Beziehungskiller Borderline

Habt Ihr Erfahrungen mit oder Fragen zu der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS)? Dann könnt Ihr Euch hier in diesem Unterforum als Angehöriger, Betroffener oder Interessierter über Borderline (bzw. emotional-instabile Persönlichkeitsstörung) austauschen.

Beziehungskiller Borderline

Beitragvon SilentShadow » Do. 26.07.2012, 03:42

Hallo Leute,
Ich habe das Problem, dass ich gern in Nettigkeiten des weiblichen Geschlechts viel zu viel hinein interpretiere, weil ich Komplimente usw. alles andere als gewohnt bin, ich daraufhin eine starke emotionale Bindung aufbaue (muss nicht immer Liebe sein) und am Ende natürlich auf die Nase falle, weil entweder das, was ich mir ausgemalt habe, gar nicht da war, und/oder bei der kleinsten Enttäuschung, die aus den unrealistischen Erwartungen und Missverständnissen resultieren, sich meine Macke wieder auslebt und ich irgendwas absolut dämliches von mir gebe, oder Streit anfange...

Ich bekomme es einfach nicht auf die Reihe, auch nicht bei Freundschaften. Entweder scheitern meine sozialen Kontakte daran, dass sie sich irgendwann als A****löcher herausstellen, weil ich mist baue, oder mein Gegenüber mich völlig falsch versteht. Ich versuche es seit 14 Jahren (an den Rest meines Lebens kann ich mich nicht erinnern), also eigentlich schon mein ganzes Leben. Ich glaube wirklich, ich bin zu dumm dazu. Ich weiß nicht, was ich falsch mache. Klar, ich habe oft zu hohe Erwartungen, aber selbst bei "normalen" Dingen läuft es so. Und meine "reagier wie ein Idiot und sag was dummes"-Macke bekomme ich einfach nicht weg.

Ich bin am Ende und weiß nicht mehr, was ich noch tun soll. Kann mir jemand helfen?
SilentShadow
 

Re: Beziehungskiller Borderline

Beitragvon GLaDOS » So. 29.07.2012, 10:03

Ich verstehe was du meinst wenn du zu viel in etwas hineininterpretierst, dadurch entstehen meist blöde Missverständnisse.

"Wenn es riecht wie eine Ziege und aussieht wie eine Ziege ist es auch eine Ziege!" Es könnte so einfach sein wenn wir uns es selber nicht immer so kompliziert machen würden.

Versuch vielleicht in einem inneren Dialog diese Dinge zu klären - wo du dir unsicher bist. Frag dich selber bei gewissen Situationen ob dein(e) Verhalten/Gefühle/Reaktionen jetzt angemessen sind und ob es nicht besser wäre mit einer Erwiderung zu warten. Nicht immer aus dem Bauch heraus agieren und hinter Komplimenten nicht gleich eine Beziehung zu vermuten etc - ich komme so gut klar. Alles sollte in maßen passieren und nicht in extremen...

Du bist sicher nicht zu dumm, dass solltest du dir besser gleich aus dem Kopf schlagen. Es braucht halt einfach alles seine Zeit.

LG GLaDOS
GLaDOS
 

Re: Beziehungskiller Borderline

Beitragvon SilentShadow » So. 29.07.2012, 11:59

Hey, danke für deine Antwort.
Dieses aktive eingreifen und nachdenken, fällt mir sehr schwer. Oft bemerke ich das in dem Moment nicht. Bin mit der Therapie noch ziemlich am Anfang und hab die Diagnose noch nicht allzu lang. Verstehe vieles noch nicht so richtig und dieser Punkt, an dem ich ich angreifen und eine Situation entschärfen kann, bevor sie eskaliert, den hab ich noch nicht raus. Das kommt immer erst im Nachhinein. Wenn irgendwas ist in solchen Situationen, bin ich wie ferngesteuert, das passiert irgendwie und geht an meinem Bewusstsein oft einfach vorbei.
Ich weiß nicht so richtig, wie ich das druchbrechen kann. Hast du da eine Idee?
SilentShadow
 

Re: Beziehungskiller Borderline

Beitragvon GLaDOS » So. 29.07.2012, 12:13

Dir ist zumindest klar das du dich in manchen Momenten nicht angemessen verhältst, dass ist ja schon gut :) . Es braucht einfach Übung sich dem immer wieder zu stellen wenn es soweit ist, und irgendwann kannst dann früh genug einlenken. Ich hab auch lange gebraucht um es zu verstehen, und es fällt mir heute auch noch schwer es zu kontrollieren.

