Verlustängste, Selbstzweifel etc

Hier könnt Ihr allgemein über psychische Störungen und Krankheiten sprechen bzw. wenn Ihr Euch nicht auf eine spezielle Thematik festlegen wollt.

Falls Ihr nicht genau wisst, um was für eine Störung es geht oder in welchem Unterforum es passen würde, könnt Ihr ebenfalls auch erst einmal hier schreiben.

Verlustängste, Selbstzweifel etc

Beitragvon Kugor » Fr. 05.07.2013, 21:25

Hallo zusammen,



ich hoffe man verzeiht es mir, wenn ich etwas weiter ausholen muss, um die Situation einigermaßen darstellen zu können. Ich bin männlich (29), seit 7 Jahren mit meiner Frau (33) zusammen und seit 4 Jahren glücklich verheiratet. Nun aber erstmal ein paar Infos zu meiner Frau. Als wir uns damals kennenlernten (über ein Online-Spiel), kam sie frisch aus einer psychiatrischen (oder psychosomatischen? gibts da nen unterschied) Klinik, weil sie extrem schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht hatte, was letztendlich zu einem kompletten Zusammenbruch geführt hat.

Logischerweise, wollte sie also erstmal keinen Mann mehr in ihr leben lassen. Dennoch haben wir aber täglich miteinander gezockt und uns unterhalten. Die Einzelheiten kann ich euch hier jetzt sparen, jedenfalls kamen wir ein paar Monate später zusammen, führten erstmal eine Fernbeziehung (120 km getrennt) und es dauerte eine ganze Weile bis sie Vertrauen mir gegenüber aufbauen konnte, was bei der Vorgeschichte aber nicht weiter schlimm war. Ansonsten hatte sie vor 14 Jahren einen Unfall, durch den sie auch heute noch starke Schmerzen hat, und sehr starke Schmerzmittel schlucken muss, die aber nur bedingt helfen.

Seit 6 Jahren leben wir zusammen und führen eine sehr glückliche Beziehung. Wir sprechen über alles und sollte es doch mal zu einem Streit kommen, was zum Glück sehr selten ist, haben wir auch gelernt diesen zu führen ohne dass sich die Fronten verhärten.

Ansonsten hat sie einen Sohn mitgebracht, dem gegenüber ich versucht habe eine Beziehung aufzubauen, was mir aber nicht gelungen ist. Egal was man ihm gesagt oder mit ihm unternommen hat, es half nichts. Er hat entweder gemacht was er will, oder es war ihm nie genug was er bekommen hatte. Mittlerweile ist es soweit, dass ich mich emotional komplett von ihm abgeschottet habe, meine Frau übrigens auch, wodurch wir eigentlich schon insgeheim beschlossen haben, dass wir uns jetzt noch 4 Jahre da durchbeissen, bis er volljährig ist und ihn dann rauswerfen. Jedoch kam kürzlich Bewegung in die Sache, da man jetzt den Verdacht auf ADHS bei ihm gestellt hat, und er kommt demnächst für 3 Monate in eine psychiatrische Jugendtagesklinik, in der das dann abgeklärt wird und evtl eine Medikation eingestellt wird, durch die sich sein Verhalten erheblich verbessen könnte. Das gab uns beiden dann wieder etwas Hoffnung, zumal uns auch gesagt wurde, dass wir nicht daran schuld sind an der Situation.

Vor einiger Zeit erzählte mir meine Frau dann, dass sie aufgrund ihrer Schmerzen (und ich schätze mal der Depression die sie ja zwangsweise immernoch hat) nur noch vor ein Auto werfen wollen würde, hauptsache die Schmerzen hören auf. Letztendlich sei ich der einzige Grund weshalb sie es nicht macht. Wir kümmerten uns dann darum, dass sie eine Therapie macht, und glücklicherweise fand sie sehr schnell einen Therapeuten der ihr sympathisch war. Allerdings meinte dieser, dass sie ihm zu instabil und selbstmordgefährdet sei und er deshalb wünscht, dass sie erstmal eine stationäre Therapie macht und danach erst die ambulante bei ihm. Gesagt getan, passende Klinik ist ja direkt im Ort, und 2 oder 3 Monate später stand ihre Einweisung in die Klinik an.

