Schatten meiner Vergangenheit

Eure Gedichte, Geschichten, Erzählungen und andere niedergeschriebene Texte finden hier ihren Platz.
Wichtig: Falls die Texte nicht von Euch selber sind, schreibt das bitte dazu und achtet auch darauf, dass Ihr keine Urheberrechte verletzt.

Schatten meiner Vergangenheit

Beitragvon Neseret » Di. 20.09.2005, 14:35

Das Mahnmal an der Wand


Sie war noch ein kleines Mädchen.
Sie hatte mal wieder etwas angestellt, was ihre Mutter besonders erzürnte.
Ihre Mutter schrie und tobte mit ihr im Wohnzimmer, bis sie auf ein großes Bild an der Wand deutete.

Es zeigte ihre Mutter, die mit gesenktem Haupt auf einem Sofa saß.
Die Hände hatte sie über ihrem gewölbten Bauch gefaltet.
Es war ein Bild, dass im großen und ganzen für das kleine Mädchen immer etwas trauriges ausgestrahlt hatte.

„Siehst du“, sagte ihre Mutter, während ihre Stimme vor Wut und Enttäuschung zitterte.
„Schon damals, bevor du auf der Welt warst, bevor du geboren wurdest, hast du mir nur Kummer gemacht!
Schon damals hast du mir nur weh getan und mich traurig gemacht!

Ein liebes und braves Kind tut so etwas nicht!
Es sorgt immer dafür, dass es Mama und Papa gut geht, dass sie nicht schimpfen müssen...
Ein Kind, dass nicht brav ist, das wird von niemanden gern gemocht, das findet keine Freunde.

Wie soll man ein unartiges Kind lieb haben?“
Die Kleine sah das Bild an...
Und schwor sich, alles zu tun, um ihre Mama nie wieder so traurig zu machen...

Und sie schwor sich, immer das zu tun, was ihre Eltern von ihnen verlangten, damit sie nicht immer böse mit ihr sein brauchten.
Von diesem Tag an dachte sie jedes Mal, wenn sie das Bild ansah, an die Worte ihrer Mutter.
Von diesem Tag an, wurde dies für sie ein Zeichen ihrer Schuld...

Und noch immer, wenn sie dieses Bild im Wohnzimmer ihrer Eltern sieht, kommen diese Worte in ihr noch deutlicher hervor...
Noch immer fühlt sie sich für die Trauer und den Schmerz ihrer Eltern, besonders ihrer Mutter verantwortlich...
Noch immer verfolgen sie diese Worte, die sich in ihre Kinderseele einbrannten bei allem, was sie tut...
Neseret
 

Beitragvon Neseret » Di. 20.09.2005, 14:37

Kleine Schläge auf den Hinterkopf...

Wie immer saß sie im Wohnzimmer bei den Hausaufgaben...
Diese scheiß Mathe-Hausaufgaben, bei denen immer jemand dabei saß...
Und immer wieder die Angst, dass ausgeholt werde würde und sie einen Schlag auf den Hinterkopf bekommen würde....

„Das soll dich anregen!“
„Du weißt ja, kleine Schläge auf den Hinterkopf erhöhen das Denkvermögen!“
„Laß dir ja nicht einfallen zu weinen! Du hast gar keinen Grund dazu! Mach deine Aufgaben richtig, dann passiert das ja auch nicht!“

Das waren immer die Sprüche, die kamen.
Vielleicht hat sie deswegen Mathe nie gemocht...
Vielleicht war es deswegen zu ihrem Hass-Fach geworden
Neseret
 

Beitragvon Neseret » Di. 20.09.2005, 14:39

Krank verstoßen...

Sie erwachte am frühen Morgen.
Schweiss stand ihr auf der Stirn...
In sich fühlte sie ein Brennen...

Und einen unsagbaren Durst.
Schwach und matt fühlte sie sich ebenfalls
Und einfach nur Hunde-elend...

Sie setzte sich auf, kämpfte gegen den Schwindel, der sie packte.
Sie blickte sich um.
Im Dämmer des Zimmers sah sie die Gestalt ihres Bruders auf der anderen Schlafcouch liegen und hörte seine ruhigen Atemzüge.