Ein Thera von mir hat es mal so erklärt, dass die Steuerung der Emotionen im Kopf so funktioniert; "Normale" haben einen VW Käfer und wir einen Ferrari, so schenll gehen wir damit durch. Natürlich ist es da schwer den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, aber wenn du Herr über deine Emotionen und Handlungen werden willst etc. solltes du dich aktiv damit befassen, was du ja schon tust, sei milde mit dir und gib dir einfach Zeit.

Es wird auch mit dem Alter etwas besser, sagt man und ich denke das stimmt auch irgendwie, man wird ruhiger.
GLaDOS
 

Re: Beziehungskiller Borderline

Beitragvon SilentShadow » So. 29.07.2012, 12:34

Ist eben nicht so leicht, dass alles zu begreifen. Ich kann mich zwar recht gut erklären, aber immer nur mit etwas Abstand, also im Nachhinein und wenn dann was ist, machtsklick und ich spinne rum :(

Ich hab auch das Gefühl, dass die Krankheit noch nicht ihren Höhepunkt erreicht hat. Es war schon immer verdammt schwer, ich zu sein. Aber seit etwa 2-3 Jahren wird es wirklich sehr extrem. Ist so, als ob ich versuch, eine Rolltreppe und die falsche Richtung hochzulaufen und je schneller ich laufe, desto schneller bewegt sie sich nach unten. Da schwindet die Hoffnung immer mehr und mir fällt es immer schwerer, wirklich aktiv etwas zu tun. Hab meinen Weg, der mir hilft noch nicht so recht gefunden.

Vielen Dank für deine Anregungen ;)
SilentShadow
 

Re: Beziehungskiller Borderline

Beitragvon Juliene » Do. 11.10.2012, 18:39

Also ich habe auch Borderline und hab in ner Klinik einen anderen Borderliner kennengelernt, mit dem ich eine Beziehung führe.
Wir haben beide in Aktionen des anderen immer alles mögliche reininterpretiert. Das hat so angefangen, dass wir uns andauernd angeschrien und richtig runtergemacht haben, weil wir beide diese impulsiven Ausbrüche einfach nicht kontrollieren konnten. In den ersten Wochen habe ich jeden Abend geweint, mich verletzt oder das Gefühl gehabt, dass ich mich völlig verliere im Wahnsinn. Wenn mein Freund sich zwei Stunden nich gemeldet hat, bin ich wahnsinnig geworden und hab ihm die irrsten Dinge an den Kopf geworfen.
Wir haben uns dann geschworen, dass wir entweder, wenn es zu schlimm wird, das Gespräch verlassen (wir führen ne Fernbeziehung) oder dass wir auf jeden Fall eine Zeit später noch mal miteinander reden. Meistens kam einer relativ schnell (innerhalb weniger Stunden) wieder zur Vernunft. Also es durfte bloß niemals passieren, dass wir ins Bett gegangen sind, bevor wir uns ausgesprochen hatten. Oder uns mit andere Leuten trafen oder sowas.
Und tatsächlich war das echt hart, weil man einfach diesen Impulsen echt nicht wiederstehen kann. Aber mit der Zeit wurde es besser. Begonnen haben wir damit, dass wir nach ein paar Stunden drüber geredet haben, dann nach nur einer Stunde, dann nach ner halben und irgendwann haben wir es geschafft, mitten im Streitgespräch schon zu merken, dass wir von unseren Impulsen weggespühlt werden. Sodass dann einer sagen konnte "Warte, wir drehen grade wieder nur durch, wir wollen beide nicht das verletzende Zeug sagen, was wir sagen wollen, ruhig."
Als ich de Anfang der Beziehung erlebt habe, hätte ich nie gedacht, dass das klappen könnte, aber mit ARBEIT wurde es tatsächlich immer besser und jetzt sind wir fast anderthalb Jahre zusammen.
Meiner Meinung nach ist Kommunikation das absolute A und O.
Das is sicherlich schwerer, wenn der andere ein "Normalo" is. Aber wenn es dabei hilft, eine wichtige Person zu halten, dann lohnt es sich glaube ich, die andere Person da genauestens einzuweihen.
lg
Juliene
 

Re: Beziehungskiller Borderline

Beitragvon Seelenschmerz » Do. 11.10.2012, 19:07

Da kann ich Juliene Recht geben.

