Darüber reden??

Forum zum Austausch über das so genannte Selbstverletzende Verhalten (SVV), auch bekannt als Ritzen, Selbstverstümmelung, Cutten usw.
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Darüber reden??

Beitragvon Kris » Sa. 11.01.2014, 00:26

Das hier wird jetzt wieder eine ewig lange Geschichte, ich hoffe einfach, dass es mir besser geht wenn ich das geschrieben habe.

Wie ich in einem anderen Eintrag von mir vielleicht schon erwähnt habe hatte ich noch vor den Sommerferien eine höchst komplizierte Beziehung. Kompliziert in der Hinsicht, dass ich ihn liebte und er nur manchmal so tat als ob.
Als Reaktion auf meine Enttäuschung und der bereits damals schon vorhandenen Annahme die Liebe wäre nur eine Illusion, niemals echt und überhaupt nicht möglich verbrachte ich meine gesamten Sommerferien betrunken in Clubs und schlief mit fremden Typen. Ich hatte das gute Recht dazu und es gab keinen Grund mir das vorzuwerfen.

Um noch weiter auszuholen: Seit über einem Jahr bin ich mit einem Mädchen "zusammen" das heißt wir küssen uns, wir gehen spazieren wir telefonieren stundenlang aber reden nicht darüber, sind aber gleichzeitig sehr gut befreundet. (Keine Sorge - das wird noch relevant)

Ende September flogen wir dann mit dem gesamten Jahrgang nach Irland - Sprachreise.
Meine Freunde haben sich sehr von mir distanziert und ich wollte mir den Aufenthalt nicht versauen, in dem ich die ganze Zeit versuche mich in eine Gruppe hinein zu drängen. Also schloss ich mich einer Gruppe von drei Jungs an, die mich bereitwillig aufnahmen.
Mit einem von ihnen verstand ich mich besonders gut. Er war interessant und neu (durchgefallen).
Es war geplant, dass wir Dublin um vier Uhr in der Früh verließen.
Am Tag davor setzte ich mich morgens um sieben auf die Dachterrasse um bereits ein wenig an meiner Vodkaflasche zu nippen und meine erste Zigarette zu genießen.
Dann füllte ich, während die Anderen aßen, den Vodka in eine Wasserflasche, um während der Sight-Seeing-Tour daraus zu trinken, was ich und meine neu gewonnenen Freunde auch ausgiebig taten. Wir waren also schon am frühen Nachmittag relativ betrunken, was sich noch steigerte, als wir einen Pub besuchten (was wäre Irland ohne einen Pubbesuch) und danach noch reichlich mehr Alkohol kauften und diesen ins Hostel schleppten.
Wie unsere Lehrer nichts davon mitbekommen konnten war mir völlig unbegreiflich.

Um neun am Abend als die Zimmerkontrolle angesetzt war, waren wir dann vollkommen hinüber, ich hatte bereits mit dem vorhin erwähnten Jungen aus meinem neuen Freundeskreis aufs heftigste rumgemacht und mich andererseits wunderbar mit ihm unterhalten.

Bis um Mitternacht blieb ich sicherheitshalber auf meinem Zimmer um mich dann wieder auf der Terrasse mit ihm zu treffen, einen Joint zu rauchen und noch sehr viel mehr zu trinken.
Wir waren die ganze Nacht wach, waren zwischendurch in dem Zimmer, wo die anderen Trinkspiele gespielt und sich also auch besoffen haben und ich das vorhin erwähnte Mädchen leidenschaftlich küsste nur um dann nachher mich wieder zu dem Jungen zu legen.

Darauf folgte eine Disziplinarkonferenz für mich, meine 3 Freunde und noch einen Jungen.
In dieser Zeit versuchte ich ihm beizustehen, hab ihn beim "Verhör" verteidigt habe seine Alibis bestärkt und so weiter.

Im Endeffekt wurden wir alle nur verwarnt und mussten zum Psychologen weil sie das mit dem Gras irgendwie mitbekommen hatten.

Ich habe ein paarmal versucht mit ihm zu reden oder wieder so locker und normal mit ihm befreundet zu sein wie vorher, doch er blockte vollkommen ab.
Dann erfuhr ich, dass er vor den Sommerferien mit meiner "Freundin" zusammen war und eigentlich nie mit ihr schlussgemacht hat.

Als er dreizehn war zog seine Mutter in die Schweiz und er wohnte bei seinen Nachbarn. Er ist seit ca zwei Jahren permanent bekifft und kommt davon nicht mehr los. Inzwischen auch Schmerztabletten.
Mehr weiß ich nicht über ihn.

Der Grund wieso ich das alles geschrieben habe ist, dass ihr verstehen solltet welche Beziehung wir zueinander haben.

Denn gestern hat er meine Wunden gesehen. Der Ärmel meiner Jacke rutschte hoch und ich sah einen Ausdruck auf seinem Gesicht der weder Mitleid, Abscheu, Ekel oder Unverständnis ausdrückte, sondern eine Art eigene Verzweiflung und Trauer und Mitgefühl dafür, dass ich vielleicht das Gleiche empfinde.
Er zog meinen Ärmel hinunter und sagte: "Kann ich nachher mit dir reden?" voller Verständnis - nicht voller Vorwürfe.

