Bevor du dich umbringst...ein poetischer Versuch

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Bevor du dich umbringst...ein poetischer Versuch

Beitragvon Luna I. » Di. 11.01.2005, 18:41

Bevor du dich umbringst...

Ein poetischer Versuch

Bruno Cotting

Niemand will sterben. Aber manchmal erscheint der Tod als letztes Schmerzmittel. Merkwürdig bloss, dass so viele Junge zu diesem letzten Mittel greifen, noch bevor sie die Möglichkeiten ihres Lebens ausgeschöpft haben. Hier kann etwas nicht stimmen. Vielleicht solltest du diesen Test machen, bevor du dich umbringst.
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Testmodul 1: Schmerzen des Gehirns

Ängste und Depressionen. Liebeskummer und Verzweiflung. Aussichtslosigkeit. Das sind Schmerzen des Gehirns. Diese Schmerzen sind körperlich spürbar. Sie können so stark sein, dass sie nicht mehr auszuhalten sind. Wie eine Brandwunde am Arm. Bei dieser Wunde bleibst du ganz vernünftig. Bevor du schreist vor Schmerzen, nimmst du ein Schmerzmittel. Du schonst den Arm. Du wechselst den Verband. Der verletzte Arm behindert dich. Du kannst nicht arbeiten. Trotz der Medikamente rauben die Schmerzen dir den Schlaf. Würdest du dich umbringen, um diesen Zustand zu beenden? Niemals! Denn tief in dir sitzt das Vertrauen in die Zukunft: Mein Arm wird gesund. Übertragen wir dieses Beispiel auf die Schmerzen des Gehirns. Auch hier gibt es Medikamente zur Linderung. Und eine Zukunft. Das Problem: Dein Vertrauen in die Zukunft zersetzt sich im Säurebad der schmerzhaften Gefühle. Aussichtslosigkeit ist die Folge. Als einzig plausible 'Lösung' erscheint der Tod. Obwohl es auch hier nur darum geht, die Schmerzen zu ertragen, bis sie sich auflösen und die Zukunft beginnt. Kannst du dir einen säurefesten Goldbarren vorstellen, auf dem steht 'Meine Zukunft'? Kannst du den Barren leuchten lassen in der Finsternis deiner Gehirnschmerzen? Kannst du die Schmerzen ertragen in der Gewissheit, dass sie sich eines Tages auflösen? Du brauchst ja nicht zu wissen, wie das gehen soll. Denn auch deine Wunde am Arm schliesst sich auf wundersame Weise von selbst.
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Testmodul 2: Sanduhr der Verliebten

Sie und er, er und er, sie und sie. Wir nehmen ein beliebiges Paar A und B. Sobald A und B sich ineinander verlieben, beginnt das Gehirn den Glücksstoff Dopamin auszuschütten. Die beiden geraten in einen Rauschzustand. Die Natur drückt A und B je eine mit Dopamin gefüllte Sanduhr in die Hand. Das Wettrennen beginnt. Der Vorrat an Dopaminsand ist begrenzt. Unerbittlich rinnt er nach unten. Wer seinen Sand zuerst aufgebraucht hat, sagen wir B, trägt den Sieg davon. Das Suchtverlangen nach A findet für B ein friedliches Ende. B kann sich nun auf ein neues Wettrennen mit einer anderen Person einlassen. Was aber geschieht mit A? A hat erst zwei Drittel seines Dopaminsandes aufgebraucht. Da verschwindet plötzlich der Rest aus der Sanduhr. Obwohl das Suchtverlangen noch voll da ist. A ist es nicht vergönnt, die Sucht langsam 'ausrieseln' zu lassen. Die Folge sind schlagartig einsetzende Entzugserscheinungen. Dieser Liebeskummer kann so schmerzhaft sein, dass sich der Tod als Erlöser anbietet. Und da A glaubt, Verliebtheit sei Liebe, wurde A das Wichtigste im Leben, die Liebe, genommen. Und ohne Liebe macht das Leben keinen Sinn. Und ohne Sinn bleibt nur der Tod. Zuviel Ehre für einen Make up-Trick der Natur. Die Droge Verliebtheit macht aus einer Muschi eine Perlenmuschel und aus einem Schwanz eine duftende Rose. Aus Angebern werden Prinzen, aus Zicken Prinzessinnen. Wenigstens in den Köpfen der Berauschten. Das hat nichts mit Liebe zu tun. Liebe besteht aus zwei einfachen Bestandteilen: Verständnis und Freundschaft. Kannst du dem Tod nicht sagen, er möge doch noch warten? Du möchtest die Schmerzen des Drogenentzuges ertragen und dich auf die Liebe freuen?
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Testmodul 3: Das blutende Herz

Es gibt Menschen, die tragen in ihren Händen ein seidenes Kissen, auf dem ihr Herz liegt. Die grosse Mehrzahl aber hat ihr Herz weggeschlossen in einen Safe, wo ihm nichts passieren kann. Die spitzen Zungen und Fingernägel der Safeleute verletzen das Herz auf dem Seidenkissen und lassen es bluten. Manche zücken sogar einen Dolch und stechen ihn tief hinein in das rote Fleisch. Dann tut das Herz so entsetzlich weh, dass nur noch der Tod Erlösung verspricht. Die Safeleute haben ihre Gefühle hinter Stahlwänden begraben. Sie sind lebende Tote. Diese Art des Todes hat seinen Charme. Du tötest nicht gleich deinen Körper sondern nur deine Gefühle. Ein Selbstmord light sozusagen. Bloss stellt sich die Frage, ob eine Existenz als Zombie das ist, was du dir vom Leben erhofft hast? Wie wäre es stattdessen mit einem Gefühlsmuskeltraining? Wenn du schwere Gewichte hebst, beginnen deine Muskeln zu schmerzen. Fügst du dir diese Schmerzen in vernünftigem Masse immer wieder zu, wird dein Körper stark und schön. Meidest du jeden Muskelschmerz, wirst du schwächer und schwächer. Beim Krafttraining machst du immer die gleichen Übungen. Das ist beim Gefühlsmuskeltraining anders. Du gehst mit deinem dargebotenen Herzen auf eine Person (= Trainingsgerät) zu. Die Person entpuppt sich als Zombie und schlägt ihre Klauen in dein Herz. Du weinst und windest dich vor Schmerzen (= Trainingsphase). Du gönnst dir etwas Ruhe (= Erholungsphase). Wenn du kannst, weichst du dieser Person in Zukunft aus. Ist das nicht möglich, trainierst du so lange, bis dein Gefühlsmuskel kräftig genug ist, um das Zuschlagen der Klauen auszuhalten. Nun kann dir nichts mehr passieren. Und du kannst dein kräftiges Herz allen anbieten, denen du begegnest, um zu sehen, wer das Geschenk verdient. Ist nicht dies die einzige Möglichkeit, die Lebenden von den Zombies zu unterscheiden? Und ist diese Kraft des Herzens nicht ein guter Grund zum Leben?
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Testmodul 4: Ein Sinn für Kälte

Es ist immer Winter. Denn die Welt ist kalt. Die Eiszapfen, geformt aus der Kälte der Menschen, bohren sich in deine fröstelnde Seele und lassen sie zusammenzucken. Diesen Schmerz hast du deinem Kältesinn zu verdanken. Die meisten Leute haben diesen Sinn wohl nicht. Sie leiden nicht. Sie finden 'normal', wie es ist. Also Pech gehabt, wer die Kälte spürt? Wer leidet unter den Gesichtern aus Stein, den Worten aus Stahl, die unempfindlich sind für das Unglück dieser Welt? Soll der Schmerz deiner Seele ein Ende finden im Tod? Ein schlichter Denkfehler aufgrund einer halben Wahrheit. Die andere Hälfte des Kältesinns besteht nämlich aus einem Wärmesinn. Er spürt die warme Freundlichkeit empfindsamer Seelen. Folglich hilft dieser Wärme-Kälte-Sinn dir beim Unterscheiden. Stösst dir eine Person Eiszapfen in die Seele, ist das kein Grund, dich umzubringen. Diese Person ist doch bloss unempfindlich und also uninteressant. Unverzagt machst du diese Eisprüfung immer wieder. Bis du Leute findest, deren warme Freundlichkeit dir gut tut. Sind die Schmerzen des Wärme-Kälte-Sinns nicht Wegweiser zur Freundschaft? Und ist Freundschaft nicht eine wesentliche Voraussetzung zum Glücklichsein?
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Testmodul 5: Der Meinungszaun