Seit sie dort drin ist fingen meine Probleme an, bzw haben sie sich bemerkbar gemacht. Sie ist jetzt seit 10 Tagen in der Klinik, ich besuche sie jeden Tag und dennoch fehlt sie mir so unglaublich. Sie war schon oft in Krankenhäusern, auch weiter weg, sodass ich sie nicht besuchen konnte, da war das nie ein Problem, allerdings wusste ich auch, dass sie nach 1 - 2 Wochen wieder zurück kommt. Diesmal sind es zwischen 6 und 10 Wochen. Dafür darf sie (abgesehen vom 1.) an den Wochenenden nach Hause. Ich habe angefangen ein "Gefühls-Tagebuch" zu schreiben, was allein schon ein Zeichen bei mir ist, dass es mir nicht gut geht. Obwohl ich sie täglich sehe, und weiß, dass es ihr da drin gut geht und ihr geholfen wird, geht es mir von Tag zu Tag schlechter.

Anfangs war es nur eine sehr starke Sehnsucht, gefolgt von einer tiefen Traurigkeit bis hin zu ner gewissen Antriebslosigkeit. Ich konnte mir diese teils doch recht extremen Gefühle nicht erklären, da ich sie ja, wie gesagt täglich sehe. Sie ist nur nicht daheim, um mich rum und abends im Bett liegt sie auch nicht neben mir. Die Tage danach haben sich dann immer stärkere Verlustängste eingestellt, die vorgestern zu ihrem bisherigen Höhepunkt kamen, in dem ich regelmäßig vor dem geistigen Auge ihre Todesmeldung erhalten habe, und mir dann zuschauen konnte wie ich daran zusammenbreche. Seit 4 Tagen esse ich kaum noch was. Zum einen habe ich selten ein Hungergefühl und sollte ich eins haben, kann ich mich entweder nicht aufraffen, oder, ich weiß auch nicht... es ist fast so als hätte ich das Gefühl kein Essen verdient zu haben. Als würde ich irgendwie auch noch körperlich leiden wollen.

Je länger ich mein Gefühls-Tagebuch schreibe, desto mehr fällt mir über mich selbst auf. Dass ich all meine Kraft, mein Selbstvertrauen aus der Liebe meiner Frau ziehe, wusste ich vorhin schon. Aber dass ich wieder zu dem kleinen, von selbstzweifeln zerfressenen, unsicheren Jungen von früher werde, wenn sie mal nicht um mich ist, hätte ich nicht erwartet.

Außerdem wurde mir jetzt erst bewusst, dass ich fremde Menschen nicht mag, bzw Angst davor habe. Nicht dass sie mir etwas antun könnten, aber sobald mich jemand auch nur ansieht und dabei mit irgendwem spricht, lästern sie über mich. Lachen sie, lachen sie natürlich über mich. Selbst wenn sie mich einfach nur ansehen und nicht mal den Mund bewegen, naja, dann denken sie sich halt ihren Teil über mich. Ich kann einfach nicht auf andere Leute zugehen, weil ich immer Angst habe, dass ich verurteilt werde (im Beruf stört mich das nicht, da weiß ich scheinbar was ich mache, und hab denke ich mal in der Situation genug Selbstvertrauen). Das geht soweit, dass ich mit unserem Hund nur noch das nötigste gehe solange es hell ist und größere Runden erst im dunkeln, wenn mich niemand sieht.

Ironischerweise, mache ich selbst aber genau das, wovor ich Angst habe, dass es andere mir gegenüber machen. Egal wo ich hinsehe, überall werden Menschen die ich nicht kenne von mir vorverurteilt. Ein falscher Blick, ein nicht erwiderter Gruß, getragene Klamotten, die Art zu gehen etc... dagegen kann ich nicht mal was tun, das läuft ganz automatisch ab.

Bin ich mit meiner Frau unterwegs, sind all die Selbstzweifel etc verschwunden, und ich wechsel in den Verteidigungsmodus. Mittlerweile warte ich schon darauf, dass Jemand meine Frau dumm anmacht um sie verteidigen zu können (verbal wohlgemerkt).

Generell bin ich nicht mehr die Ruhe in Person so wie früher, sondern eher impulsiv. Ich bin auch nicht mehr Kritikfähig (wobei ich nicht sicher bin, das jemals gewesen zu sein). Wenn mich meine Frau kritisiert, wird das von mir so lange ausdiskutiert bis sie klein bei gibt und bei anderen fühle ich mich persönlich angegriffen und versuche jeglichen Kontakt auf Lebzeiten mit den betroffenen Personen zu vermeiden.

