Erdbeeren (Trigger?)

In diesem Unterforum könnt Ihr Euch zum Thema Suizid (Selbstmord) und Tod austauschen, sowie der Trauer, die ein (Frei-)Tod hinterlässt.
Wichtig: Ihr könnt und dürft hier über Eure Suizidgedanken sprechen, allerdings sind konkrete Absichten bzw. Ankündigungen hier nicht erlaubt bzw. können evtl. an die Behörden weitergeleitet werden!

Erdbeeren (Trigger?)

Beitragvon Tweety » Sa. 09.07.2011, 11:14

Hallo ihr lieben,
ich habe durch Zufall diese Seite entdeckt und einige Berichte gelesen.
Vorab möchte ich sagen das ich eine hinterbliebene Mutter bin.
Es ist schrecklich was ich hier zu lesen bekomme und wünschte das es solch schrecklichen Ängste,Gefühle und Gedanken nicht geben würde. Mir ist bewusst,das all diejenigen die den Entschluss vollziehen es aus letzter Verzweiflung tun.
Meine Tochter (20) hat sich vor 4 Jahren entschlossen sich auf weiterreise zu begeben indem sie sich erhängte. Sie war ein sehr sensibles Mädchen und auch mit Problemen behaftet. Schule,Zukunftsangst usw was junge Mädchen eben so belastet. Im großen und ganzen war es letztendlich der Liebeskummer mit dem sie nicht leben konnte.
Warum ich schreibe,ich möchte aus der Sicht einer Hinterbliebenen berichten.

Der Schock wenn die Polizei im Haus steht und dir berichtet was du verloren hast. Du kannst es nicht wahr haben. Alle versuche,den Polizisten vom Gegenteil zu überzeugen,scheitern. Du willst es nicht wahr haben,doch du MUSST.
Verabredet an diesem Sonntag,zu leckerem Frühstück. Ich denke noch an die Erdbeeren,diese ja nicht zu vergessen weil sie doch Erdbeeren so mag. Ich freue mich,in 10 geht es los denn wir wollen Pünktlich sein.
Dann,mit einmal steht da die Polizei die versucht dir zu sagen das sich dein Kind das leben genommen hat.
Ich war nicht mal ausser mir,habe versucht dem Polizisten zu erklären das er sich in der Adresse geirrt hat,er solle doch noch mal richtig recherchieren. Ich sage ihm dass das nicht sein kann weil wir zum Frühstück verabredet sind und ich ihr doch die Erdbeeren mitbringen wolle.
Ich sah in seinem Gesicht das er mir sagen will,das ich sein dasein nicht ungeschehen machen kann.
Ich setzte mich,bin Gedankenlos.Gehe nach draußen,laufe umher dann setzte ich mich wieder. Er war noch immer da. Es flossen Tränen,aber gewusst,warum,das wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht. Dann legte ich mich hin,in der Hoffnung aufzuwachen um festzustellen,es war ein böser Albtraum. Ich konnte es drehen und wenden wie ich wollte ich konnte der Wahrheit nicht entfliehen. Der Zusammenbruch folgte und mein Mann fuhr zu einem Arzt um passende Medizin zu besorgen. Alles was der Polizist hinterließ war die Nummer einer Seelsorge. Das war es für ihn und ging seines Weges.
Du stehst da,hilflos wie ein kleines Kind. Was ist zu tun? Was ist deine Aufgabe? Wie geht es weiter in einer verlorenen Welt?
Du glaubst du hast es verstanden,versuchst es dir bewusst zu machen zu akzeptieren.

