Sehnsucht nach euphorischen Hochgefühl

Wenn ihr depressiv seid, könnt ihr euch hier über die Krankheit Depressionen austauschen, aber auch über andere depressive Zustände wie Burn-Out oder die manisch-depressive (bipolare) Störung.

Sehnsucht nach euphorischen Hochgefühl

Beitragvon Gast07 » So. 16.10.2016, 11:25

Liebes Forum.
Ich leide seit langer Zeit unter psychischen Problemen, insbesondere starken Stimmungsschwankungen. Im Moment, also seit ca 2 Jahren, ist mein Leben allerdings eigentlich recht geregelt und ausgeglichen. Keine Umzüge mehr, keine bulimischen Fress- und Brechanfälle mehr, keine wechselnden dysfunktionale Beziehungen mehr sondern einen festen Partnern der auch mit mir zusammenlebt, keine Jobwechsel mehr und auch keine Nachtausflüge mehr. Eigentlich alles perfekt. Und genau da ist das Problem: Ich sehne mich danach auszubrechen und nach diesem Hochgefühl. Sei es nur dass ich wieder Fressen dürfte und k*tzen gehen, oder einfach mal krankmelden oder in Urlaub fahren von jetzt auf gleich oder mir ein kleines zimmerchen besorgen wo ich mich versteclen kann...aber ich weiss ja, dass das alles nicht gut für mich ist und mich auf Dauer nicht weiterbringt. Und zu meinem jetzigen leben auch nicht mehr passend, ich müsste mich von allem trennen. Und genau danach sehnt es mich extrem. Alles weg. Keine menschlichen Kontakte mehr, nur noch in den Tag hinein und tun was mich euphorisch stimmt. Dieser Drang ist total stark und alles, was so im Alltag ist, gibt mir nicht das intensive Glücksgefühl das die o.g. Dinge mir geben wenn ich sie mache.
Ich habe mich für dieses Leben ja entschieden. Ich möchte diese Dinge nicht mehr tun weil sie mir schaden aber es ist so schwer diesen Drang auszuhalten wenn man sich so leer und schwermütig und traurig, ängstlich und einsam und auch unliebenswert fühlt und sich nur danach sehnt etwas Glück empfinden zu können.
Wenn ich antidepressiva nehmen würde, würde sich die Tiefstimmung in nullkommanichts in eine absolute Selbstüberschätzung umwandeln und ich würde mich wieder wie der König persönlich fühlen, von allen geliebt und angebetet und der Drang dieses positive Gefühl aufrechterhalten wäre genauso stark wie der jetzige, den ich gerade ertragen muss.
Was ist nur los mit mir??? Warum kann ich nicht einfach zufrieden sein mit all dem was ich habe????
Gast07
 

