es muss weiter gehen, aber wie?

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es muss weiter gehen, aber wie?

Beitragvon JK97 » Di. 19.07.2016, 15:33

Ich muss einsehen, dass ich alleine bin. Neimand da zum reden. Schon lange nicht. Immer positiv denken, niemand da, den ich verletzen kann. Es kann nicht schlimmer werden. Irgendwann muss es besser werden. Die letzte Hoffnung enttäuscht. Immer wieder. Gerade wieder Hoffnung auf Besserung und dann? Dann gehts wieder von vorne los. Renne um mein Leben. Komme nicht von der Stelle. Dann kommt die Panik. Renne immer weiter, immer schneller. Stecke fest. Komme keinen Zentimeter vorwärts. Immer weiter machen. Immer weiter. Aber wozu? Hat doch eh keinen Sinn, kein Ziel. Immer lächeln. Immer so tun, als würde ich nichts von den Streitereien meiner Eltern mitbekommen. Nein, wir haben nicht gestritten. Ich höre es doch verdammt! Ich bin nicht taub ok?! Bekomme alles mit jedes Wort. Weiß, dass eine Scheidung für beide besser wäre. Aber das machen sie nicht. Und warum? Wegen mir. Mir zu Liebe leben sie unglücklich ein Leben, was sie zerstört. Flüchten sich in Arbeit, Hauptsache weg. Und ich? Sitze Zuhause. Stumm. Höre alles. Mache nichts. Versuche raus zu kommen. Hauptsache das alles nicht mehr mitbekommen. Aber mit wem soll ich raus? Niemand da. Einfach alleine. Warte immer, bis es nicht mehr geht. Warte, bis ich kurz davor bin zu weit zu gehen. Laufe weg. Renne. Wohin ist egal, wie lange ist egal. Einfach weg. Die Worte klingeln in meinen Ohren. Ich bin Schuld. Ich bin der Grund. Ich bin falsch. Will nicht mehr zurück nie wieder. Aber ich muss. Irgendwie muss es weiter gehen. Irgendwie muss ich mich verstecken. So tun als wäre alles gut. Mache immer alles schlimmer. Vorwürfe nichts als Vorwürfe. Sie haben recht. Alle haben sie recht. Muss weniger trinken, weiß zum Glück niemand. Muss weniger rauchen. Muss weitergehen. Muss irgendwas kontrollieren. Habe nichts unter Kontrolle. Laufe einfach weg. Feige. Druck wird mehr. Kann nichts dagegen tun. Merke zu spät was passiert. Ich bin schuld. Bin es nicht wert. Nur ein Stein. Immer im Weg, immer zu viel.
Wir werden hineingeboren in diese kranke Welt, in der man dich, wenn du dich gegen das Kranke wehrst, für den Kranken hält.
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Re: es muss weiter gehen, aber wie?

Beitragvon Sorgenkind » Di. 19.07.2016, 19:15

Beim Lesen deines Textes kann man ganz klar deine pure Verzweiflung spüren. Einen guten Rat habe ich leider nicht für dich, aber ich wollte dir trotzdem sagen, dass du mein vollstes Mitgefühl hast.
Meine Eltern ließen sich scheiden, als ich 16 war. Zuvor ging es mir genauso wie dir. Immer nett lächeln, die Fassade muss ja schließlich gewahrt bleiben. Deine Eltern wissen vermutlich nicht, wie viel Leid sie dir damit eigentlich zufügen, obwohl sie ja eigentlich genau das Gegenteil bezwecken wollten.
Wenn du nicht darüber reden magst, vielleicht schreibst du deinen Eltern mal einen Brief, in dem du ihnen all deine Gefühle und Gedanken dazu schilderst?
Ich habe gemerkt: Das Wunder, auf das ich solange gewartet habe, bin ich selbst.

(Zitat einer schwedischen Schriftstellerin)
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Re: es muss weiter gehen, aber wie?

