Erschöpfungsdepression und Zwangsstörungen

Wenn ihr depressiv seid, könnt ihr euch hier über die Krankheit Depressionen austauschen, aber auch über andere depressive Zustände wie Burn-Out oder die manisch-depressive (bipolare) Störung.

Erschöpfungsdepression und Zwangsstörungen

Beitragvon Prong » Do. 23.04.2015, 20:53

Hallo,

auf diesem Wege versuche ich in Austausch mit anderen Menschen zu treten, die möglicherweise meine Situation und Symptomatik ansatzweise teilen oder teilten und die mir Erfahrungen zuteil kommen lassen können, vor allem dahingehend, wie sie ihren Zustand verbessern konnten. Dafür wäre ich sehr sehr dankbar!

Zu meiner Situation: Ich studiere momentan Rechtswissenschaft im achten Fachsemester, habe aber schon zwei Studienabschlüsse hinter mir. Momentan bereite ich mich auf das Staatsexamen vor. Mein Alltag sieht so aus, dass ich zirka acht bis 10 Stunden am Tag lerne, das sechs Tage die Woche und dies seit September 2014. Davor habe ich zwei Jahre lang ohne Pause besagtes Doppelstudium bestritten. In dieser Zeit schrieb ich unzählige Hauarbeiten, Essays, Klausuren, hielt Referate und schrieb meine Masterarbeit. Nun stehe ich unter immensen Zeitdruck, da ich noch Schwerpunktbereichsprüfungen ablegen muss und sehr viele Stoffgebiete von Grund auf abgearbeitet werden müssen. Das Examen möchte ich im März 2016 schreiben.

Meine Symptomatik sieht so aus, dass ich mich in einem dauernden Erschöpfungszustand befinde, vor allem dann, wann immer ich mich wieder zum Lernen hinsetze. Das hält viele Stunden an, erst am Nachmittag lässt es sich dann besser arbeiten. Ich sacke immer wieder in mich zusammen, verspüre starken psychischen Druck. Ständig muss ich zur Toilette, unter anderem schwitze ich an den Handflächen und im Schritt.

Das aller Unangenehmste sind spezifische Zwänge. Vor kurzem habe ich Selbstverletzungsmaßnahmen in dieser Hinsicht gehabt und zwar Gesichtsschläge mit der flachen Hand, bis zu dreißig Mal am Tag. Ich ging dazu auch auf die Toilette in der Bibliothek, daheim geschah es unentwegt. Das hat sich allerdings gebessert, sodass nur mehr ein schwelender Drang danach besteht von Zeit zu Zeit, ich es aber aushalte, es nicht zu tun. Auch harte Schläge mit der Faust gegen den Kopf waren dabei.

Unterhalb dieser Intensität habe ich unzählig viele haptische Zwänge, die stets binär ablaufen. Ich muss diese stets zweimal abhalten, z.B. Bücher durchblättern, mit dem Geodreieck spielen, es weglegen, wieder zur Hand nehmen usw. Sätze, die einen Absatz abschließen, lese ich immer zweimal. Ich habe den Zwang, vieles wortwörtlich auswendig zu lernen. Wenn ich mit Textmarkern arbeite, achte ich penibelst darauf, dass zwischen Zeilen keine weißen Räume mehr bestehen bleiben, es muss absolut gerade unterstrichen werden, auch in den Gesetztexten mit Bleistiften. So brauche ich auch mal drei bis fünf Minuten, um ein einziges Wort ,,perfekt'' zu unterstreichen.

Daheim angekommen abends, beginne ich damit, unentwegt Selbstgespräche zu führen, wesentlicher Inhalt dieser ist die Koordinierung des Folgetages, der Woche, der gesamten Zeit bis zum Examenstermin. Ich habe den Anspruch, das Studium mit Sehr gut zu bestehen, so wie alle anderen Abschlüsse, die ich bisher habe, dabei weiß ich, dass dies in der Rechtswissenschaft unmöglich ist. Ich möchte unbedingt besser sein als alle anderen und rationalisiere sozusagen all die Zwänge dahingehend, dass diese schon Sinn hätten, weil sie zu Ordnung führen, was wiederum Struktur bringt und mich gut vorbereitet usw.

