the last cut... *TRIGGER* !!!

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the last cut... *TRIGGER* !!!

Beitragvon onetwothree » So. 31.03.2013, 18:42

da ich gerne schreibe...
vielleicht hat ja jemand lust, eine selbstgeschriebene kurzgeschichte zu lesen.
kritik ist erwünscht! :)

viel spaß beim lesen,
liebe grüße

„Verdammt noch mal, sei endlich still!“, fauchte Mara ihre Mutter an. Sie hatten wieder einmal Streit, wie auch an jedem anderen, so trostlos scheinenden Tag. Ihre Mutter hielt Mara am Handgelenk fest und holte mit der anderen Hand aus, um ihr eine Ohrfeige zu verpassen. So ging das jeden Tag, immer wieder dasselbe.
Mara riss die Augen weit auf und fing an zu weinen. Sie stürmte in ihr Zimmer, knallte die alte Holztür zu und schloss sie ab. Mara hockte sich in die Ecke, zwischen Kleiderschrank und Bett. Sie drehte die Musik laut auf, damit ihre Mutter sie nicht weinen hören konnte.
Mara hatte Angst vor ihr, weil sie psychisch krank war. Doch sie weigerte sich immer, in Behandlung zu gehen. Das junge Mädchen kramte in einer kleinen Holzschatulle unter ihrem Bett und holte eine Klinge heraus. Die Tränen liefen ihr über ihre zarten Wangen und sie raufte sich die Haare. Mara wusste nicht, was sie tun sollte, sie war verzweifelt. Die Klinge war so verführerisch, wie sie da in ihrer Hand glänzte. Mit ihr schienen alle Probleme zu verschwinden. Zumindest für einen kurzen Augenblick.
Mara nahm die Klinge und setzte sie an ihrem Unterarm, ungefähr 10 Zentimeter über ihrem Handgelenk, an. Sie durchbohrte ihre Haut und zog einen langen, tiefen Schnitt über ihren Unterarm. Das Blut begann raus zu sickern. Es trat langsam aus der Wunde hervor und Mara verzog das Gesicht vor lauter Schmerz, doch gleichzeitig sah man ihr die Erleichterung an. Mit jedem Schnitt fühlte sie sich besser, sie hatte das Gefühl, den ganzen Druck endlich ablassen zu können. Es fühlte sich an wie ein Ventil, das sie öffnete und sie konnte für diesen Moment alles um sich herum vergessen.
Das laute und wütende Klopfen ihrer Mutter an der Zimmertür begann immer leiser zu werden, Mara hatte alles um sich abgeschaltet und versank in ihren Gedanken. Sie vernahm nichts mehr und starrte an das Pferdeposter an der Wand gegenüber. Das Blut floss aus der Wunde, immer mehr und mehr. Sie wusste, es reichte jetzt, sonst würde sie wieder in Ohnmacht fallen wie damals. Mara ließ die Klinge fallen und das Blut spritzte überall auf den Boden hin. Sie kauerte sich in der Ecke zusammen und fing wieder an zu weinen. In ihren Gedanken war sie bei ihrem Freund, den sie durchs Internet kennengelernt hatte. Er war älter als sie und wohnte 600 Kilometer von ihrer Heimatstadt entfernt.
Maras Mutter hatte ihr den Computer gestrichen, weil sie in der Schule lauter schlechte Noten schrieb. Also wurde sozusagen der Kontakt zu ihrem Freund zwangsweise abgebrochen. Mara blickte zu der Klinge, die immer noch auf dem blutverschmierten Boden lag und starrte dann auf ihre tiefen Wunden am Arm. Dieses Mal waren sie wirklich lang und tief, aber Mara fühlte sich jetzt wieder besser und wischte sich die Tränen aus den Augen.
Ihre Mutter hatte das durchdringende Hämmern endlich aufgegeben, weil sie wusste, dass Mara jetzt den ganzen Tag über im Zimmer war und so schnell nicht wieder rauskommen würde.
Das Mädchen säuberte flüchtig die Klinge und versteckte sie wieder in ihrem Geheimfach unterm Bett. Sie strich sich ihre langen, dunkelbraunen Haare aus dem verweinten Gesicht und setzte sich auf das Fensterbrett. Mara starrte stundenlang aus dem Fenster, in den verwüsteten und zugewachsenen Garten. Keiner wollte sich mehr um das Stückchen Grün im Hinterhof kümmern. Mara musste in dem Moment auch an ihren Vater denken. Er war damals bei einem Brand in einem Kaufhaus ums Leben gekommen. Er war dort, um das Geburtstagsgeschenk für Maras 5. Geburtstag zu besorgen.
Jemand hatte absichtlich das Feuer gelegt und die Feuermelder waren genau zu diesem Zeitpunkt defekt. So gab es keine Rettung für ihn und für viele andere unschuldige Menschen.
Mara dachte sehr oft an ihren Vater, denn er war immer für sie da gewesen. Er hörte ihr zu, wenn sie ihm von Erlebnissen im Kindergarten erzählte. Er ging damals jeden Tag mit ihr an den See und dort saßen sie oft ein paar Stunden am Steg und fütterten Fische.
Durch einen lauten und durchdringenden Schrei wurde Mara in die kalte Realität zurückgeholt: „Mara! Hol Hilfe, schnell! Ich hab mich geschnitten! Mara!“
Doch Mara blieb im Zimmer hocken und dachte nicht mal annähernd daran, ihrer Mutter zu helfen. Nicht nach dem, was sie ihr schon alles angetan hatte.
Jedoch ein paar Minuten später hörte man schon die Sirene der Rettung vor dem alten, zerfallenen Haus.
Mara musste immer wieder auf ihren Unterarm starren, der voller Narben und Blut war, aber irgendwann schlief sie dann am Fenster ein.
Als sie am nächsten Morgen aufwachte ging sie zielstrebig ins Bad. Sie dachte, dass ihre Mutter bis Mittag in der Arbeit sei. Mara kramte im Medikamentenschrank nach Schmerztabletten und Wundsalbe. Sie warf die Tabletten, von der Routine geprägt und ohne groß darüber nachzudenken, in den Mund und schluckte sie. Die Salbe schmierte sie auf die Wunden und wickelte einen Verband um ihren Unterarm. Danach ging sie wackelig zurück ins Zimmer und öffnete den doch sehr eintönigen Kleiderschrank. Vor ihr hingen lauter schwarze Kleidungsstücke. Alle T-Shirts waren langärmlig und er war nur so voll von Kapuzenpullis. Alles langärmlig, um die Narben und Verletzungen zu verstecken.
Nach dem Anziehen ging sie in die Küche, wo alles blutverschmiert war. Sie hatte vergessen, was gestern passiert war und war geschockt. Plötzlich fiel ihr ihre Mutter ein. Mara machte sich aber keinesfalls Sorgen, sie war nur zuerst wegen dem ganzen Blut irritiert. Sie hatte nicht vor, ihre Mutter im Krankenhaus zu besuchen und wusste auch nicht, wann sie wieder nach Hause kommen würde.
Mara ging wie jeden Samstagvormittag an den See und setzte sich mit ein paar trockenen Brotstücken in der Hand auf den Steg. Nach ungefähr einer Sunde schlenderte sie wieder durch den Wald nach Hause. Als sie gerade die Haustüre aufsperren wollte, berührte sie eine kalte Hand auf der Schulter. Mara schreckte auf und hielt den Atem an. Sie riss ihre Augen weit auf und drehte sich langsam um. Sie hatte schon so eine Ahnung, wer da hinter ihr stand. Mit gesenktem Kopf stand sie nun vor der Person. Wer sonst, außer ihrer Mutter, könnte das wohl sein. Es dauerte nicht lange, da schrie ihre Mutter mit hysterischer Stimme: „Was fällt dir eigentlich ein, mich da so hilflos liegen zu lassen?“ Und schon kassierte Mara die nächste Ohrfeige, diesmal viel fester.
Das Mädchen riss die Augen auf und ihr begannen Tränen über die Wangen zu laufen. Sie blickte verzweifelt zu ihrer wütenden Mutter auf, wandte den Blick schnell wieder ab und lief die Treppen hinauf in ihr Zimmer. Sie schloss die Tür ab, drehte die Musik auf und krabbelte auf den Knien in ihre Ecke. Sie ballte die Hände zu Fäusten und sie weinte sehr stark. Mara schluchzte, und starrte an die Wand. Plötzlich griff sie hastig unter das Bett und holte ihre Schatulle hervor, worin sich die Klinge befand. Sie nahm das glänzende Stück Metall heraus und blickte darauf. Es waren noch ein paar Blutreste vom Vortag darauf zu erkennen, aber Mara starrte nur in ihre zitternde Hand. Sie krempelte ihren schwarzen Pullover hoch und riss sich den Verband runter.

