Zum Nachdenken

Eure Gedichte, Geschichten, Erzählungen und andere niedergeschriebene Texte finden hier ihren Platz.
Wichtig: Falls die Texte nicht von Euch selber sind, schreibt das bitte dazu und achtet auch darauf, dass Ihr keine Urheberrechte verletzt.

Als Sie lachte

Beitragvon Exitus » Mo. 13.09.2004, 17:38

Als Sie lachte

Als sie lachte, sagte man ihr, "sei nicht kindisch".
Also machte sie fortan ein ernstes Gesicht.
Das Kind in ihr blieb, aber sie durfte nicht lachen.

Als sie liebte, sagte man ihr, "sei nicht so romantisch".
Also lernte sie, sich realistisch zu zeigen
und verdrängte so manche Liebe.

Als sie reden wollte, sagte man ihr, "darüber spricht man nicht".
Also lernte sie zu schweigen.
Die Fragen in ihr blieben, aber sie blieben ohne Antwort.

Als sie weinte, sagte man ihr, "Du bist einfach zu weich".
Also lernte sie, die Tränen zu unterdrücken.
Sie weinte zwar nicht mehr, aber hart wurde sie auch nicht.

Als sie zu trinken begann, sagte man ihr, "das löst auch keine Probleme".
Sie solle eine Entziehungskur machen.
Es war ihr egal, weil ihr schon so viel entzogen wurde.

Als sie wieder draußen war, sagte man ihr, "jetzt kannst Du von vorn anfangen".
Also tat sie, als beginne sie ein neues Leben.
Aber leben konnte sie nicht mehr. Sie hatte es verlernt.

Als sie sich ein Jahr später zu Tode gefixt hatte, sagte man nichts mehr.
Und jeder für sich versuchte leise, das Unbehagen mit den Blumen ins Grab zu werfen.
Exitus
 

Tagebuch eines ungeborenen Kindes

Beitragvon Exitus » Mo. 13.09.2004, 17:53

Tagebuch eines ungeborenen Kindes


3. Oktober

Heute begann mein Leben. Meine Eltern wissen es noch nicht,

aber ich bin schon da. Ich werde ein Mädchen sein –

mit blondem Haar und blauen Augen. Alle meine Anlagen

sind schon fertig, auch dass ich eine Schwäche für Blumen

haben werde.

19. Oktober

Manche sagen, ich sei noch keine richtige Person,

sondern nur meine Mutter existiere. Aber ich bin

eine richtige Person, genauso wie eine kleine Brotkrume

eben Brot ist. Meine Mutter existiert. Ich auch!

23. Oktober

Jetzt öffnet sich schon mein Mund; Denke nur,

in ungefähr einem Jahr werde ich lachen und später sprechen.

Ich weiß, was mein erstes Wort sein wird: „Mama.“

25. Oktober

Mein Herz hat heute zu schlagen begonnen. Von jetzt an,

wird es für den Rest meines Lebens schlagen, ohne

jemals innezuhalten, etwa um auszuruhen. Und nach

vielen Jahren wird es einmal ermüden. Es wird stillstehen

und dann werde ich sterben.

2. November

Jeden Tag wachse ich etwas. Meine Arme und Beine nehmen Gestalt an.

Aber es wird noch lange dauern, bis ich mich auf diese

kleinen Beine stellen und in die Arme meiner Mutter

laufen kann und bis ich mit diesen Armen Blumen

pflücken und meinen Vater umarmen kann.

12. November

An meinen Händen bilden sich winzige Finger.

Wie klein sie sind! Ich werde damit meiner

Mutter übers Haar streichen können.

20. November

Erst heute hat der Arzt meiner Mutter gesagt,

dass ich hier unter ihrem Herzen lebe. Oh, wie glücklich

sie doch sein muss! Bist du glücklich Mama

25. November

Mama und Papa denken sich jetzt wahrscheinlich einen Namen

für mich aus. Aber sie wissen ja gar nicht, dass ich

ein kleines Mädchen bin. Ich möchte gern Susi heißen.

Ach, bin ich schon groß geworden!

10. Dezember

Mein Haar fängt an zu wachsen. Es ist weich und glänzt

so schön. Was für Haar die Mama wohl hat?

13. Dezember

Ich kann schon bald sehen. Es ist dunkel um mich herum.

Wenn Mama mich zur Welt bringt, werde ich lauter

Sonnenschein und Blumen sehen. Aber am liebsten möchte

ich meine Mama sehen. Wie siehst du aus Mama?

24. Dezember

Ob Mama wohl die Flüstertöne meines Herzens hört?

Manche Kinder kommen etwas kränklich zur Welt. Aber

mein Herz ist stark und gesund. Es schlägt so gleichmässig:

bum – bum, bum – bum. Mama du wirst eine gesunde Tochter haben!

28. Dezember

Heute hat mich meine Mutter umgebracht!
Exitus
 

Arme Leute

Beitragvon Exitus » Mo. 13.09.2004, 17:55

Arme Leute

Eines Tages nahm ein Mann seinen Sohn mit aufs Land, um ihm zu zeigen, wie arme Leute leben.
Vater und Sohn verbrachten einen Tag und eine Nacht auf einer Farm einer sehr armen Familie.

Als sie wieder zurückkehrten, fragte der Vater seinen Sohn: "Wie war dieser Ausflug?"
"Sehr interessant!" antwortete der Sohn.
"Und hast du gesehen, wie arm Menschen sein können?"
"Oh ja, Vater, das habe ich gesehen."
"Was hast du also gelernt?" fragte der Vater.

