Kummer mit meiner Psychose

In diesem Forum geht es um psychotische Störungen und Symptome (wie z.B. Wahn, Paranoia und Halluzinationen) und das Krankheitsbild der Schizophrenie.

Kummer mit meiner Psychose

Beitragvon skate91 » Do. 31.07.2014, 23:12

Guten Abend,

ich denke ich lass meinen Kummer mal hier im Forum aus, auch wenns vielleicht viel Text wird.

Es würde jetzt zu lange dauern alles genau zu erzählen was früher war, deswegen schreibe ich es in großen Zeitsprüngen. Auch, weil ich meine jetzige Situation genauer schildern möchte.

Ich bin 24 und leide seit meinem 16. Lebensjahr an einer Psychose. Ich war deswegen lange in einer Klinik für Jugendspychiartrie und mir wurden nach 4 Monaten aufenthalt Abilify und Clozapin verschrieben. Durch das Clozapin erfuhr ich eine Gewichtszunahme, die mich heute noch fertig macht...Naja auf jeden Fall hab ich 2 Jahre später das Clozapin abgesetzt. Dann fiel ich fast wieder in ein Loch und habe daraufhin Seroquel (Quietiapin) verschrieben bekommen und war damit zuerst zufrieden, da meine extreme Müdigkeit aufhörte und es mir besser ging..


Jetzt ein Jahr danach muss ich sagen, dass es auch wieder so ein Mittel ist, dass seine Tücken hat. Mittlerweile merke ich, dass nie ein ein Medikament wirklich gegen diese Psychose geholfen hat, auch nicht das Seroquel. Ich leide dazugesagt nur an Minussymptomen, will heißen dass ich alles verändert wahrnehme (meine Körper, den Alltag). Dazu gehört auch das Gefühl, meine Persönichkeit nicht mehr entfalten zu können, da ich auf vorher gewohnte Gestenund Verhaltensweisen quasi keinen "gedanklichen Zugriff" mehr habe, also dass diese Dinge, die mein äußeres Erscheinungsbild ausmachen nur noch von einem Unterbewusstein gesteuert werden. Klingt alles kompliziert, ist es auch. Ich kann dieses Gefühl halt nicht besser erklären. Unter dem Seroquel ist meine Stimmung etwas besser geworden, bewegt sich aber immer noch auf unterem Niveau,.

Ich fühle mich derzeit ziemlich träge und habe selten Lust, etwas zu machen, außer ich zwinge mich. Ich sehe viele Dinge über mich schlecht und hole mir andauernd "Beweise" von meinen Mitmenschen, will heißen dass ich dauernd irgendwelche Anfeindungen erkenne oder ich das gefühl habe, komisch angeschaut zu werden. Viele sagen mir neuerdings ich würde "Böse" schauen, auch wenn sie es als Scherz meinen. Aber wenn einem das schon 4 Menschen sagen....
Meine Gedanken sind extrem wirr, ich finde keinen Anschluß an Dinge, die ich am Vortag gemacht habe. Am nächsten Tag kann alles wieder anders sein. Wenn ich einen guten Tag im Praktikum hatte, versaue ich alles am nächsten Tag wieder, in dem ich mich komisch verhalte oder zu spät auf etwas reagiere, was mir wieder Kritik einbringt. Ich kann so zusagen nichts beibehalten. Wenn ich mich mal gut fühle kann es am nächsten Tag wieder alles Schei**** sein.

Ich bin in einer berufsbegleitenden Maßnahme im Bereich Technik. In der Maßnahme sagt mir der Leiter dauernd, dass er mir Berufsbedingte Angelegenheiten voll zutraut. Hört sich im ersten Moment gut an, ist aber alles andere als gut. Wenn ich meine Krankheit ins Spiel bringe, wird nur auf das "durchhalten" im Beruf gedacht, bis meine Ausbildung fertig ist. Ich hab mir im Betrieb aufgrund der Krankheit schon ein paar Dinge geleistet, wie zu spät kommen oder Sachen total falsch machen. Denn im Betrieb sind halt keine Leute mit psychischen Erkrankungen gefragt, habe ich das Gefühl. Und das will ich durchziehen, weil ich in keine Werkstatt will, will heißen dass ich quasi alles für ein bisschen Normalität und Anschluss zur Gesellschaft tue.

