Achterbahn

Habt Ihr Erfahrungen mit oder Fragen zu der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS)? Dann könnt Ihr Euch hier in diesem Unterforum als Angehöriger, Betroffener oder Interessierter über Borderline (bzw. emotional-instabile Persönlichkeitsstörung) austauschen.

Re: Achterbahn

Beitragvon die Luna77 » Do. 25.03.2010, 16:10

Hey Solveigh,

ja, diese Achterbahnfahrten sind sehr anstrengend. Und tief unten im Tal kommt man im Traum nicht auf den Gedanken, dass es schon bald wieder nach oben geht. Aber es ist so. So wie auf jedes Hoch ein Fall zu kommen scheint, wird auch das Tief vorbeigehen. Mitunter genauso unvorhergesehen, wie es gekommen war.
Denk an Tage, an denen Du glücklich warst. Wie es Dich erfüllt hat. Versuche es Dir so gut Du kannst vorzustellen, so als würdest Du es noch einmal erleben! Sehe ich ein Lächeln? Ich glaube schon!

Ich hoffe sehr, dass es Dir besser geht!

LG
die Luna77
die Luna77
 

Re: Achterbahn

Beitragvon kratzetatze » Do. 25.03.2010, 16:16

Es ist mein persönliches Empfinden, aber für mich scheinen die tiefen Punkte der Achterbahn nicht so anstrengend, wie das ständige Rauf und Runter selbst. Manchmal innerhalb von wenigen Minuten, andermal sind die Täler sehr weit und die Gipfel sehr hoch. Und der rasante Wechsel dazwieschen ist das, was mir vor allem zu schaffen macht.
kratzetatze
 

Re: Achterbahn

Beitragvon die Luna77 » Do. 25.03.2010, 17:50

Der ständige Wechsel ist auch das, was bei mir immer die Frage auslöst "verdammt, was war jetzt wieder der Grund dafür!?", das kann ich jedoch selten beantworten.. und schon ist da das schlechte Gewissen, weil mein Umfeld nicht versteht, was los ist, woher die Schwankungen kommen. Fühle mich schuldig deswegen. Komme mir launisch und unberechnbar vor. :-( Selbst wenn mir keiner Vorwürfe macht (was jedoch oft geschieht), mache ich mir selbst welche.
die Luna77
 

Re: Achterbahn

Beitragvon Solveigh25 » Di. 30.03.2010, 08:18

Mich strengt auch das Rauf und Runter fast mehr an als das Tief selbst! Da habt ihr völlig recht. Mit Seroquel kann ich die Achterbahn-Frequenz etwas reduzieren, das hilft wirklich. Doch ich habe jetzt einfach mal eine Phase lang (seit Weihnachten) meinen Seroquel-Konsum nach 6 Jahren auf nur noch 25 mg am Tag reduziert. Das ist praktisch nix! Und es geht mir recht gut, bis halt auf die Achterbahn. Ich weiß meistens auch nicht, was der Auslöser ist. Was für mich sehr schlimm war die letzte Zeit, das waren die Nachrichten. Ständig DAS Thema Missbrauch. DAs hat mich permanent getriggert. Jetzt war ich 1 Woche offline und im Urlaub, jetzt geht's mir sehr viel besser, sehr viel stabiler.
Konntet Ihr überhaupt noch Nachrichten hören/sehen, ohne Krisen zu schieben?
Solveigh25
 

Re: Achterbahn

Beitragvon Luna77 » Di. 30.03.2010, 09:09

Hallo Solveigh,

bei mir ist es so, dass mich das Thema Missbrauch derzeit so sehr wütend macht... Ich bin wirklich eher aggressiv als traurig, denn ich kapiere nicht, warum Pädophile in der Position gelassen werden oder einfach nur in einen anderen Ort versetzt werden. Warum die Kirche den Mantel des Schweigens ausbreitet und offenbar vieles wissentlich in Kauf nahm. :-( Das macht mich sehr ärgerlich!

Du hast recht, es gibt nur noch schlimme Nachrichten. An manchen Tagen versuche ich schon, weder in Zeitungen zu blicken, noch Radio zu hören, aber man kann schlecht die Ohren verschliessen. Nimmt ja doch wahr, was in der Welt geschieht.

Man kann nur versuchen, bei sich selbst anzufangen und sich so verhalten, wie man es gern auch von anderen hätte. Wenn das jeder täte, dann gäbe es weniger solch übler Vorfälle. "Es könnt alles so einfach sein, ist es aber nicht".
Luna77
 

Re: Achterbahn

Beitragvon kratzetatze » Mi. 31.03.2010, 17:13

Solveigh25 hat geschrieben:...Was für mich sehr schlimm war die letzte Zeit, das waren die Nachrichten. Ständig DAS Thema Missbrauch. DAs hat mich permanent getriggert. Jetzt war ich 1 Woche offline und im Urlaub, jetzt geht's mir sehr viel besser, sehr viel stabiler.
Konntet Ihr überhaupt noch Nachrichten hören/sehen, ohne Krisen zu schieben?

Naja, mir ging es offensichtlich nicht so nahe wie euch. Die Opfer tun mir alle leid und ich war empört, dass Missbrauch und Misshandlungen über Jahre als etwas völlig normales angesehen wurden und das von Instutionen (Schule und Kirche), die eigentlich für Moral und Seelenheil zuständig sein müssten. Ich kann auch nicht verstehen, dass die Kirche so lange braucht, um es einzusehen und Stellung zu nehmen. Aber sonst nichts. Ich habe es geschaft eine Mauer aufzubauen, um das nicht an mich ranlassen.