Wenn dich ein Zaun umgibt aus Meinungen, die dich missbilligen. Dann kriegst du fast keine Luft mehr. Dieses fortwährende Erstickungsgefühl kann so schmerzhaft sein, dass du lieber tot sein möchtest, als es noch länger zu ertragen. Vater Kafka hatte keinerlei Verständnis für die Schriftstellerei seines Sohnes Franz. Franz muss sehr darunter gelitten haben. Er schrieb eine Kurzgeschichte, in der ein Sohn von seinem Vater im Streit gründlich missbilligt wird. Dieser Sohn rennt in seiner Verzweiflung durch die Nacht, auf eine Brücke, von der er sich ins Wasser stürzt und stirbt. Kafka hat stellvertretend für sich eine Figur getötet. Und ist selber am Leben geblieben. Scheinbar muss ihn die ganze Familie samt Bediensteten mit Missbilligungspfosten eingezäunt haben. Mit seiner gewaltigen, poetischen Kraft beschreibt er in 'Die Verwandlung', wie ein Mann eines Morgens als riesiger, ekliger Käfer in seinem Bett erwacht. Familie und Bedienstete sind angewidert, versorgen ihn aber noch eine Weile mit Essen. Bis sie ihn schliesslich in seinem Zimmer verhungern lassen. Zum zweiten Mal hat Kafka einen Stellvertreter geopfert, um zu überleben. Das Beispiel zeigt, wie tödlich missbilligende Meinungszäune sein können. Als Zuschauende möchten wir ihm zurufen: "Zeig doch deiner Familie den Finger und geh zu Leuten, die deine Arbeit schätzen!". Vermutlich hatte die Familie damals einen höheren Stellenwert und das Fingerzeigen war noch nicht in Mode. Aber könntest du diesen Zuruf nicht auf deine Verhältnisse anpassen? Verlasse das Gehege aus Missbilligung und such dir Leute, die dich schätzen. Würde dann nicht wieder frische Luft in deine Lungen strömen und die Gedanken an den Tod wegwirbeln?
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Testmodul 6: Die Rasierklingen-Party

Für autistische Personen kann die Nähe zu andern Leuten schmerzhaft sein. Um diesem Schmerz zu entgehen, schalten sie ab, blenden die andern aus, sind nicht mehr ansprechbar, autistisch eben. Was aber, wenn eine Person nur ein bisschen autistisch ist? Grade so viel, dass es nicht auffällt? Von dieser Person wird erwartet, dass sie sich den Leuten nähert, sich in ihre Ansammlungen, ihre Parties begibt. Bei vollem Bewusstsein und Schmerzempfinden. In diesen Ansammlungen schneiden harmlose Worte, Blicke, Berührungen wie Rasierklingen in die Seele. Als hätten sich die Leute selber in Rasierklingen verwandelt, führt jede Nähe zu einem schmerzhaften Schnitt. Die Angst vor den Schmerzen bringt das Herz zum Rasen. Nur weg hier! Zu Hause, im Schutz des Alleinseins beruhigt sich das Herz. Der Geist bleibt verwirrt. Was ist bloss mit mir los? Warum wird für mich ein harmloser Anlass zur Rasierklingen-Party? Bin ich nicht normal? Bin ich krank? Ja, du bist nicht normal. Nein, du bist nicht krank. Nur sehr empfindsam. Nein, du bist kein Terminator. Ja, du bist eine Blume. Schämst du dich, eine Blume zu sein? Willst du deswegen sterben? Willst du die Welt den Terminatoren überlassen? Ist die Zartheit deiner Blüte nicht das bessere Fundament für die Zukunft der Menschheit?
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Testmodul 7: Die Angstvergiftung

Soviel ich weiss, gibt es zwei Stresshormone: eines, das Kraft gibt, und eines, das Angst macht. Das mit der Angst heisst Cortisol. Je mehr Cortisol, desto mehr Angst. Manche Körper haben ein Dosierungsproblem. Sie schiessen mit Cortisol-Kanonen auf Bedrohungs-Spatzen. Harmlose Aufgaben, die du erfüllen sollst, machen dir unangenehm viel Angst. Die andern meistern die Anforderungen des Lebens mit links. Du aber leidest und leidest und willst verzweifeln. Du hältst dich für gestört. Dein Selbstvertrauen rasselt in den Keller. Du traust dich nicht mehr aus dem Haus. Die Welt ist voller Monster und der Tod der einzige Ausweg aus deinem Gefängnis. Dabei ist dein Geist kerngesund. Du hast bloss eine Angstvergiftung. Ist sie zu stark, lässt du dir lieber mit Angst lösenden Medikamenten helfen. Kannst du die Angst aber ertragen, genügt eine Lanze. Und das starke Bewusstsein, dass nicht die Welt bedrohlich, sondern dein Cortisonspiegel im Blut zu hoch ist. Du klappst das Visier runter, legst die Lanze an und galoppierst mit flatterndem Herzen tollkühn auf die Anforderungen des Lebens zu, um sie zu durchbohren. Leute mit Angstvergiftung brauchen Harmonie und Geborgenheit. Glaubst du nicht, dass es sich dafür zu kämpfen lohnt?
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Testmodul 8: Die Bleiklotz-Beziehung

Gute Beziehungen sind belastbar. Das gute Gefühl zum Gegenüber kann von einer Krise getrübt werden. Hat sich die Krise verflüchtigt, ist das gute Gefühl wieder da. Die Bleiklotz-Beziehung ist eine ungute Beziehung. In einem Augenblick der Schwäche, des Begehrens, der Verzweiflung zustande gekommen, ist sie nun mal da. Wie ein Bleiklotz, der durch den Brustraum nach unten stürzt, dabei das Herz mitreisst, um es zwischen den Beinen auf den Boden zu pressen. Wie ein Bleiklotz also ist diese Beziehung eine Last. Freundschaft lässt dich an der Bleiklotz-Beziehung festhalten. Eine Freundschaft beenden, bloss weil ich nicht so gut drauf bin? Niemals! Es mag erfreuliche Momente geben. Aber das ungute Gefühl bleibt nie lange weg. Jetzt ist es wieder da. Es kostet mich Kraft. Wo ich doch selber keine habe. Wo ich doch fast am Ende bin. Am Ende. Woher kommt dieses ungute Gefühl? Ist es das kleine Nicht-Verstehen? Dieser Schmerz, wenn mein Gegenüber mich allein lässt, weil es nicht versteht. Ist es das kleine Desinteresse? Dieser Schmerz, wenn ich spüre, dass ich meinem Gegenüber nicht wichtig bin. Ist es die kleine Verachtung? Dieser Schmerz, wenn ich das spöttische Lächeln meines Gegenübers sehe. Ist es die kleine Wut? Dieser Schmerz, wenn mein Gegenüber mich wieder beschimpft, weil ich etwas Falsches gesagt oder getan habe. Liegt das Herz unter einem Bleiklotz, sind die Gefühlsaussichten düster. Möchtest du nicht versuchshalber den Klotz wegstossen, indem du diese Beziehung beendest? Auch wenn es deine letzte Kraft kostet. Und du erschöpft am Boden liegst. Kannst du dir vorstellen, wie dein befreites Herz sich mit seinen kleinen Flügeln aufschwingt ins Licht?
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Testmodul 9: Benutze mich - 1 "Müllkippe"

