Psychische Krankheit oder doch nur Sonderling?

Hier könnt Ihr allgemein über psychische Störungen und Krankheiten sprechen bzw. wenn Ihr Euch nicht auf eine spezielle Thematik festlegen wollt.

Falls Ihr nicht genau wisst, um was für eine Störung es geht oder in welchem Unterforum es passen würde, könnt Ihr ebenfalls auch erst einmal hier schreiben.

Psychische Krankheit oder doch nur Sonderling?

Beitragvon Maxi33 » Sa. 23.10.2010, 02:05

Hallo,

ich weiß nicht, ob ich hier richtig bin, aber eine externe Einschätzung meiner Situation würde mich interessieren - ob ich unter gewisse Psychische Störungen eingeordnet werden kann, oder ob ich einfach nur ein verschrobener Mensch bin...

Zuerst muss ich sagen, dass ich auf diesem Gebiet relativ unbedarft bin, auch noch nie Therapien oder sowas gemacht habe. Ich weiß, dass ich anders bin als "normale" Menschen, da einem das im tagtäglichen Leben natürlich auffällt, aber mittlerweile interessiert mich auch, ob es dafür eine Bezeichnung gibt.

Ich war schon von klein auf ein schüchternes Kind - in den ersten Schuljahren hatte ich teilweise Angst in die Schule zu gehen und habe alles dafür getan, nicht dorthinzumüssen... also krank gespielt usw. was alles dazugehört. Im LAuf der Jahre, mit zunehmender Reife hat sich das gelegt, und ich habe den Schulalltag "abgewickelt". Allerdings als absoluter Außenseiter. Es war mir nicht möglich, Gespräche mit 99% meiner Mitschüler zu führen. Ich habe auch nicht mit den Lehrern geredet, dementsprechend sahen auch meine Noten aus, da die mündliche Mitarbeit gleich null war.

Danach kam eine Ausbildung im Amt, was für mich die Hölle auf Erden war. Ich kam mit diesem Büroalltag in keiner Form zurecht, die nötige Kommunikation mit den Kollegen, Small-Talk, Bürotratsch. Es war mir nicht möglich mich daran zu beteiligen, dementsprechend hatte ich schnell meine Rolle als Außenseiter und Sonderling, und wenn man da einmal drin ist, kommt man da auch nicht mehr raus.

Ich habe danach studiert, was mir im Gegensatz zur Schule sehr entgegenkam. Ich konnte mein eigenes Ding machen, alles selber organisieren und war nicht auf andere angewiesen. Hatte auch nicht wirklich Kontakt mit Mitstudenten, habe keine Parties besucht, und da auch nie wirklich Interesse dran.

Das war der Werdegang - wie sieht es heute aus? Ich habe keinen großen Freundeskreis. Die Freunde, die ich habe, sind schon sehr alte Freundschaften, die sich über Jahre und Jahrzehnte entwickelt haben. Es ist mir irgendwie nicht möglich, zu anderen Menschen engere Beziehungen aufzubauen, die sich zu Freundschaften entwickeln. Ich hab kein Problem, mit fremden Leuten zu sprechen, die ich das erste Mal sehe. Aber ich kriege es nicht hin, solche ersten Bekanntschaften zu Freundschaften auszubauen. Mir fehlt die Fähigkeit, Small-Talk zu betreiben. In großen Runden oder bei Feiern schweige ich meist und halte mich raus. Wenn mir jemand was erzählt, kann ich keine Emotionen zeigen, ich fühle nicht mit... und es interessiert mich auch nicht, wenn ich ehrlich bin. Ich versuche dann meist irgendeine Antwort zu "heucheln", die ungefähr zum Thema passt. Ich merke, dass ich ein großes Desinteresse an anderen Menschen und deren Belangen habe, und was sie mir erzählen. Dementsprechend kann ich auf ihre Erzählungen nicht wirklich eingehen, weil ich einfach nicht weiß, was ich sagen soll. Meine Wirkung auf andere ist in der Regel unsympathisch, arrogant, sonderbar.

Ich habe mir im Lauf der Jahre gewisse Techniken angeeignet, und bei anderen beobachtet, wie man Small-Talk betreibt, und beherrsche nun gewisse auswendig gelernte Dinge, um ein paar Minuten Gespräch zu überbrücken. Aber danach wird es für mich schon schwierig, irgendwann schweige ich, und wenn der andere auch nich so gesprächig ist und was erzählt, verläuft das Gespäch im Sande.