Allgemein fühle ich mich selbst nicht mehr bei meinen Freunden wohl. Da ich oft "vercheckt" bin, werde ich von ihnen immer wieder "herumkommandiert". Beispiel: Ich will zu Fuß in eine Straße einbiegen, da zieht mich eine Freundin an der Jacke und lenkt mich in die richtige Straße. Das belastet mich sehr, da dieses Verhalten von mir sehr unfähig wirkt. Allgemein löchern mich Freunde neuerdings mit Fragen, wollen alles genau wissen, warum ich etwas so mache und nicht anders, warum ich ihnen heute über etwas bescheid sage und nicht morgen, sogar warum ich nicht überstunden mache und gar andere Berufe als meinen jetzigen - ich vermute, da sie meinen sozialen Fähigkeiten misstrauen. Ich kann mich auch irren, nur es ist sehr aufällig. Klar, die studieren ja auch und fühlen sich deshalb auf ihre eigene Weise "Überlegen", denke ich mal. Jedenfalls sind es keine richtigen Freunde mehr, da sie anscheined nichts von meiner Krankheit
verstehen. Zum Glück habe ich auch noch einige Freunde, die ich vom Ärztezentrum her kenne, die mich so nehmen wie ich bin.

Allgemein fühle ich mich aber nachwievor wie der letzte Idiot, der von keinem Ernst genommen wird. Vor der Psychose, auch wenn ich da mit 16. noch etwas jung war, habe ich mich richtig glüklich gefühlt und war sehr lebensfroh. Das nicht mehr zu haben, ist auch so ein Punkt der an meiner Stimmung nagt.

Mit einer neuen Freundin siehts auch eher schlecht aus. Klar, ich bin Gedanklich völlig daneben, merk ich ja selber, sieht man mir wahrnscheinlich auch an. Ich versuche jeden Tag, durch gute Kleidung oder lässig Wirkende Outfits diesen Mißstand zu verdrängen, nur abends holt einem das alles wieder ein. Am Ende des Tages sag mir mir dann selbst noch, dass eh alles Mist war was ich den ganzen Tag gemacht hab. Später beneide ich dann diejenigen, die nicht diese ernorme Last tragen müssen und sich auf andere Dinge konzentrieren können. Ich merke immer wieder, dass viele Frauen auf Männer stehen, die sich als lustig und lebensfroh verkaufen und zudem noch einigermaßen schlank sind. Kann man auch verstehen, nur dass ist auch so eine Sache, die mich runterzieht, da ich dass alles nicht vorweisen kann (Es vor der Pschose aber
konnte). Vielleicht seh ich auch hier die Dinge wieder falsch und zu genau, ich schreibe halt so wie es mir vorkommt.

Ich bin immer noch in Behandlung bei einem Ärztezentrum. Die Gesprächszeiten dauern 10 Minuten. Da redet man zwar wie es mit den Medikamenten klappt, aber im Grunde genommen komme ich garnicht dazu dass alles zu erzählen. Ob ich es in dem Moment vergesse oder falsche Scham ist, weiß ich nicht. Auf jeden Fall läuft da irgendwas schief.

Ihr seht, bei mir kommt viel zusammen. Ich habe in abgehakten Sätzen geschrieben, da ich den Text aus meinem tiefsten Inneren verfasst habe, wie es halt so kam. Sorry auch dafür, wenn manche Satzstellung keinen Sinn zu ergeben scheint.


Vielleicht gibt ja Leute unter Euch, die mich verstehen oder mir Tipps geben könnten. Eigentlich jede Antwort würde mir etwas helfen, da ich es dann jemanden "erzählen" konnte.

Lg

Sebastian
skate91
 

Re: Kummer mit meiner Psychose

Beitragvon kleeblatt123 » Do. 31.07.2014, 23:27

Hallo Sebastian,

ich hab dich gelesen!

Seit 8j psychotisch zu sein ist echt hart! Ich kann mir ungefähr vorstellen, wie schwer das für dich sein muss!

Machst du neben den 10min Gesprächen in dem Ärztezentrum, auch ambulante Psychotherapie?
kleeblatt123
 

Re: Kummer mit meiner Psychose

Beitragvon Amon » Fr. 01.08.2014, 20:16

Das was du schreibst kenne ich auch alles. Ist sogar ein ähnlicher Lebensverlauf.

Unterdrückte Affekte sind da leider normal. Das kann sich auch - unglücklicherweise - ins Gegenteil wandeln. Soll heißen das man dann unerträglich heiter ist, und zwar in unangemessener Weise.

Ich nehme auch Seroquel und auf mich wirkt das wie ein Schlag mit den Holzhammer auf den Hinterkopf. Momentan bin ich fast nur am schlafen und ertrage Umwelt-Reize gar nicht. Ich bin seit einigen Jahren Frührentner weil die Prognose halt chronisch ist.

Das mit der Zunahme kenne ich auch, wobei das Seroquel da noch harmlos ist.

Auch das zurück ziehen ist eine der Minus-Punkte der Psychose. Schusseliges Verhalten kenne ich auch und macht mich dann noch innerlich wütender, weil ich mich als Komplett-Versager sehe in dem Moment.

Was hilft ist eine klare Tagestruktur, geistige Beschäftigung in Maßen und z.B. auch ordenliche Hygiene für die Seele und den Körper.

Ich kann dir nur wünschen das du weiterhin kämpfst und dich nicht aufgibst. Alles Gute!
Amon
 


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