Schuld

[planb]

Im Moment frage ich mich, inwieweit ich selber schuld bin oder andere. Laut meiner ehemaligen Therapeutin bin ich nicht dafür verantwortlich, wenn ich jemanden bewusst oder unbewusst zu etwas bringe. Zum Beispiel wenn er sich auf mein geschriebenes oder gesagtes hin schneidet oder sich schlecht fühlt. Weil es seine Reaktion ist, mit sowas umzugehen. Er könnte auch anders darauf reagieren.

Bin ich jetzt selber daran schuld, wie ich zum Beispiel auf meinen Vater (Alkoholiker) reagiert habe? Hätte ich anders damit umgehen sollen?

Bin ich schuld, wenn ich bei jemanden was auslöse und trigger?

[Vanilla]

Du bist nicht schuld, ich stimme deiner Thera voll zu.

[Atisha]

Ich denke man trägt immer eine eigene Verantwortung im Umgang mit anderen Menschen. Man wirkt und bewirkt was, bewusst oder unbewusst. So gesehen hat deine Therapeutin nicht absolut recht. Aber vieles kann man gar nicht wissen, kann es nicht vorhersehen, selbst wenn man den anderen gut kennt, weiß man vielleicht gar nicht wo ihm der Schuh am meisten drückt und wo man dann irgendwas auslöst. In diesem Punkt hat dann deine Therapeutin wieder Recht gehabt. Also man sollte nicht gedankenlos handeln, aber sich jetzt deswegen alle Verantwortung zu zuschieben das wäre auch falsch, dazu sind die Ursachen für psychische Probleme zu komplex.

Wie bist du denn mit deinem Vater umgegangen, vielleicht können wir das ein wenig näher betrachten, als Beispiel?

[planb]

Nun, am Anfang hab ich versucht, ihn zu überreden, mit trinken und rauchen aufzuhören. Bin auf taube Ohren gestossen. Dann fing ich an, seine Schnapsflaschen im Abwasch zu entsorgen. Später hab ich ihn nur noch übel beleidigt und irgendwann hat er rhetorisch zurückgeschlagen (konnte er gut). Ich hab mich für ihn geschämt. In der Öffentlichkeit war es mir immer peinlich, mit ihm zusammen zu sein. Auch vor meinen Schulkameraden war mir das immer extrem peinlich, wenn er dabei war.

Bin ich an meinen schlechten Gefühlen und Schuldgefühlen (wegen den Beleidigungen) nun selber schuld?

[Atisha]

Was hast du denn für Schuldgefühle, bestimmt sind sie viel zu groß. Ist dein Vater am Alkohol verstorben? Daran bist du sicherlich nicht schuld. Und du warst jung, da macht man numal mehr Fehler als im Alter, das ist dann aber keine Schuld. Schuldig wird man erst wenn man besseren Wissens und Könnens böse handelt. Ich sehe jetzt an deinen Beleidigungen jemanden der seinem Unmut darüber ausgedrückt hat, der sich nicht besser zu helfen wusste. Es ist sicherlich alles im Rahmen der Situation entsprechend geblieben, da sehe ich nicht viel mit Schuld angehäuft.

[planb]

Interessante Ansicht. Danke. Darüber muß ich aber erstmal nachdenken, ob ich mir das annehmen kann. Klingt aber erstmal vernünftig.

[Mad]

Zur Frage von Schuld oder Nichtschuld fällt mir erst mal allgemein das ein:
Ich würde den Begriff eher durch Vorsatz ergänzen. Wenn man etwas vorsätzlich und bewußt sagt oder tut um einen anderen zu einer gewissen Handlung oder Reaktion zu bewegen, dann ist wohl der Begriff angebracht. Sicherlich kann jeder reagieren, wie er will oder er konditioniert ist...aber man kann mit diesem Wissen auch vorsätzlich arbeiten. Da ist dann die Frage, wer die Möglichkeit einer alternativen Verhaltensweise hat.