Vorsichtig, auf das Schwindelgefühl achtend, schwang sie ihre Beine über die Matratze.
Einige Augenblicke brauchte sie, um ihre Kräfte dann wieder zusammeln.
Dann stand sie auf und schwankte zur Tür des Kinderzimmers.

Sie fühlte sich immer elender...
Je länger sie auf den Beinen war.
Sie entschied sich, zu ihrer Mama ins Schlafzimmer zu gehen.

Langsam tappte sie den dunklen Flur entlang.
Auch wenn es nur ein kleines Stück war, so musste sie zweimal anhalten, um die aufkommende Übelkeit und den Schwindel zu unterdrücken.
Dann kam die Schlafzimmertür ihrer Eltern ins Blickfeld.

Sie hörte das leise Schnarchen ihres Vaters.
Dazwischen die Atemzüge ihrer Mutter.
Sie nahm ihren Mut zusammen... und öffnete die Tür.

Ihre Eltern schliefen tief und fest.
Sollte sie ihre Mama wecken?
Vielleicht war das Ganze auch nicht so schlimm...?

Sie entschied sich, ihre Mama zu wecken, und rüttelte sie leicht wach.
Ihre Mama spürte das hohe Fieber und ließ sie zu sich ins Bett kriechen, wovon ihr Vater erwachte.
„Was hat das Kind hier zu suchen? Sie hat gefälligst in ihrem eigenen Bett zu schlafen!“ polterte er.

„Sie ist krank und hat Fieber!“ erwiderte ihre Mutter, noch leicht verschlafen.
„Das interessiert mich nicht!
Sie hat gefälligst in ihrem Bett zu schlafen und uns hier nicht zu stören!“

Das kleine Mädchen verstand die Welt nicht mehr und fühlt die Tränen in sich aufsteigen.
Ihre Mutter stand mit ihr auf, und ging dann zusammen mit ihr in ihr Zimmer.
Zusammen legten sie sich nieder und ihre Mutter streichelte sie, bis sie wieder in einen unruhigen Schlaf geglitten war.
Neseret
 

Beitragvon Neseret » Di. 20.09.2005, 14:54

Rumgetolle... und seine Konsequenzen

Sie war noch klein und spielte mit ihrem Bruder in ihrem Kinderzimmer, das sie sich teilten.
Mal wieder etwas lauter, tollten sie durch die Gegend, lachten und jauchzten...
Dann kam ihr Vater herein gepoltert...

Er schrie sie an, dass sie leiser sein sollten, wenn nicht, dann würde es eine setzen.
Er schloß die Tür wieder und sie versuchten leiser zu sein.
Einige Minuten ging es gut...

Dann wurden sie wieder lauter...
Lachten... und dann stand ihr Vater wieder vor der Tür.
Mit vor Wut gekrauster Stirn...

„Ihr sollt endlich ruhig sein!
Euch hört man im ganzen Haus!
Wenn ich noch einmal kommen muss...Dann setzt es was!“

Die eingekehrte Ruhe währte (natürlich) nicht lange.
Und die Konsequenz ließ auch nicht lange auf sich warten:
Mit gezücktem Gürtel kam ihr Vater hereingestürmt und versohlte ihnen den Hintern.

Danach, war nur noch das leise Weinen zu hören...
Neseret
 

Beitragvon Neseret » Di. 20.09.2005, 16:34

Warten


Fröhlich und gut gelaunt machte sie sich auf den Weg.
Sie war mit ihrer Cousine und einigen anderen Jugendlichen wie jeden Samstag zur Jugendgruppe verabredet.
Sie fand bei ihrer Cousine zu Hause statt.

Sie kam dort an.
Nur ihr Onkel war zu Hause.
Ihre Cousine war noch unterwegs und verdiente sich etwas Taschengeld.

Es war ja auch noch Zeit, bis die Jugendgruppe anfing,
Sie begrüßte ihren Onkel herzlich, wie immer.
Zusammen gingen sie ins Wohnzimmer und er schaltete etwas um, um mit ihr Zeichentrickfilme zu gucken.

Während sie so nebeneinander saßen, legte er eine Hand auf ihre Schulter.
„Ein hübsches Kleid hast du an“, sagte er.
Sie fühlte sich etwas unsicher durch das Kompliment.