Ich bin auch psychisch Krank, Generalisierte Angststörung, Anorexia-Nervosa und lebe mit meinem Freund der Borderliner ist seit 14 Jahren zusammen. Sicher ist es nicht immer einfach, und auch Ich sowie Er müssen unsere Emotionen bei einem Streit oder einer Auseinandersetzung in den Griff bekommen.
Was uns mit den Jahren immer besser gelingt. Auch ich habe meinen Freund in einer Klinik kennengelernt, und es wurde uns gesagt, diese Beziehung hat keine Zukunft. Aber wir haben sie eines besseren belehrt.
Es heißt immer, Borderliner seien nicht Beziehungsfähig, das möchte ich so nicht unbedingt stehen lassen.
Es ist nicht leicht, und man sollte Reden und immer wieder etwas für diese Beziehung Tun, dann kann so eine Beziehung durchaus Bestand haben. Möchte damit vielen Borderlinern etwas Mut machen.
Und ja, es lohnt sich darum zu Kämpfen.
Seelenschmerz
 

Re: Beziehungskiller Borderline

Beitragvon GLaDOS » Do. 11.10.2012, 19:11

Juliene hat geschrieben:Meiner Meinung nach ist Kommunikation das absolute A und O.
Das sehe ich genauso wie du Juliene. Mein Partner ist auch ein Betroffener, auch bei uns war es zu anfang schwer, aber wir haben durch sehr viele Gespraeche eine wunderbare Basis gefunden. Seit 8 Monaten - oder so - kommen solche emotionalen Totalausbrueche gar nicht mehr vor. Wenn wir jedoch merken es bahnt sich etwas an, lassen wir uns gegenseitig fuer einige Zeit unseren Freiraum, und besprechen es dann in Ruhe. Ich finde es sehr beruhigend zu wissen das er mich versteht, und ich mich nicht gross erklaeren muss. Sein Therapeut meinte mal, entweder die Beziehung funktioniert super, oder es geht total in die Hose, und naja es laeuft :)

Edit:
Seelenschmerz hat geschrieben:Es heißt immer, Borderliner seien nicht Beziehungsfähig, das möchte ich so nicht unbedingt stehen lassen.
Manche Blickwinkel auf die BPS sind echt schon veraltet, natuerlich gibt es extreme, aber es gibt auch "normale" Beziehungen, und Familien. Manche Literatur zu dem Thema ist einfach nur ueberholt.
GLaDOS
 

Re: Beziehungskiller Borderline

Beitragvon WerWeiß » Do. 11.10.2012, 19:14

Ich selbst habe ja auch damit so meine Probleme.
Mein Problem ist nicht die Selbstverletzung sondern massiv selbstzerstörendes Verhalten.
Wobei ich nicht weiß ob oder wie viele Niederschläge ich in dieser Hinsicht noch überlebe.
Bin zwar was Suizid angeht eigentlich sehr stabil nur das Ende einer Beziehung kann mich sehr schnell diesem Punkt näher bringen.
Ich für meinen Teil weiß sowieso nicht wie das wirklich ist eine Beziehung zu führen oder wirklich zu Wissen wie es ist geliebt zu werden.
Der einzige Punkt an dem ich wirklich verwundbar bin und das einzige was mir helfen könnte mein Emotionales Problem in den Griff zu bekommen.
Nichts in meinem Leben war nichts von Dauer und Liebe, Zuneigung sowie Rückhalt habe ich in meinem Leben nie kennengelernt.
Als ich alles gefunden habe was ich mir erwünschte habe ich es durch mein Handeln selbst zerstört!
Nichts ist für mich schlimmer gewesen als diese Situation :(
Ich hör jetzt besser auf sonst schieße ich mich heute Abend noch mit Medis ab.
Muß ja nicht sein

Hab einiges gelesen und ein paar (leider nur sehr kurze) Erfahrungen dieser Art gesammelt aber es gibt auch einen Vorteil.
Ein Borderliner hat aber eine Sache die die meisten Menschen nicht in dieser Ausprägung haben.
Mann/Frau ist extrem hingebungsvoll, das habe ich gelesen und auch selbst festgestellt.
Kaum ein anderer Mensch ist so besessen davon etwas was man liebt zu halten das kann auch für einen "normalo" zur Sucht werden wenn er/sie nicht stabil genug ist, gemäß einigen psychischen Sachen die ich gelesen habe.
Sicherlich ist es alles andere als einfach sich einen Borderliner zum Partner zu suchen aber denke es kann auch etwas sehr inniges und bedingungsloses sein wenn es funktioniert.
Wenn man gerade selbst die gleichen Probleme hat kann es entweder wunderbar sein oder in einer Katastrophe enden.
Wie du geschrieben hast Juli ist da sicherlich viel arbeit von Nöten aber es kann sich auch auszahlen :)
WerWeiß
 


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