Man könnte das jetzt als übermäßige Schüchternheit abtun, aber irgendwie wäre mir das zu einfach... OK, ich habe große Angst davort, irgendwo im Mittelpunkt zu stehen, vor Referaten hatte ich übelste Bauchscmerzen wenn ich wusste, mir hören gleich so viele Leute zu. Mir geht es eher um die Unfähigkeit, die ich ja selber bemerke, nähere soziale Bindungen einzugehen. Freundschaften zu knüpfen. Niemand, der mich in den letzten Jahren kennengelernt hat, wollte eine Freundschaft zu mir aufbauen, weil ich nicht das Gefühl vermitteln kann, dass mich der andere interessiert bzw gar nicht weiß, was ich mit anderen Menschen reden soll.

Ich habe mich nach dem Studium selbständig gemacht, weil ich es unter allen Umständen vermeiden wollte, mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten, mich mit ihnen in sozialer und gesellschaftlicher Hinsicht auseinandersetzen zu müssen. Davor hat es mir unheimlich gegraut, weil ich panische Angste hatte, so etwas wie bei der Ausbildung im Amt nochmal zu erleben. Ich weiß auch, wenn ich in einem Betrieb mit anderen Menschen arbeiten müsste, würde ich gnadenlos untergehen. Wen ich jemanden auf der Straße sehe, den ich kenne, versuche ich auf jeden Fall wegzusehen, damit ich nicht grüßen muss.

Was man noch sagen muss - ich bin also nicht unglücklich mit meinem Leben, mit der Situation. Ich bin gerne alleine, lege auch gar keinen Wert auf viele Freunde und weggehen und Feiern war mir seit jeher ein Graus. Eigentlich war ich immer ganz glücklich, darum habe ich auch nie großen Wert drauf gelegt, das zu hinterfragen oder nach Ursachen zu suchen. Das Studium hat mir sehr geholfen, mich zu einem reifen und selbständigen Menschen zu entwickelt, der fest im Leben steht und relativ wenig Sorgen und Probleme hat. Diese "Soziale Inkompetenz" habe ich als Teil von mir akzeptiert und empfonde es auch nicht als Belastung. Mir geht es gut.

Thema Beziehung - ich hatte noch nicht viele lange Beziehungen, eine ging 5 Jahre. Wir hatten uns aber über eine lange Brieffreundschaft kennengelernt, das kennenlernen war also lange vor dem ersten Treffen. So habe ich auch alle meine Beziehungen kennengelernt, mittlerweile übers Internet. Wenn ich mich erst über längere Zeit mit jemandem schriftlich unterhalten kann, kann ich ein völlig anderes Bild von mir vermitteln, was ich im direkten Kontakt nicht schaffe. Meine jetzige Freundin ist die Liebe meines Lebens, und auch ein wenig "anders", also die Art Mensch, die genau zu mir passt.
Was dabei jetzt aber wieder schwierig ist, ist der Aufbau einer näheren Beziehung zu ihren Geschwistern und Eltern. Da kommt wieder meine Unfähigkeit durch, mit diesen Menschen engere Beziehungen einzugehen. Bei ein zwei großen Geburtstagsfeiern in der letzten Zeit, habe ich Qualen gelitten, wenn ich da 6-7 Stunden mit lauter fremden Menschen an einem Tisch sitzen musste. Danach war ich teilweise schweißgebadet und mit hohem Puls und oft nur mit dem Wunsch, einfach nur da wegzuwollen... ich habe da echt mein bestes probiert, auch meiner Freundin zuliebe, mich zu integrieren. Ich will nicht, dass meine Eigenart (so nenne ich das mal) mir da was kaputtmacht, weil ich in ihrer gesamten Familie dann als komischer Sonderling unten durch bin oder so. Aber ich merke schon, dass es mir ungemein schwerfällt und ich habe Zweifel, dass ich es hinbekomme.

Hmm... das war jetzt alles mal von der Seele geschrieben. Weiß auch gar nicht, ob da jemand was zu sagen kann bzw. ob ich noch was näher erläutern soll. Vielleicht gibt es ja Fachbegriffe für manche der genannten Symptome.

LG
Max
Maxi33
 

Re: Psychische Krankheit oder doch nur Sonderling?

Beitragvon Atisha » Sa. 23.10.2010, 04:51

Was hindert dich daran dir mal fachlichen Rat bei einem Psychiater oder Psychotherapeuten einzuholen. Also ich fühle mich völlig überfordert damit habe davon noch nie was gehört.
Aber ich muss sagen so bissel in abgeschwächter Form erkenne ich mich hier wieder. Ich würde auch gern mehr emotional reagieren, mehr Gefühlsleben haben. Ich habe eine Gefühlsrauslassproblematik ... oft kommen meine Gefühle nur als Angst heraus. Hast du auch oft so Ängste oder gar Paniken?

