Monster in mir

Forum zum Austausch über das so genannte Selbstverletzende Verhalten (SVV), auch bekannt als Ritzen, Selbstverstümmelung, Cutten usw.
Wichtig: Bitte keine Bilder von SVV zeigen und kein Pro-SVV!

Monster in mir

Beitragvon Jessy » So. 24.02.2013, 19:52

Ich habe mich immer selbst verletzt, wenn ich wütend war. Von einer minute auf die anderen kann ich richtig ausrasten. Es ist dann so, als würde ich nicht mehr ich selbst sein. Das klingt bestimmt verrückt, aber ich war und bin es auch heute noch der Überzeugung, dass etwas Böses in mir ist. Als ich jünger war konnte ich mir das so besser vorstellen. Dann war es auch einfacher die Tatsache zu ertragen, dass ich mich selbst verletze. Ich hatte immer das Gefühl eine Münze mit 2 Seiten zu sein. Einer vernünfigen bzw. einer normalen und einer bösen. Ich konnte mir einfach nicht erklären, warum ich im stande war so etwas zu tun. Ich habe viele Bücher über SVV gelesen und dabei festgestellt, dass es viel tun, weil sie sich innerlich leer fühlen. Bei mir war das nie wirklich der Fall. Ich tat es immer nur, weil ich wütend, verletzt oder aggressiv war. ich wollte diese unglaubliche Wut in mir loswerden, was letztendlich dazu führte, dass ich weinend in meinem Bett oder irgendeiner Ecke saß. Plötzlich fühlte ich mich frei, so unbeschwert. Ich verletzte mich selbst, weil ich andere (oft meine Mutter) bestrafen wollte. Ich wollte das sie sieht, was sie mir antat, dass sie der Grund für das alles war. Aber plötzlich war es anders... ich verletzte mich einfach ohne irgendeinen ersichtlichen Grund. Es musste gar keinen Anlass einen Grund geben. Es geschah von ganz alleine. Ich fühlte mich aber danach nicht besser, eher schlechter. Ich wollte einfach nur sehen, wie die Schnitte bluteten und das Blut von meinem Arm rann. Heute lebe ich mit vielen Narben auf meinen Armen, Beinen und Bauch. Ich verletze mich nicht mehr, weil ich mich zusammenreißen muss und auch weil ich es nicht mehr will. Ich will mich nicht mehr für die Fehler anderer bestrafen. Ich führe einen Kampf mit dem Monster in mir. Jeden Tag. Ich versuche wirklich quasie zu überleben. Aber ich weiß, dass ich mich nicht mehr verletzten darf. Nicht weil mir meine Gesundheit wichtig ist, sondern weil mein soziales Leben davon abhängt. Ich arbeite als Krankenpflegerin und da kann ich mir nicht erlauben, mich zu verletzten. Oft habe ich angst, dass meine Narben gesehn und verurteilt werden. Aber das ist bis jetzt noch nicht passiert. Gott sei dank. Und wenn man mich fragt, weswegen ich die narben habe, sage ich, dass ich eine schwierige zeit in meinem leben habe. Heute ist mir bewusst, dass alleine der anblick meiner narben mich mehr verletzt, als das verletzten selbst. Immer wollte ich mich verstecken . Aber man kann sich leider nicht unsichbar machen. man kann nur versuchen damit zu leben.
Jessy
 

Re: Monster in mir

Beitragvon Hexlein » So. 24.02.2013, 20:28

Hallo Jessy :wink:

Du schreibst das du dich immer aus Wut verletzt hast. Bezog sich denn die Wut mehr auf dich selbst oder auf die anderen beispielsweise deine Mutter? Wie hat sie denn überhaupt darauf reagiert, wenn ich fragen darf? :roll: Aus Wut sich selbst verletzen und manchmal auch keinen Grund dafür zu haben, dass kenne ich auch. Ich hab es noch nie aus Langerweile getan, hatte ziemlich oft einen Grund dafür ... aber es gab auch schon Momente da hab ich einfach das Bedürfnis verspürt und losgelegt ohne driftigen Grund. Das schlimme daran ist dann, dass ich es ganz bewusst mache und mir ganz genau über die Außmaße im Klaren bin. Sehe ich dann endlich Blut, dann bin ich beruhigt und innerlich gelöst. Aber jedesmal kommt dann wieder so ein schlechtes Gefühl in mir auf, was mich noch wütender auf mich selbst macht und dann kommen bei mir einfach nur die Tränen. Meist weine ich so sehr und schlafe quasi vor Erschöpfung ein.
Ich habe großen :respekt: davor das du es geschafft hast auf das SVV zu verzichten. Sei weiterhin stark und sei stolz auf dich das du dich davon befreien konntest. :)
Hexlein
 