Dein Gegenüber erzählt von seinen Problemen. Wie die riesigen Türen eines Flugzeughangars öffnet sich deine Brust. Deine Seele fährt den Mitleidensteppich aus. Die Probleme deines Gegenübers regnen herab auf den Teppich. Und lassen dich mitleiden. Nach reicher Ernte fährst du den Seelenteppich ein. Und machst damit die Probleme deines Gegenübers zu deinen eigenen. Sie beschäftigen dich. Kosten dich Zeit und Kraft. Vielleicht den Schlaf. Doch kommen dir auch hilfreiche Gedanken. Lösungen. Beim nächsten Gespräch erzählst du von deinen Gedanken und Lösungsansätzen. Dankbar nickt dein Gegenüber. Beim nächsten Gespräch erzählt dir dein Gegenüber dieselben Probleme. Als habest du nichts gesagt. Als habe niemand genickt. Deine unter Mitleiden geborenen Gedanken sind wirkungslos verpufft. Das Problemspiel deines Gegenübers beginnt von vorn und kostet dich Kraft. Und Kraft. Und Kraft. Wo du selber kaum genug hast, um über Wasser zu bleiben. Aber dein verzweifeltes Schnappen nach Luft kann kein Thema sein. Dein Gegenüber will davon nichts hören. Weil es ihm doch so schlecht geht. Ein ander Mal vielleicht. Wie lange noch, bis du zusammenbrichst? Jemandem dein Ohr oder deine Seele leihen ist nicht dasselbe. Wenn du dich schon als Müllkippe zur Verfügung stellst, willst du es nicht mal mit dem Ohr versuchen? Wenn du den Problemmüll deines Gegenübers mit dem Ohrentrichter auffingest. Um ihn im Gehörgang zu Staub zu zerdröseln. Den du vom Wind davontragen lässt. Wäre das nicht irgendwie viel gesünder?
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Testmodul 10: Benutze mich - 2 "Fussabtritt"

Es gibt grossartige Persönlichkeiten, die stehen mit beiden Beinen auf der Erde. Strotzen vor Selbstvertrauen. Haben Erfolg. Und eine dunkle Seite. Für die sie sich schämen. Die überhaupt nicht zu ihrem grossartigen Selbstbild passt. Die sie am liebsten abtrennen oder auslagern würden. Auslagern ist eine gute Idee! Denn da bist ja du. Du bist all das, was die grossartige Persönlichkeit nicht sein will. Du bist sensibel und melancholisch. Selbstzweifel nagen an dir. Machen dich ängstlich und zögerlich. Du denkst zu viel. Schreckst vor Herausforderungen zurück. Kein Wunder, dass dir der Erfolg versagt bleibt. Du versagst. Du bist eine Enttäuschung. Du bist die ideale Besetzung für die Rolle der dunkeln Seite einer grossartigen Persönlichkeit. Ach, wie wohltuend für Ihre Grossartigkeit, dass die Verachtung ein äusseres Ziel gefunden hat. Ein dankbares Opfer. Dankbar? Du leidest wie ein Hund unter dieser Verachtung. Die von feinem Spott bis zu donnernder Wut in jedem Gewand daherkommt. Du weisst gar nicht, womit du diese ätzende Verachtung verdient hast, die dein letztes bisschen Selbstvertrauen auflöst wie ein Säurebad. Wo du doch das Gegenteil bräuchtest. Ermunterung. Eine tröstende Hand. Ein verständnisvolles Lächeln. Um deiner zerbrechlichen Seele Halt zu geben. Ihr aufzuhelfen. Damit ihr. Trotz aller Verletzlichkeit. Das Leben gelinge. Stattdessen liegst du auf Knien. Wie ein Fussabtritt. Damit Ihre Grossartigkeit den Dreck abstreifen kann. Um dann mit ihrer 'sauberen' Grossartigkeit die Welt zu blenden. Würde es sich nicht lohnen, einen Graben zu ziehen zwischen dir und dieser grossartigen Persönlichkeit? Vielleicht solltest du den Graben zur Schlucht erweitern? Tief und breit. So dass die Brocken, abgeschossen vom Katapult der Verachtung. Dich nicht mehr treffen können. Sondern ihre Flugbahn beenden auf dem Grund der Schlucht.
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Testmodul 11: Im gläsernen Zimmer

Das Insekt im Glasgefäss. Sieht draussen die Welt. Und kann sie nicht erreichen. Es krabbelt im Kreis herum. Hoch die Wand. Fällt vom Deckel herab. Auf den gläsernen Boden. Wo es sich streckt im gläsernen Zimmer. Den Blick auf die Welt. Mit ihren Farben. Jede Beziehung ist ein gläsernes Zimmer. Dessen Glaswände Schritte abbiegen lassen, die vielleicht geradeaus wollten. Unpassende Gedanken in ihre Winkel zurückdrängen. Und so Verhalten und Aussehen verändern. Neue Leute kennen lernen? Unbefangen die Welt entdecken? Dies und das versuchen? Immer häufiger ist da eine Glaswand. Die nein sagt. Die Wände haben sich schleichend in dein Leben geschoben. Du hast es gar nicht gemerkt. Nun sind sie da. Du siehst sie nicht. Aber du spürst sie. Und je deutlicher du sie spürst. Desto knapper wird deine Luft. Dieses Erstickungsgefühl. Das du nicht wahr haben willst. Denn du fühlst dich doch wohl in der Beziehung? Irgendwie geborgen. Oder so. Wenn bloss dieses Erstickungsgefühl nicht wäre. Die Hände liegen auf der Glaswand. Deine hungrigen Augen betrachten die verbotene Welt. Mutlos gleiten die Hände nach unten. Und nehmen den Blick mit. Du hast die Aussicht aufgegeben. Siehst nur noch deine Füsse. Du schliesst die Augen. Damit alles Licht aus deiner Seele weicht. Wo keine Aussicht ist, herrscht Dunkelheit. War's das? Lässt du dich ersticken? Spürst du nicht den Hammer in deiner Tasche? Möchtest du nicht lieber diese Glaswand zertrümmern und deine Lungen füllen mit einer frischen Brise? Um dich dann auf die Suche zu machen. Nach einem gläsernen Zimmer. Bei dem der Deckel fehlt. So dass du. Ab und zu. Einfach hinausfliegen kannst. Um zu trinken vom Reichtum der Welt.
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Testmodul 12: Die Ablenkungsfalle

Eine miese Lebenssituation ist wie ein Dynamo, der seelische Schmerzen erzeugt statt Strom. Diese Schmerzen willst du nicht den ganzen Tag ertragen. Du suchst nach einer Ablenkung. Irgendwas, das dich die Schmerzen vergessen lässt. Während der Ablenkung sind die Schmerzen unterschwellig da. Schmerzen ertragen kostet Kraft. Sich ablenken kostet Kraft. Du bist erschöpft. Liegst zwischen Müllsäcken in einer Sackgasse. Jetzt die Augen schliessen. Für immer. Wie verlockend! Wie überflüssig! Wo es doch nur darum geht aufzustehen. Aber wie denn? Die Glieder sind doch völlig kraftlos. Als habe jemand die Muskeln durch Popcorn ersetzt. Schlafen. Alles vergessen. Und wenn du aufwachst, sind die Schmerzen wieder da. Und ein bisschen Kraft für die nächste Dosis Ablenkung. Drück auf 'Pause' und betrachte dieses Standbild aus deinem Lebensfilm. Da hat jemand grade genügend Kraft, um entweder aufzustehen und einen Schritt aus der Sackgasse zu tun. Oder sich die nächste Ablenkung reinzuziehen. So von aussen gesehen, fällt dir der Entscheid nicht schwer. Reiss dich zusammen. Ertrage den Schmerz und tu den ersten Schritt. Ein Leben zwischen Müllsäcken, das ist doch nichts. Noch während du es rufst, merkst du: Ups, das bin ja ich! ... Ähm... Ja, was jetzt? Kannst du die Schmerzen ertragen? Kannst du über den ersten Schritt nachdenken, der dich aus der Sackgasse führt? Willst du deinen Lebensfilm nicht weiterlaufen lassen? Jetzt wo du entschlossen bist, diesen ersten Schritt zu tun?
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Testmodul 13: Die Logik der Einsamkeit

