"Mit Borderline leben"

Habt Ihr Erfahrungen mit oder Fragen zu der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS)? Dann könnt Ihr Euch hier in diesem Unterforum als Angehöriger, Betroffener oder Interessierter über Borderline (bzw. emotional-instabile Persönlichkeitsstörung) austauschen.

"Mit Borderline leben"

Beitragvon winona » Do. 22.09.2011, 13:44

Hallo,

gibt es auch Menschen mit Borderline, die mit sich prinzipiell gut klar kommen? Oder ist "Selbsthass" (egal wie ausgeprägt) ein Anzeichen von BL?

Also immer wieder innerhalb der Gesellschaft "anecken"... spezifische Probleme mit der eigenen Person haben (also Gefühle zum Beispiel), sonst aber gut mit sich selbst klar kommen!?




Auf der "direkten Ebene", wenn Du die Diagnose "Borderline" hast oder glaubst zu haben:
Bist Du mit Dir selbst (generell) zufrieden oder hast Du sehr oft das Gefühl, dass der Selbsthass Dich fertig macht?

Lieben Gruß,
von Winona Fe
winona
 

Re: "Mit Borderline leben"

Beitragvon Angel78 » Di. 04.10.2011, 13:51

Bei mir ist der Selbsthass deutlich weniger geworden...
außerdem hasse ich mich nur in dem Moment in dem ich mich schneide.. eigentlich hasse ich dann ja meine Eltern, bin dann einfach nur der Leidtragende in dem Moment :|
aber sonst.. hasse ich mich glaub ich nicht :roll:
ich bin eher mit der Situation so unzufrieden.. dass ich so viele Probleme mit Mitmenschen habe.. mit dem Leben ansich :|
Angel78
 

Re: "Mit Borderline leben"

Beitragvon Minni34 » Di. 04.10.2011, 17:30

Hallo zusammen,

also ich komme mit mir mal so ganz und gar nicht zurecht.

Der Selbsthass ist nicht 24 Std. da, aber er kommt immer dann, wenn mir etwas nicht gelingt, oder ich was falsch gemacht habe, oder wenn andere Dinge (negative) passieren. Dann steigt der Selbsthass auf, und verweilt dann eine ganze Ecke bei mir. Das sind nicht nur Minuten, sondern dann immer gleich mehrere Stunden. Oder auch mal ganze Tage.

Maxi
Minni34
 

Re: "Mit Borderline leben"

Beitragvon Atisha » Di. 04.10.2011, 19:08

Maxi hat geschrieben:wenn mir etwas nicht gelingt, oder ich was falsch gemacht habe, oder wenn andere Dinge (negative) passieren. Dann steigt der Selbsthass auf


Man das ist nicht gut. Ich hasse mich nie, weil nie ich Schuld bin, sondern es ist mein Körper der das vielleicht nicht vermag zu vollbringen oder das Schicksal will es anders und dem Schicksalsgeist oder dem Körpererschaffer bin ich auch nicht böse, weil er sich bestimmt dabei was denkt und nur das Beste für einen will, auch wenn man es nicht sehen tut.
Atisha
 

Re: "Mit Borderline leben"

Beitragvon Angel78 » Di. 04.10.2011, 20:00

Natürlich ist Selbsthass nicht gut, deshalb gebe ich die Schuld auch meinen Eltern :twisted: :lol:
Angel78
 

Re: "Mit Borderline leben"

Beitragvon Minni34 » Di. 04.10.2011, 20:47

Naja, wenn ich was nicht schaffe zu vollbringen, dann ist es ja auch gleichzeitig mein Körper der es nicht schafft.

Natürlich ist Selbsthass nicht gut, das ist mir durchaus bewusst.
Aber ändern kann ich es "noch" nicht.

Ich hoffe es durch die Therapie irgendwann mal zu können.

Anderen gebe ich nie Schuld für meine Befindlichkeiten.
Immer nur mir selber.

Maxi
Minni34
 

Re: "Mit Borderline leben"

Beitragvon Atisha » Di. 04.10.2011, 20:53

Maxi hat geschrieben:Naja, wenn ich was nicht schaffe zu vollbringen, dann ist es ja auch gleichzeitig mein Körper der es nicht schafft.


