Frage: Fehlende Distanzierung zum Suizid, Suizidverträge, ..

In diesem Unterforum könnt Ihr Euch zum Thema Suizid (Selbstmord) und Tod austauschen, sowie der Trauer, die ein (Frei-)Tod hinterlässt.
Wichtig: Ihr könnt und dürft hier über Eure Suizidgedanken sprechen, allerdings sind konkrete Absichten bzw. Ankündigungen hier nicht erlaubt bzw. können evtl. an die Behörden weitergeleitet werden!

Frage: Fehlende Distanzierung zum Suizid, Suizidverträge, ..

Beitragvon Mäuschen » Do. 15.02.2018, 12:31

Ich habe mich schon öfters mal gefragt, worin genau der Sinn von Suizidverträgen liegt. Die werden ja gerne eingesätzt, damit sich ein Klient nicht umbringt. Aber wenn ich mich umbringen möchte, dann ist es mir doch egal, was auf so einem Papier steht, oder?!

Die andere Frage betrifft das Thema der Fehlenden Distanzierung zum Suizid. Also habe geade darüber nen Buchartikel gelesen. Es heißt ja immer, dass de Klienten, sich von den Suizidgedanken distanzieren muss, da er ansonsten als akut suizidal und damit eigengefährdet gilg und in die Klinik muss. Jetzt frage ich mich, wie diese fehlende Distanzierung aussieht. Also in meinem Kopf ist halt die Vorstellung, wenn ich mich umbringen möchte (also das sind jetzt hypothetische Fragen!), dann will ich das auch tun und wenn mich dann jemand davon abhalten will, so erkläre ich dieser Person doch, dass gar nichts ist, dass ich mich nicht umbringen möchte usw. Habe mir vielleicht auch schon Argumente zurechtgelegt, die dies verdeutlichen. Das hat ja aber nichts mit dem zu tun, was ich tatsächlich möchte, wie es in mir wirklich aussieht. Also ich kann doch dem Therpeuten oder um wen es geht, auch einfach etwas vorspielen. Versteht ihr, was ich meine?

Oder bedeutet fehlende Distanzierung zu den Suizidgedanken, dass man dann auch nicht mehr in der Lage ist, den Therapeuten quasi anzulügen? Woran erkennt der Therapeut denn, dass man diese Distanziertheit nicht mehr hat? Klar, ich kann ihm sagen, dass ich keine Verantwortung mehr für mein Handeln übernehmen kann. Aber das bedeutet für mich im Rückkehrschluss, dass die Person doch noch Lebenswillen hat, da sie andernfalls ja nicht um Hilfe bitten würde, was das Zugeben der fehlenden Distanzierung letztendlich ja ist. Denn dann kommt man in ne Klinik. Aber wenn ich mich umbringen möchte, dann will ich das ja und werde dem Therapeuten nicht verraten, dass ich es tun möchte, da er mich ansonsten ja davon abhalten würde/könnte. Versteht ihr den Unterschied? Oder ist man in dem Moment tatsächlich nicht mehr in der Lage, der Therapeuten anzulügen?

Hat da jemand mit Erfahrung? Würde mich interessieren, wie sich das für die Person selbst anfühlt. Also nicht, dass der Therapeut entscheidet, dass man in die Klinik muss, das wäre für mich ein fürchterliches Gefühl, sondern wie man sich in der Situation fühlt, die den Therapeuten eine Klinikeinweisung veranlassen lässt.

DIe Frage interessiert mich rein theoretisch, aber auch wegen etwas, was in meinem letzten Arztbrief steht. Da ist die Aussage, ich hätte zwar Suizidgedanken, wäre aber klar distanziert von diesern. Und ich frage mich halt, wie meine Therapeutin zu dieser Aussage kommen konnte, denn es war bei mir zu verschiedensten Zeiten meines letzten Klinikaufenthaltes (Tagesklinik) sehr kritisch und konkret. Natürlich ist die Ansage, man soll sich dann Hilfe holen und dem Personal bescheid geben. Aber ich wollte ja tot sein. Warum sollte ich mir dann Hilfe holen?! Ich frage mich eben, wie meine Therapeutin zu der Aussage kam. Im Prinzip hat sie sicch sogar ziemlich schnell davon überzeugen lassen, dass ich mir nichts antun werde. Also natürlich, ich habe ihr versprechen müssen und ihr die Hand geben, dass ich mir nichts antun werde. Aber was bedeutet das schon?! Also für mich hatte es keinerlei Bedeutung und ich wollte nur nicht auf Station müssen und habe daher alles gemacht, gesagt, was sie möchte.

Hat sie mich zu schnell gehen lassen? Habe ich so gut geschauspielert? (Was ich eigentlich gar nicht gut kann...) Oder ist es, dass man jemandem noch etwas vorspielen kann, objektiv gesehen vielleicht sogar ein Kriterium dafür, dass eine Distanzierung zu den Gedanken noch vorhanden ist?