In 6 Wochen ist die Beerdigung. Möchtest du sie noch mal sehen? Soll man es? Macht man das so? Wie machen es andere? Ich habe mich entschieden nicht hinzugehen. Ich weiß nicht mal ob ich es bereuen kann sie nicht ein letztes mal zu sehen. Zu sehen,wie ihre letzten Stunden waren,nein das konnte und wollte ich nicht. Stattdessen musst du entscheiden wie dein Kind beerdigt werden soll. Das mit der Frage im Hinterkopf ob es ihr so recht gewesen wäre. Man,was für Gedanken die man sich macht.
Was ist mit ihren Besitztümern? Sie hatte doch erst 3 Monate ihre eigene Wohnung die sie sich so gewünscht hat. Du musst den Raum betreten wo sie ihre letzten Stunden verbracht hat.Du stehst vor der Tür,zitternd und voller Angst was dir begegnen wird. Die Polizei hat dir versichert das alles beiseite geräumt wurde was mit der Notfallmaßnahme zusammen hängt und keine Spuren zu sehen seien. Doch ist es wirklich so? Du öffnest die Tür und das erste was du siehst ist keine optische Sicht. Es ist die Vorstellung ihrer verzweiflungsvoller Tat. Doch wieder mal MUSST du weiter machen denn die Miete zahlt niemand und der Vermieter hätte gern seine Wohnung wieder. Alle möglichen Freunde haben haben kund getan was sie denn gerne hätten. Mir war das alles so egal. Ich wollte nur die Dokumente,Fotos zu mir nehmen. Dinge die ihre Intimsphäre verletzen könnte habe ich beiseite geschafft (Unterwäsche etc). Den Freunden habe ich am nächsten Tag die Schlüssel übergeben damit sie sich nehmen können was sie wollten.

Die Beerdigung,ich hatte noch nie an einer Beerdigung teilgenommen. Und nun trägst du dein Kind zu Grabe. -.-
Ich stand dort wie damals,als der Polizist in deiner Wohnung stand. Ich hatte das Gefühl hier fremd zu sein. Ich legte eine Rose zu ihrer Urne und wartete...nichts passiert in mir. Ich sehe die Blicke der anderen,die Tränen der anderen.Als würden sie auf etwas warten. Genau das ertrug ich nicht,ich ergriff die Flucht. Sagte meinem Mann das ich hier weg will und wir fuhren weg. Habe alle trauernden dort Wortlos stehen lassen. Es war mir egal,denn ich gehöre hier nicht hin.

Im laufe der Zeit hast zu verstanden was geschehen ist. Von begreifen jedoch keine Spur. Ohne das du es selber mitbekommst veränderst du dich. Was andere dir sagen,ist alles nicht wahr. Du denkst nur,ihr habt doch alle keine Ahnung.

Jetzt bin ich gerade an einem Punkt der mich sehr zittrig macht und gerade nicht weiter tippen kann. Ich versuche es später....

Im laufe der Zeit bin ich Stück für Stück gestorben. Mehr und mehr ließ ich von Menschen ab die ich liebe. Zog mich in meiner eigen Welt,die sehr einsam ist,zurück. Es soll niemanden mehr geben der mir so sehr weh tun kann. Ich habe gedacht,das wenn ich niemanden habe den ich liebe,dann kann ich auch niemanden verlieren der mir weh tun kann. Es ging soweit das ich meinem Mann sagte das er gehen solle, Ich würde ihn nicht mehr lieben,es ist vorbei. Und tatsächlich habe ich mich soweit zurück gezogen das ich schon selber fühle habe was ich da rede. Wir haben uns getrennt vor 2 Jahren. Dabei weiß ich ganz genau,das die Frau die meinen Mann an ihrer Seite hat,keinen besseren finden kann. Ich weiß es,aber ich fühle es nicht. Ich bin tot.
Heute bin ich nicht mal allein,ich bin einsam. Nächte in den ich nicht schlafen kann,nicht einschlafen kann. Behelfe mich mittlerweile mit ritzen um den Schmerz abzulenken auf einen anderen Schmerz. Komme sonst nicht aus der Gedankenwelt raus.

Das Grab besuche ich selten,denn noch heute habe ich das Gefühl,ich gehöre da nicht hin und mein Kind hat hier nichts zu suchen. Ab und an erwische ich mich noch das ich denke und hoffe,sie wäre vereist und steht eines Tages vor meiner Tür.

Nun stehe ich da, und denke so oft daran, auf weiterreise zu gehen.
Ich hoffe zu dieser Jahreszeit wird es Erdbeeren geben.


Ich danke allen die mir geduldig zugehört haben. Bitte keine Ratschläge das ich eine Therapie aufsuchen möchte. Ich bin Atheist,kann mit Äußerungen wie dem Glauben also auch nichts anfangen.

Eure Tweety
Tweety
 

Re: Erdbeeren (Trigger?)

Beitragvon Mulle » So. 10.07.2011, 17:09

hall o tweety,
ich denke nicht das dir jemand ratschläge bezüglich einer therapie geben wird, wenn du es nicht möchtest. das ist etwas, was man anstrebt, wenn man die kraft und den willen dazu hat.
auch ich bin atheist, kann mit religiösen sachen nichts anfangen.
was willst du jetzt tun?
Mulle
 


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