Siehste also kannst du dich, deinen Geist und Seele lieb haben und den Körper letztlich auch, weil du hast ja nur den einen.

Entschuldigt bitte wenn ich als Nichtbetroffener es nicht anders verstehe und hier herumsülze.
Atisha
 

Re: "Mit Borderline leben"

Beitragvon Minni34 » Di. 04.10.2011, 21:03

Du musst dich nicht entschuldigen.
Ist doch schön auch von nicht betroffenen mal zu hören wie sie es sehen.

Klar habe ich nur den einen Körper, aber mit dem sind Sachen gemacht worden, weswegen ich ihn nicht mag.

Und ich hasse ihn einfach, weil es sich schmutzig anfühlt.
Aber das kommt nun nicht von der BPS sondern von der PTBS.

Maxi
Minni34
 

Re: "Mit Borderline leben"

Beitragvon Minchen » Di. 04.10.2011, 21:28

Hallo,

ich hab letztes Jahr von meiner Therapeutin in der Rehaklinik zwei Bücher empfohlen bekommen. Bis dahin hatte ich mich von der Diagnose Borderline eher distanziert.
Das eine Buch war eher für mich:

Borderline:
Das Selbsthilfebuch
Andreas Knuf
Christiane Tilly

Und das andere hab ich meinem Mann in die Hand gedrückt:

Schluss mit dem Eiertanz
Für Angehörige von Menschen mit Borderline
Paul T. Mason
Randi Kreger

Mein Mann hat faxen gemacht beim lesen und hat gesagt da hat ja einer ein Buch über dich geschrieben! Erst war ich total sauer, irgendwann konnte ich es lustig finden, nachdem ich das Buch gelesen hab.
Hat mir echt geholfen mit einigen Verhaltensweisen meinerseits klar zu kommen aber es ist natürlich kein Allheilmittel. Aber Verstehen ist gut.

Liebe Grüße
Minchen
Minchen
 

Re: "Mit Borderline leben"

Beitragvon Atisha » Di. 04.10.2011, 21:59

Maxi hat geschrieben:wenn mir etwas nicht gelingt, oder ich was falsch gemacht habe,


Maxi, was ist das denn was du falsch machst, vielleicht verlangst du einfach zu viel von dir?
Atisha
 

Re: "Mit Borderline leben"

Beitragvon Minni34 » Di. 04.10.2011, 22:23

Das kann schon sein das ich zu viel von mir verlange.
Ich möchte immer alles gut machen, es allen recht machen. Für alle da sein, allen helfen. Egal was ich mache, sei es im Beruf, sei es im Sport usw. überall möchte ich keine Fehler machen.

Wenn ich im Sport, spiele z.B. Tischtennis, mein Spiel verliere, denke ich das nun alle böse auf mich sind die in unserer Mannschaft spielen. Das sie aber auch nicht immer gewinnen, will mir dann nicht in den Kopf.

Maxi
Minni34
 

Re: "Mit Borderline leben"

Beitragvon Atisha » Di. 04.10.2011, 22:34

He Maxi, wenn du das alles weißt dann ändere es doch mal. Warum gehts nicht Angst, Gefühle nicht zulassen können, schwaches Ich ... Selbstgeiselung ...?
Atisha
 

Re: "Mit Borderline leben"

Beitragvon Minni34 » Di. 04.10.2011, 22:41

In den Momenten wo es mich ergreift kann ich es nicht ändern. Weil in dem Moment weiß ich das alles dann nicht mehr.

Maxi
Minni34
 

Re: "Mit Borderline leben"

Beitragvon Atisha » Di. 04.10.2011, 22:43

hm :ratlos: - das ist ja wie in einem anderen Zustand sein, wie umswitchen?

Ja aber das geht nicht, du musst da wieder zurückswitchen ... dich zum klaren Denken bringen!
Atisha
 

Re: "Mit Borderline leben"

Beitragvon Konzentrat » Di. 06.12.2011, 13:06

Natürlich gibt's Menschen, die Borderline haben, und mit denen man gut klar kommt!

Das, was typischerweise in allen Lehrbüchern als Zusammenfassung und auch im Internet immer wieder zu finden ist, wiedergekäut wird, stellt sozusagen den Lehrbuch-Borderliner dar. Den gibt's so aber gar nicht.