Je mehr eine Persönlichkeit sich von den anderen unterscheidet, desto mehr Einsamkeit hat sie zu ertragen. Dieses Gefühl von Einsamkeit ist nicht krankhaft, sondern logisch. Die Schmerzen der Einsamkeit sind der Preis für deine Eigenständigkeit. Was tust du gegen diesen Schmerz? Gibst du dich auf und tust so, als seiest du wie alle andern? Gibst du dich auf und springst von der Brücke? Zwei Arten, tot zu sein. Dabei gibt es ein schlichtes Rezept gegen Einsamkeit: Finde Gleichgesinnte. Einsamkeit lässt zwar die Seele leiden. Die Ursache dafür ist aber eine geistige: Mangel an Verständnis. Niemand kann dich verstehen? Du bist einmalig? Mag sein, aber bist du das auch zu 100 Prozent? Niemand ist so einmalig, dass es nicht irgendwo mit irgendwem Überschneidungen gibt. Gemeinsamkeiten also. Und damit die Grundlage für Verständnis. Wenn es aber unter tausend Leuten nur eine gleichgesinnte Person hat. Wie sind diese Nadeln im Heuhaufen zu finden? Wie wär's mit einem Magneten? Solche Magneten gibt es tatsächlich: Vereine, Zeitschriften, Treffpunkte, Arbeitsgruppen, Internet-Foren und -News-Groups. Könnte es nicht sein, dass Gleichgesinnte nur ein paar Tastendrücke entfernt sind? Wozu dann der Brückensprung?
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Testmodul 14: Die Schmerzen der Raupe

Die Umwandlung vom Raupenkind zum Schmetterlingserwachsenen ist mit Schmerzen verbunden. Massive Hormonschübe bringen den Kindkörper aus dem Gleichgewicht. Im Gegensatz zur Verwandlung in einen Werwolf gibt es allerdings kaum körperliche Schmerzen. Die körperliche Veränderung betrifft aber auch das Gehirn. Dort werden Bedürfnisse abgeändert, umgebaut. Was vorher wichtig war, verliert an Bedeutung. Was vorher unwichtig war, wird plötzlich zentral. Die Umwandlung an sich ist harmlos. Aber das von der Natur gewählte Hauruck-Verfahren ist rücksichtslos. Hormonfluten jagen die Gefühlspegel in schmerzhafte Höhen und Tiefen. Auch die Bedürfnisse funktionieren nicht richtig. Mal sind sie so stark, dass das Opfer wie gelähmt auf die neuen Objekte der Begierde starrt. Mal sind sie so schwach, dass das Opfer ohne jeden Antrieb wie gelähmt zur Decke starrt. Ein schmerzhaftes Chaos. Eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Alles vor den Augen der Umgebung. Die nur verständnislos den Kopf schüttelt über diesen vermeintlichen Ausbruch von Wahnsinn. Ein Grund zum Sterben? Warum sollst du sterben, wenn die Natur Mist baut? Vielleicht solltest du stattdessen den Zeigefinger ausfahren und die Natur gehörig ausschimpfen für das, was sie dir antut? Es dauert Jahre, bis dein Körper und deine Bedürfnisse zu einem neuen Gleichgewicht finden. Dann erst bist du ein Schmetterling, der seine erwachsenen Flügel ausbreitet und fliegt. Üben zu fliegen. Üben erwachsen zu sein. Ungeachtet der Schmerzen der Verwandlung. Ungeachtet der tadelnden Blicke. Warum solltest du den Schmerz nicht ertragen, wenn du dich ganz auf das Wachstum deiner Flügel konzentrierst?
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Testmodul 15: Deine Eltern, die Aliens

Warum auch immer. Wenn zwei Leute ihre Gene verschmelzen, ist das Ergebnis in der Regel keine Kopie. Es entsteht etwas anderes. Dieses Andere, also du, geht seinen eigenen Weg. Du hast nicht dieselbe Bedürfnisstruktur wie deine Eltern. Bist ehrgeiziger. Oder genügsamer. Hast lieber Tiere als Motoren. Oder lieber Computer als Gartenarbeit. Hinzu kommt, dass deine Welt eine andere ist als die, in der deine Eltern aufgewachsen sind. Das prägt deinen Geist. Dein Bewusstsein von der Welt ist anders. Für deine Eltern bist du etwas Fremdartiges. Und dass sie dich nicht verstehen, ist selbstverständlich. Dieses kleine Monster. Das sie trotzdem gern haben können. Warum auch immer. Für dich ist es genauso. Als du geboren wurdest, war das wie ein Entführung. Nun lebst du im Raumschiff dieser Aliens. Versuchst zu verstehen, was sie dir sagen. Was sie von dir wollen. Versuchst es ihnen recht zu machen. Schliesslich gibt es dafür auch Belohnungen, wie Taschengeld oder zu essen. Aber ihr Wohlwollen konstant hoch zu halten ist ziemlich schwierig. Oft sind ihre Forderungen völlig unverständlich. Und sie stehen in krassem Widerspruch zu deinen stärksten Bedürfnissen. Wenn du nicht kuschst, drohen sie dir mit Folter und Experimenten. Ohnmacht. Tränen. Wut. Die sich manchmal gegen dich selber richtet. Du willst dich beschädigen. Ja tot sein. Um diese schmerzhaften Gefühle nicht mehr ertragen zu müssen. Was würdest du tun, wenn deine Eltern tatsächlich Aliens wären, die dich entführt haben? Würdest du dir nicht das Gehirn zermartern, was du tun musst, um am Leben zu bleiben? Würdest du nicht mit ihnen kooperieren? Und keine Sekunde an den Tod verschwenden? Würdest du nicht mit aller Kraft auf den Moment hinarbeiten, wo sie dich freilassen?
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Testmodul 16: Das Ich-Zwerglein

Das Ich-Gefühl neigt dazu, sich zu verflüchtigen. Ein Lob, ein Lächeln, ein gutes Gespräch sind Ich-Festiger. Bekommt das Ich zu wenig Festiger, schrumpft es zu einem Zwerglein. Alltägliche Beleidigungen und Ängste erscheinen nun riesengross. Wie soll das Zwerglein ankämpfen gegen solche Monster? Es flüchtet. Und wird dadurch noch kleiner. Bis es umstellt ist von den Monstern. Ein lauter Schrei des Schmerzes und der Verzweiflung. Als einziger Ausweg bleibt dieses schwarze Loch. Der Abgrund des Todes. Wie wär's stattdessen mit einer Dosis Ich-Festiger? Dieses Zauberwässerchen ist kein Geschenk des Schicksals oder des Zufalls. Es lässt sich herstellen. Das Produktionsverfahren heisst: Suche dir einen Platz in der Gesellschaft. Danke schön. Und wie soll das gehen bitte? Gibt's dafür vielleicht auch ein 'Verfahren'? Aber klar doch: Mach dich irgendwie nützlich. Ich will aber keine Kloschüsseln reinigen! Gibt es denn nichts, was dich erfreut? Gewiss gibt's das. Du hast bloss nie daran gedacht, dich auf diesem Gebiet nützlich zu machen. Dabei werden überall Hände und Köpfe gebraucht. Kannst du diesem Ich-Zwerglein einen Tritt geben, damit es die entsprechenden Leute mal anruft oder anspricht? He Leute, kann ich bei euch mitanfassen? Könnte es nicht sein, dass du dich plötzlich so nützlich fühlst, dass du keine Zeit mehr hast für den Tod?
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Testmodul 17: Die Prinzessin auf der Erbse

So heisst das Märchen von Hans Christian Andersen. Ein Mädchen soll ohne sein Wissen auf seine adlige Abstammung überprüft werden. Die Versuchsanordnung: ein Bett mit zwanzig Matratzen, zuunterst liegt eine Erbse. Tatsächlich klagt das Mädchen am anderen Morgen über diese Unebenheit, die sie durch alle Matratzen hindurch gespürt hat. Damit ist es als Prinzessin bestätigt. Vielleicht wollte Andersen ein Gleichnis schaffen für den Adel der empfindsamen Seele. Nehmen wir die Geschichte aber beim Wort, macht die verwöhnte Prinzessin keine gute Figur. Zumindest in den Augen von jemandem, der ohne Matratze auf dem Boden schlafen muss. Wer am Boden schläft, begehrt die erste Matratze. Wer auf der zwanzigsten schläft, begehrt die einundzwanzigste. Das Begehren ist unabhängig vom Wohlstand. Kriegst du nicht, was du willst, musst du den Schmerz des Verzichts ertragen. Egal ob es um eine zerkratzte Murmel, den neuen Computer oder das Rennpferd für eine halbe Million geht. Dieser Schmerz fliesst wie Gift durch deine Adern. Er kann zu beträchtlicher Stärke anwachsen. Und dein ohnehin schon fast volles Schmerzfass zum Überlaufen bringen. Er gibt dir den Rest, so dass du dir den Rest geben und sterben willst. Aber bist du wirklich die Prinzessin oder der Prinz auf der Erbse? Dieses verwöhnte Gör im Überfluss, das jammert, weil ihm etwas noch Überflüssigeres vorenthalten wird? Könntest du nicht tapfer den Verzicht auf die einundzwanzigste Matratze ertragen? Wenigstens solange, bis alle ihre erste bekommen haben?
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Testmodul 18: Die Fruchtblase aus Geld