Heute ist er zu mir gekommen und hat gesagt, dass er mir zuhören wird, wenn ich mit ihm sprechen will.
Er hat auch gesagt, dass er mir helfen kann einen Psychologen zu finden.
Ich hätte gerne mit ihm gesprochen, aber da war die Pause schon vorbei und ich habe es nicht geschafft die richtigen Worte zu finden. Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob ich überhaupt mit ihm reden will.

Außerdem habe ich Angst, dass er mich dann komplett abstoßend findet.

Habt ihr euch irgendwie dazu überwinden können mit jemandem zu reden? Wie?
Und wie fängt man so ein Gespräch an?
Kris
 

Re: Darüber reden??

Beitragvon iyuraeel » Sa. 11.01.2014, 07:29

Hey Kris,

scheint so, als hättest du den Irland Aufenthalt gut ausgelebt*g*
Gut, dass es da nur eine Verwarnung für dich gab :)

Was das Gespräch betrifft: Ich glaube, du brauchst keine große Angst zu haben.
Seine Reaktion ist eine, die ich mir von manchen Leute sehr erhofft hatte
und doch zu selten bekam. Er wurde nicht panisch, er hat nicht gelacht, er
hat auch nicht geurteilt. Er hat dir, sehr empathisch, seine Hilfe angeboten
und um ein Gespräch gebeten. Viel besser könnte es doch gar nicht laufen.
Wie man so ein Gespräch anfängt: Kann dir egal sein, er hat dich nach
diesem Gespräch gefragt, also wird er sich auch Gedanken machen müssen,
wie man sowas beginnt.
Du kannst dir vorher überlegen wie sehr du ihn in deine Gefühlswelt hineinlassen
möchtest, das ist sicherlich sinnvoll, denn dann weißt du schon vorher, wie
weit du dich öffnen und wie weit du dich evtl. wohl damit fühlen wirst.

In den Jahren habe ich mich oft überwunden mit Leuten darüber zu reden,
und wenn das Gespräch von mir aus kam, lief es meistens auch ganz okay bis sehr gut.

Warum ich seine Reaktion so gut finde ist, weil ich ein ähnliches Beispiel hatte mit einer
sehr bescheidenen Reaktion:
Saß im Unterricht(Erwachsenenbildung, mein Tischnachbar 25Jahre alt). Er hat meinen
Arm gesehen und sagte ganz aufgebracht:"Scheiße du ritzt dich? " und dann sehr laut zur Klasse:"
Habt ihr das gesehen...", er wollte es anscheinend direkt allen sagen. Ich habe das damals
unterbinden können und ihn Monate später drauf angesprochen, wieso er so reagierte
und es war, weil er nicht wusste was er dazu sagen sollte. Fühlte sich damit wohl überfordert.

Daher finde ich die Reaktion deines Partners da sehr löblich und hoffe, dass du damit
evtl. einen neuen guten Freund finden kannst, mit dem du auch über Probleme reden kannst.
iyuraeel
 

Re: Darüber reden??

Beitragvon Kris » So. 12.01.2014, 21:41

iyuraeel hat geschrieben:Saß im Unterricht(Erwachsenenbildung, mein Tischnachbar 25Jahre alt). Er hat meinen
Arm gesehen und sagte ganz aufgebracht:"Scheiße du ritzt dich? " und dann sehr laut zur Klasse:"
Habt ihr das gesehen...", er wollte es anscheinend direkt allen sagen. Ich habe das damals
unterbinden können und ihn Monate später drauf angesprochen, wieso er so reagierte
und es war, weil er nicht wusste was er dazu sagen sollte. Fühlte sich damit wohl überfordert.

Daher finde ich die Reaktion deines Partners da sehr löblich und hoffe, dass du damit
evtl. einen neuen guten Freund finden kannst, mit dem du auch über Probleme reden kannst.


Es ist wirklich schade, dass einige nicht damit umgehen können und das war auch der Grund warum ich bis jetzt mit kaum jemandem darüber geredet habe.

Meine einzige Sorge war eigentlich, dass es zwischen uns noch seltsamer wird (wie ich schon sagte, redete er nach unseren kleinen "Ausschweifungen" kein Wort mehr mit mir).

Es hat mich sehr verletzt, als er mich abgewiesen hat und ich habe Angst, dass das noch einmal passieren könnte.

Heute so ca um Mitternacht bin ich ohnmächtig geworden. Ich weiß nicht mehr wie lange aber ich habe ca seit 4 tagen nichts gegessen und ziemlich viel Blut verloren. Dann habe ich ihn angerufen und er war richtig verständnisvoll er hat dann gesagt, ich soll mit ihm reden, bis es mir besser geht.
Er war gerade fort und ein bisschen betrunken, aber es hat sehr gut getan mit ihm zu sprechen und ich bin sehr froh, dass er so gut darauf reagiert hat.
Kris
 


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