Schizoaffektiv, was ist das eigentlich?

In diesem Forum geht es um psychotische Störungen und Symptome (wie z.B. Wahn, Paranoia und Halluzinationen) und das Krankheitsbild der Schizophrenie.

Schizoaffektiv, was ist das eigentlich?

Beitragvon Hannace » Mi. 09.03.2016, 19:46

Hallo zusammen,

momentan beschäftige ich mich (mal wieder) intensiv mit meiner Diagnose und frage mich oft, ob ich wirklich an dieser Krankheit leide oder doch nicht. Es ist auf jeden Fall ein wenig kompliziert und ich erwarte keine fachliche Einschätzung oder dergleichen. Aber vielleicht gibt es den Ein oder Anderen mit entsprechender Erfahrung.

Und zwar hatte ich erste Wahnhafte Symptome bereits schon in meiner Jugendzeit, nach einem ersten Suizidversuch (möchte da nicht näher ins Detail gehen), habe ich mir eingebildet ich hätte Amnesie und konnte mich bis vor wenigen Jahren an den Suizidversuch und die depressive Episode garnicht erinnern. Ich habe sogar allen möglichen Menschen davon erzählt und war davon überzeugt es stimmt. Später kamen immer wieder Phasen, in denen ich Magisches Denken zeigte, glaubte ich hätte Superkräfte, würde beobachtet werden, die Menschen im Fernsehen konnten mich sehen, meine Gedanken beeinflussen meine Umwelt massiv und in einer Art und Weise die ich nicht steuern kann (denn alles was ich sage ist automatisch eine Lüge), fühlte mich verfolgt von der Polizei (incognito versteht sich, was mir nur einmal wirklich passiert ist), habe Angst meine Gedanken sind hörbar. Dazu kamen Zeiten großen Stresses, in denen ich sogar optische Halluzinationen (z.B. die Erde reißt vor mir aus) und akustische Halluzionationen (dass man mich ruft, oder kommentierende Stimmen auf der Beerdigung meines Bruders) sowie illusionäre Verkennungen, also ich seh im Augenwinkel böse, bedrohliche Dinge für einen kurzen Moment die bei genauem Hinsehen aber verschwinden. Hinzu kommen derbe depressive Phasen die häufig von einer riesigen Verzweiflung begleitet werden dass ich irgendwann nichtmehr leben möchte...

Ich könnte diese Liste noch ewig fortführen, und jedes Mal wenn ich darüber nachdenke fühle ich mich unendlich krank. Doch auf der anderen Seite gibt es bei mir im Kopf einen riesig großen Part, der sich massiv dagegen wehrt das zu erkennen was ich eigentlich habe.

Die Diagnose wurde bei mir aufgrund der vielzahl kurzfristiger psychotischer Symptome und einer Ich-Störung in Kombination mit der Depression bereit in zwei Kliniken festgestellt. Doch irgendwie bin ich mir immer noch nicht sicher, was schizoaffektiv eigentlich ist. Egal wieviel ich dazu lese.

Meine Frage, hat jemand von euch diese Diagnose oder kennt Menschen damit und hat erfahrungen wie sich das schizophrene der Krankheit bei demjenigen gezeigt hat? War das so ähnlich oder doch eher ganz anders?
Ich habe viele Diagnosekriterien dazu gelesen, doch die sind so steril und nixsagend...

Liebe Grüße
Hanna
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Re: Schizoaffektiv, was ist das eigentlich?

Beitragvon Pjotr » Di. 29.03.2016, 19:11

Hallo Hanna,

ich habe deinen Text mit Interesse gelesen. Ich habe mit 14 Depressionen bekommen und mit 16 zusätzlich psychotische Symptome. Seit die psychotischen Symptome da sind, sprechen die Ärzte auch von einer schizoaffektiven Störung. Die Kriterien für die Diagnose sind ja festgelegt und ich sehe auch, dass ich diese erfülle. Letztendlich sind das alles nur Schubladen und die Therapie bei Schizophrenie, psychotischer Depression und Bipolarer Störung sind alle sehr ähnlich. Insofern macht es eigentlich gar keinen großen Unterschied, was auf dem Papier steht.

Auch wenn ich weiß, dass ich diese Symptome habe und kaum noch funktioniere (kognitiv und emotional), frage ich mich manchmal trotzdem, was mir eigentlich fehlt. Ich denke dann irgendwie, dass ich für alles verantwortlich bin und es nur feige auf eine Krankheit schiebe. Aber Stimmen hören, Gedanken "empfangen", Denkstörungen, starke Antriebslosigkeit, Gefühllosigkeit, starrer Blick, chronisch depressiv, ... Das kann ja eigentlich nur krank sein.