Und der Sohn antwortete:
"Ich habe gesehen, dass wir einen Hund haben und die Leute auf der Farm haben vier.
Wir haben einen Swimmingpool, der bis zur Mitte unseres Gartens reicht, und sie haben einen See, der gar nicht mehr aufhört.
Wir haben prächtige Lampen in unserem Garten und sie haben die Sterne.
Unsere Terrasse reicht bis zum Vorgarten und sie haben den ganzen Horizont."

Der Vater war sprachlos.

Und der Sohn fügte noch hinzu: "Danke Vater, dass du mir gezeigt hast, wie arm wir sind."
Exitus
 

Die Traurigkeit

Beitragvon Exitus » Mo. 13.09.2004, 19:03

Die Traurigkeit

Es war eine kleine Frau, die den staubigen Feldweg entlang kam. Sie war wohl schon recht alt, doch ihr Gang war leicht, und ihr Lächeln hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens. Bei einer
zusammengekauerten Gestalt blieb sie stehen und sah hinunter. Sie konnte nicht viel erkennen.


Das Wesen, das da im Staub des Weges saß, schien fast körperlos. Es erinnerte an eine graue Flanelldecke mit menschlichen Konturen. Die kleine Frau bückte sich ein wenig und fragte: "Wer bist du?" Zwei fast leblose Augen blickten müde auf. "Ich? Ich bin die Traurigkeit", flüsterte die Stimme stockend und so leise, dass sie kaum zu hören war. "Ach die Traurigkeit!" rief die kleine Frau erfreut aus, als würde sie eine alte Bekannte begrüßen. "Du kennst mich?" fragte die Traurigkeit misstrauisch.


"Natürlich kenne ich dich! Immer wieder einmal hast du mich ein Stück des Weges begleitet." "Ja aber...", argwöhnte die Traurigkeit, "warum flüchtest du dann nicht vor mir? Hast du denn keine Angst?"

"Warum sollte ich vor dir davonlaufen, meine Liebe? Du weißt doch selbst nur zu gut, dass du jeden Flüchtigen einholst. Aber, was ich dich fragen will: Warum siehst du so mutlos aus?"

"Ich.....ich bin traurig", antwortete die graue Gestalt mit brüchiger Stimme. Die kleine, alte Frau setzte sich zu ihr. "Traurig bist du also", sagte sie und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. "Erzähl mir doch, was dich so bedrückt." Die Traurigkeit seufzte tief.

Sollte ihr diesmal wirklich jemand zuhören wollen? Wie oft hatte sie sich das schon gewünscht.


"Ach, weißt du", begann sie zögernd und äußerst verwundert, "es ist so, dass mich einfach niemand mag. Es ist nun mal meine Bestimmung, unter die Menschen zu gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen. Aber wenn ich zu ihnen komme, schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und meiden mich wie die Pest." Dir Traurigkeit schluckte schwer.

"Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich bannen wollen. Sie sagen: Papperlapap, dass Leben ist heiter. Und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot. Sie sagen: Gelobt sei, was hart macht. Und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie sagen: Man muss sich nur zusammenreißen. Und sie spüren das Reißen in den Schultern und im Rücken. Sie sagen: Nur Schwächlinge weinen. Und die aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe.

Oder aber sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen."


"Oh ja", bestätigte die alte Frau, "solche Menschen sind mir schon oft begegnet." Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen. "Und dabei will ich den Menschen doch nur helfen. Wenn ich ganz nah bei ihnen bin, können sie sich selbst begegnen. Ich helfe ihnen, ein Nest zu bauen, um ihre Wunden zu pflegen. Wer traurig ist hat eine besonders dünne Haut.


Manches Leid bricht wieder auf wie eine schlecht verheilte Wunde, und das tut sehr weh. Aber nur, wer die Trauer zulässt und all die ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden wirklich heilen. Doch die Menschen wollen gar nicht, dass ich ihnen dabei helfe. Statt dessen schminken sie sich ein grelles Lachen über ihre Narben. Oder sie legen sich einen dicken Panzer aus Bitterkeit zu." Die Traurigkeit schwieg.

Ihr Weinen war erst schwach, dann stärker und schließlich ganz verzweifelt Die kleine, alte Frau nahm die zusammengesunkene Gestalt tröstend in ihre Arme. Wie weich und sanft sie sich anfühlt, dachte sie und streichelte zärtlich das zitternde Bündel.


"Weine nur, Traurigkeit", flüsterte sie liebevoll, "ruh dich aus, damit du wieder Kraft sammeln kannst. Du sollst von nun an nicht mehr alleine wandern. Ich werde dich begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr an Macht gewinnt." Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf und betrachtete erstaunt ihre neue Gefährtin: "Aber... aber - wer bist eigentlich du?" "Ich?" sagte die kleine, alte Frau schmunzelnd, und dann lächelte sie wieder so unbekümmert wie ein kleines Mädchen. "Ich, ich bin die Hoffnung."
Exitus
 

Beitragvon Kassandra » Mi. 15.09.2004, 21:39

Muss man nicht lesen nur wieder irgendein Scheiß von mir.