Mir macht es viel mehr aus hier im Forum davon zu lesen, vielleicht, weil ich die Leute langsam virtuell "kenne", oder weil sie von der ersten Person berichtet werden. Das triggert mich irgendwie viel mehr.
kratzetatze
 

Re: Achterbahn

Beitragvon Solveigh25 » Do. 01.04.2010, 14:05

Mir geht das schon nahe, weil ich mir denke, dass ich in meinem Fall keine Anklage erheben kann und vielleicht nicht einmal ernst genommen würde, wenn ich bestimmte Personen damit konfrontieren würde. Die würden mich eh nur für verrückt erklären. Die missbrauchten Jungen und Mädchen in den Internaten haben jetzt wenigstens - was mich erleichtert für diese - den Trost, dass ihnen geglaubt wird und dass sie anklagen dürfen und die Täter als solche bezeichnet werden. Für ihr Leben hilft ihnen das vielleicht doch bisschen, auch wenn die Erfahrung nicht auszulöschen ist und man das Paket immer mit sich rumschleppen wird. Ich kenne einen Betroffenen, der nun völlig aus der Bahn geraten ist und im Moment in sozialem Rückzug lebt, weil ihn das wohl so triggert, was durch die Nachrichten ging und auch ihn selber betroffen hat.
Solveigh25
 

Re: Achterbahn

Beitragvon kratzetatze » Do. 01.04.2010, 20:27

Ja, da habt ihr es wirklich viel schwerer, da die Neuigkeiten darüber einfach nicht versiegen. Es ist eine Lavine losgetretten worden. Die Betroffenen befürchten nicht mehr, als nach Aufmerksamkeit haschende Psychopathen abgestempelt werden. Es ist so unendlich traurig. Und es macht mich mittlerweile richtig wütend.

Ich kann dir nichts über die Anklage sagen, ich weiß nicht was passiert ist, wer es ev. mitgekriegt haben könnte. Ich weiß nur, dass meine Mutter die Anklage erhoben hat, als ich klein war. Und ich muss trotzdem selbst damit fertig werden. Manchmal sehe ich vor meinen Augen, als ob es gerade eben geschehen ist, und es schüttelt mich von Weinkrämpfen. Meistens versuche ist es aber ganz tief einzugraben. Sonst macht es mich glatt wahnsinnig. Wahrscheinlich schaffe ich deswegen heute hier draußen eine Mauer aufzubauen.
kratzetatze
 

Re: Achterbahn

Beitragvon Luna77 » Di. 06.04.2010, 09:13

Hallo Kratzetatze,

da hast Du recht, man kann nur versuchen, es einzugraben... manchmal wirds trotzdem wieder hochkommen. Mit all dem Schrecken und dem Schmerz. Aber die meiste Zeit ist es tief vergraben, verpackt, im Dunklen. Ich ziehe auch Mauern, wobei ich mittlerweile Angst habe, in diesen Mauern zu einsam zu werden. Ich schaffe wieder kleine Türen und Törchen... wo einige Leute durchkommen dürfen. Ich hoffe, dass sie mich nicht verletzen werden. Das wäre schlimm.

Ja, die ganzen schlimmen Nachrichten können triggern. Aber manche sicher auch ermutigen, denn sie wissen, dass sie NICHT selbst schuld sind. Das leider viel zu viele eine solch schlimme Vergangenheit erdulden mußten. Dass es in manchen Fällen wenigstens wenn auch spät, doch noch ans Licht kommt und die Täter sich nicht weiterhin im Verborgenen halten und womöglich sogar so weitermachen können. Es muß Konsequenzen haben.
Luna77
 

Re: Achterbahn

Beitragvon kratzetatze » Mi. 07.04.2010, 18:32

Meine Therapeutin hat mich vor Jahren noch geraten für diese Erinnerung eine schöne Schachtel zu basteln. - Eine schöne Schachtel?, war meine entsetzte Frage - Ja, um der Erinnerung das Schreckliche zu nehmen. Und diese Schachtel in eine weite Ecke zu stellen, die ich selten besuche, die aber trotzdem noch erreichbar ist. Dann könne ich die Erinnerung immer wieder auspacken, betrachten und beweinen, gerade wenn ich mich stark genug dafür fühle. Stark genug, damit sie mich nicht umwerfen kann. Mit der Zeit werde diese Erinnerung nur eine Erinnerung werden, eine schmerzvolle aber immerhin eine erträgliche.

Nun dieses Gefühl eines Kindes, das sich in einem dunklen feuchten Keller vor sich selbst und den Dingen, die es machen musste geeckelt hat überkommt mich noch immer hin und wieder. Aber lange nicht mehr so oft, wie früher. Ich kann jetzt sogar darüber reden, bin zwar sehr wählerisch, mit wem ich darüber rede, aber immerhin.
kratzetatze
 

Re: Achterbahn

Beitragvon senta » Mi. 07.04.2010, 18:38

Hi,
ich habe zum Glück keinen Mißbrauch erleben müssen,
aber eine Therapeutin hat mir für traumatisierende Erinnerungen und evtl. re-traumatisierende Situationen auch empfohlen, mir einen Tresor zu denken, bei dem ich ganz nach Kraft und Stabilität reinsehen kann und wenn es zu viel wird aber auch wieder sicher abschließen kann und im Hier und Jetzt Sicherheit habe.
senta
 

Re: Achterbahn

Beitragvon Roni » Do. 08.04.2010, 22:23

das mit der schachtel klingt gut, ist nachvollziehbar. ich habs so gemacht, ich hab alles augeschrieben doch mir nie wieder durchgelesen, ich weis wo es liegt und es beruhigt mich, es kann nicht verloren gehen.
Roni
 

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