Es ist auch sehr schwer für mich meine Gefühle einzuordnen, oder auch diese typischen Fragen "was denkst du gerade?" - da ist dann oft einfach nichts in meinem Kopf, ich kann nicht auf diese Frage antworten. Vielleicht habe ich zu lange nur auf meine Frau geachtet und wollte sie vor allem schützen, sodass ich meine eigenen Gefühle immer verdrängt habe. Nicht dass sie nie gefragt hätte wie es mir geht, aber von mir kam immer nur ein "passt schon" rein um sie nicht noch mehr zu belasten. Mittlerweile habe ich das Gefühl weiß ich selbst gar nicht mehr, was ich fühle.

Nachdem ich sie vorgestern ja in meinem Geiste immer wieder sterben sah, konnte ich sie leider nicht mehr anlügen auf die Frage wie es mir geht. Zwar wusste ich, dass sie zu mir halten wird, daran besteht bei keinem von uns Zweifel, wir sind bis zum Tode füreinander da, aber dennoch hatte ich Angst vor ihrer Reaktion, dass auch sie mich verurteilen würde. Sie hörte sich alles an, fragte ab und an mal nach, aber sie ist die einzige bisher die mich voll und ganz verstehen kann, immerhin hat sie ja die gleichen Gedanken, wenn auch aus anderen Gründen. Jedenfalls meinte sie, dass wir das gemeinsam hinbekommen und sie wird jetzt mehr darauf achten, dass ich zu meinen Gefühlen stehe und mich evtl auch an meinen Ängsten vor fremden Leuten arbeite. Nach diesem Gespräch ging es mir schlagartig wesentlich besser und ich konnte zum ersten mal ohne böse Gedanken den restlichen Abend verbringen und ins Bett gehen. Das hielt sich bis gestern Mittag, seitdem geht es wieder kontinuierlich bergab.

Allerdings drehen sich meine Gedanken jetzt nicht immer nur um meine Frau, sondern hauptsächlich um mich. Es wechselt zwischen einer Unsicherheit, Ungewissheit und Angst was meine Zukunft betrifft, einer tiefen Traurigkeit und einer ich weiß nicht, ist es Wut oder Enttäuschung über mich selbst, dass ich über diesen Mist nicht erhaben bin? Jedenfalls mache ich mir Sorgen, ob wir das wirklich zu zweit schaffen, auch wenn sie die ganzen Techniken anwenden kann die sie in der Klinik lernt. Zumal, schaffe ich wirklich noch weitere 5 - 8 Wochen "ohne sie"?

Aber was wären die Alternativen? Ambulante Therapie? Hatte ich vor 2 Jahren schonmal versucht. 4 Wochen überall anrufen bis man mal einen freien Platz ergattert, und dann ist die gute Frau gestörter als ich? Gut, vermutlich war sie das nicht, aber ich kam dennoch nicht klar mit ihr, also ging ich nur einmal hin.

Theoretisch wäre ich von der Klinik mehr angetan, da sie einem denke ich schneller und effektiver helfen kann. Obgleich ich weiß, dass es da erstmal sehr schwer wäre für mich. Ständig mit fremden Leuten kontakt, Gruppen-, Einzel-, Kunst,- und was weiß ich noch für Therapien. Allerdings sind meine Probleme wohl zu lächerlich für die psychosomatische Klinik. Ich mein, ich habe ja nicht mal ein schlimmes Erlebnis gehabt oder so, mir ist nie was schlimmes zugestoßen etc... da haben andere wohl eher nen Platz verdient.

Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht mal wieso ich das hier schreibe. Ich denke ich kann meine Probleme selbst nicht einschätzen und grüble seit Tagen wie ich die nötige und richtige Hilfe bekommen könnte, ohne dass ich ewig betteln muss ernst genommen zu werden. Wohl die einfachste Art Hilfe zu bekommen, wäre sich die Pulsadern aufzuschneiden, natürlich so, dass man rechtzeitig gefunden wird. Aber zum einen würde ich meiner Frau nie so einen Schock versetzen, außerdem verletzt man dabei doch sehr leicht die Sehne und das ist natürlich erst recht Mist. Ich will halt nur nicht wieder Wochen oder Monate rumtelefonieren müssen, dann immer wieder kurz erklären was los ist nur um dann abgewimmelt zu werden. Hier in der Gegend gibt es zwar einige Therapeuten und allein hier im Ort gibt es zwei psychosomatische Kliniken, aber dennoch ist alles ständig belegt.

