akute Krise

Hier könnt Ihr allgemein über psychische Störungen und Krankheiten sprechen bzw. wenn Ihr Euch nicht auf eine spezielle Thematik festlegen wollt.

Falls Ihr nicht genau wisst, um was für eine Störung es geht oder in welchem Unterforum es passen würde, könnt Ihr ebenfalls auch erst einmal hier schreiben.

akute Krise

Beitragvon paula paranoia » Di. 29.09.2015, 16:45

Meine Thematiken kratzen an die Bereiche diverser Unterforen, denk ich: Depressionen, Sucht, psychotische Störung, ... deshalb schreibe ich hier erstmal unter "Allgemein". Mein erstes 'konkrektes' Posting hier im Forum- ich gebe zu: Das will ich schon seit Tagen machen, bin aber gehemmt und auch etwas ängstlich, mich so 'offen' darzustellen- und da bin ich schon mittendrin im Thema und ich bin gespannt und würde mich freuen, wenn der ein oder andere einen Kommentar oder eine
Anregung für mich hätte. Nachfragen gehn natürlich auch ;-) -

Also, ich scheine wider mein besseres Wissen irgendwo tief drinnen der Überzeugung zu sein, im Rahmen der ambulanten Therapie müsse ich einen "guten" Patienten abgeben- also einen, der möglichst rasch und kontinuierlich an seiner Störung arbeitet, alle Hilfen sofort kennt und zu nutzen weiss. Ich habe tatsächlich Schuldgefühle, weil meine Störungslage seit Monaten eher stagniert, eine kräftig depressive Phase; ich rechne mir als übles Versagen an, dass ich trotz Psycho-Edukation und Therapien noch immer -teilweise grosse- Probleme mit Selbststeuerung und Tagesstsruktur habe und auch den letzten nötigen Arztbesuch nicht gemacht habe, und auch die Kunsttherapiestunde abgesagt hatte.
Grund war, und das hört sich bekloppt an, Grund war, dass es mir sehr schlecht ging. Ich denke dann: SO, in diesem Zustand, kann ich doch nicht zur Klinik. So extrem verheult, mit unkontrollierten Schluchzern, und ich kann doch gar nicht richtig sagen, was ist, und wenn ich anfange, und an bestimmte Themen gerate, merke ich, dass ich da wieder losheule, geht doch nicht. Und wenn ich da dann auch so aus der Fassung gerate, heulend regelrecht rumbrülle wie ein Säugling am Spiess, am Ende noch aus diesem inneren Explosionsgefühl heraus, diesem Durchdrehgefühl aus Ohnmacht, Schmerz, Verzweiflung, Angst, wenn ich aus diesem Gefühl heraus dann nur noch meinen Kopf an die Wand oder sonstwohin klatschen kann (wie schon geschehen)? - Ja, in diesem Zustand müsste ich mich eigentlich bei Ärzten etc. zeigen- da schäme ich mich aber. Ich muss ja doch wohl bitteschön geordnet und aufgeräumt zum Arzt... bescheuerter Gedanke, ich weiss. Und dann habe irgendwie diese seltsame Angst, dass ein solches Durchrehen im ärztlichen/therapeutischen Dabeisein dazu führt, dass etwas aus mir herausbricht. Fühlt sich so an, als ob was drinsteckt in mir, das ich nicht sehen will oder kann, das mir Angst macht. Eine Erinnerung, die ganz schrecklich ist, vielleicht. Manchmal denke ich, dass ich selbst irgendetwas ganz Schlimmes getan habe vielleicht, als Kind, etwas, für das ich mich schämen muss, das schlimm ist, schrecklich, vernichtend wenn es ans Licht kommt, aus mir heraus. Ja. Aus solcherlei Gründen habe ich nun meinen nötigen Termin beim Doc verschoben auf morgen- da MUSS ich aber hin, das ist auch wegen des Behördenkrams nicht unwichtig, und überhaupt. Habe aber auch aus folgenden Gründen Angst: Kämpfe zur Zeit mit einer Art Rückfall in den Substanzkonsum- beim letzten Arzt-Termin hatte ich eine Urinkontrolle, die sicherlich positiv war in Sachen THC und Amphetamin. Hatte dem Doc auch vor der Kontrolle erzählt, dass es mir zur Zeit nicht gut geht. Habe momentan keine Freude mehr an Sachen, die mir eigentlich Spass machen. Ich mache sie -wenn ich es schaffe- trotzdem, aber ohne, dass ich wirklich 'drinstecke', so unbeteiligt auch. Wenn ich irgendwas hinkriege, kann ich mit nicht drüber freuen. Ja, ich sollte mich doch freuen über jeden Spaziergang, zu dem ich mich bringen konnte, zu dem ich meinen schweren Körper schleppen konnte. Alles fällt schwer, ist mühselig. Und dann fallen mir nur die Spaziergänge ein, die ich eben NICHT gemacht habe. Schlecht gemacht, denke ich dann. Warum kann ich nicht tun, was ich will? So normal durch den Tag gehen. Mit einer gewissen Selbstverständlichkeit, auch Leichtigkeit. Nach vielen Wochen in diesem Zustand war ich es irgendwie wohl leid- die Sehnsucht, so ein wenig Elan und Energie zu haben, gute Laune einfach, war so gross, und ich weiss ja, wie Drogen wirken: Et voilà. Habe relativ wenig konsumiert, hatte aber dummerweise erst gute Zustände: Einige Erledigungen nachgeholt, konnte über Unsinn lachen, war ganz guter Dinge. Gleichzeitig schlechtes Gewissen, Selbstvorwürfe. Dazwischen: Na, wenn das eben die Substanzen sind, die mir grad helfen- warum nicht? Bin eh schon voll mit Chemie. Andererseits: Die Nebenwirkungen der Drogen, so als Boomerang kommt da ja was zurück.
Na gut, nach der Urinkontrolle habe ich -ohne das Ergebnis abzuwarten- wieder aufgehört. Das klappte auch ganz gut, bis jetzt zum letzten Wochenende. Da passierte Folgendes:
Erst hatte ich Donnerstag schon wieder den Besuch der Sozialberatung wg. meiner Krankenkassen-Aussteuerung, Antrag ALG1, vertagt. Blöde, die Anträge etc. laufen zwar, da bin ich aus dem Quark gekommen, aber Manches ist mir noch unklar und da geht es ja um existentielle Sachen. Wie blöde von mir, damit zu 'schludern'. Gut, dann hatte ich noch Post von der Krankenkasse, die mir mitteilten, dass ich für den Zeitraum XY leider kein Krankengeld bekommen kann, da ich die Frist für das Einreichen des Auszahlungsscheins um 10 Tage überschritten hatte. Ja, auch damit hatte ich geschludert, und nachdem die Krankenkasse in der Vergangenheit in ähnlicher Situation schon dreimal sehr kulant mit mir war, hat sie sich jetzt halt an ihre Vorschriften gehalten- verständlich. Allerdings hätte ich den Brief der Kasse nochmals in Ruhe lesen sollen- es stand noch Krankengeld für insgesamt 28 Tage aus- fast ein Monat. Mir sprang da aber sofort die Panik in den Nacken, wie soll ich jetzt die nächste Miete zahlen, nix mehr auf dem Konto, wovon soll ich Strom zahlen undsoweiter- über mich selbst verzweifelt, kriegte ich Heulkrämpfe, die immer schlimmer wurden, gleichzeitig so eine Art Schmerz im Brustkorb, nicht körperlich; ich sah mich schon völlig verarmt, zwangsgeräumt undsoweiter, meine Wohnung sah plötzlich so schmuddelig und alt aus (was nicht der Fall ist). Dann mischte sich noch Wut und Aggression ein, ich war dem Durchdrehen nahe, konnte dann aber den Impuls stoppen, mir irgendwie ein Messer in den Unterarm zu rammen oder den Kopf an die Wand. Habe stattdessen 2 Truxal 15 mg genommen, was mir der Arzt zuvor als Bedarfsmedi neu verschrieben hatte. Die haben mich nicht runtergebracht, oder beruhigt, sondern nach über einer Stunde kam diese Wirkung, da wurde ich schlagartig so schwer, so schläfrig, und bin dann auch heulend in den Schlaf gekommen. Am Freitag morgen hätte ich eigentlich zum Doc gewollt- aber wegen des Truxals hatte ich offenbar so tief geschlummert, dass ich den Wecker nicht gehört habe. Schon wieder was versemmelt! Und wie ich aussah. Immer noch Heulkrämpfe. So wollte ich auch nicht zur Kreativtherapie, nicht auf die Strasse. Dämlich, gerade in so einer Krise sollte ich doch Richtung Klinik gehen- grrrr. Immerhin: Ich hab dann meinen Kontostand gecheckt und festgestellt, dass ich einen Zahlungseingang der Krankenkasse hatte. Dachte erst, die haben falsch überwiesen. Die wollen testen, ob ich das ausgebe, obwohl sie mir ja den Anspruch darauf absprechen. Oder so. Dann geforscht und festgestellt: Im Brief der Kasse ging es um genau 6 Tage, für die ich mir den Anspruch auf Geld verbockt habe. Das sind knappe vierhundert Euro und das tut
schon reichlich weh im Geldbeutel, aber eine existentielle Notlage ist dadurch nicht eingetreten- was mich schonmal ganz gut beruhigt hat: Alles im finanziellen Lot, dachte ich, kann mir halt kein neues Fahrrad kaufen.
Egal, das alte fährt auch noch. Alles gut. Ja aber neee- wie blöde bin ich denn, durch Schludern soviel Kohle zu verschenken? Wie unfähig, undsoweiterblabla. Hat mich enorm weiter runtergezogen. Und irgendwie hin zum Drogenverkäufer: Wieder Konsum. Und gestern abend eine Gelegenheit: Ein alter Kumpel von gegenüber hatte Geburtstag, kam vorbei, lud mich ein. Habe dann straight ohne Nachdenken drei Gläser Pernod-Cola getrunken, ohne irgendeine Wirkung. Ich wollte heiter sein und lachen, aber nix. Stattdessen plagen mich wieder diese Erinnerungen, an früher, an Verletzungen/Misshandlungen, die ich als Kind erlebt habe. Ich stecke irgendwie in diesem blöden Sumpf, Erinnerungen, Nachdenken, Gefühle, Grübeln, Grübeln- Sehe stets bestimmte einzelne Szenen vor mir. Das hab ich schon immer, aber früher nur im 'Kopf'- habe dann sinniert, wie Eltern so derart unfähig und auch gewalttätig bzw. zu-/wegschauend gegen ihre Kinder sein können; dachte, dass sie selbst mal Opfer waren und nix dafür können, und war es denn so schlimm, im Vergleich zu anderen Schicksalen? Also Bagatellisieren des Erlebten- es war schon massive Gewalt im Spiel, sexuelle Übergriffe, u.ä.; Versuche, das per Kopf zu begreifen. Erst in den letzten gut zwei Jahren sind diese Erinnerungsbilder von Gefühlen begleitet, sozusagen- Schmerz, so ein blinder, wütender Schmerz, den ich schwer ertragen kann. Ich spüre nahezu Fäuste auf meinen Rücken prasseln, ducke mich dabei, auch wenn ich alleine bin. Mein Gesicht verzieht sich und ich denke NEIN bitte NEIN, ich will das nicht fühlen nicht erinnern ich will das nicht im Kopf haben der Kopf soll ausgehen aufhören bitte NICHTS MEHR--- und bei solchen Gedanken krieg ich Angst, irgendwie durchdrehend was zu tun, was ich gar nicht will, nicht kontrollieren kann- habe dann auch Angst vor Suizid: Was wenn ich rauslaufe auf die Strasse vors Auto? Manchmal ist es, als zöge mich ein Magnet dann in solche Handlungen, ferngesteuert, ich seh mir zu und schreie im Stillen LASS DAS aber der komische Rest von mir macht weiter.

