SVV vs. normales Leben

[Engel_auf_Irrwegen]

Hallo!
Ich habe mich über 5 Jahre selbstverletzt und habe jetzt auch tiefe Narben, nun bin ich soweit, dass ich es so halbwegs schaffe mich von einer Rasierklinge oder ähnlichen fern zu halten. Aber es ist ganz schön uncool. Wenn ich ehrlich bin sehne ich mich ständig dannach. Ja ich sehne mich nach den Verletzungen ... Geht bzw. ging es euch auch mal so??

Kann man eigendlich je ein normales LEben nach SVV bzw. mit SVV führen. Ich meine ich habe es wirklich versucht und bin ja auch auf einen guten Weg dafür, ich mache eine soziale Ausbildung und kann mittlerweile zu meiner Vergangenheit stehen, dass ist erst seit kurzem so ... jetzt kann ich in der Schule mit kurzen Tops und Röcken rumlaufen, aber vl ist ja ganau das der Fehler im System. Zuerst wussten es zwar viele, da es in einer pflegeausbildung eher schwer zu verbergen ist, aber wenn ich mich mal wieder gecuttet habe, wusste es keiner und jetzt steh ich immer unter stress weil ich genau weiß, wenn ich es jetzt wieder tue, dann weiß es jeder. Ich habe lange um meine Position in meiner Klasse und in meinen Praktika kämpfen müssen, immer wieder ist es mir ans Herz gelegt worden, doch keinen sozialen Beruf mit meiner Vergangenheit auszu üben, aber ich habe mich immer wieder durchgekämpft, bin Klassenbeste, und auch beliebt bei meinen Klienten. Mittlerweile bin ich Klassensprecherin geworden und meine Kolleginnen vertrauen mir mitlerweile. Doch immer wieder kommen in ihnen Zweifel hoch. Sie haben Angst das ich mich wieder cutte oder mir das Leben nehme, dass ich einfach eines Tages wortlos nicht mehr komme, ohne Streit oder Stress. aber so ist das ja garnicht, ich bin grundsätzlich wirklich glücklich. Ich habe in meiner Vergangenheit viel ertragen müssen und hatte die meiste Zeit keine Ahnung was mit mir überhaupt geschieht und seit damals habe ich eine Angststörung, ich habe immer wieder Zeiten wo die Angst einfach immer da ist, und dann werde ich ganz traurig aber auch wütend auf mich, auf meine Vergangenheit, eigendlich auf die ganze welt, aber ich will mich nicht umbringen. Ich habe manchmal das Verlangen mich zu verletzen aber SVV hat nichts mit Selbstmord zu tun ...

Aber jetzt mal ehrlich kann man mit SVV ein normal leben haben?
Wird man je das Verlangen dannach ganz verlieren oder wird mein Leben ein unendlicher Kampf zwischen Normalität, Borderline, SVV und Angst?
Was denkt ihr dazu?

Würd mich über Komments freuen

[Lingenia_is_back]

Hallo Engel auf Irrwegen,

erstmal Respekt, dass du es Geschafft hast oder zumindest auf einen guten Weg bist, auch mit den sozialen Beruf und, dass die Leute dort bescheid wissen über deine Situation. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, da ich bei den Text von dir, als ich ihn gerade las, wirklich dachte "ey, wer hat den Lebensabschnitt von mir da aufgeschrieben?"

Ich denke, wenn dich das SvV 5 Jahre in deinem Leben begleitet hat, dann ist es nicht einfach mal weg "bloß" weil du es nicht mehr tust, klar kommst du immer wieder in Situationen wo du dir denkst "Verdammt jetzt würd ich aber gern.." das ist doch bei jeder Sucht das gleiche, der Ex-Raucher sitzt auch im Cafe vor seiner Tasse Kaffee und denkst sich "Früher hab ich dazu immer eine geraucht..." Aber: Der Kaffee schmeckt trotzdem! Ätsch!

Süchte sind etwas die uns ein Leben lang begleiten, immer und überall. Wer einmal süchtig war, der wird es immer sein - bis zu seinem Tod.
Aber wenn wir eine Sucht "stillgelegt" haben, also wir sie nicht mehr aktiv nutzen, ist sie zwar immer noch da (auch die Gefahr des Rückfalles) aber sie rückt immer mehr in den Hintergrund, der sogenannte Suchtdruck, wird mit der Zeit geringer (übrigens kann man da auch aktiv was gegen steuern, überleg dir was du stattdessen tust).

Vielleicht ist es aber auch wichtig, dass es immer ein Stück weit Präsent bleibt, um sich nicht zu sicher werden. Ich habe oft erlebt, dass gerade die Menschen, die sich am sichersten waren, auch am schnellsten wieder Rückfällig wurden.

Aber klar, ist es deswegen möglich ein normales Leben zu führen - warum nicht?
Du wirst durch die Narben immer gezeichnet sein, das ist der Nachteil beim SvV (Ein Alkoholiker trägt seine kaputte leber nicht auf dem Präsentierteller spazieren) , aber auch sie werden noch weiter heilen, verblassen. Vielleicht nie ganz verschwinden... aber doch heilen.

Das sich deine Klassenkameraden Kopf machen ob du es wieder tust, solltest du dir nicht zu deinem Problem machen, du hast genug eigene. Das mag egoistisch klingen, aber so ist das eben, du kannst ihnen da nix nehmen, es ist nicht deine Schuld, wenn sie sich sorgen machen (wenn ich richtig lese, in deinen Augen völlig sinnlos). Wenn du bereit dazu bist, kannst du mit allen (oder einigen ausgewählten Vertrauenspersonen) ins offene Gespräch darüber gehen - das kann eventuell Ängste dieser Art nehmen oder zumindest verringern. Vielleicht bist du berreit dazu Fragen zu beantworten und zu Informieren (du musst es ja nicht mal all zu persönlich machen)

Ich denke, umso besser es dir geht, um so mehr du andere Strategien erlernst die, du statt dem SvV betreibst und um so mehr Zeit vergeht, um so mehr wird das ganze in den Hintergrund rücken. Es wird nie ganz weg sein. Das ist ein Teil von dir! Den kannst du nicht einfach abhacken und gut ist. Aber es wird einfacher. Es wird erträglicher. Und du lernst damit umzugehen, wenn du es möchtest, da bin ich mir sicher. Wenn du anfängst es zu akzeptieren (und ich glaube das hast du schon) als ein Teil von dir, hoffentlich einer deiner Vergangenheit, verschwindet irgendwann der Druck dahinter - verstehst du was ich dir damit sagen möchte?

Ich wünsche dir alles Gute für alles was du dir weiterhin vornimmst.
Du scheinst eine Starke Person zu sein. Mach was draus.

Mit lieben Grüßen
Lingenia