Aber habe ich überhaupt eine Chance es ohne professionelle Hilfe zu schaffen? Oder soll ich mich einfach weiter durchbeissen, denn sobald meine Frau aus der Klinik raus und wieder um mich rum ist, sind die Probleme sowieso wieder verdrängt?

Verzeiht mir wenn der Text viel zu lang geraten ist.
Kugor
 

Re: Verlustängste, Selbstzweifel etc

Beitragvon GLaDOS » So. 07.07.2013, 15:17

Hi Kugor,

mir ging es mal wie dir. Ich hatte einen Partner, auf im lag mein Fokus, als wir uns trennten, war ich plötzlich mit mir alleine, und dann begang ich zu bröckeln.

Natürlich ist es nicht gut Dinge zu verdrängen, weil damit schlummern sie nur in uns, und können jederzeit wieder kommen. Ich kann auch verstehen das dir die Jagd nach einem passenden Therapeuten zu mühsam ist.

Du könntest dir bei einer Beratungsstelle Hilfe holen, und sehen wie es läuft nachdem deine Frau wieder zu Hause ist.

Ich selber verdräng auch, war 3 Monate in einer Klinik, was mir sehr half. Nun kommt ab uns zu was hoch, was ich aber gut selber in den Griff bekomme, auch mit Hilfe meiner Familie.

Versuche selbst für dich abzuwägen, was dir helfen könnte.

LG GLaDOS
GLaDOS
 

Re: Verlustängste, Selbstzweifel etc

Beitragvon Kugor » So. 07.07.2013, 19:02

Hi GLaDOS,

danke für die Antwort. Das Wochenende hat mir denke ich mal bei meiner Entscheidung geholfen.

Gestern Abend kam unser Sohn mit geschwollenem Arm und heulend an, nachdem er beim Fußball hingefallen ist. Ich dachte höchstens an eine Prellung und hätte mich höchstens zu einem "das wird schon wieder" durchringen können. Zum Glück war aber meine Frau übers Wochenende zu hause. Sie fuhr mit ihm dann in die Notaufnahme, das Ergebnis. Arm ist gebrochen, sie mussten ihn repositionieren und am Freitag stellt sich raus ob das ausreicht, oder ob operiert werden muss. Sie schickte dann ein Foto, auf dem er (mit Schmerzmittel zugedröhnt) schon wieder Grimassen zog und obwohl ich weiß, dass das in dem Fall ja gut ist, wenn er es mit Humor nimmt, fühlte ich mich nur genervt, weil er sich schon wieder mal verletzt hat und schon wieder Witze darüber machte. Was ich mit den beiden schon hier in der Notaufnahme war, das ist unglaublich.

Nachdem mir meine "Familie" aber leider nur bedingt helfen kann dabei, da meine Frau selbst ja noch sehr instabil ist, ihre Familie zu weit weg wohnt und ich zum Rest meiner Familie kaum Kontakt habe, weil sie meine Frau nicht akzeptieren können, bin ich damit leider ziemlich alleine. Die Freunde und Bekannten haben selbst keinerlei psychischer Probleme und können sowas daher auch nicht wirklich nachvollziehen.

Also werde ich morgen zu meinem Hausarzt gehen und mir ne Überweisung für eine Therapie holen. Dieses mal mache ich auch nicht mehr den Fehler und rufe selbst bei allen Therapeuten an und erkundige mich wegen nem freien Platz, sondern lass das über die Koordinationsstelle prüfen, sodass mir direkt nur die verfügbaren Therapeuten genannt werden.

Wird jedenfalls eine interessante Zeit. Frau noch 5 - 9 Wochen in der Klinik, Sohn nen gebrochenen Arm der evtl noch operiert werden muss und je nachdem 6 - 12 Wochen zum verheilen braucht, dazu ein Hund um den ich mich kümmern darf und nebenbei soll ich arbeiten auch noch. Achja, die Suche nach dem Therapeuten nicht zu vergessen. Wieder einmal darf ich mich um alles und jeden kümmern, nur so langsam hab ich keine Energie mehr dafür.
Hin und wieder wünsche ich mir, dass ich einfach mal einen Unfall hätte oder einen kompletten Zusammenbruch, sodass sich endlich mal jemand um mich kümmert und ich vorübergehend mal die Zügel aus der Hand nehmen kann.