Ich nehme momentan 40 mg Citalopram täglich. Meine Ärzte sagen mir, dass ich unter einer Erschöpfungsdepression leide. Das Beste wäre es, nur maximal fünf Stunden am Tag zu lernen und auch mindestens zwei Wochen nun ,,Urlaub'' zu machen. Dies fällt mir sehr sehr schwer, weil ich nicht im Entferntesten daran denken kann, auch nur einen einzigen Tag ohne Jura zu lernen zu verbringen. Das hauptsächliche Problem ist auch, dass ich schlichtweg nicht wüsste, was ich tagsüber tun sollte. Zwar mache ich auch Sport einmal die Woche, aber die permanenten Erschöpfungszustände tragen sich hier fort, sodass ich völlig schlapp über den Maschinen im Fitnessstudio hänge. Tagsüber bin ich sehr allein, wenn ich nicht in die Bibliothek gehe. Dies ist im Grunde alles, was ich noch habe. Bereits der Gedanke, den halben Tag lang nichts zu machen, löst in mir Panik und Versagensängste aus. Zum angeregten Urlaub ist es aus diesen Gründen auch noch nicht gekommen. Ich bin nur in psychiatrischer, nicht jedoch in pychotherapeutischer Behandlung, wobei ich eine bereits abbrach, mich nun aber wieder um einen Platz bemühe.

Meine Frage lautet, ob meine Symptomatik tatsächlich zurückgeht, allein durch Entspannung und Heunterschrauben des Pensums. Zumindest vier Tage am Stück in Form eines verlängerten Wochenendes habe ich bereits einmal geschafft, doch linderte sich danach nichts, obwohl ich auch etwas weniger tat. Ich bin sehr skeptisch, dass allein Urlaub und Therapie da helfen. Hat es bei euch geholfen? Meine Ärzte sagen ständig, es gäbe nur Antidepressiva zur Behandlung von Zwängen und sonst nichts. Ist dies richtig? Kann eine Therapie Zwänge auskurieren?

Vielen Dank für einen möglichen Austausch!
Prong
 

Re: Erschöpfungsdepression und Zwangsstörungen

Beitragvon manon » Fr. 24.04.2015, 09:08

eine therapie kann dir dabei helfen die zwänge auskurieren,
in dem du den grund für deine zwänge findest,antidepresiva
hast du schon,kürzer tretten musst du unbedingt bevor du für
längere zeit nichts mehr kannst,nimm die symptome ernst und
lasse dir helfen.
manon
 

Re: Erschöpfungsdepression und Zwangsstörungen

Beitragvon Tina » Fr. 24.04.2015, 10:18

.
Da kann ich mich nur voll und ganz anschliessen.

Und...Du müsstest unbedingt eine Art von innerer Zufriedenheit/Gelassenheit finden.
Was ist Dir wichtiger im Leben..??....beruflicher Erfolg .....und/oder Harmonie mit Dir selbst...??

Was das Medikament betrifft, frag noch mal nach, ob es da nicht noch was anderes gibt, bzw. hol Dir noch eine zweite Meinung ein.
Tina
 

Re: Erschöpfungsdepression und Zwangsstörungen

Beitragvon Majana » Fr. 24.04.2015, 10:33

Wenn ich das so lese, erkenne ich mich selbst - bis auf die Zwänge - immer weiter, immer weiter, nicht aufhören, gut genug sein, mittelmaß reicht nicht, nein es muss ein Sehr Gut sein.
In meiner Therapie habe ich gelernt, das nichts und auch ich nicht perfekt sein muss. Zumal es immer einen geben wird, der Dinge besser kann. Damit setzt man sich unter Druck, fühlt sich nicht fähig genug, man ist ausgelaucht...lauter Negativgefühle.

Und mal wieder bin ich erstaunt, wie schnell Ärzte Antidepressiva verschreiben...vor allem gleich 40mg. Ich muss zugeben, ich hab keine Ahnung, ob Antidepressiva Zwänge unterdrücken/beheben. Aber alleine DAS kann es meiner Meinung nach nicht sein und löst auch nicht deine Probleme. Du solltest auf jeden Fall in eine psychotherapeutische Behandlung gehen, um diese Versagensängste in den Griff zu bekommen, sonst brichst du am Ende komplett unter dem dir selbst gemachten Druck zusammen. Deine Zwänge sind ja schon mehr als ein Warnsignal. Das Antidepressivum hält dich vielleicht gerade "am Laufen", aber du musst die Ursache bekämpfen. Sonst geht das ewig so weiter bzw. so lange bis es wirklich zu spät ist und Schlimmeres passiert :(

Ich wünsche dir alles Gute und viel Kraft.
Ich bin nicht auf der Welt, um so zu sein wie ihr mich haben wollt.
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Re: Erschöpfungsdepression und Zwangsstörungen

Beitragvon Prong » Fr. 24.04.2015, 12:41

@Majana

arbeitest oder studierst du? Inwieweit entdeckst du dich selbst wenn ich fragen darf? Auch in der Erschöpfungsdepression?