Vor langer Zeit hatten die Menschen noch Gefühle, doch nach kurzer Zeit unter scheiden sich die Menschen einmal in „Gefühlskalte“ und einmal in „Gefühlsbetonte“. Die Gefühlsbetonte hatten es gut sie bekommen voralldingen Liebe, aberauch ein paar bekamen immer mehr seelische Schmerzen.
Dann gab es Menschen mit Schmerzen, diese Menschen traten zu den Gefühlskalten rüber, weil sie dachten es würde ihnen besser gehen, doch so war es nicht, es sah nur so von Außen aus, doch die Gefühlskalten die neu dazu kammen, konnten ihre Schmerzen nicht vergessen. Sie suchten sich „Hilfe“ doch es war nicht die richtige „Hilfe“. Und so sanken diese Menschen noch mehr in ihr tiefes Loch.
Sie versuchten irgendwelche Dinge um die Schmerzen loszuwerden. Dadurch wurden sie süchtig. Darauf folgte das ihn alles egal wurde, sie waren der Meinung das sie nichts wert waren, immer mehr machten Selbstmordversuch und wurden als Psycho abgestempelt, nur weil ihre Entwicklung anders war, nur wegen Menschen die sie vorher seelische und körperliche Schmerzen zufügte.
Sie fragten sich warum sie nicht auch „normal“ sein können.
Einige davon schafften es „normal“ zu sein, sie führten wieder ein Lebenswertesleben, sie füllten sich wie im einem Traum, wollten das der Traum für immer Anhält. Doch wie immer war das Leben anders als der Wunsch und so stürzten einige die es schafften wieder „Normal“ zu sein ab.
Die noch „Normalen“ waren wechselten immer öfters auf die andere Menschenrasse zu den Gefühlskalten sie brauchten aber einige Zeit bis sie lernten ihre Gefühle zu vergessen so das sie kein mehr merkten.
Kassandra
 

Beitragvon Lingenia » So. 10.10.2004, 11:08

Ich hab mir die geschichten grad nochmal durchgelesen, bei manchen läuft es mir kalt den Rückewn runter, weil sie so schön sind, so voller Gefühl......einmal hatte ich sogar kurz Tränen in den Augen

Danke das du sie hier rein geschrieben hast :cuddle:
Lingenia
 

Beitragvon Lingenia » So. 31.10.2004, 02:14

Achtung kann triggern
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Der Gefallene Schutzengel