Ich hoffe, ihr versteht meine Fragen und könnt mir weiterhelfen! Danke :D
Mäuschen
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Re: Frage: Fehlende Distanzierung zum Suizid, Suizidverträge

Beitragvon Dave » Do. 15.02.2018, 13:47

Ich glaube du verwechselst da etwas. Suizidgedanken und ein direkter Wunsch nach dem Suizid sind zwei verschiedene Sachen. Ich glaube das es mit dem distanzieren gemeint ist, dass diese Suizidgedanken zwar auftreten, doch der Betroffene diese nicht in einen vollkommen Wunsch übergehen lässt, also sich in dem Sinne davon distanziert. Wäre aber jetzt nur meine Vermutung dazu.

Auch gibt es da Unterschiede zu den Arten wie sich diese Gedanken oder der Wunsch auswirkt. Manche wollen sich das Leben nehmen, sind sich aber dennoch dabei unsicher. Diese Menschen hadern ziemlich lange damit eine Entscheidung für sich zu treffen, denn ein Teil in diesen Mensch will immer noch Leben, auch wenn der andere Teil sterben möchte. So kann ein Suizidvertrag der Person ein bisschen halt geben, ausreichend genug um die letzte Überwindung zu verhindern. Ob es wirklich nützlich ist unterscheidet sich von Person zu Person.
Auch gibt es welche die Suizidgedanken haben, aber diese Gedanken sich eher aufdrängen und nicht dem wirklichen Wunsch entspricht. Diese Leute wollen Leben, doch in gewissen Situationen schon fast zwanghaft auftretende Gedanken an den Suizid.
Dann gibt es wiederum auch die, die sich den festen Entschluss gesetzt haben zu sterben. Sie werden natürlich nicht nach außen zeigen was in ihnen vor geht um ein Scheitern zu verhindern und ihnen ist meist alles andere egal, da es für diese Menschen gefühlt keine Rolle mehr spielt.

Das sind jetzt grob die Arten die ich kenne bei denen Suizidgedanken auftreten. Je nachdem wird Hilfe gerne angenommen um den Suizid an sich zu unterbinden oder zu verhindern, aber auch falsche Tatsachen vorgespielt um genau das Gegenteil zu bewirken. Etwas das ich auch beobachten konnte ist eine sehr große Sensibilität für Menschen mit Suizidgedanken, was nun den Wunsch über einen tatsächlichen Suizid betrifft. So kann es vorkommen das sich Menschen angegriffen und provoziert fühlen, die noch keinen Entschluss für diese Entscheidung getroffen haben, wenn man ihnen mitteilen möchte das der Suizid der falsche Weg ist, da es anscheinend immer noch irgendetwas gibt das sie an der Entscheidung zweifeln lässt. Es kann in der Hinsicht passieren das sich die Person in der Weise provoziert sieht, da sie sich nicht umbringt und gefühlt gesagt bekommt das sie nicht das zeug dazu hat es schlussendlich zutun, was natürlich in keiner Weise gemeint oder beabsichtigt ist, aber so wahrgenommen werden kann.

Anscheinend kam deine Therapeutin zu dem Schluss das du diese Gedanken zwar hast, dich aber von der Umsetzung distanzierst. Sie kann aber natürlich genauso gut mit ihrer Vermutung falsch liegen. Dafür das du aber jetzt noch lebst spricht doch jedenfalls dafür das sie recht hatte, jedenfalls zu diesem Zeitpunkt.

Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen das es immer recht leicht ist Menschen etwas vorzuspielen. Gerade wenn man ihnen einfach sagt was sie hören möchten geht es sehr schnell, aber wenn man das tut, dann blockiert es einen nur selbst und dieses Scheinbild was man geschaffen hat kann zu einem ziemlich großen Problem werden, da man einem nicht helfen kann wenn man nicht mal weiß was überhaupt wirklich los ist.
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Re: Frage: Fehlende Distanzierung zum Suizid, Suizidverträge

Beitragvon Mäuschen » Do. 15.02.2018, 15:38

Danke für deine Antwort! Ja, ich würde auch sagen, dass es grundästzlich diese Kategorien von suizidalen Menschen gibt...

Dave hat geschrieben:Anscheinend kam deine Therapeutin zu dem Schluss das du diese Gedanken zwar hast, dich aber von der Umsetzung distanzierst. Sie kann aber natürlich genauso gut mit ihrer Vermutung falsch liegen. Dafür das du aber jetzt noch lebst spricht doch jedenfalls dafür das sie recht hatte, jedenfalls zu diesem Zeitpunkt.