Zum Thema Alkoholismus:
So kann ich allgemein nur sagen, dass Alkoholiker oft damit arbeiten Gründe für ihr trinken zu finden und das kein anderer Mensch einen Alkoholiker vom trinken abhalten kann

[Atisha]

Zum Thema Alkoholismus:
So kann ich allgemein nur sagen, dass Alkoholiker oft damit arbeiten Gründe für ihr trinken zu finden und das kein anderer Mensch einen Alkoholiker vom trinken abhalten kann

Ich glaube daran haben sich schon ganz andere den Kopf zerbrochen was Schuld ist. Da gibt es sicherlich die unterschiedlichsten philosophischen Ansichten und Glaubensansichten. Deshalb würde ich mir darüber auch jetzt nicht weiter den Kopf zerbrechen. Wenn es um den Vater und seinen Alkoholismus geht, dann würde ich es von der Seite der Alkoholabhängigkeit aus betrachten. Und hier kann ich auch aus eigener Erfahrung sagen, ich bin ja selber alkoholkrank, dass dazu andere Gründe geführt haben als ein Sohn, welcher nicht vermochte den Vater abzubringen. Ich denke auch diese Aufgabe, diese Schuld kann man keinem alleine auflasten.
Ich finde letztlich das Beschimpfen gar nicht als schlecht. Auch dies hat deinem Vater vor Augen geführt das es so mit ihm nicht weitergehen kann. Ab einer gewissen Stufe der Abhängigkeit kann man dem Betroffenen nur noch helfen in dem man ihn alleine mit seiner Sucht lässt. Ansonsten würde man sich nur zum Komplitzen der Sucht machen. Dein Vater wird hoffentlich auch noch von anderen eindringliche Worte gehört haben damit aufzuhören. Warum hat er letztlich den Ausstieg nicht geschafft. Ich sehe hierbei drei Knackpunkte. Wie tief steckt ein Mensch schon dort drinnen, wie kann man die eigentlichen Ursachen fürs Trinken beseitigen und wie war letztlich sein Wille zum Leben, zu überleben?

[senta]

Lieber PlanB,
Du bist ganz sicher nicht schuld daran, was Dein Vater sich und Euch angetan hat.
Bitte mach Dir keine Vorwürfe.
Ich kenne ein wenig das Gefühl, weil ich auch immer zu hören bekam "es geht mir ja wegen Euch so schlecht". Deshalb dachte ich immer "wenn ich nur besser wäre, dann ginge es ihr auch besser".
Bitte nimm das nicht an!
Gerade Abhängige haben eine ganz perfide Art die eigene Familie oder das Umfeld in den Abgrund ihrer eigenen Sucht mit reinzuziehen, damit sie sich nicht abwenden und sie ihre Sucht weiter ausleben können.
So treiben sie viele in eine Art Mit-Abhängigkeit und oft auch in eine Suchterkrankung!

Dein Vater war für Dich und Deine Entwicklung verantwortlich, solange Du ein Kind warst und nix Anderes!

Alles, was man tut oder sagt, löst in einem Anderen etwas aus, natürlich, aber, wie der Andere dann darauf reagiert, also damit umgeht, das liegt nicht mehr in Deiner Hand bzw. Deiner Verantwortung.
Sich zu schneiden zB ist eine krankhafte Fehlreaktion darauf, nicht angemessen mit seinen eigenen Gefühlen umgehen zu können, und eben evtl. auch schon eine Sucht, und somit bist Du wieder in der Gedankenfalle! Tu Dir das nicht an!

[TickTack]

Hi PlanB.
Ich denke auch nicht, dass du dir Schuldgefühle machen solltest, auch wenn die oft automatisch da sind und hartnäckig sind, leider
Muss mich oft damit auseinandersetzen, wenn man helfen will, aber hilflos ist und ich finde das kann einen echt Magenschmerzen bringen, wenn man sich sorgt oder jemanden helfen mag, aber es nicht geht. Am Ende blieb mir fast immer die Erkenntnis, dass man am Eigenwille und am Verständnis/Weltbild des anderen selten was machen kann, es sei denn er/sie will es. Und man vieles einfach akzeptieren muss. Das kann sauschwer sein...

Ich habe diese Schuldgefühle auch, zu nem ähnlichen Thema und kann dich deshalb gut verstehen. Ich bin sie bis jetzt auch nie losgeworden, auch wenn mir alle sagten, ich bin an nichts Schuld. Ich wünsch dir, dass du nen Weg findest, damit klar zu kommen. Vielleicht helfen ja Gespräche!

[planb]

Danke euch.