Sie bekam selten eines...
Sonst wurde ihr immer gesagt, wie hässlich und dick sie doch sei...
Plötzlich spürte sie, wie ein Finger seiner Hand durch den kleinen Träger ihres Kleides glitt ...

Und im nächsten Augenblick fühlte sie, wie sein Finger über ihre Brust strich...
Sie fühlte sich unsicher und ängstlich... und wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte.
Sie versuchte sich etwas weg zu drehen... aber er lächelte nur, und fragte, was denn los sei.

Sie log und erwiderte, dass er sie kitzeln würde und das er aufhören solle.
Doch er machte noch einen Augenblick weiter.
Sie versuchte sich krampfhaft auf den Zeichentrickfilm zu konzentrieren.

Sah auch auf die Uhr... und fragte sich, wo ihre Cousine wohl bliebe.
Als er dann nach einen Augenblick aufhörte, mochte sie ihn nicht ansehen...
Doch dann küsste er sie erst auf die Wange...

Dann drehte er ihren Kopf und küsste sie auf den Mund.
Doch das war ja nicht das schlimmste...
Plötzlich begann er ihr, seine Zunge in den Mund zu zwängen...

Sie wusste nicht, wie ihr geschah...
Sie hatte Angst...
Sie wehrte sich...

Und kam dann auch los...
Etwas rutschte sie weg von ihrem Onkel, aber ganz aufstehen, traute sie sich nicht.
Immerhin war er älter...

Und auf Ältere musste man ja immer gehorchen...
Plötzlich spürte sie, wie seine Hand auf seinem Schoß ruhte...
Sie wollte sich nicht bewegen.

Wenn doch nur endlich ihre Cousine kommen würde!!!
Und endlich hörte sie einen Schlüssel, doch bevor sie aufstehen konnte, hielt er sie zurück und sagte:
„Das bleibt aber unter uns beiden, ja? Es ist nichts passiert!“

Sie versprach es...
Und rannte ihrer Cousine entgegen, auf die sie so sehnsüchtig gewartet hatte.
Nie war sie jemals glücklicher gewesen, sie zu sehen.

Doch seit jenem Tag, mochte sie nie wieder allein mit ihrem „Onkel“ sein.
Sie fürchtete sich vor jeder seiner Berührungen.
Und sie schwieg.

Elf Jahre schwieg sie, bis ein Freund, dem sie es anvertraute sie solange beredete, dass sie ihr Schweigen brach.
Neseret
 

Beitragvon Bär » Di. 20.09.2005, 17:29

Sind diese Geschichten Deine Geschichte?
Bär
 

Beitragvon Neseret » Di. 20.09.2005, 20:58

Hallo Bär,

ich wünschte, sie wären es nicht... :( :?
Neseret
 

Beitragvon Bär » Mi. 21.09.2005, 21:47

Das tut mir Leid... Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll...
Bär
 

Beitragvon Neseret » Do. 22.09.2005, 09:08

Hallo Bär,

ich weiss ja selbst nicht einmal, was ich dazu sagen soll...
Ich bin erst vor knapp zwei Wochen darauf gestoßen, dass das alles bereits unter Kindesmisshandlung fällt...
Durch ein Buch, was ich mir gekauft habe ("Vergiftete Kindheit-Vom Mißbrauch elterlicher Macht und ihren Folgen")...

Da begann alles hoch zu kommen...
Und da ich keinen hab, mit dem ich darüber reden könnte, ohne das angefangen wird zu analysieren, bzw. dass ich mit immerwieder anhören muss, was das doch für ein Gejammer sei und das ich damit meine momentanen Probleme und Verhaltensweisen nicht ändere...
Schreibe ich es jetzt halt als Geschichten...
Zwar sehr deutlich...

Aber es muss raus, damit ich mir diese "Schatten" entlich einmal ansehen kann... und sehen kann, was ich mir "Gutes" daraus nehmen kann...

Liebe Grüße
Neseret
Neseret
 

Beitragvon Neseret » Do. 22.09.2005, 09:10

Ein Versuch...

Sie saß auf dem Geländer der Brücke, direkt neben dem Schwimmbad, in dem ihre Klasse grad Schwimmunterricht hatte.
Mal wieder hatten Ihre Klassenkameraden sie beschimpft und beleidig.