Stimmt, ich lebe noch :P Allerdings war es zeitweise extrem konkret und schon kurz vor der Umsätzung. Und das sind doch normal die Momente, wo es um (zwangs-)stationäre Einweisungen geht und das ist das, was mich irritiert. Heißt es, dass sie es als nicht so schlimm angesehen hat, dass es gar nicht so schlimm war und ich mich daraus folgend selbst falsch einschätze. Also ich habe manchmal selbst vor mir angst... Oder hat sie es die Situation einfach falsch eingeschätzt. Also ich habe ihr natürlich versucht zu verstehen zu geben, dass ich mir nichts antun werde, da ich ja an meinen Plänen nicht gehindert werden wollte.

Ist man denn, wenn man es wirklich fest vorhat, noch in der Lage, jemandem vorzumachen, dass man es nicht tun wird?

Ich stelle mir das halt so vor, bzw. so ist es bei mir, wenn es sehr akut ist: Es geht im Gespräch um Suizidgedanken. Mir ist klar, wenn ich das sage, was ich tatsächlich denke, also dass ich wirklich sterben möchte (nochmal ganz kurz hier, momentan ist das bei mir kein Thema, nicht dass ich falsch verstanden werde :roll: ), dass ich dann sofort in eine Klinik eingewiesen werde. Also sage ich dies natürlich nicht und versuche das Gespräch so zu lenken, dass mein Gegenüber denkt, ich kann mich noch ausreichend von den Gedanken distanzieren und sie sind noch kein tatsächlicher Entschluss. Oder ist solch eine Lenkung gar nicht mehr möglich, wenn man kurz davor steht? Also woran genau merken die Therapeuten, dass man es nicht tun wird?! Woran hat das meine Therapeutin festmachen können?

Im Herbst hatte ich mal soetwas wie nen Suizidversuch. Wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob das bereits zählt, da ich noch rechtzeitig gestoppt habe. Damals war ich wie in einer Art Trance Zustand. Ist es das, was dann als fehlende Distanzierung beschrieben wird?

Irgendwie kann ich mir das alles nicht so ganz vorstellen. Also wenn kommen Therapeuten zu der Entscheidung, dass eine Einweisung notwendig ist?

Ich weiß nicht, ob ihr/du, meine Gedanken genau nachvollziehen könnt...
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Re: Frage: Fehlende Distanzierung zum Suizid, Suizidverträge

Beitragvon Mäuschen » Do. 15.02.2018, 15:47

Daraus folgt dann ja im Prinzip die Frage, was ich tun muss, um zu signalisieren, dass es jetzt wirklich ernst ist und ich ne stationäre Behandlung brauche und nicht wieder weggeschickt werden würde. Bisher haben sich nämlich alle Therapeuten immer extrem leicht davon überzeugen lassen, dass es nicht ernst ist...
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Re: Frage: Fehlende Distanzierung zum Suizid, Suizidverträge

Beitragvon Dave » Do. 15.02.2018, 17:20

Eine Zwangseinweisung findet dann statt wenn ein Mensch eine akute Gefahr für sich selbst oder andere darstellt. Suizidgedanken allein ohne einen ausdrücklichen Nachweis darüber das eine Person diese ausführen wird reichen meist nicht aus um eine Zwangseinweisung zu veranlassen. Es ist aber möglich auf eigenen Wunsch sich in so einer Situation in eine entsprechende Klinik zu begeben.
Gerade weil es schwer ist zu beurteilen wann es wirklich problematisch wird und vor allem auch wenn Menschen aus der Angst vor einer Zwangseinweisung die eigenen Probleme verheimlichen, kommt es oft vor das Menschen erst nach einem Suizidversuch in einer Klinik zur weiteren Beobachtung landen.

Die Hilfe die man braucht kann man erst wirklich nur dann kriegen wenn man auch alles offen legt und ehrlich ist. Das könnte natürlich auch Konsequenzen haben, aber die gibt es dann nie ohne irgendeinen Grund. Auch Therapeuten können nicht wissen was in einem vorgeht wenn man es ihnen nicht sagt. Manches lässt sich vermuten und es gibt Menschen, die nicht wirklich in der Lage sind etwas zu verheimlichen, da ist es nochmal was anderes.

Vielleicht hilft es dir ein wenig voran zu kommen wenn du dir mal genau überlegst was du dir wünschst und was für Erwartungen du zum Beispiel gegenüber deiner Therapeutin hast. Dann natürlich auch wie sich diese Sachen erreichen lassen, vor allem aber was du bereit bist dafür zutun. Gerade eine Zwangseinweisung ist etwas das man nur ungern mitmacht, aber es kann auch hilfreich sein, da man permanente Betreuung hat und zu jeder Zeit medizinische Unterstützung.

Was mir manchmal auch hilft ist daran zu denken das manche Probleme im Leben wie Splitter im Körper sind. Um dem Körper die Möglichkeit geben zu können sich zu heilen muss man diesen Splitter entfernen, doch das kann unangenehm werden, aber es ist ein notwendiges Übel und es wird vorüber gehen wenn man bereit ist das nötige zu tun.
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