Einfach nur aussitzen will ich die Sache aber nicht, daher versuche ich jetzt alles nötige in die Wege zu leiten, denn wenn meine Frau wieder daheim ist, fange ich wieder an alles zu verdrängen und rede mir selbst ein dass alles bestens ist.
Kugor
 

Re: Verlustängste, Selbstzweifel etc

Beitragvon EwigeMutter » So. 07.07.2013, 21:33

Ich habe das Gefühl,das Du und Deine Frau eine sehr enge Symbiose eingegangen sind und jetzt ,wo sie nicht mehr so eng bei Dir ist,merkst Du,das Du allein nicht mehr lebenstüchtig bist.
Eine fatale Erkenntnis.....ihr habt Euch wahrscheinlich zu sehr aufeinander fixiert und verlernt,allein Entscheidungen zu treffen und im Leben zu funktionieren.
Ich glaube,ihr solltest das ändern und dazu ist es sicherlich sehr hilfreich,eine Therapie zu machen oder sich zumindest professionell beraten zu lassen.
Diese Ängste,die Dich plagen scheinen mir schon sehr übermächtig zu sein,das belastet Dich ja über alle Maßen!
Bei uns in der Stadt gibt es in der psychiatrischen Klinik eine Art Notfall-Sprechstunde....vielleicht gibts das bei Euch auch.
Schnelle Hilfe bekam ich auch bei einer Familienberatungsstelle, da könntest Du auch gleich die Probleme mit dem Stiefsohn ansprechen.
Der ist in einem schwierigen Alter und besser wird´s vermutlich erst in zehn Jahren....
Du brauchst wirklich Hilfe!
EwigeMutter
 

Re: Verlustängste, Selbstzweifel etc

Beitragvon Kugor » So. 07.07.2013, 22:38

Eigentlich dachte ich es wäre gut, wenn man alles miteinander bespricht, und abklärt wie der andere es sieht. So wie du das beschreibst habe ich es nie gesehen, aber ich fürchte du hast recht.
Anfangs ist es denke ich normal, dass man in einer frischen Beziehung sich erstmal auf die Zweisamkeit konzentriert. Aber da sie zu anderen Menschen kein Vertrauen hatte und ich so unglaublich froh war, endlich so geliebt zu werden wie ich bin und das Gefühl bekommen habe gebraucht zu werden, und die Tatsache dass meine ganze Familie gegen diese Beziehung ist und somit von allen Seiten nur Kritik und Vorwürfe kamen, sorgte erst recht dafür, dass wir unter uns blieben.

Meine Frau schrieb vorhin, dass sie der Schwester bei der Visite alles über das Wochenende erzählt hat. Diese meldet sie jetzt als Notfall im Sozialdienst um evtl ne Familienhelferin zu bekommen, damit unser Sohn einigermaßen versorgt ist, wenn ich Spätschicht habe. Außerdem schlug die Schwester vor, dass ich unbedingt zur Partner Therapie ins Krankenhaus kommen soll. Das dürfte aber nur bedeuten dass ich ein paar mal zu ihrer Einzeltherapie mitgehen kann, aber genau weiß ich es nicht.

Außerdem hat sie mir den Aushang vom sozial psychiatrischen Dienst geschickt. Scheinbar vermitteln die auf Wunsch direkt einen Platz beim Therapeuten (jedenfalls hoffe ich dass die mehr machen als mir die Telefonnummer davon zu geben). Nun muss ich nur noch überlegen was ich denen und meinem Hausarzt erzähle um ernst genommen zu werden.
Kugor
 

Re: Verlustängste, Selbstzweifel etc

Beitragvon EwigeMutter » So. 07.07.2013, 22:44

Du wirst mit Sicherheit ernst genommen!
Mach Dir mal keine Gedanken....sprech einfach frei von der Leber weg, schildere Deine Ängste und verschweige nichts.
Man findet meist sehr viel Verständnis!
Viel Glück für Euch beide!
EwigeMutter
 

Re: Verlustängste, Selbstzweifel etc

Beitragvon GLaDOS » Mo. 08.07.2013, 06:47

Deine Entscheidung ist die Richtige. Ich find's auch gut, dass die von der Klinik aus versuchen zu helfen. Wünsche dir das du schnell einen passenden Therapeuten hast.

Kugor hat geschrieben:Wieder einmal darf ich mich um alles und jeden kümmern, nur so langsam hab ich keine Energie mehr dafür.
Hin und wieder wünsche ich mir, dass ich einfach mal einen Unfall hätte oder einen kompletten Zusammenbruch, sodass sich endlich mal jemand um mich kümmert und ich vorübergehend mal die Zügel aus der Hand nehmen kann.
Diese Zeilen hätten mal von mir sein können :|

Ich Hofe auch das es deiner Frau bald wieder besser geht, und ihr gestärkt aus dieser Phase rauskommt. Alles gute für dich!