Ich möchte dir heute eine Geschichte erzählen. Setz dich ruhig zu mir. Dchau mir in dir Augen. Vielleicht wirst du so besser verstehen. Ich möchte dich nicht quälen heute Abend. Ich möchte dir nur erzählen. Ich erzähle dir heute eine Geschichte über die Wahrheit, über das Leben. Vielleicht sollte ich beginnen. Aber ich betone noch einmal: Ich erzähle dir diese Geschichte nicht um dir weh zu tun.
Ich kannte vor vielen Jahren einmal ein Mädchen. Ich habe sie heden Tag beobachtet. Sie kannte mich nicht. Jedenfalls nicht wirklich. Doch ich war immer da. Immer. Ob Tag oder Nacht. Ich war da und habe über sie gewacht. Doch sie nahm mich nie war. Sie fühlte sich immer alleine. Immer. Dieses Kind, welches ich kannte, lachte viel. Es lachte immer. Aussenstehende sagten, dies sei ein fröhliches und glückliches Kind. Doch nur ich wusste, dass es lacht um nicht vor lauter Trauer und Schmerzen zu weinen. Denn die Seele dieses Kindes, die dieses Lachen eigentlich ausmachen sollte, war tot. Leer. Verbraucht. Benutzt. Zerissen und zerstört. Dieses Kind war innerlich tot. Ich habe sie viele Jahre lang begleitet. Vielleicht zu viele.
Nein, schau nicht weg. Ich weine, ja. Aber vielleicht spiegeln sich ja in meinen Tränen die Bilder wieder, die ich bei dieser Geschichte sehe. Sehen muss.
Das Mädchen über das ich dir erzähle war sehr traurig. Es fühlte sich allein, gehasst und abstossend. Niemand mochte es. Niemand wollte mit ihr spielen. Niemand nahm es als menschliches Wesen wahr. Jedesmal kam es von der Schule oder vom Kindergarten nach Hause und weinte bitterlich. Denn es wurde wieder gschlagen und gehänselt und niemand war da. Nur ich ruhte über ihr und sendete ihr stumm meine Kraft, die ich besaß.
Eines Tages bekam dieses Kind Besuch. Es war an jenem Tag 12 Jahre alt. Naiv. Jung. Kindlich. Es wurde besucht von diesen zwei Jungen aus ihrer Klasse. Ich freute mich mit ihr. Denn dies war der erste Tag an dem sie Besuch bekam. Sie fühlte sich so plötzlich nicht mehr allein. Also ging sie mit ihnen mit und ich zog mich zurück. Ich ließ sie allein.
Eine Stunde später kehrte sie zurück. Ich erschrak. Wusste nicht was in dieser einen Stunde passierte. Doch ich wusste sofort, es war nichts gutes. Ich sah in ihre Augen. Sie waren so leer........und schwarz. In ihnen spiegelte sich die Traurigkeit wieder. Ich blickte an ihr hinunter. Ihre Kleidung saß schief. Ihre Hose war nicht zugeknöpft. Unter ihren Nägeln klebte Dreck und ihre blonden Haare waren ganz zerzaust, standen wirr von Kopf ab. Dioeses Bild von diesem stummen Kind, sagte mir mehr als tausend Worte. Ich brauchte nicht zu fragen was geschehen war. Ich brauchte mir nur ihren Körper anzusehen, in ihre Augen schauen. Dies sagte mir mehr, als jedes Wort. Ich wusste sofort in ihren Körper drang männliches Gift ein.
An diesem Abend ging sie still zu Bett. Sie bewegte sich schwer und mit gebückter Haltung. Ich sah ihren Rücken. Er war ganz blau und manche Flecken waren fast tiefschwarz. Ihre Oberschenkel und Arme waren gelb und grün. Auf den jungen Brüsten sah ich deutlich gelb/grün/blaue Fingerabdrücke. Dieses Bild zeriss mir das Herz und ich glaube auch ein Teil von mir starb an diesem jenen Tag.
Das Jahr verging. Erst kam der Frühling. Dann der Sommer. Dann der Herbst un der Winter. Sie wurde ein Jahr älter. Ein neues Jahr brach ein. Ich sah noch immer diese Wunde in ihr. Doch ihre Wunden von außen waren verheilt. Äußerlich lachte sie. Innerlich schrie alles gegen den Schmer. Doch sie blieb stumm. Aus Scham. Aus Angst. Sie verdrängte. Und von ihrer Wunde ging weiterhin tödliches Gift aus.
Ich würde gerne stoppen. Ich sehe Tränen über dein Gesicht laufen. Doch ich kann nicht. Ich möchte dir diese Geschichte bis zu ihrem Ende erzählen. Schaffst du das? Oder soll ich eine Pause machen? Aber ich wüsste nicht, ob ich dann noch stark genug wäre um fortzufahren. Nimm dir ein Tschentuch. Trockne das Salz auf deinen Wangen und ich fahre fort...
Es war wieder Februar. Die Luft war kalt. Es war wie vor fast einem Jahr. Ich hatte geschworen sie nie wieder allein zu lassen. Nie wieder. Wir waren zu Besuch bei ihm. Sie liebte ihre Großeltern und ich konnte sie für ein paar Stunden lachen und unbeschwert leben sehen. Das machte mich glücklich und ich glaubte zu sehen, wie ein winziges Stück ihrer Wunde zu verheilen schien, jedesmal wenn sie dort war. Hier hatte sie nichts zu befürchten. Hier fühlten wir uns beide sicher. Ich konnte sorgenlos schlafen. In ihrem inneren wachen.
Es war im Februar und es war Nacht. Ich weiß noch, dass es Vollmond zu dieser Nacht gab und nur vereinzelte Wolken am Himmel vorbei zogen. Sie liebte den Sternenhimmel, so sehr wie ich. Sie lag in seinem Bett. So wie immer. Dieses Bett war sehr klein. Aber sie, das kleine Kind...fast schon eine junge Frau...fühlte sich wohl. War zufrieden. Lebte Angstfrei.
Doch die Nacht war anders. Sie merkte es sobald sein Bein ihre Beine Berührte, runterdrückte, festhielt. Sie blieb starr. Schloss die Augen. Sie tat nichts. Ihr Atem setzte aus. Es tat weh zu atmen. Angst schnürrte ihr die Kehle zu. Doch dann war es plötzlich wie ein Messerstich. Wie eine Feuerwlze die über sie hinweg fegte und zu verbrennen drohte. Schmerz auf ihrer Haut. Wie Feuer. Denn das war der Moment als er anfing. Als er sie berührte. Sie verführte. Sie missbrauchte. Vergewaltigte. Wie lange? Minuten? Stunden? Diese Nacht war Zeitlos. Sie endete nie. Auche heute noch nicht.
Und ich war nicht da. Ich wiefte mich und sie war wieder in Sicherheit. Ich sollte sie beschützen! Das war meine Aufgabe. Wieder einmal hatte ich versagt.
Es tut mir Leid, wenn du jetzt kaum noch meine Worte verstehst. Doch Tränen hindern mich am sprechen... Verzeihe. Ich werde mich sammeln und weitersprechen.
Ich konnte mir diesen Fehler nie verzeihen. Ich wünsche mir oft den Tod. Denn nichts besseres hätte ich verdient. Ich bin ein gefallener Engel. Ich muss mit dieser Schande und diese quälenden Schuld weiterleben. Ich habe nichts getan! Ich habe sie alleine gelassen. Diesen Fehler kann ich nie wieder gutmachen.
In diese Nacht riss ihre Wunde wieder auf. Wurde größer und größer, sie breitete sich in ihrem ganzen Körper aus und das Gift konnte ungehindert überall hinströmen und verpestete langsam und qualvoll ihren Körper. Ich war hilflos. Es tut mir Leid.
Jetzt ist ihre Seele tot. Tot Ihre Seele besteht nicht mehr aus lachen. Nicht mehr aus Fröhlichkeit. Nicht mehr aus Unbeschwertheit. Alles ist weg. In ihrer Seele herrscht Leere. Fetzen von Verzweiflung, Angst, Wut, Trauer und Schmerz hängen der Luft. Doch nichts kann mehr diese Leere ausfüllen.
Ich bin in ihr gefangen. Ich bin der kleine Rest der von diesem Mädchen, von diesem Jind noch übrig geblieben ist. Ich war nicht da. Ich muss in ihr weiterleben. Ich muss meine Schuld tragen. Doch mit nichts kann ich es wieder gutmachen. Mit nichts.
Hier endet sie, diese Geschichte. Konntest du ein paar Bilder in meinen Tränen lesen?
Lingenia
 