Sie fragte sich, warum sie sich dies immer wieder antat...
Warum sollte sie nicht einfach von der Brücke springen?
Warum sollte sie nicht einfach ihrem Leben ein Ende setzen?

Sie war zu nichts zu gebrauchen...
Ihren Eltern machte sie nie etwas recht...
Immer wieder machte sie Fehler in der Schule...

Ihre Klassenkameraden fanden es immer wieder toll sie zu beleidigen, sie zu verprügeln...sie zu demütigen...
Ihre Eltern hielten sie für dumm, weil sie immer wieder Fehler in den Klausuren machte...
Immer wieder fing sie sich eine Ohrfeige ein, wenn sie zu spät nach Hause kam...
Wenn sie Wiederworte gab...
Immer wieder machte ihre Mutter sie dafür verantwortlich, wenn es ihr schlecht ging...

Was sollte sie noch hier, wenn sie immer nur Schererein machte?
War ihre Familie nicht besser ohne sie dran?
Oder hatte der Priester recht, wenn er sagte, dass alles, was einem Menschen passierte allein eine Prüfung des Glaubens sei? Wie Hiob?
Sollte nicht alles, würde man nur fest genug daran glauben, gut werden?
Und war es nicht so, dass man irgendwann einmal den „Lohn“ bekommen würde?

Sie schluckte ihre Tränen runter.
Sie fragte sich immer wieder, warum sie so geprüft wurde...
Hatte sie nicht bisher starken Glauben bewiesen?
Was auch geschehen war, sie hatte immer wieder verziehen.
Hatte ihren Peinigern immer wieder die Hand gereicht.

Sie ging jeden Sonntag mit ihrer Familie in den Gottesdienst, versuchte, so gut wie es möglich war, dem was gepredigt wurde auch nachzufolgen.
Es zu leben...
Sie versuchte, ihre Eltern so gut es ihr möglich war immer nur Freude zu bereiten, ihnen soviel wie möglich abzunehmen...
Einfach ein gutes und gehorsames Kind zu sein, so wie es verlangt wurde ...
Natürlich gelang es ihr nicht immer...

Aber konnte das alles eine Strafe dafür sein, dass sie zu ungehorsam war?
Glaubte sie vielleicht doch nicht fest genug?!

Sie blickte in das unter sie funkelnde Wasser.
Innerlich schüttelte sie den Kopf...
Aber mit Sicherheit konnte sie es natürlich nicht sagen...
Gottes Willen war immerhin unergründlich...

Sie erhob sich...
Schwang ihre Beine über die Brüstung und... hüpfte auf den Bürgersteig.
Langsam ging sie nach Hause...
Den Rest des Tages würde sie schwänzen...

Natürlich würde es Ärger geben, wenn ihre Eltern davon erfuhren.
Aber es war ihr egal...
Inzwischen war ihr alles egal geworden...
Sie spürte nicht mehr viel ... ausser dem ständigen Schmerz in ihrer Seele...
Die ständige Traurigkeit...
Aber das interessierte ja niemanden...

Sie ging langsam den Weg am Fluß entlang, der zu ihr nach Haus führte.
Versunken in ihre Gedanken.
Sie konnte es nicht mehr aushalten...
Sie wollte nicht mehr...
Sie konnte nicht mehr...

Als sie zu Hause war, nahm sie sich Zettel und Stift...
Und begann Briefe zu verfassen...
Einen an ihre Großeltern, einen an ihre Eltern... einen an ihren Bruder...
Und einen an ihre beste Freundin...

Sie hatte noch Tabletten liegen gesehen, deren Nebenwirkungen zu Nierenversagen führten...
Soweit sie wusste, führte dies zum Tod.

Sie nahm sich vor, sie vor dem zu Bett gehen zu schlucken...
Vielleicht war es dann endlich vorbei...

Der Tag verging.
Natürlich gab ein ziemliche Streit mir ihren Eltern...
Wieder fing sie sich eine ein...
Wieder die Vorwürfe, dass sie nur Dummes Zeug mache...
Dass sie blöd sei...

Und dann wurde sie für den Rest des Tages in ihr Zimmer gesperrt...
Als es Abend wurde und sie sich Bettfertig machte, löste sie fünf Tabletten in Wasser auf...
Hielt sich die Nase zu... Und schluckte das Zeug.