Du hast ja gefragt, wie sich die psychotischen Symptome bei anderen äußern.. Bei mir war es so, dass ich ab 14 Depressionen bekommen habe und ab 15 kamen sehr leichte psychotische Symptome (selten akkustische Halluzinationen, nächtliche optische Halluzinationen) hinzu. Dann im Sommer 2007 mit 16 habe ich von einem Tag auf den anderen eine Psychose bekommen. Ich habe fast ununterbrochen Stimmen gehört und fremde Gedanken "empfangen". Mit Neuroleptika ging es dann einigermaßen (leider starke Nebenwirkungen). Ich konnte zwar mehrere Jahre auch ohne Neuroleptika leben, als es mit der Depression besser war, aber es ist dann wieder eingebrochen mit den gleichen Symptomen. Ich hatte nie einen Wahn und habe meistens auch nicht geglaubt, dass die Gedanken von Fremden kamen. Aber es war schon sehr beeindruckend für mich. Das was Du beschreibst, dass andere deine Gedanken hören können.. Ich habe so etwas ähnliches einmal erlebt, aber dann auch sehr extrem. Ich war in der Klinik (damals Kinder- und Jugendpsychiatrie) und es gab Abendessen. Am Ende sollte jeder etwas über seinen Tag erzählen. Und als ich die Worte im Kopf auswählte, hatte ich das Gefühl, dass meine gesamten Gedanken über dem Tisch schweben und sich jeder bedienen konnte. Dannach hatte ich das aber nie wieder.

Ich kann einiges, was Du schreibst, gut nachvollziehen.

Hast Du das Gefühl, Du bist in guter ärztlicher (bzw. therapeuthischer) Behandlung?

Dein Text ist schon eine Weile her. Ich hoffe, Du liest es noch.

Liebe Grüße
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Re: Schizoaffektiv, was ist das eigentlich?

Beitragvon Hannace » Di. 29.03.2016, 21:41

Hallo Pjotr,

ich habe dich gelesen. ICh bin dir sehr dankbar für deine ehrlichen Schilderungen und dass du deine Geschichte mit mir teilst. Irgendwie hilft es mir, mir mehr unter der Diagnose vorstellen zu können.

Momentan bin ich mir nicht sicher ob ich in der Tagesklinik wo ich bin in guter ärztlicher Behandlung bin. Seit meinem Umzug letztes Jahr habe ich meine ambulante Therapie beenden müssen sowie einen Arztwechsel vollzogen, bei meiner Ambulanten Ärztin in der Psychiatrischen Institutsambulanz fühle ich mich jedoch gut verstanden und sie hat sich sehr für mich eingesetzt, obwohl sie mich kaum kannte, dass ich bald in die Tagesklinik gehen konnte. Dort bin ich jetzt bei einer Ärztin die ich so überhaupt garnicht lesen kann. Sie ist eher schroff und direkt, zeigt irgendwie wenig Resonanz auf das was man ihr erzählt... Irgendwie ganz anders als meine ex-ambulante Therapeutin. Zumindest bin ich jetzt mit 20 mg Abilify ganz gut eingestellt, sie meint sogar es gäbe noch Luft nach oben falls es schlimmer werden würde vor allem mit der Paranoia. Bin noch dabei herauszufinden, was mir die Tagesklinik bringt außer Tagesstruktur :roll:

Liebe Grüße
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Re: Schizoaffektiv, was ist das eigentlich?

Beitragvon Pjotr » Do. 18.08.2016, 23:16

Hallo Hanna,

danke für Deine Antwort. Jetzt ist ja einige Zeit vergangen.. Wie geht es Dir?
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Re: Schizoaffektiv, was ist das eigentlich?

Beitragvon Hannace » Fr. 19.08.2016, 12:05

Hallo Pjotr,

mir geht es einigermaßen gut, bin jedoch im Forum nicht mehr wirklich aktiv. Momentan habe ich irgendwie keine richtige Lust mich mit mir selbst zu beschäftigen... ich war zu sehr auf Jobsuche, hatte einige Misserfolge zu verbuchen (Absagen, schlechte Rückmeldung nach zweifacher Hospitation...) und habe nun weitere Vorstellungsgespräche und Hospitationen. Ansonsten arbeitete ich stark daran, mein Leben irgendwie auszuhalten. Ich bin zwar nicht mehr so depressiv wie vor einigen Monaten, aber es fällt mir dennoch alles immer etwas schwerer als es sollte. Haushalt, das Leben an sich, der Antrieb, Selbstzweifel, Beziehung... Das psychotische ist (denke ich) momentan nicht akut. Zusammengefasst lässt sich sagen, mein Leben ist irgendwie trist und schwer aber ich kann damit umgehen.
Wie gehts dir so?

Liebe Grüße
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