Beitragvon Lingenia » Mo. 01.11.2004, 19:47

Ich – dir Narbe

Hallo, ich bin eine Narbe.
Geboren wurde ich aus einer Wunde.
Meine Mutter ist die Haut
Und mein Vater war eine Klinge.
Als ich geboren wurde tat es meiner Mutter sehr weh.
Sie hat vor Schmerz geblutet,
aber mein Vater hat ihr Mute gemacht.
Er hat gesagt, dass wenn die Wunde verheilt ist,
wenn das Blut aufhört zu fließen,
dass dann etwas entsteht,
was sie beide lieben werden.
Ich – die Narbe.
Doch heute ist alles anders.
Meine Mutter liebt mich zwar noch,
lässt mich nicht los.
Aber sie verbietet meinem Vater mich zu sehen.
Auch ich habe schon Angst vor ihm,
weil ich weiß er tut mir nicht gut.
Ich bin meinem Vater dankbar,
dass er mich auf die Welt gebracht hat.
Aber heute möchte ich ihn nicht mehr sehen.
Meine Mutter sagte mir kurz nach meiner Geburt,
dass ich eine Wunschnarbe bin.
So, wie alle meine Geschwister.
Ich habe viele Geschwister,
und alle sehen anders aus.
Ich habe dicke und große Schwestern.
Aber auch dünne und zierliche.
So wie meine Brüder.
Wir sehen alle verschieden aus.
Aber unsere Mutter liebt uns.
Sie steht zu uns und ist stolz uns geboren zu haben.
Väter haben wir nicht alle den selben.
Eine Schwester ist von einer Scherbe.
Ein Bruder von einer Zigarette.
Andere Geschwister von mir wurden von einem Messer gezeugt.
Aber es gibt für uns nur eine Mutter – die Haut.
Du fragst dich warum wir nicht alle den selben Vater haben?!
Nachdem unsere Mutter die erste Narbe bekam
Hat sie sich von dem Vater getrennt,
weil sie gemerkt hat
er tut ihr nicht gut.
Aber immer wieder wollte sie neu gebären
Und so suchte sie sich neue Väter für ihre Narben.
Immer wieder hasste sie den Vater nach der Geburt und verließ ihn.
Und heute möchte sie keine Narben mehr.
Sie liebt jeden einzelnen von uns,
aber für noch weitere Narben hat sie keine Liebe
und keine Kraft mehr.
Und ich bin stolz auf meine Mutter.
Jeden Tag schenkt sie uns Liebe und Verständnis.
Manchmal bekommen wir Besuch von einer anderen Haut.
Diese liebkost uns dann
Und meine Mutter freut sich,
dass die andere Haut sie nicht abstößt...
...wegen uns – ihren Kindern – die Narben.
Lingenia
 

Beitragvon Lingenia » Mo. 01.11.2004, 20:00

Die Seelenkammer

Es war einmal ein kleines Mädchen. Als sie geboren wurde, freuten sich alle darüber und sie wuchs bei ihren Eltern in einem schönen zu Hause auf. Das Mädchen hatte viele Freunde und war Jedermanns kleiner Sonnenschein. Als das Mädchen zu einer jungen Frau heranwuchs, wurde ihr die Seele gestohlen. Man sperrte die Seele in eine dunkler Kammer, ohne Türen. Es war kalt und die Seele war allein. Das Mädchen verbannte man in eine andere Welt, die nur sie belebte und auch nur sie verstehen konnte. Abgeschirmt von der realen Welt lebte das Mädchen weiter. Doch mit ihrer Seele verschwand das glitzern in den Augen und das Lächeln im Gesicht. Ihre Freunde wollten den Sonnenschein zurück. Doch er kam nicht zurück und die Seele passte sich mehr und mehr ihrer Umgebung an. Sie nahm die Dunkelheit, die Kälte und die Einsamkeit in sich auf und wie dir Seele, so gewöhnte sich auch das Mädchen daran. Sie fing an ihre Seele zu akzeptieren und vergas nach und nach dir Zeit, in der sie ihre Freunde zum Lachen brachte...
Heute wünscht sie sich nichts mehr, als ihre Seele zurück. Um mit ihr zusammen in der dunklen, kalten Kammer zu leben, so dass wenigstens die Einsamkeit vergeht...
Lingenia
 