Re: Monster in mir

Beitragvon Jessy » Mo. 25.02.2013, 16:58

Hi Hexlein,

wenn ich ich selbst verletzt habe, dann meistens aus dem Grund, weil ich wütend auf mich selbst und auch meine Mutter war. Das waren dann so Situationen, in denen ich und meine Mutter vorher wieder Streit hatten. Ich war dann so voller Wut und meistens sagte sie dann auch noch was, was mich verletzte, emotional, und naja dann habe ich mich selbst verletzt. Das war eine Sache von Sekunden und ehe ich mich versah hat mein ganzer Arm geblutet. Das sag so schlimm aus.. ich saß dann einfach so im bett und habe den Moment wirken lassen und danach bin ich ins Bad und habe Wasser darüber laufen lassen. Später, wenn meine Mutter sich dann beruhig hatte, kam sie in mein Zimmer und sah es dann. Plötzlich war sie ganz anders. Richtig ich kanns nicht erklären.. sie war plötzlich einfach da und saß dann neber mir und hat mir den Arm verbunden, richtig sorgsam. Und nett, dass kannte ich von ihr ja so nicht. Das mit der Erschöpfung kenne ich auch. Immer nachdem ich mich verletzt hatte, war ich so extrem müde. Als hätte ich tagelang nicht geschlafen. Aber das schlimmste ist, dass ich nie irgendeinen Schmerz verspürt habe. Ich habe manchmal so tief geschnitten, aber es hat nie weh getan. Das war das schlimmste für mich. Das es keinen Schmerz gab. Ich habe damit aufgehört ja. Seit einem Jahr habe ich mich nicht mehr verletzt. Ich weiß gar nicht wirklich warum ich damit aufgehört habe.. ich glaube, weil ich auch mal, auch wenns blöd klingt, mich schön fühlen darf. Diese ganzen Narben, sie versauen mein ganzes Leben. Ich kann keine Kleider tragen, keine Tops, nur weil ich mich schämen muss. Niemals werde ich einen Mann finden, der mich verstehen kann. Und das ist traurig. Jeden Tag sehe ich diese schönen jungen Frauen. Sie sind glücklich und sie sind schön. So unbeschwert. Etwas das ich niemals haben kann.

Ich bin mir sicher das du das auch schaffen kannst. Wie ist es denn bei dir wenn ich mal fragen darf. Verletzt du dich noch sehr oft? Und wie ist es bei dir? Wie kannst du damit leben?
Jessy
 

Re: Monster in mir

Beitragvon Hexlein » Mo. 25.02.2013, 18:22

Hey Jessy

Wie oft ich mich verletze ... Das ist echt eine gute Frage. Ich sehe darin keine Regelmäßigkeit, ich habe Phasen da verletze ich mich nicht. Dann kommen aber wieder Momente das verletze ich mich mehrere Tage hintereinander. Oft an den selben Stellen bzw. die selben Wunden. Eine Weile habe ich das an meinem Arm gemacht, doch da es ziemlich auffällig war und auch Familienmitglieder etwas davon mitbekommen haben bin ich auf meinen Oberschenkel ausgewichen. Vermutlich einfach nur, weil ich mich dafür schäme. Ich war eine weile clean, doch vor ein paar Tagen hatte ich dann einen Rückfall. Gründe für mein SVV sind meisten das ich mich unverstanden und alleine fühle. Ich gebe mir selbst die Schuld für irgendwelche Dinge die im Umfeld passieren und proeziere fast alles auf mich, egal was passiert.
Damit leben war für mich am Anfang schwer, da ich Angst davor hatte das es jemand mitbekommt. Naja irgendwann habe ich es einer Person erzählt der ich sehr vetraue und mit der ich über alles reden kann. Seit dem kann ich besser damit umgehen und bin nach meinem letzten Rückfall gedanklich auf dem Weg mich vom SVV komplett zu entziehen. Im Moment geht das auch ganz gut...aber ich weiß auch, das die Momente kommen werden in denen der Druck stärker wird und dann geht der Kampf los. Ich bin mittlerweile soweit, auuch evtl. Hilfe anzunehmen, doch WIE WANN und WO weiß ich noch nicht. Ich versuche zu akzeptieren das es SO nicht weiter gehen kann und zur Zeit läuft es auch gut.
Hexlein
 

Re: Monster in mir

Beitragvon Blume » Di. 26.02.2013, 21:42

:troest: :troest:
Jessy hat geschrieben:[...]Immer wollte ich mich verstecken . Aber man kann sich leider nicht unsichbar machen. man kann nur versuchen damit zu leben.