Beitragvon loner » Di. 19.07.2016, 21:14

Liebe Julia,
Dein Leben ist schwer momentan. Das hast du nicht verdient. Denn du bist ganz sicher nicht daran Schuld, dass sich deine Eltern streiten. Im Leben ist es leider manchmal so, dass man sich irgendwann nicht mehr lieb hat und dann ist man irgendwann ziemlich genervt vom anderen, weil man so unzufrieden ist und eigentlich nicht mehr will. Und so geht es deinen Eltern auch und sie glauben vielleicht, dass es für dich besser ist, wenn sie zusammen bleiben. Oder sie wollen sich vielleicht wirklich nicht trennen, unabhängig von dir. Ich finde es schlimm, dass du das durchmachen musst. Vielleicht wäre es gut, wenn du ihnen sagst/ zeigst, wie sehr dich das belastet? Wenn du immer die Fassade wahrst, dann wissen sie bestimmt gar nicht, wie weh dir das alles tut. Ich kann verstehen, dass du gerne alles unter Kontrolle hättest. Aber manche Dinge, die kann man einfach nicht kontrollieren. Die muss man einfach hinnehmen und ganz oft ist das auch in Ordnung so. Das Leben geht immer irgendwie weiter. Ich kenne das, wenn man sich selbst nicht mehr unter Kontrolle hat, das ist ein ganz schreckliches Gefühl. Aber das ist Ausdruck deines seelischen Kummers. Und der ist im Moment so groß. Du brauchst Balsam für deine Seele. Du brauchst Liebe und Harmonie und dass man dir zuhört. Du bist an nichts schuld. Wenn du mal genau drüber nachdenkst, dann hast du wahrscheinlich nicht einmal die Kontrolle über die Dinge, und wie sollst du dann Schuld sein? Nicht mal an deiner Anwesenheit bist du schuld, denn deine Eltern haben dich ja in die Welt gesetzt und das haben sie mal aus Liebe getan. Sich zu trennen, vor allem wenn man ein Kind hat und auch schon lange zusammen ist, muss unheimlich schwer sein. Das ist ein richtiger Abnabelungsprozess, weil man ja nicht weiß, wies dann weitergeht und deine Eltern haben vielleicht auch Angst vor dem Schritt.
Weißt du das alles was in deinem Leben vorgeht, das ändert nichts an deinem Wert. Was denkst du denn, was den Wert des Menschen ausmacht? Warum solltest du nichts wert sein? Ich glaube der Wert von jedem ist ganz unabhängig von seinem Umfeld oder den Leistungen, die man bringt. Du kommst als Baby auf die Welt, siehst niedlich aus und jeder hat dich lieb. Schon ohne das du irgendetwas erreicht hast oder zu irgendwas beigetragen hast wirst du geliebt, sogar von Fremden, die dich in deinem Kinderwagen gesehen haben, wirst du liebevoll begrüßt. Schon als kleines niedliches Baby hattest du einen Wert. Und der verschwindet nicht. Dein Leben ist wertvoll. So wie es das war, als du ein süßes Babylein warst. Und jetzt wirst du auf die harte Probe gestellt. Aber das macht dich nicht schlechter. Eigentlich ist es umgekert, denn du musst dir immer wieder die Streitereien reinziehen, die dich eigentlich kaputt machen, aber du hast es bis hier her schon geschafft. Du hast es bis hier her überlebt. Das verdient Respekt. Weißt du, ich glaube schon, dass es irgendwann besser werden wird. Spätestens wenn du nicht mehr bei deinen Eltern wohnst und das nicht mehr mibekommst. Dann verschwindet auch der Gedanke, dass du irgendwas dafür kannst oder im Weg bist, denn dann müssen die das endlich alleine klären. Weißt du schon, wie du später mal leben willst? Wie willst du zum Beispiel deine Wohnung einrichten?
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Re: es muss weiter gehen, aber wie?

Beitragvon JK97 » Mi. 20.07.2016, 13:26

Danke für euren schnellen und netten Antworten.
Ich kann leider auch keinen Brief an meine Eltern schreiben, weil ich weiß wie schlecht es ihnen auch ohne meine Problemchen schon geht...
Und ich denke, sie wissen, dass mich das alles belastet. Nur wissen sie nicht wie extrem es ist. Kann sein, dass ess irgendwie weiter geht aber die Frage ist wie. So gehts jedenfalls für mich nicht mehr lange. Ich habe keine Kontrolle, müsste sie aber eigentlich haben und deswegen bin ich schuld. Mein Vater hat sich schonmal scheiden lassen, deswegen glaube ich, für ihn wäre es zwar schwer aber lange nicht so schwer wie für meine Mutter. Ich schreibe nur das was ich fühle. Ich weiß nicht warum und ich weiß auch, dass es falsch ist. Das ändert aber nichts an dem Gefühl wertlos zu sein. Ich habe gar nichts geschafft... Ich sehe zu wie ich kaputt gehe und alles um mich herum auseinander bricht, alte Freundschaften, Familie, einfach alles. Und was mache ich? Nichts. Ich ändere nichts, sehe einfach zu. Der Gedanke wird nicht verschwinden. Ob ich hier bin oder nicht, das Gefühl wird das gleiche sein. Nein, keine Ahnung... das wird auch noch dauern ich schaffs ja noch nicht mal Fürerschein zu machen wie soll das dann mit einer eigenen Wohnung was geben?
Aber Danke und Liebe Grüße
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Re: es muss weiter gehen, aber wie?