Es war fürchterlich bitter und es schien sich alles zusammen zu ziehen...
Sie schüttelte sich und zwang sich, den Würgreiz zu ignorieren und zu überwinden.
Aber ihr Magen begann furchtbar zu revoltieren...

Trotz der aufkommenden Übelkeit legte sie sich schlafen und nach einiger Zeit, in der sie sich unruhig hin und hergewälzt und den Würgreiz Paroli geboten hatte, schlief sie endlich unruhig ein.

Am nächsten Morgen erwachte sie mit Bauchschmerzen und natürlich dem elenden Gefühl, sich gleich übergeben zu müssen...
Sie spürte, wie ihr Kreislauf revoltierte... Und hatte das Gefühl, gleich umzukippen.
Aber sie überwand das Gefühl, zog sich an, machte sich fertig und ging in die Schule...
Zwischenzeitlich konnte sie jedoch nicht mehr gegen das Übelkeitsgefühl nicht mehr angehen...
Und verzog sich auf die Toilette um sich zu übergeben und den Tabletten – Cocktail auszuspucken.

So verstrich der Tag...
Es war „nur“ bei einem Versuch geblieben
Neseret
 

Beitragvon Mantus » Do. 22.09.2005, 12:20

@Neseret Dein Eintrag hat mich beeindruckt, besonder die Stelle mit Deinem Glauben. Erinnerte mich wie ich dachte: ich glaube nicht stark genug und das es eine wohl verdiente Strafe sei. Es machte mich so krank, diese Neurose, bin ich los. Denke nicht das es einen Gott gibt, der Menschen gerne quält, dies ist wohl menschlicher Phantasie entsprungen. (nur meine Meinung) :-)

~ Beitrag wurde via WAP erstellt ~
Mantus
 

Beitragvon Neseret » Mi. 23.11.2005, 15:41

Hallo Mantus,
erstmal danke für Deine Antwort.
Von dem Glauben bin ich glücklicherweise auch weg.
Mittlerweile (nicht nur aus diesem sondern auch aus anderen Gründen) bin ich auch nicht mehr christlich gläubig sondern gehe meine eigenen Wege.
Und darüber bin ich sehr froh.

Liebe Grüße
Neseret
Neseret
 

Beitragvon Neseret » Mi. 23.11.2005, 15:43

Eis am Stiel


Ihre Mama schickte sie eines Tages zum Einkaufen, mit abgezähltem Geld, weil sie sparen mussten.
Etwas Brot, etwas Milch und eine Packung Eier. Grad soviel, das es nicht zu schwer für die Kleine wurde.
Sie ging eigentlich recht gerne Einkaufen, weil meistens einige Pfennige als Taschengeld übrig blieben.

Heute hatte sie in ihrer Jackentasche noch eine ganze Mark gefunden.
Da es warm war, wollte sie ihrer Mama eine Freude machen und ihr ein „Eis-am-Stiel“ mitbringen.
Wie verabredet kaufte sie alles ein und bezahle separat das Eis.

Sie freute sich darauf, ihrer Mama eine Überraschung mitzubringen und hüpfte dabei mehr, als sie ging.
Also sie zu Hause war und ihrer Mama den Beutel mit dem Einkauf überreichte, furchte ihre Mutter schon die Stirn, als sie das Eis in der Hand ihrer Tochter sah.
„Ich hab Dich auch eins mitgebracht Mami!“ strahlte die Kleine, doch dann brach ein Gewitter los.

„Ich hab dir gesagt, das wir kein Geld für so etwas haben! Kannst du nicht auf das hören, was ich sage?“ und dann traf sie eine Backpfeife.
Völlig verwirrt und auch innerlich verletzt sah sie ihre Mama an und begann zu schluchtzen: „Aber ich hab das doch von meinem Taschengeld...“
„Hau ab in dein Zimmer! Ich will dich den Rest des Tages nicht mehr sehen!!!“

„Aber Mami...ich wollte dir doch nur eine Freude machen!“ versuchte sie noch mal.
Da nahm ihre Mama sie am Arm, zerrte sie ins Zimmer und warf sie auf ihr Bett.
„Ich will nichts mehr von Dir hören oder sehen!-Ich lass mich nicht von dir anlügen!“

Weinend saß die Kleine im Zimmer...
Sie wusste einfach nicht, was sie falsch gemacht hatte.
Sie hatte ihrer Mama doch bloß eine Freude machen wollen.