Kannst du dich auf ein Erbe freuen, das so gross ist, dass du danach nie mehr arbeiten musst? Dann bist du nie richtig geboren. Du lebst in einer schützenden Fruchtblase aus Geld. Jeder Kontakt mit der Aussenwelt ist fruchtwassergepolstert. Da du nicht wirklich Geld verdienen musst, bist du nicht gezwungen, dich mit Leuten zu arrangieren. Wenn es unangenehm wird, weichst du aus. Du musst nichts ertragen, was du nicht willst. Nichts hat je wirklich geschmerzt. Du bist nicht geübt im Ertragen von seelischen Schmerzen. Was geschieht, wenn du einer Belastung nicht mehr ausweichen kannst? Ein bestimmtes Gewicht ist für jemanden, der halb so stark ist wie du, doppelt so schwer. Genauso ist es mit seelischen Gewichten. Mangels Übung bist du nur halb so stark wie 'gewöhnliche' Leute. Seelische Gewichte sind also für dich doppelt so schwer zu ertragen. Wo andere noch die Zähne zusammenbeissen, denkst du schon ans Aufgeben. An den Tod. Die Geborgenheit des Geldes erweist sich als tödliche Falle. Möchtest du noch etwas versuchen, bevor du Hand an dich legst? Könntest du also deine milde Verachtung für 'gewöhnliche' Leute zur Seite legen? Im Bewusstsein, dass diese Leute ihr Leben meistern, obwohl sie keinen Schutzwall aus Geld haben. Kannst du sie ein bisschen bewundern? Im Bewusstsein, dass diese Leute ihre Träume nie werden kaufen können. Kannst du sie tapfer finden? Und wenn du von diesem Ausflug in die 'Niederungen' des 'gewöhnlichen' Lebens zurückkehrst in dein Schloss. Könntest du dich nicht einfach ein wenig schämen und weiterleben?
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Testmodul 19: Der Pfad des Leidens

Aufstehen. Den Pfad des Leidens abschreiten. Schlafen. Aufstehen. Den Pfad des Leidens abschreiten. Schlafen. Halt! Deine Tagesabläufe wurden gefilmt. Nun sitzt du im Kino und musst dir diesen Film ansehen. Ein Tagesablauf nach dem andern. Du willst gehen. Aber du bist an den Stuhl gefesselt. Erst wenn du begriffen hast, werden sich die Fesseln lösen. Je mehr du zuschaust, desto mehr beginnt die Hauptfigur des Films ein Eigenleben zu führen. Mit wachsendem Befremden stellst du fest, dass diese Person jeden Tag dasselbe macht, obwohl sie darunter leidet. Unerträglich, wie sie sich plagt. Warum tut sie nicht mal was anderes? Als würden massive Leitplanken sie daran hindern, von ihrem Pfad abzuweichen. Aber da sind keine Leitplanken! Sie könnte jederzeit nach links gehen oder nach rechts. Mit dieser Person sprechen oder mit jener nicht. Warum bloss weicht sie dem Leiden nicht aus? Die Leitplanken sind im Kopf. Die eine heisst Geborgenheit der Gewohnheit. Die andere Angst vor dem Neuen. Mit jedem wiederholten Tagesablauf verstärken sich diese Gefühle. Du siehst es kommen. Die Hauptfigur versinkt immer tiefer in Aussichtslosigkeit. Bis es ihr eines Tages als Akt der reinen Vernunft erscheint, dieses Leiden durch den Tod zu enden. Nun da du begriffen hast, bekommst du Papier und Bleistift. Auf dem Papier steht 'Neues Drehbuch' als Titel. Der Rest des Blattes ist leer. Möchtest du für deine Hauptfigur nicht eine neue Szene schreiben? Eine kleine Abweichung nur vom Pfad des Leidens. Eine, die sie bewältigen kann. Nichts Grossartiges. Aber der Anfang zu einem neuen Leben?
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Testmodul 20: Das unglückliche Molekül

Es war einmal ein unglückliches Molekül. Das war auf der Suche nach Licht, denn es sehnte sich sehr danach. Die Tentakel des Moleküls bestanden jedoch alle aus schwarzen Atomen. Ganz von selbst klammerten sich diese schwarzen Tentakel an dunkle Stellen. So oft das Molekül sich auch losriss, es landete immer und immer wieder an einem dunklen Ort. Bis es schliesslich aufhörte, an das Licht zu glauben. Und in der Finsternis versank. Woher kommen diese 'schwarzen Tentakel', die dich immer wieder in dieselbe belastende Lebenssituation hineinziehen? Sie bestehen aus Erlebnissen, die sich in deinem Gedächtnis eingegraben haben. Wenn du von einem kühlen Elternteil nicht geliebt worden bist. Dann suchst du dir ein Leben lang kühle Leute aus, um doch noch ihre Liebe zu erringen. Was natürlich schief geht. Da du dir genau die Leute aussuchst, bei denen es schief gehen muss. Wenn du misshandelt worden bist, suchst du dir jemanden, der dich misshandelt. Wenn du runtergemacht worden bist, suchst du dir einen Arbeitsplatz, an dem du runtergemacht wirst. Immer und immer wieder. Und hältst es für dein Schicksal. Bevor du aus diesem Teufelskreis in den Tod flüchtest. War da nicht wenigstens eine Person, die dich gern haben wollte? Und der du einen Korb gegeben hast? Was wäre geschehen, wenn du dich auf diese Person eingelassen hättest? Wenn dich deine schwarzen Tentakel in den Abgrund ziehen. Warum hackst du sie nicht einfach ab? Und tust dann etwas, was du vorher noch nie getan hast?
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Testmodul 21: Magnet der Bedrückung

Es kommt vor, dass das Bedrückende dich anzieht wie ein Magnet. Die Kompassnadel deiner Aufmerksamkeit richtet sich von selbst auf das Bedrückende. Weckt es auf im Gedächtnis. Und füllt damit dein Bewusstsein. Wenn du was anderes denken willst, wirst du mit sanfter Gewalt zurückgerissen. Bis die Welt nur noch aus diesem Bedrückenden zu bestehen scheint. Und du es zu glauben beginnst. Dass dies die Welt ist. Aus der es nur ein Entkommen gibt. Durch die Falltür des Todes. Aber jetzt, da du den Magneten der Bedrückung kennst. Seine Funktionsweise durchschaust. Kannst du ihn nicht austricksen? Indem du seine sanfte Gewalt missachtest. Ihn ins untere Stockwerk deines Bewusstseins drückst. Um deine Aufmerksamkeit etwas Erfreulichem zuzuwenden. So dass zwar irgendwo das Bedrückende noch da ist. Sich windet, zuckt und schmerzt. Aber gleichzeitig die zarten Lichtstrahlen des Erfreulichen in dein Bewusstsein dringen. Lichtstrahlen von einer anderen Welt. In der es Dinge gibt. Für die zu kämpfen. Für die zu leben es sich lohnt.
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Testmodul 22: Die Tage der Düsternis