Re: Sehnsucht nach euphorischen Hochgefühl

Beitragvon Richi » Fr. 21.10.2016, 18:46

Hallo Gast07
Du scheinst Dich in einer schwierigen Situation zu befinden. Ich hoffe, Du findest einen Weg, um etwas Druch loszuwerden, ohne zu extrem zu werden und Deine Gesundheit zu schädigen. Es hört sich halt so an, als wenn Du innerlich ziemlich hin-und hergerissen bist. Eigentlich müßte alles in Ordnung sein, doch etwas in Dir nimmt genau das Gegenteil wahr. Kennst Du diese heftigen Gefühlsschwankungen bei Dir schon von früher? Es könnte ja sein, dass Deine Form der Erkrankung bzw. Störung gerade wieder stärker in Erscheinung tritt und Du dadurch innerlich den unangenehmen Druck verstärkt wahrnimmst. Wie hast Du es früher geschafft, vernünftig mit Deiner Erkrankung umzugehen?
Von außen hört es sich so an, als wäre Dein Leben zienmlich gut sturkturiert und geordnet. Du scheinst für Dich, sowohl beruflich als auch privat, vieles erreicht zu haben. Ich kann mir vorstellen, wie unangenehm es sein muß, wenn man trotzdem unglücklich ist, es irgendwie nicht wirklich genießen kann, obwohl genau das gegeteilige Gefühl richtig wäre, denn alles scheint in bester Ordnung zu sein.
Doch wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann macht Dich das alles nicht wiklich und spürbar glücklich. Ich weiß natürlich nicht, ob Du zu den Personen gehörst, die eher nur funktionieren und dadurch nicht mehr Zeit haben, in sich hinein zu horchen, um rechtzeitig auf die eigenen Bedürfnisse reagieren zu können. Konntest Du in den letzten Jahren Dinge genießen? Hast Du vielliecht sogar Sachen erlebt, die Dir wirkich viel Freude bereitet haben, ohne auf Deine Dir bekannten heftigen "Mechnismen" zurückgreifen zu müssen. Dann besteht vielleicht auch wieder die Möglichkeit, dort wieder hinzukommen, ohne alles zu verlieren bzw. aufgeben zu müssen. Das wäre bestimmt sehr schade.
Gibt es denn nicht etwas in Deinem Leben, das wirklich etwas in Dir bewegt, ohne Deine Gesundheit zu gefähreden. Etwas, das Dir große Freude bereitet und in der Lage ist, entsprechnende Botenstoffe in Deinem Körper auszuschütten? Nur zu funktionieren scheint nicht immer auszureichen, vielleicht macht es auch etwas unglücklich, doch es ermöglicht einem vielleicht ein abgesichertes Leben. Hierbei eine gewisse Balance für sein Leben zu errrechen und dabei nicht zu unglücklich zu werden, ist bestimmt gar nicht so einfach.
Ständige Freudlosigkeit über einen längeren Zeitraum sind vielleicht ein Hinweis auf eine stärker werdende gesundheitliche Problematik.
Jedoch verstehe ich auch, wenn man über einen längeren Zeitraum mit sich sehr "extrem" umgegangen ist, gewaltige Höhen und Tiefen durchlebt hat, dass es dadurch auch zu emotionalen Schwierigkeiten kommen kann. Ich glaube, dass der Körper In extremen Situationen bestimmt sehr viele eigene Botenstoffe ausschüttet, in positiven und negativen Situationen, die dann zu den entsrechenden heftigen emotionalen Gefühlen beitragen, die sich in die Erinnerung irgendwie "einbrennen". Ich meine damit eine Art "Kick" im guten wie auch im schlechten Sinne. Das "normale" Leben könnte dadurch irgendwie sehr "fade" werden. Es gibt bestimmt auch Menchen, die brauchen den Stress, die Angst, die Aufregung und die Action, halt den besonderen "Kick", um sich ein Gefühl der Zufriedenheit zu verschaffen. Ich glaube aber, dass es nicht immer umsetztbar ist. Vielleicht beteht ja die Möglichkeit durch kleine "Abenteuer" bzw. durch etwas Abwechslung eine Veränderung zu bewirken.
Jedoch wäre es bestimmt von Vorteil, wenn man die eigenen Signale des Körpers frühzeitig erkennen kann, um dann rechtzeitig gegensteuern zu können, bevor es zu Extrem wird.
Leichter gesagt als getan, denn ich habe mir auch schon Situationen geschaffen, die nicht gut für mich waren, doch die ich brauchte, um mit dem inneren Druck fertig zu werden. Leider sind diese "zerstörereischen" Mechanismen ein Bestandteil meiner Erinnerungen, die mir manchmal Angst machen, denn ich weiß, dass ich mich in diesen Momenten besonders gut spüren kann und für kurze Zeit werden alle anderen Probleme eher unwichtig.
Bevor es zu schlimm wird, oder man evtl. Gefahr läuft, zu viel zu zerstören, sollte man sich lieber Hilfe holen. Es wäre vielleicht auch in Ordnung, auch nur für eine kurze Zeit oder als Bedarf, sich medikamentöse Unterstützung zu holen.
Vielleicht ist der Hunger nach Aufregung bzw. nach Abwechslung und anderen Dingen gar nicht mehr so groß, wenn man sich vor Augen führt, welchen Preis man evtl. für seine "Durchdreher" bezahlen muß.
Ich hoffe, dass Du für Dich einen guten Weg finden wirst, vielleicht sogar ohne all zu große Extreme. Ich wünsche Dir eine brauchbare Lösung, damit die Leere, die Schwermut, die Traurigkeit und die Angst Dich nicht weiter belasten und Du für Dich vielleicht auch ein größeres positives Gefühl entwickeln kannst.
Grüße von Richi
Richi
 