Wäre schön wenn du ums auf dem laufenden hältst.
GLaDOS
 

Re: Verlustängste, Selbstzweifel etc

Beitragvon Kugor » Mo. 08.07.2013, 10:00

Oh man.

War jetzt beim Hausarzt, der hat mich ne Woche krank geschrieben, mir Johanniskraut verordnet und auf mein Bitten hin ne Überweisung zu einem Therapeuten gegeben. Wobei ich sagen muss dass es unglaublich schwierig ist in ein paar Minuten alles zu erzählen, und soviel wie bei dem los ist, kann er sich leider nicht ewig Zeit nehmen für einen.

Danach habe ich, nachdem ich ne Stunde vorm Telefon saß beim sozialpsychiatrischen Dienst angerufen und denen die Sache kurz geschildert, da hab ich am 1. August einen Termin fürs Erstgespräch bekommen. Allerdings sagte sie bereits, dass es nach dem Erstgespräch ca 7 Wochen dauert bis sie sich melden und es mit den Gesprächen losgehen kann (welche dann scheinbar ohne Krankenkasse laufen und nebenbei zusätzlich zu ner Therapie gemacht werden können).

Also dann noch bei der Koordinationsstelle Psychotherapie Bayern angerufen, um an freie Therapeuten zu kommen. Dort wurde ich gefragt ob ich schon ein Erstgespräch hatte, hab ich ihr das mit dem 1. August erzählt. Daraufhin war die Sache für sie schon erledigt. Als ich dann nachfragte wegen freien Therapeuten meinte sie nur noch dass man dafür das Erstgespräch abwarten müsse, um überhaupt zu wissen welche art von Therapie ich brauche.

Insgesamt betrachtet, ist also meine Frau schon längst wieder zu hause, bevor ich irgendwo mal ein Gespräch mit nem Therapeuten bekomme.
Kugor
 

Re: Verlustängste, Selbstzweifel etc

Beitragvon Christine » Mo. 08.07.2013, 10:53

Trotzdem finde ich super, dass du schonmal angefangen hast :) Sowas dauert leider seine Zeit, das stimmt.
Mit dem Johanniskraut musst du Geduld haben und es regelmäßig nehmen, dauert ein paar Tage oder auch Wochen, bis das richtig wirkt.
Christine
 

Re: Verlustängste, Selbstzweifel etc

Beitragvon GLaDOS » Mo. 08.07.2013, 14:28

Lass dich nicht entmutigen, auch wenn die Wartezeiten zäh sind. Leider geht das sehr selten schneller, mit 1. August bist du eh noch schnell dran.
GLaDOS
 

Re: Verlustängste, Selbstzweifel etc

Beitragvon Atisha » Mo. 08.07.2013, 15:07

Jetzt habe ich mir deinen langen Text durchgelesen.
Und du bist sicher das dir nix zugestoßen ist im Leben, mir erscheint das nicht so.
Bist du mal gemobbed wurden, verprügelt als Kind oder ist eines deiner Elternteile nicht leiblich oder bist du nicht bei deinen Eltern aufgewachsen???
Atisha
 

Re: Verlustängste, Selbstzweifel etc

Beitragvon Kugor » Mo. 08.07.2013, 18:31

So, nachdem mir die Ergebnisse von heute morgen erstmal nen Dämpfer verpasst hatte, hab ich nun aber das beste daraus gemacht. Zumal es schon sehr naiv gewesen war von mir, zu erwarten dass ich sofort Hilfe bekomme. Als würden alle darauf warten, dass ich mich endlich melde und sofort loseilen mir zu helfen.
Irgendwann habe ich mir dann gedacht dass es vom rumsitzen und jammern nicht besser wird und dass es bei einer Therapie ja auch nicht darum geht, dass man die Welt an mich anpasst, sondern mich soweit bringt, in der bestehenden Welt zurecht zu kommen, also liegt es im wesentlichen ja an mir.

Nachdem ich mir dann ein lecker Frühstück gemacht hatte, bin ich zu meiner Frau und hab mit ihr und ner befreundeten Patientin einen kleinen Einkaufsbummel gemacht mit abschließendem Besuch in der Eisdiele. Insgesamt also doch noch ein schöner Tag, ich hoffe dass ich das gute Gefühl und die Zuversicht weiterhin mitnehmen kann, aber ich mach mir auch keine Illusionen. Die ganzen 5 - 8 Wochen ohne Frauchen werde ich das wohl nicht ganz durchhalten.