Nur das Besondere erscheint als Genuss. Während das Gewohnte im Sumpf des Selbstverständlichen versinkt. Das ist die Mechanik des Geniessens. Die Tage der Düsternis legen sich auf dein Leben wie ein Tuch. Welches dich ins Grab drücken will. Mach einen Schlitz in dieses Tuch und steck den Kopf hindurch. Wenn du jetzt aufstehst, trägst du einen Umhang aus Düsternis. Der Umhang ist schwer zu tragen. Tägliche Übung gibt dir die nötige Kraft. Es gelingt dir, die Düsternis zu bekämpfen. Der Umhang wird leichter und leichter. Bis du ihn mit einer achtlosen Geste wegschleudern könntest. Andere erzählen dir, wie sie es kaum erwarten können, bis ihre Weltreise beginnt. Staunend spürst du, wandelnd im Walde, die Freude über die Gesundheit deines Körpers. Andere erzählen dir wehmütig von ihrem sonnendurchfluteten Aufenthalt am Meeresstrand. Staunend spürst du die Wärme deines Herzens beim Anblick eines strahlenden Lächelns. Andere erzählen dir von diesem Superhotel mit dem Superessen, den Superweinen und den Superpreisen, das sie sich leider nur zwei mal im Jahr leisten können. Staunend spürst du, wie das Kitzeln einer Zärtlichkeit deine Seele streichelt. Die Tage, die du in Düsternis verbracht hast. Lassen dich nun Dinge geniessen. Die andere gar nicht mehr wahrnehmen. Möchtest du den Umhang, diese Erinnerung an die Tage der Düsternis, nicht behalten als ein Geschenk des Schicksals?
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Testmodul 23: Der Hektik-Chemo-Mix

In einem Augenblick der Ruhe und des Nichtstuns. Siehst du in deinem Innern eine merkwürdige Gestalt. Sie ist langweilig. Aber auch beängstigend. Lieber nichts mit ihr zu tun haben. Die rettende Musik ist nur einen Knopfdruck entfernt. Die Gestalt flüchtet. Nach einer Zeit. Als habe sie sich an die Musik gewöhnt. Taucht sie wieder auf. Wie ein schwebendes Gespenst. Nun sind härtere Mittel gefragt. Du erhebst deinen Körper und stürzt ihn ins Getümmel. Lichter, Lärm, Gesprächsfetzen, Bewegung. Vergnügen? Arbeit? Egal. Hauptsache Hektik. Doch gibt es Sekunden, wo die Hektik dich im Stich lässt. Dann steht das verdammte Gespenst da und winkt dir zu. Was will es bloss? Dich verhöhnen? Egal. Nun sind härtere Mittel gefragt. Du füllst deinen Körper mit Chemikalien. Mit diesem Hektik-Chemo-Mix machst du dem Gespenst den Garaus. Jedenfalls lässt es sich nicht mehr blicken. Hahaha! Wie lange hältst du durch? Irgendwann haut's dich ins Bett. Nach einer Zeit erwachst du. Noch bevor deine zitternde Hand den rettenden Musikknopf erreicht, ist es wieder da. Dieses verfluchte Gespenst. Diese merkwürdige Gestalt. Du kannst ihr nicht entfliehen. Du weisst es. Weil du selbst es bist in deiner Zerbrechlichkeit. Möchtest du nicht. In einem Augenblick der Ruhe und des Nichtstuns. Möchtest du nicht anfangen, mit dir Freundschaft zu schliessen? Bevor du dich mit dem Hektik-Chemo-Mix umgebracht hast?
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Testmodul 24: Die Hoffnungsraffel

Der Partner des seelischen Leidens ist der Hunger. Der Hunger nach Zuneigung. Wer mit diesem Hunger spazieren geht, trifft auf Leute. Die ihm vielleicht etwas Aufmerksamkeit schenken. Hungrig wird diese Aufmerksamkeit reingezogen und erwidert. Es entsteht eine Beziehung. Entsprechend deinem Hunger ist sie für dich 100 Prozent wichtig. Für die andere Person aber vielleicht nur 10 Prozent. Oder gar nicht. Der mathematische Ablauf dieser Beziehung ist klar: Während du 100 Prozent investierst, bekommst du nur 10 Prozent zurück. Oder gar nichts. Das Resultat: Du bist enttäuscht und es geht dir schlechter als vorher. Ein Stück Hoffnung auf Erlösung ist entschwunden. Weggeschnitten wie eine Gurkenscheibe auf der Gemüseraffel. Nach ein paar weiteren Versuchen mit Leuten ist deine Hoffnung durchgeraffelt. Und wo die Hoffnung fehlt, da wartet der Tod. Könntest du den Spiess nicht einfach umdrehen? Indem du statt 100 Prozent nichts erwartest. Null. Nichts erwarten heisst allerdings nicht nichts riskieren. Du gibst einer Person 10 Prozent. Kommt nichts zurück, gehst du zur nächsten. Kommt etwas zurück, kannst du 20 Prozent riskieren. Zieht die Person nicht nach, reduzierst du wieder auf 10. Schaffst du's mit dieser Methode auf 100 Prozent. Hast du die wahre Freundschaft gefunden. Die wenigsten Leute können dir 100 Prozent geben. Auch beim besten Willen nicht. Das würde ihr Leben zu sehr aus der Bahn werfen. Warum sie also überfordern? Warum nicht nehmen, was du kriegen kannst? Möchtest du nicht überleben, um die wahre Freundschaft zu finden?
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Testmodul 25: Der tödliche Ernst

Wenn die Seele schmerzt, ist das Lachen fern. Ernst ist angesagt. Die schrecklichen Nachrichten von der grausamen Welt. Das triumphierende Gelächter der Siegreichen. Die Statussymbole der Starken, Mächtigen und Schönen. Der irre Blick der Fanatischen. Die vorwurfsvolle Miene der Selbstgerechten. Die harten Worte der Menschenwesen. All das formt sich zu einem Schraubstock aus kaltem Stahl. Der dein Herz zusammendrückt und dir die Tränen aus den Augen presst. Es gibt kein Entrinnen. So dass der Schoss des Todes. Als warme Zuflucht erscheint. Wäre da nicht die Kicherfee. Sie sitzt auf deiner Schulter. Auf ihren zarten Flügeln wächst ein glitzernder Staub. Es ist der Hauch des Absurden. Wenn sie mit ihren Flügeln schlägt. Wirbelt der Hauch des Absurden davon. Als glitzernde Wolke hüllt er den Ernst des Lebens ein. Die Starken, Mächtigen und Schönen sehen plötzlich aus wie hohle Schaufensterpuppen. Aus triumphierendem Gelächter wird das Kreischen von Affen. Aus irren Fanatischen werden ungezogene Kinder. Vorwurfsvolle Selbstgerechte verwandeln sich in vertrocknete Vogelscheuchen. Harte Worte in Mundwinkel mit Essensresten. Ein feines, perlendes Kichern lässt dich zu deiner Schulter blicken. Das süsse, strahlende Gesichtchen der Kicherfee. Ihr kaum hörbares Stimmchen. Dieses glasreine Kichern! Ein Lächeln stiehlt sich auf deine Lippen. Dieses winzige Ding hat die Kraft, die Welt in ein absurdes Theater zu verwandeln. Sie schlägt mit den Flügeln. Der glitzernde Hauch des Absurden hüllt den Schraubstock ein. Der kalte Stahl zerbröselt zu Staub. Dein Herz ist frei. Frei von tödlichem Ernst. Glaubst du nicht. Dass du mit der Kicherfee als Freundin. Deinen Weg finden wirst zwischen all diesen Witzfiguren?
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Testmodul 26: Das schwarze Loch