Re: Sehnsucht nach euphorischen Hochgefühl

Beitragvon Gast07 » Mi. 02.11.2016, 06:04

An sich machen mich viele Dinge in meinem Leben glücklich. Aber es ist eben nur ein latentes, ruhiges, beständiges und warmes Gefühl. Die Hitze der Euphorie fehlt. Und diese extremen Glücksgefühle sind es, die mir fehlen, aber auch gleichzeitig nur schaden, weil ich mich, um sie zu spüren, selbst schädigen müsste.
Ich habe dazu eine Theorie entwickelt inzwischen.
Erstens glaube ich dass die selbstkasteiung für mich im Laufe meines Lebens eine Art Euphorieenteicklung ausgelöst hat, an die ich mich gewöhnt hatte und die mir jetzt fehlt.
Und zweitens habe ich die Vermutung, dass die Permanente Überforderung und zu frühe Übernahme von großer Verantwortung in meiner Kindheit, plus die dauernde Erniedrigung durch nahestehende Personen dazu geführt hat, dass ich meine Lebensfreude verlor und depressiv wurde. Jedoch war der gesunde Lebenstrieb des normalen Kindes noch immer da und wollte gelebt werden, den ich jedoch ständig unterdrücken musste. Irgendwann dann plötzlich ist es zum ersten Mal ausgebrochen, dieser Lebenstrieb und es fühlte sichbso gut und frei an, dass ich davon mehr fühlen wollte und in die Manie geschlittert bin, in der ich die negativen Gefühle der Depressivität nicht mehr spüren musste, da ich mich permanent mit endorphinauslösenden Verhaltensweisen betäubte. Was für andere der Alkohol oder Drogen waren, war dann für mich alles, was mir schadete und mir das Gefühl von Freiheit gab.
Irgendwie tut es gut, diese Erkenntnis gewonnen zu haben.
Kennt das jemand von euch auch?
Gast07
 

Re: Sehnsucht nach euphorischen Hochgefühl

Beitragvon liliom43 » Di. 21.02.2017, 07:30

Ja, das kenne ich auch, das ist eine Bipolare Störung.
Das Hoch ist so schön, dass man das immer haben möchte.
Im Hoch male ich Tag und Nacht, ich muss nicht mal schlafen, die Ideen
sprudeln nur so raus.
In früheren Jahren, habe ich Geld verschenkt, habe mich als Kursleiterin angemeldet,
habe Kurse besucht dabei hatte ich das Geld gar nicht.Ich habe mich total selbst überschätzt.

Zum Glück dauert die Hochfase nur ein, zwei Wochen, dann kommt halt wieder das Tief.

Heute bin ich recht ausgeglichen und sehne mich nicht mehr so sehr nach den Hochs.

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Re: Sehnsucht nach euphorischen Hochgefühl

Beitragvon Jul » Mi. 06.12.2017, 18:46

HAllo,

ich finde euere Beiträge sehr interessant und spannend für mich..
Ich habe auch eine bipolare Störung (schizo-affektiv) und ich kenne diese sehnsucht nach starken gefühlen sehr gut... Für mich ist es eine anstrengung "normal" zu sein... es ist auch extrem unattraktiv, langweilig, fade....fast nicht greifbar...
Das ist für mich kein leben - und gleichzeitig lebe ich kein gutes leben mit diesen schwankungen :(

ich glaube dein körper hat sich gespeichert: bei diesen und jenen erfahrungen fühle ich mich absolut gut und frei... Alles andere scheint dagegen fade... die reize sind dann nicht stark genug, nicht ausreichend spürbar...

Dazu kommt dass auch ein geregelter alltag kein guter alltag sein muss.... eine beziehung keine gute beziehung, ein job kein guter job sein muss... bloß weil das alles geregelt scheint, heißt das nicht dass es befriedigend ist...
Wie sieht das bei dir aus?

Wie sieht es mit deinem depressiven anteil aus? Sollte dieser ansteigen weil zb irgendwas im alltag doch nicht so gut läuft, könnte der manische anteil wieder stärker nach gehöhr verlangen...

Und ja, die kindheit, wenn diese sehr anstrengend war, hat sich die depression dort entwickelt...
und die manie bricht dann dort aus, wo es zu anstrengend wird...
Die ständige schwere drückt und drückt... und dann greift man nach irgendeinem mittel, einer verhaltensweise, einem gedanken -welche erleichterung verschaffen- und verstärkt diese ins extrem......um das andere extrem der schwere gefühlt auszugleichen...
Jul
 


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