Mara war sehr wütend, auf ihre Mutter und auch auf sich selbst. Wäre sie bloß früher wieder ins Haus gegangen, hätte sie ihre Mutter nie erwischt. Sie musste so heftig weinen und zitterte am ganzen Körper.
Endlich nahm sie die Klinge fester in die Hand und setzte am Unterarm an. Sie durchbohrte ihre Haut, zuerst nur ganz leicht. Dann setzte sie viel fester an und drückte mit voller Kraft auf die Klinge, die sich immer tiefer in ihr junges Fleisch bohrte. Das Blut strömte heraus, doch Mara konnte nicht aufhören. Sie war wie in Trance, wie in einem Rausch. Sie bekam nichts mit, was um sie herum passierte. Mara schlitzte sich den Arm auf, immer mehr Schnitte. Immer tiefer. Immer länger.
Sie hatte schon sehr viel Blut verloren, der ganze Boden war vollgetropft. Mara wurde plötzlich schwindlig, aber sie hörte noch immer nicht auf. Sie fühlte sich gut dabei, sie konnte endlich wieder Druck ablassen. Doch plötzlich sackte das junge Mädchen in sich zusammen und die Klinge klirrte, als sie auf den blutverschmierten Boden fiel.
Mara lag schließlich regungslos am Boden, eingeschlossen in ihrem Zimmer. Sie atmete noch leise, doch plötzlich wurde es völlig still. Der letzte Song war gerade zu Ende, es war das Lieblingslied ihres Vaters.
Doch für das junge Mädchen gab es keine Rettung mehr, sie hatte zu viel Blut verloren.
Es war wie eine Droge für sie – eine tödliche.
onetwothree
 

Re: the last cut... *TRIGGER* !!!

Beitragvon Carmen » Di. 30.07.2013, 15:33

Die Geschichte ist toll... aber sehr traurig :)

Ich mag sie.
Carmen
 

Re: the last cut... *TRIGGER* !!!

Beitragvon Nöö... » Di. 30.07.2013, 17:28

Wow, du kannst echt gut schreiben. Und die Geschichte gefällt mir auch echt gut.
Hast du noch mehr?

:wink:
Nöö...
 

Re: the last cut... *TRIGGER* !!!

Beitragvon onetwothree » Di. 30.07.2013, 17:37

danke, das freut mich sehr.

ja, ich habe viele selbstverfasste texte. mal kürzere, mal längere. ich werde noch eine hier in einem eigenen thread posten

liebe grüße
onetwothree
 


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