Da es jetzt das zweite mal ist, dass meine Frau durch eine Therapie stärker und selbstbewusster wird und ich gleichzeitig immer schwächer und unsicherer, wird von allen Seiten vermutet, dass ich ein Helfersyndrom haben könnte. Ich selbst denke, solange ich von ihr gebraucht werde, weil es ihr schlecht geht, kann sie mich nicht verlassen. Das ist jetzt kein klarer Gedanke, sondern eher ein vages Gefühl. Aber es ist nun mal so, dass sie die erste ist, die mich so liebt wie ich bin.

Atisha hat geschrieben:Jetzt habe ich mir deinen langen Text durchgelesen.
Und du bist sicher das dir nix zugestoßen ist im Leben, mir erscheint das nicht so.
Bist du mal gemobbed wurden, verprügelt als Kind oder ist eines deiner Elternteile nicht leiblich oder bist du nicht bei deinen Eltern aufgewachsen???

Naja, auf der Schule hatte ich mich immer recht schwer getan meinen Platz in der Gemeinschaft zu finden. Wenn man extrem schüchtern ist und sehr wenig Selbstvertrauen hat, gehört man auf der Schule nicht unbedingt zu den coolsten und beliebtesten. Das könnte man also noch annähernd als gemobbt verstehen. Aber sonst wüsste ich definitiv nichts.

Ich wurde nicht verprügelt, und bin bei meinen leiblichen Eltern aufgewachsen. Hab oft mit meiner Mutter gestritten und ihr ist auch verhältnismäßig schnell die Hand ausgerutscht, aber zum einen hat sie nicht wirklich gut getroffen und zum anderen kann man das denke ich nicht als "verprügeln" bezeichnen.
Kugor
 

Re: Verlustängste, Selbstzweifel etc

Beitragvon Kugor » Do. 11.07.2013, 20:01

Kann es sein, dass Johanniskraut müde macht? Könnte jeden Tag früher einschlafen.

Hier mal ein kleines Update. Mir ist es so einigermaßen gelungen, die gute Laune und Zuversicht, die letzten Tage zu behalten. Gestern kam zwar kurz ein kleiner Durchhänger, aber war zum Glück auch wieder schnell weg. Meine Frau hat nun auch ihren Entlassungstermin bekommen, sie kommt am 7. August raus, was bedeutet, dass wir 3,5 von meinen 4 Wochen Urlaub, gemeinsam verbringen können. Das freut mich riesig :D
Zuversichtlich bin ich auch daher, weil es ja "nur" noch 26 Tage bis zu ihrer Entlassung sind, und davon ist sie ohnehin 8 Tage zuhause :lol:

Vermutlich verdränge ich momentan zwar wieder meine Probleme, aber da das im Augenblick der einfachere Weg ist, werde ich den, solange sie nicht da ist, beibehalten wenn ich kann. Nichtsdestotrotz behalte ich natürlich meinen Termin fürs Erstgespräch und klär dann mit denen ab, ob Therapie Sinn macht, und wenn welche. Aber ich denke mal schon, dass es auf eine Therapie rauslaufen wird, immerhin muss ich so einige Dinge wieder lernen.



An diesem Punkt auch mal ein herzliches Dankeschön, an das Forum hier und alle Leute, die sich so nett und hilfsbereit geäußert haben. Ich hätte es zuvor nie im Leben glauben wollen, dass es hilft darüber zu reden, denn eigentlich weiß ich objektiv ja was Sache ist, nur passen halt Verstand und Gefühle nicht zwingend zusammen. Aber da hier die meisten ähnliche, oder sogar weit schlimmere Erfahrungen gemacht haben, trifft man auf ein Verständnis, Anerkennung und auch Tipps, die man in der Gesellschaft leider vergeblich suchen kann. Jedenfalls habe ich viele meiner Vorurteile über "Psychokram" verloren und auch wenn ich mich noch zu sehr viel durchringen muss, bin ich für alles offen. In diesem Sinne also nochmal, ein herzliches Danke!

Werde euch natürlich auch weiterhin noch auf dem Laufenden halten und sobald ich wieder etwas stabiler bin, auch versuchen vielleicht mal dem ein oder anderen hier zu helfen oder Tipps zu geben. Wobei ich da noch zweifel, dass ich was wirklich hilfreiches sagen könnte, da ich schlicht und ergreifend zu wenig Erfahrung mit dieser doch recht komplizierten Thematik habe.