Diese Sätze sind wunderschön und wahr.
Ich habe mich auch nicht immer nur verletzt, weil ich innerlich leer war. Die Leere kam eigentlich erst durchs Verletzen. Ich habs auch wie du oft aus Wut gemacht, um die Aggressionen, den Druck loszuwerden. Damals hab ich allen Kummer in mich hineingefressen und die Wut, die ich auf andere hatte, hab ich an mir ausgelassen. Das wiederrum hat dazu geführt, dass ich auf mich wütend war, weshalb ich mich ebenfalls verletzt habe. Und nach einer Zeit brauchte ich dafür überhaupt keinen Grund mehr. Ich habs einfach immer gemacht, weils mir immer gleich scheiße ging. Das Schneiden hat zu meinem Tagesablauf dazu gehört, es musste nichts Besonderes passieren.
Ich weiß, dass dir das sicher nicht hilft, aber so weißt du wenigstens, dass es nicht nur dir so geht. :wink:

Und es ist doch supi, dass du dich jetzt nicht mehr verletzt, obwohl dir vielleicht danach wäre. Du machst es nicht mehr, aus welchen Gründen, ist ja erstmal egal. Dein Job ist dir so wichtig, dass du nicht die Kontrolle über das Monster verlierst.

Das ist übrigens ein schönes Bild, wie ich finde. Das kleine Monster in uns. Ich hab das auch. Mein Monster heißt Angst und die kleine Schwester von Angst heißt Wut. Wut und Angst sind ganz schön mächtig und wenn ich nicht aufpasse, nehmen sie meinen ganzen Körper ein und herrschen über mich. Aber zum Glück gibts da ja die Antimonster, die heißen Selbstachtung und Glaube. Die sind oft mindestens genauso stark wie Wut und Angst, sodass sie in meinem Körper einen erbitterten Kampf austragen. Wut und Angst kämpfen oft mit unfairen Mitteln, aber Glaube und Selbstachtung sind ja gutmütig und friedfertig, sie gewinnen meistens über die zwei Monster in mir.
Wenn du dir auch ein paar Antimonster zulegst, rebelliert das Monster in dir vielleicht auch nicht mehr so. Selbstachtung ist ein sehr gutes Antimonster. Es ist schwer zu erlangen, es ist erst recht nicht käuflich. Man muss hart arbeiten, bis sich Selbstachtung breitschlagen lässt, zu einem zu kommen. Aber wenn man sie erst einmal in sich trägt, geht sie so schnell nicht mehr weg. Hin und wieder lässt sie sich von den Monstern unterkriegen, aber sie steht immer wieder auf.

:cuddle: :troest:
Blume
 

Re: Monster in mir

Beitragvon Jessy » So. 03.03.2013, 14:03

Das mit den Antimonstern ist eine echt wunderschöne Idee. Meine Antimonster heißen dann Selbstbeherrschung und Hoffnung. Ich finde es gut, dass sie meistens den Kampf gegen die wirklichen Monster gewinnen. Das gibt mir wenigstens ein wenig Hoffnung :)

Ja auch zu meinem Tagesablauf hat es dazugehört.. es geschah von ganz automatisch. Wie die Tatsache, das man jeden Tag essen muss um zu überleben, habe ich auch das verletzten gebraucht. Nur dann war ich quasie im Stande den Tag zu "überleben".

@Hexlein: Ich finde es toll, dass du eingesehen hast, dass es so nicht weitergehen kann und du auch Hilfe in Anspruch nehmen willst. Am besten du unter nimmst jetzt was, denn umso länger du wartest, desto schwieriger wird es. Glaub mir, irgendwann da kommt der TAG, an dem du das alles richtig schwer bereust und dir wünschst, die Zeit zurück zu drehen. Aber leider ist das nicht möglich. Man kann die Menschen in seinem Umfeld leider nicht ändern, besonders wenn sie auch noch schuld sind, dass du dich verletzt) aber du kannst versuchen anders auf SIE zu reagieren. Ich habe lange gebaucht es zu begreifen, aber sie sind es nicht wert, dass du dich deswegen verletzt.
Jessy
 


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