schreiblaune!

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schreiblaune!

Beitragvon justme24 » Sa. 30.05.2015, 18:50

Ich halte seinen leblosen Körper in meinen Armen. Ein letztes Mal will ich mit ihm allein sein, mich von ihm verabschieden, bevor die schreckliche Nachricht seinen Umlauf nimmt.
Langsam wandert mein Blick an seinem Körper hinab und erst jetzt bemerke ich, dass seine rechte Hand und einer der beiden Fußknöchel in einem seltsamen Winkel vom Körper abzustehen scheinen. Bis jetzt habe ich gar nicht realisiert, welch schwere Verletzungen er sich durch den Sturz zugezogen hatte. Langsam streiche ich ihm über den gebrochenen Arm, in der Hoffnung ein kleines Zeichen des Schmerzes zu sehen – nichts. Reglos liegt er in meinen Armen, die Augen geschlossen. In der Ferne höre ich bereits das Horn des Rettungsautos und weiß: Mir bleiben nur noch wenige Sekunden bis der Notarzt an der Unfallstelle eintrifft. Ein letztes Mal streiche ich ihm durch die blutverschmierten braunen Haare - schon sehe ich das Blaulicht in der Dämmerung. Ein letztes Mal senke ich meine Lippen auf die seinen und flüstere:“ Ich liebe dich.“. Schon trifft der Rettungswagen ein und ich spüre den festen Griff eines Sanitäters, der versucht mich aus der Gefahrenzone zu bergen. Ich klammere mich an den leblosen Körper, doch vergeblich – meine Kräfte scheinen mich nach den Strapazen der vergangenen Stunden endgültig zu verlassen. Ich lasse mich zu einer Trage führen und in eine Decke wickeln. Jemand reicht mir ein Taschentuch, welches ich annehme, ohne mir bis zu diesem Zeitpunkt im Klaren darüber zu sein, dass mir unaufhörlich Tränen über das Gesicht rinnen. Am Rande nehme ich war, wie der Notarzt alles versucht, um meine Liebe zu retten. Ich möchte schreien, dass er nichts mehr tun kann, aber die Worte bleiben mir im Hals stecken. Stattdessen werde ich von einem weiteren Weinkrampf geschüttelt, der mir nur allzu bewusst ist. Der Rettungssanitäter, welcher sich in der Zwischenzeit um mich bemüht hat, fragt mich nach meinem Namen und meiner Adresse, doch ich gebe ihm keine Antwort. Zu sehr ist mein Blick auf den am Boden liegenden Körper fixiert, der nach wie vor verzweifelt vom Notarzt bearbeitet wird. Abrupt hält dieser in seiner Bewegung inne, beugt sich horchend über den Oberkörper des Leblosen, schüttelt den Kopf und teilt dem Rettungssanitäter an seiner Seite stumm mit, dass es zu spät ist. Dieser erhebt sich sogleich und verschwindet im Rettungswagen. Sogleich kommt er mit einer Trage und einem Kollegen im Schlepptau zurück. Mit vereinten Kräften wird der Tote auf die Trage gehoben und schnellen Schrittes im Wagen untergebracht.
Ein leichter Nieselregen hat eingesetzt, als der Notarzt sich mir zuwendet und mich bittet ihn ins Krankenhaus zu begleiten. Mechanisch nicke ich mit dem Kopf, ohne die Bedeutung seiner Worte zu erfassen. Der nette Sanitäter, der bis zuletzt an meiner Seite ausgeharrt hat, hilft mir auf die Beine und begleitet mich zum Rettungsauto. Anscheinend fürchtet er, ich könnte den Weg alleine nicht zurücklegen. Und wirklich: Kurz bevor wir den Wagen erreichen, geben meine zitternden Beine nach und ich sinke zu Boden.

Immer wieder sehe ich ihn, wie er stumm und leblos vor mir liegt, ohne Zeichen jeglicher Regung. Egal wie oft die Ereignisse der letzten Stunden in meinem Kopf ablaufen, ich kann nicht begreifen, dass ich nie wieder in diesen wunderschönen blauen Augen versinken werde. Dass ich nie wieder seine warmen Lippen auf meinen spüren werde. Dass ich nie wieder sein herzhaftes Lachen sehen und seine starke Umarmung spüren werde. Meine Augen haben vielleicht den leblosen, verunstalteten Körper am Boden gesehen, aber mein Herz hat noch lange nicht begriffen, dass dies vorerst das Ende meines glücklichen Lebens ist.

Das letzte was ich wahrnehme sind die Worte des Notarztes, die sich wie durch Watte gedämpft, einen Weg in mein Bewusstsein kämpfen: „Marlene? Kannst du mich hören?“ Dann verliere ich das Bewusstsein.
"I promise to be there when you need me; I promise to hugh you tight, when you're lonely; I promise to wipe your tears, when they fall; and I promise to keep you, not for the rest of my life, but for the rest of yours!"
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Re: schreiblaune!

Beitragvon SHIKI » Mi. 03.06.2015, 19:41

Hi Justme,
ich fand deine Kurzgeschichte echt gut.Vorallem gefiel mir dein Erzählstil.Ich hoffe das ich bald auch so gut schreiben kann wie du :D.

LG Shiki
"Unfähig mit Menschen zu reden,zu leben.
Vollständiges Versinken in mich.Denken an mich.Stumpf,gedankenlos,ängstlich.
Ich habe nichts mitzuteilen,niemals,niemandem."

~Franz Kafka

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Re: schreiblaune!

Beitragvon justme24 » Mi. 10.06.2015, 16:34

Liebe Shiki!

Danke, dass is lieb von dir..nachdem ich nicht der Meinung bin, wirklich gut schreiben zu können ;)
Schreibst du denn auch gerne? Schick mir doch mal was? :)

grüße,
justme :cuddle:
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