LG
Kugor
Kugor
 

Re: Verlustängste, Selbstzweifel etc

Beitragvon GLaDOS » Fr. 12.07.2013, 08:30

Wenn die Dosierung nicht richtig eingestellt ist, kann es bei der Einnahme von Johanniskraut außerdem zu Müdigkeit oder verstärkter Unruhe kommen. Steht zumindest hier ---> http://www.johanniskraut.co/nebenwirkungen

Kugor hat geschrieben:Wobei ich da noch zweifel, dass ich was wirklich hilfreiches sagen könnte, da ich schlicht und ergreifend zu wenig Erfahrung mit dieser doch recht komplizierten Thematik habe.
Ich denke du unterschätzt dich da ein wenig. Außerdem hilft es oft schon, wenn man füreinander Verständnis aufbringt.

Therapie macht sicher Sinn, auf Dauer ist verdrängen sicher keine Lösung. Früher oder später kommen die alten Gewohnheiten wieder angekrochen. Würde mich interessieren wie es weitergeht.

Schön das du deinen Urlaub nun mit deiner Frau verbringen kannst :) wünsche euch eine angenehme Zeit.
GLaDOS
 

Re: Verlustängste, Selbstzweifel etc

Beitragvon Kugor » Di. 30.07.2013, 10:57

So, wieder mal ein kleines Update. Heute hatten wir die Partner Therapie im Krankenhaus, also im Prinzip meine Frau mit ihrer Therapeutin nur dass ich halt mal ne Std mit dabei war.

Jedenfalls meinte sie dass meine Verlustängste wohl aus der Kindheit kommen, dass ich dort evtl etwas verloren habe, was mir sehr wichtig war. Mir ist zwar nicht bewusst dass sowas passiert wäre, aber das bedeutet ja erstmal gar nichts. Zumal ich mir auch noch nicht so sicher bin was ihre Aussage betrifft, immerhin hat sie mich heute erstmal 45 Minuten kennen gelernt und wir haben ja noch über andere Dinge gesprochen.

Aber nun erstmal zu den Punkten wie es weiter geht. Sie meinte dass der Sozialpsychiatrische Dienst mir nur bedingt helfen kann, weil die ja keine Therapie anbieten sondern nur begleitend helfen und unterstützen. Da die Verlustängste wie gesagt ihrer Meinung nach in der Kindheit liegen, empfahl sie mir eine Tiefenpsychologie. Da ich aber einige Probleme schon seit meiner Kindheit mitziehe, denke ich mal ist das schon richtig. Hab nun also wieder in der Koordinationsstelle Psychotherapie angerufen und nach Tiefenpsychologie gefragt. Angeblich gibt es in der Gegend noch einen freien Platz und zum Glück ist das auch noch eine Frau. Die hat aber nur sehr spärliche Telefonzeiten, sodass ich am Donnerstag dort mal anrufe. Wenn sie nichts frei hat, lasse ich mich irgendwo auf die Warteliste setzen, sonst passiert ja nie etwas.

Dennoch werde ich diesen Donnerstag meinen Termin beim sozialpsychiatrischen Dienst wahrnehmen. Mal schauen was dort geschieht.


Desweiteren machen wir vorerst mal feste Termine, also meine Frau und ich, in denen wir über unsere Gefühle sprechen. Das bedeutet also nicht, dass wir sonst nicht darüber sprechen werden, aber das soll uns einfach daran gewöhnen offen und ehrlich über die eigenen Gefühle zu sprechen. Vor allem auch mal über die positiven und nicht nur immer über die negativen. Außerdem versucht meine Frau ihre Schmerzen etwas mehr aus den Gesprächen rauszuhalten, weil die bisher alle Gespräche beherrscht haben und ich ja sowieso nichts daran ändern kann.

Soviel mal zum aktuellen Stand der Dinge. Jetzt hoffe ich mal dass das mit dem Therapieplatz klappt und mir die Frau auch sympathisch ist, ansonsten lasse ich mich wie gesagt auf die Warteliste setzen entweder bei ihr oder nem anderen und dann geht das irgendwann seinen Weg.

PS: Nächste Woche Mittwoch kommt meine Frau endlich aus dem Krankenhaus raus :cuddle:

PS2: Johanniskraut finde ich bisher nicht nur völlig nutzlos, sondern bei der aktuellen Hitzewelle auch noch sehr unangenehm weil man anfälliger für Sonnenbrand etc wird.
Kugor
 

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