Darf ich euch fragen, wie ihr den Tipp einschätzt, dass schlichtweg Urlaub die Symptomatik lindert. Ich habe bereits mehrere Meinungen eingeholt. Das habe ich immer wieder gehört.
Prong
 

Re: Erschöpfungsdepression und Zwangsstörungen

Beitragvon Tina » Fr. 24.04.2015, 16:40

.
Hallo Prong

also wie es Dir im Urlaub geht, weiss ich natürlich nicht.

Mir gehts immer prima.... ich werde ein völlig neuer Mensch ( im Ernst )...
aber das ist sicher was ganz anderes.

Ein Urlaub ist immer eine Auszeit, mehr oder weniger, wie man es schafft, ab zuschalten.
Nur...diese Auszeit ist irgendwann zu Ende, und das "Grund-Problem" kommt wieder. :wink:
Tina
 

Re: Erschöpfungsdepression und Zwangsstörungen

Beitragvon Majana » Fr. 24.04.2015, 23:47

Prong hat geschrieben:@Majana

arbeitest oder studierst du? Inwieweit entdeckst du dich selbst wenn ich fragen darf? Auch in der Erschöpfungsdepression?

Darf ich euch fragen, wie ihr den Tipp einschätzt, dass schlichtweg Urlaub die Symptomatik lindert. Ich habe bereits mehrere Meinungen eingeholt. Das habe ich immer wieder gehört.



Ich habe studiert, danach gearbeitet. Teilweise bin ich über 100 km zu einer Arbeit gefahren (eine Strecke). Ich hatte kein Privatleben, immer nur Arbeit, keine Zeit zur Erholung. Man wollte auf eigenen Beinen stehen, unabhängig sein, nicht mehr auf den Taschen der Eltern liegen. Eigentlich sollte ich stolz sein, dass ich ein Studium geschafft habe (mit 2,3) aber ich kann es bis heute nicht so wirklich. Sehe, dass andere schwierigere Studiengänge besser schaffen. Dadurch fühle ich mich nicht wertig genug. Seit der Schule kämpfe ich um Anerkennung, war immer fleißig, habe viel gelernt. Habe diese Anerkennung vor allem von mir selbst nie bekommen. Andere waren halt immer besser.
So funktionierte ich jahrelang, in der Schule, im Studium, in der Arbeit. Immer mit dem Anspruch besser zu werden. Paradoxerweise würde ich mir die Erfolge nie wirklich selbst anerkennen. Keine Erholung an Wochenenden, keine Erholungsurlaube. Bis auf der eine vor 3 Jahren, der machte den Kohl aber auch nicht mehr fett. Irgendwann ist es zu spät.
Letztes Jahr war dann Schluss. Obiges und einige persönliche andere Umstände, die ich jetzt nicht weiter ausführen möchte, führten zum totalen Zusammenbruch.
Ich dachte erst, etwas Abstand und eine Auszeit würden reichen. Aber nach kurzer Zeit musste ich mir selbst eingestehen, dass ich ärztliche und psychotherapeutische Hilfe brauche.
Ich habe lange kein Antidepressiva genommen, da ich die Vorstellung von Gehirnkontrolle nicht ablegen konnte. Und, typisch für mich, mir meine Erfolge in der Therapie nicht zugestehen konnte, weil ich das immer Auf das Medikament schieben würde. Jetzt nach 6 Monaten Therapie kann ich mich darauf einlassen, weil ich einiges aus eigener Kraft geschafft habe und das Medikament nur noch als Stabilisierung nehmen möchte, damit ich nicht mehr so erschöpft nach Rückfällen bin.
Ich kann nur für mich sprechen. Aber ich denke, Antidepressiva und Urlaub allein helfen dir nicht. Du solltest wirklich eine Therapie machen, bevor das mit den Zwängen noch schlimmer wird. Wie gesagt, dass ist schon ein quietsch rotes Warnsignal.
Ich bin nicht auf der Welt, um so zu sein wie ihr mich haben wollt.
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Re: Erschöpfungsdepression und Zwangsstörungen