Ansonsten muss ich generell sagen, wenn du so gut leben kannst, las die Finger von allen Psychopharmakas, denn die Nebenwirkungen sind erheblich. Es kommt also für dich sowieso nur eine psychotherapeutische Behandlung in Frage. Das wäre auch meine Empfehlung, suche dir dort Hilfe und mache eine tiefenpsychologische Therapie. Es ist aber gar nicht so schnell ein passender und guter Psychotherapeut/in gefunden. Da kann man schon mal bei mehreren Probesitzungen abhalten und Wartezeiten gibts da auch, jedenfalls für Kassenpatienten.
Atisha
 

Re: Psychische Krankheit oder doch nur Sonderling?

Beitragvon planb » Sa. 23.10.2010, 08:34

Ich erkenne mich bei dir sehr gut wieder. Ich hatte auch solche Probleme mit der Schule. Habe auch eine Ausbildung bei einem öffentlichen AG gemacht und es hat nicht funktioniert usw. Außer Studium passt das bei mir auch.

Nun, ich habe eine soziale Phobie (selbstunsichere Persönlichkeitsstörung) und daraus auch noch Depressionen. Mein Verhalten hat sich aber sehr durch einige Verhaltenstherapien gebessert. Situationen konnte ich da üben und meine Ängste und Gedanken dabei analysieren. Gesprächstherapie war nich so hilfreich.

Also ich denke, wenn du einen Psychologen aufsuchst, kannst du viele Verbesserungen auch deiner Lebensqualität und -freude erreichen.
planb
 

Re: Psychische Krankheit oder doch nur Sonderling?

Beitragvon Maxi33 » Sa. 23.10.2010, 16:21

Ich habe bisher noch keine Therapeutische Hilfe in Anspruch genommen, weil es mich nicht wirklich in meinem Leben stört... ich bin gern alleine, habe nichts gegen meinen Status als Einzelgänger und genieße es, wenn ich meine Ruhe habe und mich nicht mit anderen Menschen in großer Runde oder bei gesellschaftlichen Anlässen umgeben muss. Wenn es nicht anders geht, habe ich gelernt mich anzupassen, ohne groß aufzufallen, um solche Anlässe möglichst schnell rumzukriegen. Ixh spiele dann sozusagen eine Rolle, die Rolle eines Teilnehmers an dieser Veranstaltung.

Ich habe keine Ängste oder Paniken. Mich stören auch keine Menschenmassen oder Menschenaufläufe, solange das eine unbekannte Masse ist, die mich nicht kennt und mit denen ich nicht auf einer tiefergehenden Ebene sozial interagieren muss. Sobald es darum geht, persönliche Beziehungen oder Freundschaften aufzubauen, bin ich damit überfordert - mit Menschen Gespräche zu führen, die über einen rein informativen oder sachlichen Chrarakter (wie z.b. Verkäufer) hinausgehen, gelingt mir einfach nicht. Um mit jemandem warm zu werden bzw. eine engere Beziehung aufzubauen, dauert es bei mir Monate, wenn überhaupt. Diese Zeit geben einem 99% der Menschen nicht. Darum sind ja meine bestehenden Freundschaften alles Sachen, die lange gewachsen sind, teilweise noch aus der Grundschule. Neue Freundschaften hab ich bestimmt seit 7-8 Jahren keine mehr geknüpft.

Ich will jetzt nicht den Eindruck erwecken, dass ich unglücklich bin mit meiner Situation - es interessiert mich nur inzwischen, was anders ist und warum es bei mir so ist wie es ist. Denn man sieht ja selber, dass die meisten Menschen anders sind, obwohl man es bei sich ja nicht anders kennt von klein auf, und man sich selber ja als "normal" empfindet.
Maxi33
 

Re: Psychische Krankheit oder doch nur Sonderling?

Beitragvon Atisha » Sa. 23.10.2010, 18:19

Dann lebe vielleicht so weiter wie bisher, denn so bist du gesund und weisst was du hast und bist.
Führst du eine Veränderung herbei und sei es nur durch Psychotherapie, dann weisst du nicht was für Probleme und Veränderungen auf dich zukommen. Im schlimmsten Fall wirst du instabil und brauchst Medikamente und die schaden deinem Körper. Ich würde an deiner Stelle erst was Therapeutisches machen, wenn es dich zu sehr belasten würde und du nicht mehr weiter wüsstest. Das gesagte gilt jetzt für die Tiefenpsychologie, eine reine Verhaltentherapie um gewisse Situationen zu verbessern, das kann man durchaus machen. Aber wird dir was zuviel, in einer Gruppensitzung zB. oder bei bohrenden Fragen, dann musst du dich selber schützen und sagen soweit gehe ich und dies und das mache ich nicht mehr mit.
Atisha
 


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