Beitragvon Lingenia » Mo. 01.11.2004, 20:38

Engel, Engel, Engel
„Also habe ich doch deine Stimme gehört.“
„Ja, ich habe dich gerufen. Und du bist gekommen. Du warst schon immer empfänglich für so was.“
„Du siehst... gut aus.“
„Angeblich wird man zu einer idealisierten Version seiner selbst. So wie man sich gerne gehabt hätte. Siehst du, ich bin jetzt schlanker.“
„Ich meinte eigentlich die...“
„Die Flügel? Tja, ohne sie könnte ich wohl kaum auf diesem schmalen Geländer hier sitzen, oder? Und dann würde ich rückwärts auf die Autobahn runterpurzeln.“
„Sind die nicht schwer?“
„Sie sind aus Federn...“
„So.“
„Du willst sicher wissen, warum ich dich gerufen habe, oder?“
„Eigentlich glaube ich ja noch, dass ich träume...“
„Würdest du sonst den Fahrtwind der Autos spüren? Oder die Kälte des Abends? Hast ja bloß Pyjamas an...“
„Stimmt wohl.“
„Seltsam.“
„Was?“
„In meinen Träumen warst du es immer, die gestorben ist, bevor ich es dir sagen konnte. Du warst immer die, die einen Tumor oder Aids hatte und mir unter den Fingern weggerieselt ist wie Sand, bevor ich es schaffte, die Worte zu sagen, die ich vor Jahren hätte sprechen sollen.“
„Gott hat einen seltsamen Sinn für Humor, was?“
„Das hast du immer gesagt. Auch das habe ich geliebt. Doch auch das ist nun Vergangenheit. Bitte, weine doch nicht!“
„Warum tust du mir das an?“
„Ich konnte es mein Leben lang nicht sagen. Vielleicht weil ich dachte, ich hätte noch ein Leben lang Zeit dazu. Doch jetzt ist dies meine letzte Gelegenheit es zu sagen. Sonst bleibt es ewig ungesagt. Dann hinterlasse ich ein Loch, wo ich doch Wärme hinterlassen wollte.“
„Warum bist du gegangen?“
„Es war Zeit. Ich war bereit. Es passt schon so.“
„Du hast dich nicht mal verabschiedet.“
„Auf meine Art schon.“
„Warst du wütend auf mich?“
„Weil du glücklich warst? Nein. Oder weil du nicht da warst, als alles so dunkel und kalt wurde? Nein. Glaub’ mir, sterben ist nicht so schlimm, wie man’s immer liest.“
„Ich habe mir Vorwürfe gemacht.“
„Ich weiß, und auch deshalb habe ich dich gerufen.“
„Es tut mir alles so leid.“
„Du warst nur du. Das war nicht falsch, sondern genau richtig. Doch ich konnte nicht aufhören ich zu sein. Deshalb hat eben nicht Alles geklappt, wie wir Beide es wollten. Es gehörte so. Es war, und ist, unser beider Schicksal. Stell dir doch mal vor, wie traurig du jetzt wärst, wenn du mich erwählt hättest! Glaube mir, es ist O. K.“
„Die Welt ist so seltsam. Sie dreht sich und dreht sich. Die Menschen streben nach Glück, doch sobald sie es finden verursachen sie damit das Unglück anderer.“
„Nicht Unglück...nur eine kleine Depri. Umgebracht hat es mich letztendlich nicht. Dafür sorgte schon dieser riesige Tumor in meinem Hirn.“
„Ich...“
„Wein doch nicht! Es passt nicht zu dir! Ich habe dich überhaupt noch nie richtig weinen sehen. Einmal, da hättest du fast und mein herz wollte mir zerspringen. Noch nicht einmal mein Kopf hat jemals so wehgetan.“
„Warum musste es so sein?“
„Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen hart, aber die Welt brauchte mich einfach nicht. Die Welt wäre die gleiche mit mir, als wie ohne mich.“
„Wie kannst du so was nur sagen?“
„So ist es aber. ich hab’s doch hier erklärt bekommen. Der einzige Grund, warum Menschen leben, ist der, dass sie einen Nutzen haben. Etwas bewirken, etwas verändern, jemanden treffen. und sei es nur, dass du eines Tages den Knopf an einer Ampel drückst, damit sie auf Grün umspringt, und ein kleiner Junge, der kurz darauf ohne hinzuschauen über diese Straße läuft somit nicht überfahren wird. Dass war dann diene Aufgabe. Dafür hast du gelebt, bist geboren worden, hast gelernt, einen Charakter entwickelt, ein Universum in dir drin aufgebaut. Und dann sagt dir jemand: Das war der Sinn deines Lebens und nun kannst du der Welt nichts mehr geben.“
„Das ist nicht war, du hattest viel zu geben.“
„Wäre ich sonst derjenige von uns Beiden mit den Staubwedeln auf dem Rücken? Im Ernst, so funktioniert das aber. Und wenn du noch eine Aufgabe hast, dann wird das Unglück, egal wie groß, von dir abgewandt.“
„Das glaube ich nicht.“
„So ist es aber. Erinnerst du dich an das eine Mal, als du dich von diesem Italiener im Urlaub hast abschleppen lassen?“
„Woher weißt du... oh, schon klar. Ja?“
„Er hatte Aids. Du wurdest nur nicht infiziert, weil du in zehn Jahren ein Buch über ein Madchen schreiben wirst, dass alle möglichen schrecklichen Dinge erleiden muss, ihrem Leben aber kein Ende setzten kann, weil sie als Kind Gott geschworen hat, sie würde sich niemals umbringen und dieses Versprechen will es nicht brechen. Dieses Buch wird ein Mädchen davon abhalten Selbstmord zu begehen. Sie wird vom Vorbild deiner Figur gestärkt und inspiriert durchs Leben gehen...und eines Tages die erste Frau im weißen Haus werden.“
„Wow.“
„Tja, fühl dich geehrt, eine solch wichtige Aufgabe zu haben. Meine war dagegen je eher mickrig.“
„Komm schon. Vielleicht wird dein Junge auch mal Präsident.“
„Nein. Er wird mal Bauingenieur. Aber seine Tochter wird mal dem Papst das Leben retten. Das ist ja auch schon mal was.“
„Äh...ja.“
„So, ich sollte wohl bald gehen. Sie rufen mich schon. Wie du dir denken kannst ist meine Zeit begrenzt. Vorsicht auf die Flügel! Mir fehlt noch ein bisschen Übung im Umgang damit.“
„Wolltest du mir nicht noch etwas sagen?“
„Kannst du es dir nicht denken? Ich glaube schon.“
„Aber sonst wäre unser ganzes Gespräch doch umsonst gewesen! Und dass du gekommen bist auch!“
„Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass du dich morgen noch an irgendetwas von dem hier erinnern wirst, oder? Hallo Mädchen! Ich habe dir gerade den Sinn deiner Existenz verraten!“
„Wohl eher nicht, hast recht. Jetzt hättest du mich beim schlagen mit dienen Flügeln fast von der Brücke gefegt!“
„Sorry. Wir werden uns sich er in einem anderen Leben wiedersehen.“
„Warte! Würdest du...es trotzdem sagen?“
„Du hast früher nie Wert darauf gelegt, warum dann jetzt auf einmal?“
„Weil ich sehe, dass du weiter leiden wirst, wenn du es nicht sagst.“
„Haha...du kennst mich einfach zu gut. Das konnte ja von Anfang an nicht gut gehen. also bis dann. Ein schönes Leben noch. Ich liebe dich!“
„Vie...viel Glück!“
„Ich liebe dich!“
„Als würde der Wind es sagen. Und in meiner Erinnerung wird es auch der Wind sein.“
Lingenia
 

Beitragvon Lingenia » Mi. 10.11.2004, 23:24

Engel?