Beitragvon Atisha » Sa. 25.04.2015, 02:44

Wozu machst du das alles? für wen? Und besser wirst du dadurch auch nicht. Wissen aneignen ist ne ganz kleine Sache des Lebens. Das wird in unserer Gesellschaft völlig unnötigerweise bis ins Extreme betrieben. Und du machst hier dazu noch den Musterschüler. Das du kein Mensch mehr bist, kein wirkliches Leben führst, dass musst du nun ja langsam mal merken. Das Leben ist stärker als du. Es ist richtig das du nun ausfällst. Den am Ende ist dieses besser besser nur Wahn, ne Droge die du genommen hast. Ich frage mich vor was du geflohen bist, vor dir selber, vor irgendeiner Wahrheit die du nicht sehen willst. Setze dich mal damit auseinander. Dann wirst du anfangen zu leben.
Atisha
 

Re: Erschöpfungsdepression und Zwangsstörungen

Beitragvon cats47 » Sa. 25.04.2015, 07:58

Urlaub und ein AD allein werden dein Problem nicht lösen. Du definierst dich
nur über Leistung. Immer mehr,immer der Beste sein.
Dein Körper zeigt dir deutlich die rote Warnlampe. Hör auf ihn bevor du
zusammenbrichst.
Es gibt noch andere Dinge im Leben. Ein Waldspaziergang,die Sonne auf der
Haut spüren,sehen wie schön die Blumen blühen.
Egal was. Sich selbst etwas Gutes tun. Vielleicht Meditation oder eine
Entspannungstechnik lernen. Einfach mal durch die Stadt laufen und Leute gucken.
Durch deinen Drang der Beste zu sein hast du dich selbst verloren.
Du bist etwas wert. Da ist Leistung nicht der Maßstab.
Ich würde dir auf jeden Fall zu einer Therapie raten weil alleine kommst du aus
dieser Leistungsdruckspirale wahrscheinlich nicht mehr raus.
cats47
 

Re: Erschöpfungsdepression und Zwangsstörungen

Beitragvon Prong » Mo. 27.04.2015, 19:42

[quote="Atisha"]Wozu machst du das alles? für wen? Und besser wirst du dadurch auch nicht. Wissen aneignen ist ne ganz kleine Sache des Lebens. Das wird in unserer Gesellschaft völlig unnötigerweise bis ins Extreme betrieben. Und du machst hier dazu noch den Musterschüler. Das du kein Mensch mehr bist, kein wirkliches Leben führst, dass musst du nun ja langsam mal merken. Das Leben ist stärker als du. Es ist richtig das du nun ausfällst. Den am Ende ist dieses besser besser nur Wahn, ne Droge die du genommen hast. Ich frage mich vor was du geflohen bist, vor dir selber, vor irgendeiner Wahrheit die du nicht sehen willst. Setze dich mal damit auseinander. Dann wirst du anfangen zu leben.[/quote]

Ich habe seit vier Jahren eine Beziehung und mache mit meiner Freundin auch viel wochenends (Samstag Abend, Sonntag, zweimal wöchentlich abends). Ich habe Hobbys und mache regelmäßig Sport. Das definiere ich als mehr ,,Leben'' als ich das von vielen Bekannten noch kenne, die jeden Abend stundenlang fernsehen. Mein hauptsächliches Problem liegt nun eben darin, dass ich gerade JETZT noch etwas Energie bräuchte. Ich würde dann schon eine längere Auszeit setzen, aber nun müsste ich eben noch durchhalten.

Es geht in diesem Studium und in vielen ähnlichen gerade NICHT nur um reine Wissenaneignung, sondern um das Erlernen eines Handwerks, z.B. gutachterlich Lebenssachverhalte zu bewerten. Ein Mediziner ist ebenfalls parktisch tätig neben all dem Lernen. Dazu bedarf es vor allem Übung neben der Wissensaneignung. Nach deiner Meinung dürfte es ja 80 % aller Berufe in der Gesellschaft nicht geben?

@majana

Vielen Dank für deine Schilderung. Ich selbst kann momentan kaum einschätzen, ob mein Leistungsdruck pathologische Wurzeln hat. Natürlich ist er -nun- krankhaft, aber gearbeitet habe ich immer schon sehr viel und ohne Pause, aber ohne dabei unbedingt ,,der Beste'' sein zu wollen. Das ist erst vor ein, zwei Jahren gekommen, was wohl dagegen spricht, dass ich das immer schon in mir trug.
Prong
 


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