Borderline ist keine schwammige Diagnose in dem Sinn, wie man das oft hört. Es ist relativ klar abgrenzbar, ein genaues Bild für die Differentialdiagnostik ist sehr wohl vorhanden. Aber da von den 9 Diagnose-Kriterien nur mindestens 5 erfüllt sein müssen, gibt es unheimlich viele Subgruppen und Kombinantionen aus diesen Kriterien, dh Borderliner sind sehr verschieden, das ist keine Patientengruppe, die so und so ist, sondern Borderline ist eine Erkrankung mit einem ganz breiten Spektrum an Erscheinungsbildern. Dazu kommen unterschiedliche Schweregrade, therapierte und untherapierte/unbehandelte Borderliner und Komorbiditäten.

Die Diagnose ist BESCHREIBEND, also, egal, wodurch Borderline ausgelöst wurde, alle kriegen die gleiche Diagnose Borderline, einfach aufgrund ihrer Symptomatik. Die Unterschiede in den Personen werden dabei nicht berücksichtigt.

Borderliner pemanent als verrückte, unberechenbare Psycho-Freaks und Monster hinzustellen, ist der Trend im Internet, in den Medienen und war es auch ganz lange in der Medizin und Wissenschaft. Teilweise wird das heute noch so gemacht.

Auf die Unterschiede verweist kaum ein Therapeut, auf die unterschiedlichen Stadien, auf die Auswirkung von Begleiterkrankungen. Dass ein Borderliner mit und ohne Alkoholmissbrauch zwei verschiedene Paar Schuhe sind, liest man nie, ist aber so.

Es gibt Borderliner, die sehr liebe, nette Menschen sind, die beziehungsfähig sind, die gute Eltern sind, die in dem Sinn nicht ausrasten, sondern wo das innerhalb einer Partnerschaft halt noch geht, weil eine gute Beziehung da ist, die tragfähig ist und schon von daher gar nicht soviel Stress entstehen lässt.

Es gibt auch viele Borderliner, die sehr fürsorgliche und sensible Eltern sind, eben, weil sie vielleicht selber eine schlimme und unschöne Kindheit hatten und dann sehr peinlich drauf achten, dass sie ihren Kindern gerecht werden und sich dieses eigene Schicksal an den Kindern nicht wiederholt.

Es gibt Borderliner, die sind regelrecht für ihre Umgebung "Monster". Aber man muss halt auch wissen, dass ein Großteil dieser Menschen schwer traumatisiert ist und ohne eine geeignete Traumatherapie gar keine Chance hat, an sich selbst was zu ändern.

Und solange unser psychotherapeutisches und psychiatrisches Versorgungssystem so ausgestaltet ist, wie es ist, werden die meisten dieser Menschen keine geeignete medizinische Betreuung und Therapiemöglichkeit erhalten. Und damit werden diese Menschen gezwungen sein, das, was man ihnen selber einst angetan hat, an anderen zu wiederholen.

Wenn Borderliner korrekt und frühzeitig und ausreichend therapiert werden, werden aus ihnen ganz oft sehr wertvolle Menschen, weil sie generell hilfsbereit sind, sensibel sind, sich in andere einfühlen können usw...

Es ist nicht die Schuld der Borderliner, dass man ihnen zu wenige Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stellt, dass es zu wenige geschulte und fähige Traumatherapeuten gibt, sondern die Schuld der Gesellschaft und der Professionellen, die sich hierfür nicht interessieren und diese Menschen gnadenlos im Stich lassen. Weiterbildung und Fortbildungen werden häufig gescheut, macht zuviel Arbeit, kostet Geld, man will sein Geld als Therapeut mit einfacheren Fällen verdienen oder doktert ohne eine vernünftige Spezialausbildung zu Borderline an schwerkranken Menschen auf gut Glück rum.

In keinem Bereich der Medizin würde sowas längerfristig möglich sein, in Bezug auf Borderline ist das leider immer noch die Regel. Nur jeder 1000. Borderline-Patient bekommt eine adäquate Therapie. Das ist doch eine unglaubliche Riesenschande für so ein reiches Land.
Konzentrat
 

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