Ich verlasse das Haus und sehe sofort das Mädchen das hinter mir eingebogen ist. Sie geht hiner mit. Ich gehe lange, eine weite Strecke die man nicht jeden Tag geht. Einen Weg der normal nicht oft soweit gegangen wird. Durch meinen Stadtteil, an dem Fluss entlang, durch die Stadt, hoch in die Gasse wo es in das Cafe geht. Auf einmal packt mich ein Mann von hinten, sagt ich solle mit ihm gehen, will mich mit reißen. Ich höre eine Stimme hinter mir: "Lassen sie sofort das Mädchen los!" Der Mann schaut sich um und geht ohne ein weiteres Wort davon. Ich drehe mich um, sehe eine Gestalt, es ist das Mädchen, es muss mir die ganze Zeit gefolgt sein, durch die ganze Stadt. Ich will mich bei ihr bedanken, doch sie geht ohne ein weiters Wort davon, um die nächste Ecke. War es Zufall, dass sie genau diesen selben Weg gegangen ist wie ich? Und dann auf einmal woanders lang gehen musst? Oder wurde sie gschickt? Wusste sie es? War es ein Engel? Gibt es sie doch? Warum aber ist sie einfach gegangen ohne ein weiteres Wort? Hatte sie ihre Pflicht erfüllt, war es das was sie tun musst um dann wieder im Nichts zu verschwinden?
Diese Fragen werden unbeantwortet bleiben.....
aber ich weiß jetzt das es Engel gibt.....
By Lingenia

Diese Geschichte ist echt passiert, nicht mir selbst......einer Freundin von mir....ich habe sie nur in "Ich"-Form geschrieben, weil ich es leichter finde.....hmz.....Engel.....
Zuletzt geändert von Lingenia am Di. 24.01.2006, 16:45, insgesamt 1-mal geändert.
Lingenia
 

Beitragvon Lingenia » So. 21.11.2004, 14:12

Und man kann keine Szene nochmal drehen.
Diese verdammten Narben bleiben für immer. Und wenn man mal nicht an sie denkt, wird man wieder daran erinnert, weil man von der Seite komisch angeschaut, oder sogar darauf angesprochen wird, "was man denn da am Arm gemacht hat"...
Ja. Wonach siehts denn aus? Ich hab mit nem Tiger gekämpft....
Nein, natürlich nicht. Ich hab nicht mit irgendeinem Raubtier gekämpft, sondern mit meinem Leben... gegen diese Schmerzen.
Ist das jetzt verständlicher?
NEIN??!
...Hab ich's mir doch gedacht... aber warum fragst du dann?
wenn du es sowieso nicht verstehst?!
Lingenia
 

Beitragvon Exitus » Di. 07.12.2004, 12:57

Seesterne retten

Ein furchtbarer Sturm kam auf. Der Orkan tobte. Das Meer wurde aufgewühlt und meterhohe Wellen brachen sich
ohrenbetäubend laut am Strand.

Nachdem das Unwetter langsam nachließ, klarte der Himmel wieder auf. Am Strand lagen aber unzählige von
Seesternen, die von der Strömung an den Strand geworfen waren.

Ein kleiner Junge lief am Strand entlang, nahm behutsam Seestern für Seestern in die Hand und warf sie zurück ins Meer.

Da kam ein Mann vorbei. Er ging zu dem Jungen und sagte: "Du dummer Junge! Was du da machst ist vollkommen
sinnlos. Siehst du nicht, dass der ganze Strand voll von Seesternen ist? Die kannst du nie alle zurück ins Meer
werfen! Was du da tust, ändert nicht das Geringste!"

Der Junge schaute den Mann einen Moment lang an. Dann ging er zu dem nächsten Seestern, hob ihn behutsam vom Boden auf und warf ihn ins Meer. Zu dem Mann sagte er: "Für ihn wird es etwas ändern!
Exitus
 

Beitragvon Exitus » Di. 11.01.2005, 20:35

Wie der Engelbär auf die Erde kam

Weit, weit von hier, im Himmel, hinter den Sternen und sogar noch ein ganzes Stück hinter der Sonne wohnte auf einer kleinen Wolke ein Engelkind. Es hatte dort ein richtiges Bett mit einem weichen Wolkenkissen. Darin schlief das Engelkind des Nachts, aber natürlich nicht alleine! Denn zu jedem Engelkind gehört, wie ihr sicher wisst, auch ein Engelbär.

Eines Tages erwachte das Engelkind ganz aufgeregt. Denn heute, endlich, durfte es zum ersten Mal zur Erde fliegen. Dort sollte es den letzten Teil seiner Schutzengelprüfung ablegen. "Ich will ein guter Schutzengel werden", rief das Engelkind und sprang so schnell aus dem Bett, dass der kleine Engelbär von der Bettkante purzelte. Nur gut, dass er in einem weichen flauschigen Wolkenteppich landete.

"Endlich darf ich mein Menschenkind kennenlernen" jubelte das Engelkind, hob den Engelbären auf und drückte ihn vor Freude fest an sich. Der aber konnte sich nicht so recht mitfreuen. "Wenn du demnächst so oft auf der Erde bist, werde ich hier sehr alleine sein", brummte er traurig.

Das hörte der Erzengel Gabriel. "keine Sorge". Lächelte er, "du darfst uns begleiten. Aber nun husch, husch, ihr beiden!"
Mit diesen Worten streute er goldenen Sternenstaub aus, und darauf schwebten die drei flugs zur Erde hinab, geradewegs bis zu einem Haus, das tief verschneit vor ihnen lag und in dem nur ein Fenster erleuchtet war.