Sie hatte das Eis doch bezahlt von ihrem Taschengeld ...
und hatte nicht das Geld ihrer Eltern genommen.
Es stand doch alles auf dem Bon...

Und am Restgeld konnte ihre Mama das doch auch sehen...?
Ihr eigenes Eis schmeckte ihr auch nicht mehr...
Aber da sie wusste, das man Angefangenes auch zu Ende essen musste, schleckte sie das Eis auf.

Einige Zeit später kam ihre Mama ins Zimmer und entschuldigte sich bei ihr, weil sie den Bon und das Restgeld überprüft hatte.
Sie gab der Kleinen als „Entschuldigung“ das Eis, was eigentlich für sie bestimmt war.
Aber vergessen konnte die Kleine dies nie.

©by Neseret
Neseret
 

Beitragvon Neseret » Mi. 23.11.2005, 15:45

Der Werwolf im Keller oder was passiert, wenn Kinder unartig sind


Sie war nun etwas älter, ging schon in die fünfte Klasse und holte jeden Tag dafür ihr Fahrrad aus dem Keller.
Eines Tages bekam sie von ihrer Cousine eine Grusel-Kasette geschenkt.
Die musste sie jedoch vor ihrer Mama verstecken, weil sie es gar nicht gerne mochte, wenn ihre Tochter solch Geschichten hörte.

Eines Abends hörte sie sich diese Geschichte an, die sich um eine Frau drehte, die sich bei Vollmond im Keller ihres Hauses einschloß, weil sie sich in einen Werwolf verwandelte.
In dem Keller hatte die Frau sich in eine Art „Käfig“ aus Metallstäben eingeschlossen...
Und genau solche Art „Käfige“ gab es in ihrem Fahrrad-Keller... in dem es nur einen Lichtschalter gab...

Und es kam, wie es kommen musste: Am nächsten Morgen schlich sie leise und vorsichtig die Treppen zum Keller hinunter...
Schloss so leise wie möglich die erste Tür zum Fahrradkeller auf...
Und machte Licht.

Das Licht blieb nie lange an, sondern löschte sich Automatisch...
Also huschte sie so schnell wie möglich zur nächsten Tür, hinter der sie ihr Fahrrad verschlossen hatte.
Und „klick“... Das Licht ging aus, kurz nachdem sie das Schloss geöffnet hatte.

So schnell wie möglich lief sie zum Lichtschalter zurück und erschrak dabei über das Knirschen ihrer eigenen Schritte im finstren Gang.
Sie atmete erst leicht auf, als das Licht wieder aufflammte.
Dann lief sie zurück, schnappte sich ihr Fahrrad, schloss wieder zu und lief auf die zweite Tür zu, die sie hektisch öffnete, grad als das Licht wieder verlosch.

Mit den verrücktesten Phantasiebildern im Kopf ließ sie die Tür zufallen, lehnte das Rad schnell an eine nahe Wand und verschloss die Tür .
Sie atmete auf... und lauschte.
Nichts war zu hören...

Wenn sie auf ihre Mama gehört hätte, dann hätte sie nun nicht so eine Angst gehabt!
Aber ihrer Mama konnte sie ja auch nichts von ihrer Angst erzählen, weil ihre Mama sie wieder ausschimpfen würde, das sie nicht auf sie gehört habe und das sie damit allein fertig werden müsse...
Ihrem Papa oder ihren Großeltern konnte sie auch nichts sagen, die würden auch nur sagen, sie solle sich nicht so anstellen und sie habe ja eh selbst Schuld.

Also entschied sie sich, niemanden etwas zu verraten...
Und lebte lange Zeit mit der Angst vor dem Werwolf im Keller.


©by Neseret
Zuletzt geändert von Neseret am Mi. 23.11.2005, 15:48, insgesamt 1-mal geändert.
Neseret
 

Beitragvon biker » Mi. 23.11.2005, 15:46

dsa ist für mich sogar ein bissel triggernd mir blieb schon für einen moment der atem stehne als ich las wie die mutter auf das eis reagierte...
biker
 

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