Während du gehst. Zwischen Häusern und Bäumen. Geschieht etwas Merkwürdiges. Die Dinge verlieren an Farbe. Als habe jemand Säure auf die Farbpigmente gesprüht. Lösen sich diese auf. Bis alles grau ist. Am hellen Tag. Mit klopfendem Herzen gehst du tapfer weiter. Da beginnt auch das Licht zu schwinden. Als habe eine mächtige Hand die Mittagssonne unter den Horizont gezwungen. Wird es dunkel. Bis du nichts mehr sehen kannst. Und gegen eine Wand stösst. Tastend bewegst du dich der Wand entlang. Und gehst im Kreis. Es gibt keinen Ausgang. Du bist angekommen. Im schwarzen Loch der Depression. Willst du es hier enden lassen? Einfach so? Ohne die stärkste Kraft des Universums je eingesetzt zu haben? Die Kraft der Poesie. Weltreiche flackern auf und versinken im Staub. Während die Poesie über Jahrtausende hinweg den Geist beflügelt. Poesie besteht nicht nur aus süssen Gedichtchen über tanzende Schmetterlinge. Alle Bilder in deinem Kopf sind Poesie. Denk an dein Lieblingsessen. Ein Bild nur. Ein winziges Poem des Genusses. Oder möchtest du jemanden umbringen vor Wut. Das Bild seiner Ermordung. Ein kleines Poem des Hasses. Poesie ist wertfrei. Sie dient jedem Zweck. Dem erfreulichen wie dem unerfreulichen. Sie kann eine Galaxie erschaffen oder sie vernichten. Sie ist die stärkste Kraft des Universums. Du willst gar keine Galaxie vernichten? Du willst nur raus aus dem schwarzen Loch? Dann hör auf, die schwarzen Wände anzustarren. Benutze sie als Leinwand. Benutze deinen Kopf als Poesie-Projektor. Befreie die Wunschbilder deines Lebens aus den Verliesen in deinem Hirn. In die du sie blöderweise gesperrt hast. Und projiziere sie möglichst gross und deutlich auf die Wand des schwarzen Lochs. Wie möchtest du leben? Was möchtest du sein? Keine abstrakten Begriffe. Poesie besteht aus Bildern von Lebenssituationen. Und kleinen Filmen über Erlebnisse. Poesie ist dein zukünftiges Leben. Spürst du die Kraft? Noch fühlst du dich zu schwach? Noch fehlt dir der Mut? Dann nimm dir Geschichten von tapferen Leuten, die es durch alle Schwierigkeiten hindurch geschafft haben. Lass dich beflügeln von dieser Vorbild-Poesie. Wunsch- und Vorbilder vermischen sich zu deinem ganz persönlichen Poem. Genug um etwas Licht in die Schwärze zu bringen. Spürst du jetzt die Kraft? Findet dein zaghaftes Herz. In der Geborgenheit der Poesie. Den neuen Mut?
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Testmodul 27: Die unheimlichen Gefühle

Gefühle sind wie Gespenster. Sie kommen aus dem Dunkeln. Spuken herum. Lösen sich auf. Um anderen Platz zu machen. Manchmal sind sie so deutlich zu spüren, als wären sie aus festem Material. Und manchmal werden wir sie nicht mehr los. Wenn sie wie ein schwerer, schwarzer Sumpf in uns liegen. Auf dem die Unwichtigkeiten des Alltags irrlichtern. Wie Gespenster. Die kommen und gehen. Der Sumpf zieht uns hinab. In ein fortwährendes Ersticken. Welches die Dämonen der Angst entfesselt. Die uns wie riesige Trolle umzingeln. Und wir zittern und schlottern. Ihre finsteren Blicke fliessen auf uns herab. Wie schwarzes Wachs. Das brennt und brennt. Während wir um unser Leben schwimmen in dem schwarzen Wachsmeer. Auf einen Horizont zu. Den es nicht gibt. Möchtest du das weiterfühlen bis zum bitteren Ende? Möchtest du nicht lieber diese verstörende Allmacht der Gefühle brechen? Indem du den unheimlichen Vorgang des Fühlens durchschaust? Dann stell dir vor, Gefühle wären wie Magnetfelder. Ebenso wie ein Magnet ein Magnetfeld erzeugt, lassen gewisse Eiweissmoleküle Gefühlsfelder entstehen. Damit ist nicht der messbare elektrische Strom gemeint, der durch die Nervenbahnen fliesst. Die Eiweissmoleküle im Gehirn erzeugen Felder aus Gefühlsenergie. Diese Gefühlsenergie hat zwar noch niemand entdeckt und sie ist deshalb reine Spekulation. Aber weil diese Spekulation so praktisch ist, soll uns das nicht weiter stören. Indem du dir nämlich dein Gehirn als eine Ansammlung von 'Gefühlsmagneten' vorstellst und deine Stimmungen als eine Art Wolke aus Gefühlsfeldern, verlieren die Gefühle ihre unheimliche Gespensterhaftigkeit. Mit Hilfe dieses Bildes kannst du sozusagen aus dir hinaustreten und zuschauen, wie 'es fühlt' in deinem Gehirn. Die Gefühle als Feuerwerk, veranstaltet von Molekülen. Findest du diese nüchterne Sichtweise trostlos? Die Theorie von den Gefühlsfeldern sagt nichts aus über die Existenz eines Gottwesens oder ein Leben nach dem Tod. Sie zeigt bloss, dass Gefühle keine Gespenster sind, vor denen wir uns fürchten müssen.
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Testmodul 28: Der 95-prozentige Schwachsinn

Es gibt bestimmt eine Milliarde Menschen, die wissen, wie Reis anzubauen ist. Wenn wir ohne Anleitung ein Reisfeld von der Aussaat bis zur Ernte bearbeiten müssten, würden wir scheitern. Sind wir also blöd? Ja. Halt, das ist unfair, rufst du, ich kann das doch lernen und dann... Und dann? Wie steht's mit dem Anbau von Baumwolle? Wie viele Gegenstände aus einem Supermarkt kannst du von Grund auf herstellen? Kannst du eine geborstene Wasserleitung in der Strasse flicken? Eine kaputte Telefonzentrale? Eine vom Sturm zerrissene Überlandleitung? Kannst du einen Blinddarm operieren, einen Prozess gewinnen, eine Bombe entschärfen, ein Haus bauen? Ja, triumphierst du, ich habe nämlich Architektur studiert. Irrtum. Du kannst das Haus nicht bauen, bloss zeichnen. Du kennst nämlich nicht mal die chemische Zusammensetzung der Isolierglasfenster. Was weisst du von der Wissenschaft, der Kunst, der Musik? Kannst du eine Hindu-Hochzeit durchführen? Das Leben ist zu kurz, um alles zu lernen. Und auch wenn wir tausend Jahre lang lernten, wäre das meiste Wissen nach dieser Zeit schon wieder veraltet und somit nutzlos. Es bleibt uns also nichts anderes übrig, als auf 95 Prozent aller Gebiete schwachsinnig zu sein. Und diese Zahl ist erst noch beschönigend und rein bildhaft. Denn wir begreifen wohl kaum 5 Prozent von allem, was es zu begreifen gibt. Warum aber dieses harte Wort 'Schwachsinn'? Es soll uns vom hohen Pferd der Intelligenz runterholen. Zu Bescheidenheit ermuntern. Und dieses Gefühl der Hilflosigkeit ausdrücken, das uns vor so mancher Aufgabe beschleicht. Dieses Gefühl der Ohnmacht. Welche sich zu lähmender Schwermut ausbreiten kann. Dieses Gefühl von Minderwertigkeit. Welches sich im Tod zu enden sucht. Nun aber da du siehst, dass der 95-prozentige Schwachsinn 'technisch bedingt' ist. Durch die Funktionsweise unseres Gehirns. Willst du dich nicht entspannen? Dich versöhnen mit der naturgegebenen Blödheit? Und deine Energie darauf konzentrieren, die dir zustehenden 5 Prozent Intelligenz zu entwickeln? Und möchtest du nicht aufhören, dich mit Leuten zu vergleichen, deren 5 Prozent auf einem anderen Gebiet liegen als deine? Es gibt Leute, die es geniessen, dir zu zeigen, dass sie auf ihrem 5-Prozent-Inselchen besser sind als du. Wenn du dich auf diesen Vergleich einlässt, hast du schon verloren und fühlst dich gedemütigt und minderwertig. Aber wenn du zuerst dein eigenes 5-Prozent-Inselchen ausbaust. Hast du dann nicht eine Burg, in der dich so schnell nichts erschüttern kann? Und wenn du dann auf anderen Gebieten kläglich versagst. Kannst du dann nicht herzhaft lachen über deine Blödheit?
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Testmodul 29: Das Flackern im Nichts