Beitragvon loner » Mi. 20.07.2016, 14:35

Hallo Julia,
An so Sachen wie Führerschein oder sonstigem darfst du das nicht messen. Ich bin auch drei mal durch die praktische Prüfuzng gefallen, obwohl mein Fahrlehrer immer gesagt habe, ich fahre so gut. Es ist doch auch klar, dass wenn es dir so schlecht geht, dass du dann einfach nicht die Kraft hast, was zu schaffen. So würde es wirklich jedem anderen auch gehen, wenn er so einen Stress und Kummer durchmacht. Du musst nicht funktionieren. Vielleicht ist der Sinn im Leben, einfach zu leben und zwar so, wie man will und wie es gut für einen ist. Deswegen setze dich nicht unter Druck. Das ist ganz schlimm in unserer Gesellschaft, das wir jungen Leute immer das Gefühl vermittelt bekommen alles ist so streng und man muss leistungsfähig sein und alles schnell und super toll schaffen. Und je älter ich werde umso mehr merke ich, dass da Bullshit ist, wirklich. Es interessiert später keine Sau, wann du den Führerschein machst, wie gut dein Abschluss ist oder sonstiges. Das einzige was für dich interessant sein muss, ist wie es dir selbst geht. Weil mit dir wirst du dein ganzes Leben noch verbringen. Und es werden immer irgendwelche Bekanntschaften kommen und gehen und es ist dann gar nicht wichtig was du "geschafft" hast. Das ist so mein Eindruck, denn ich habe mich früher nur verrückt gemacht und mache es leider immer noch ein bisschen. Im Endeffekt macht man alles nur für sich selbst und wenn man selbst damit klar kommt und glücklich ist mit dem was man schafft, dann ist das ok. Und wenn du unglücklich bist, dann liegt es in deiner Hand etwas zu ändern. Es sind meist nur unsere Ängste und Zweifel, die uns hindern, das zu tun, was wir wirklich wollen.
Ich habs nicht ganz auf dem Schirm: Gehst du denn zu einer Therapie? Ich glaube, das würde dir helfen. Ich weiß, wie schwer der Schritt dahin ist und das man sich da auch erstmal öffnet.
Was genau möchtest du denn in deinem Leben nicht mehr haben? Kannst du es beschreiben? Vielleicht können wir ja gemeinsam Ideen sammeln, wenn du möchtest. An der Situation mit deinen Eltern kannst du leider nichts machen, weil das ja die Sache zwischen deinen Eltern ist... Das ist wirklich sehr schwierig. Du kannst halt nur deutlicher machen, was sie dir antun damit. Hast du denn eine Freundin, mit der du darüber reden kannst?

liebe Grüße
loner
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Re: es muss weiter gehen, aber wie?

Beitragvon JK97 » Do. 21.07.2016, 12:06

hey Loner,
Ich weiß, dass es falsch ist diesem Druck nachzugeben und immer leistungsfähig sein zu müssen. Aber ich kann nicht anders. Permanent vermittelt einem jeder: " Du bist nur das wert, was du leistest". Du musst immer funktionieren und deine Leistung ist das Einizge was zählt. Ich weiß, dass es falsch ist aber ich kann das nicht aus meinem Kopf bekommen, wenn ich das permanent gesagt bekomme...Ich weiß, dass ich die Einzige bin, die etwas ändern kann aber dazu hab ich nicht die Kraft oder den Mut oder wie auch immer. Bei mir sind diese Ängste oft so groß, dass ich gar nicht mehr weiß was ich wirklich will, wer ich eigentlich bin.
Ja, ich gehe zur Therapie, aber das Geld was die Krankenkasse da investiert wäre überall besser angelegt als bei dieser Therapie...
Da gibts viel... Ich möchte nicht mehr immer funktionieren müssen wie ein Roboter. Nicht immer tausenden Erwartungen ausgesetzt sein, die machen mich kaputt weil ich sie nicht erfüllen kann obwohl ich es eigentlich will. Ich will nicht immer unterbewusst für alles verantwortlich gemacht werden. Ich will so leben dürfen, wie ich es will und nicht so wie es andere gerne hätten. Aber dafür bin ich zu unselbstständig, habe ich kein Geld für und ich würde wahrscheinlich immer das Gefühl haben meine Eltern im Stich gelassen zu haben. Sie begreifen nicht, was sie mir damit antun und werden sie auch nie. Sie erwarten immer Verständis von mir für alles. Meine Mutter erwartet immer Anerkennung dafür, dass sie sich kaputt arbeitet. Sie glaubt es würde nichts mehr funktionieren wenn sie nicht immer alles macht und begreift nicht, dass es schon lange nicht mehr funktioniert und das es durch noch mehr arbeiten noch weniger funktioniert. Und mein Vater? Erklärt meine Mutter für vollkommen bekloppt, hat es aufgegeben ihr immer wieder ins Gewissen zu reden. Er weiß genau, dass mich das kaputt macht, aber er hat keine Kraft mehr etwas zu ändern. Bzw. er hat es nach über 20 Jahren aufgegeben etwas zu ändern. Hat immer nur Energie reingesteckt, die dann zum Gegenteil geführt hat und mittlerweile ist einfach total ignorant, um sich selbst zu schützen. Daran wird sich bei beiden auch so schnell nichts ändern. Nö, die haben alle mittlerweile keinen Bock mehr auf mich. Manche haben mich von heute auf morgen ignoriert, andere versuchen still und heimlich um jede Gelegenheit drum herum zu kommen etwas mit mir machen zu müssen. Ich bin alleine und das vl auch besser so. Kann ich nicht mehr ganz so viel Schaden anrichten...
LG
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