Neugierig drückten sich Engelkind und Engelbär die Nasen an der Fensterscheibe platt. Sie sahen ein kleines Mädchen, das in seinem Bett lag und unruhig schlief.

"Oh, ich spüre, dass es traurig ist", flüsterte das Engelkind besorgt und der kleine Engelbär brummte: "Sieh nur, es ist ganz allein!" Der Erzengel Gabriel blickte die beiden zufrieden an. "Ihr könnt schon sehr gut die Gefühle der Menschen erkennen", sagte er lobend. "Das kleine Mädchen hat Fieber und muss das Bett hüten!"

Das Engelkind wischte mit der Hand über die beschlagene Fensterscheibe und dachte angestrengt nach. Wie könnten sie dem kleinen Mädchen helfen?
Die beiden sahen sich an: Ja, das war die Idee! Der Engelbär nickte und sagte leise: "Ich werde bei ihr bleiben, damit sie nicht so allein im Bett liegen muss."

"Halleluja", rief das Engelkind fröhlich. "Und wenn ich der Schutzengel für das kleine Mädchen werde, gehören wir drei für immer zusammen!" Der kleine Engelbär hüpfte ausgelassen auf der Fensterbank umher, so sehr freute er sich. Plötzlich stolperte er, stieß dabei gegen das Engelkind, und ehe sie sich versahen, purzelten beide die Fensterbank hinunter. Mit einem Plumps landeten sie unter dem Fenster in einem Tannenbaum. Leise klirrten die Lichterketten in den Ästen, und der Erzengel Gabriel musste sich das Lachen verkneifen.

Vielleicht hatte das kleine Mädchen ein Geräusch gehört, denn es wurde wach, stieg aus dem Bett und trat ans Fenster. "Ich muss wohl noch träumen", dachte es und rieb sich die Augen. Denn unter dem Fenster sah es ein Engelkind und einen Engelbären, die sich gegenseitig den Schnee abklopften. "So etwas Peinliches aber auch". Murmelte das Engelkind, "ich glaube, ich muss noch viel lernen, bis ich ein richtiger Schutzengel bin!"

Da sprach der Erzengel Gabriel: "Engelkind , du hast gezeigt, dass du verstehen, teilen und schenken kannst. Du hast deine Prüfung bestanden. Nun ist deine Zeit als Schutzengel gekommen." Er zeigte zum Fenster: "Seht, ihr beiden werdet erwartet", sagte er und verschwand in einem goldenen Schein. Das Engelkind fasste sich ein Herz und schwebte gemeinsam mit dem Engelbären in das Kinderzimmer hinein. Selig schloss das kleine Mädchen den Engelbären in die Arme.

Als es am nächsten Morgen erwachte, war das Fieber gesunken, "Was war das für ein wunderschöner Traum heute nacht!" dachte das kleine Mädchen. Doch wie staunte es, als es sich im Bett aufsetzte! Neben ihm auf dem Kissen lag ein weicher, kleiner Teddybär mit weißen Flügeln, und am Fensterbrett glitzerte noch ein Rest von Sternenstaub.

So also kam der erste Engelbär auf die Erde - und mit ihm ein Stückchen vom Himmel.

(Eine Geschichte von Monika Beyer)
Exitus
 

Gehe behutsam deinen Weg

Beitragvon Exitus » Fr. 14.01.2005, 14:36

Gehe behutsam deinen Weg

Gehe behutsam deinen Weg inmitten des Lärms und der Hast dieser Welt und vergiss nie, welche Freude im Schweigen liegen kann. Lebe, soweit als möglich und ohne dich selbst aufzugeben, in guten Beziehungen zu anderen Menschen.
Verkündige die Wahrheit ruhig und klar. Höre auch anderen zu, sogar Törichten und Unwissenden; auch sie haben ihre Geschichte. Meide laute und aggressive Menschen, sie bringen nur geistigen Verdruss.
Es ist möglich, dass du entweder stolz oder verbittert wirst, wenn du dich mit anderen vergleichst, denn immer wird es bedeutendere und unbedeutendere Menschen geben als dich selbst. Freue dich des erreichten genauso wie deiner Pläne, doch sei auf jeden Fall demütig. Übe Vorsicht in deinen Geschäften, denn die Welt ist voller Betrügereien. Verschliesse dich jedoch nicht dem Wert der Tugenden; viele Menschen streben nach hohen Idealen, und das Leben ist voll von stillem Heldentum. Sei du selbst. Heuchle vor allem keine Zuneigung und spotte nicht über die Liebe. Trage freundlich die Bürde der Jahre und gib mit Anmut alles auf, was der Jugend zusteht. Nähre die Kraft deines Geistes, um plötzlichem Unglück gegenüber gewachsen zu sein. Viele Ängste entstehen aus Müdigkeit und Einsamkeit. Neben einer heilsamen Disziplin sei freundlich zu dir selbst.
Du bist ein Kind des Universums, nicht weniger als die Bäume und Sterne, du hast ein Recht darauf, hier zu sein. Und die Kraft des Universums wird sich so entfalten, wie es sein muss, ob dir das klar ist oder nicht.
Deshalb lebe in Frieden mit Gott, was immer du dir unter ihm vorstellst.
Und was immer deine eigenen Bemühungen und Absichten sein mögen: halte Frieden mit deiner Seele in diesem lärmigen Durcheinander des Lebens. Mit all ihrem Schein, ihren Kümmernissen und zerbrochenen Träumen ist diese Welt dennoch wunderbar.
Sei vorsichtig. Strebe danach, glücklich zu sein.

(1692 in der St.Pauls-Kirche von Baltimore gefundene Schrift)
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