Eine Seele mit kaum Kraft. Flackert verletzlich. Wie eine Kerze im Dunkeln. Jeder Hauch kann sie löschen. Und eines Tages erlischt sie wirklich. Das Leben ist vorbei. Ein Aufflackern im Nichts. Wozu? Was soll der faule Zauber? Warum das Zittern ertragen? Das Leid? Warum nicht die Abkürzung wählen? Das sinnlose Flackern beenden mit forscher Hand? Es werde Nichts. Damit nichts sei, was schmerzt. Shakespeares Prinz Hamlet meint, dass es die Furcht vor dem Jenseits sei, die uns zögern lässt, diesen letzten Schritt zu tun. Ziemlich deprimierend, wenn nur die Angst vor dem Tod uns am Leben hält. Was sonst könnte ein Grund sein, dieses sinnlose Flackern im Nichts zu ertragen? Vielleicht sollten wir nicht zu weit suchen. Der Sinn des Lebens lässt sich nämlich in einem Wort ausdrücken: Freude. Auf deiner Seelenbank gibt es ein Freudenkonto. Jede auch noch so kleine Freude, die du empfindest, gilt als Einzahlung. Das Freudenguthaben steigt also mit jeder kleinen Freude. Keine Macht des Universums kann dein Freudenguthaben gefährden. Weil jede Freude, die du erlebt hast, eine physikalische Tatsache ist, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Aber führt nicht das Leiden zu einem Schrumpfen des Freudenguthabens? Nein, denn die Schmerzen gehen auf das Leidenskonto und werden nicht vom Freudenguthaben abgezogen. Vergiss das Leidenskonto. Konzentriere dich auf die Freude. Auf die Herstellung von Freude. Du staunst? Hast du nicht gewusst, dass Freude herstellen ein Handwerk ist? Möchtest du nicht noch heute mit diesem Handwerk beginnen? Natürlich musst du üben. Mit kleinen Freuden fängst du an. Indem du dir ein Eis gönnst? Um dich dann zu steigern. Bis dir ein Meisterwerk des Freudenhandwerks gelingt: das Lächeln der Freundschaft. Wenn Freude der Sinn ist. Könntest du ob so viel Sinnhaftigkeit nicht Geschmack am Leben finden?
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Testmodul 30: Das nutzlose Leben

Als du noch in vollem Galopp, die Lanze im Anschlag, für jemanden gekämpft hast. War dein Herz erfüllt von Eifer. Doch als dieser Jemand starb. Standest du plötzlich da. Als sei der Saft aus dir geronnen. Deine Lanze dreht sich im Kreis. Um und um. Sie findet kein Ziel. Dein Herz ist leer. Es kann die Lanze nicht mehr lenken. Du gibst auf. Lässt deinem Pferd die Zügel. Langsam schreitet es auf dürrem Gras. Die Lanze nachschleifend, hängst du wie ein schlapper Weinschlauch im Sattel. Die Trockenheit des Bodens breitet sich aus in deiner Brust. Bald spürst du nichts mehr. Kommst dir vor wie ein dürres Blatt. Welches nutzlos im Wind treibt. Dein Leben ist nutzlos. Und je schneller dein Leib, gleich dem Blatt, zu Erde wird, desto besser. Dein Pferd bleibt stehen. Müde hebst du den Kopf. Auf einer Steintafel am Wegesrand sind Worte eingemeisselt: "Mehr Freude. Weniger Schmerz." Wie dein Pferd dich weiterträgt, klingen die Worte in dir nach. Schwerelos durchmessen sie deine innere Leere. Prallen von den Wänden ab. Sperrig. Fremd. Auf der nächsten Steintafel steht: "Vermehre nicht deine Freude auf Kosten anderer. Vermehre die Freude im Universum. Und bekämpfe den Schmerz." Die Vorstellung eines heldischen Kampfes für Freude und gegen Schmerz erinnert dich an geschlagene Schlachten. Die Engelswesen der Freude beschützen. Die Monster des Schmerzes durchbohren. Ein Damm bricht. Blut flutet deine trockene Brust. Suchend schweift dein wilder Blick. Wo versteckst du dich auf dieser Welt, schwarzer Feind Schmerz?! In vollem Galopp, die Lanze im Anschlag, reitest du ihm entgegen. Dein Herz. Es lacht. Alle Nutzlosigkeit hat ein Ende. Denn nun kämpfst du für das fürstliche Banner der Freude.



http://viviane.ch/bevor_du_dich_umbringst.htm
Luna I.
 

Beitragvon flügellos » Mi. 12.01.2005, 15:27

einer besten texte die ich je gelesen habe!!!!
wow.......
ausgedruckt......und ich find ja textmodul 9 echt klasse....!!!
flügellos
 

Beitragvon Luna I. » Mi. 12.01.2005, 15:28

flügellos hat geschrieben:einer besten texte die ich je gelesen habe!!!!


Ich find's auch unheimlich klasse.... Freut mich, dass es bei dir genauso ist.
Luna I.
 

Beitragvon Site Admin » Fr. 14.01.2005, 01:43

Ich finde diesen Text auch sehr gut...

Besonders die "Module" 6, 11, 13 und 19 haben mich angesprochen...

Weiter bin ich nicht gekommen, bin irgendwie abgedriftet und konnte mich nicht mehr konzentrieren :?
Site Admin
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Beitragvon Lingenia » Fr. 09.02.2007, 03:27

wirklich ein sehr guter Text.

Leider existiert der Link nicht mehr.

Ich hab ihn mal oben angepinnt.

Liebe Grüße
Lingenia
Lingenia
 

Beitragvon Glühwürmchen » So. 11.02.2007, 21:49

Lin, das war eine gute Idee :D
Glühwürmchen
 

Beitragvon Crystalix » Fr. 21.12.2007, 00:23

also ich hab nur den ersten text gelesen und find ihn richtig gut! habe mich selbst wieder erkannt, hab mich erinnert an meine zeit mit selbstmordgedanken. der text hätte mir damals sicher sehr gut getan...
Crystalix
 

Beitragvon Schneewolf » Sa. 22.11.2008, 19:53

(vorausschicken möchte ich, dass ich es auch schon 2 mal erfolglos versucht habe und immer noch, bzw wieder lebe)

ich hab mal ein interessantes Plakat gesehen:

gibt es ein Leben vor dem Tod ?

( ich kenne viele Menschen, die sind bereits tot, obwohl sie noch nicht gestorben sind, die laufen als lebende Leichen rum )


PS Luna, deine Texte sind super
Schneewolf
 

Entschuldigung...Tod überhaupt

Beitragvon Steffen » Mi. 26.11.2008, 21:36

ich hab s nur überflogen. Vor 7 Jahren wollte ich sterben und habe mich davor super gefühlt und war auf der Fensterbank im 8 Stock gesessen. Warum ich es nicht gemacht habe? Der Grund sind und waren meine Neffen und Nichten. Heute habe ich Angst vor dem Sterben, weil irgendwann jede Zeit zu Ende getickt wird von jedem Menschen. Mein Bruder sagte "Konzentriere Dich bitte auf das Leben, der Tod kommt von selber" Andererseits hat der Tod etwas gerechtes. Gruss Steffen PS: Meine Oma hat ein Lachen im Gesicht gehabt, nachdem sie gestroben ist.
Steffen
 

Übrigens ein Tranquillizer Tod ist nicht erstrebenswert...

Beitragvon Steffen » Mi. 26.11.2008, 21:38

der ist lange und qualvoll! Gruss Steffen PS: Auf das Leben konzentrieren sollte unsere Aufgabe sein!
Steffen
 

Beitragvon Luna I. » Mi. 26.11.2008, 22:06

Hoffentlich kommt was Schönes nach dem Tod
Luna I.
 

Re: Bevor du dich umbringst...ein poetischer Versuch

Beitragvon staperman » Mi. 13.02.2013, 12:02

einer besten texte die ich je gelesen habe! :shock:
staperman
 

Re: Bevor du dich umbringst...ein poetischer Versuch

Beitragvon WhiteFur » Do. 29.06.2017, 11:14

Tut mir Leid, aber die 18 finde ich gar nicht toll.
Selbst wenn da was wahres dran ist, würde ich niemals zu jemandem der selbstmordgefährdet ist sagen, er soll sich auch noch schämen.

Ich glaube, das kann man besser lösen.
,,Kites rise highest against the wind-not with it."
Winston Churchill
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,,Was tun?"
Das Huhn
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Re: Bevor du dich umbringst...ein poetischer Versuch

Beitragvon WhiteFur » Do. 29.06.2017, 11:21

Der Abschnitt wirkt geradezu verächtlich und das zeugt nicht von Größe.
,,Kites rise highest against the wind-not with it."
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Das Huhn
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