie.

Weißt du. Es gibt Dinge, die man verschweigen kann. Etwa, dass man lange Zeit Bettnässer war ... Aber was du erlebt hast ist der springende Punkt höchstselbst... Das zu verarbeiten ist quasi der Schlüssel...

Es tut mir sehr leid, dass dir dieser Mensch das antun konnte. Alkoholismus kann ein widerliches Monster sein und es tut mir furchtbar leid für dich, dass du es abbekommen hast. Wir können dir hier jede Menge Zuspruch und offene Ohren bieten - so lange und so viel du möchtest. Aber diese Sache darf nicht unausgesprochen bleiben.. Psychisch angeschlagene Eltern übertragen diese Defizite auch auf ihre Kinder...
Panvie
 

Re: Vergewaltigt ... und mächtige Schuldgefühle (*trigger*)

Beitragvon Lebenzerfließt » Mo. 01.09.2014, 23:26

Ich danke euch sehr für eure Antworten!
Ich versuche, morgen Zeit und Kraft zum Schreiben zu finden...
Im Moment kann ich mein gestern Geschriebenes selbst nicht mehr lesen, weil ich mich so schäme für das, was passiert ist, was ich geschrieben habe, was ich zu ließ...:(
Vielleicht kann ich mich morgen wieder“besser“damit befassen...

Liebe Grüße,
Lebenzerfließt
Lebenzerfließt
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