tja. Und jetzt, heute, hab ich ein schlechtes Gewissen wieder, wegen des Drogenkonsums. Bin ja heute wieder substanzfrei, aber wie lange? Und wie soll ich all das mal dem Doc erklären? Dass ich nur kommen kann, wenn ich halbwegs aufgeräumt bin, halbwegs ok. Obwohl er auf Sucht u.a. spezialisiert ist, traue ich mich nicht, über meinen Rückfall zu berichten? Wie doof ist das denn! Gerade dafür ist er da. Habe auch Angst, er oder die Klinik sagt mir, dass ich ja selbst Schuld bin, wenn ich wieder konsumiere. Ich könnte das ja auch sein lassen. Oder die sagen, weil ich jetzt fast vier Wochen dieses Gespräch ängstlich vor mir herschiebe, die sagen, dass ich da zu lange gewartet hab damit. Ende Therapie und tschüss. Ist auch eher unwahrscheinlich- ich hab ja für mich selbst auch weitergekämpft mit dem Aufhören. Einfach irgendwie weitermachen immer wieder probieren.... aaach, wie zermürbend. - Ein morgiger UK-Test würde -falls Werte angezeigt werden- schon besser ausfallen, THC müsste runtergegangen sein, Amphetamin auch. Oder sieht man nur ob positiv oder negativ? Ach und die ganze andere Scheisse.

Was meint Ihr? Soll ich dem Arzt das vielleicht mal AUFSCHREIBEN? So wie gerade, in kürzerer Form?
Aus der Not heraus. Was ich so geschrieben habe -und mehr noch, was ich an Details nicht geschrieben habe-fällt mir schwer, jemandem zu erzählen. Weil ich mir auch so blöde vorkomme dabei, so unfähig.
Kennt Ihr sowas, sowas Ähnliches?

Ich hab ja mittlerweile begriffen, dass einige meiner "Unfähigkeiten" krankheitsbedingt sind- trotzdem kann ich noch immer nicht wirklich nachfühlen oder nachvollziehen, warum ich nicht einfach so -wie auch in früheren störungsfreien Zeiten- in den Alltag spazieren kann. Echt behindert, denke ich grad so. Und das macht mich ganz schön verzweifelt. Auch wenn ich die Hoffnung nicht aufgebe, wieder freiere, unbeschwertere Tage zu erleben- wie ich es ja glücklicherweise schon öfters hatte, in der Vergangenheit. Jetzt aber geht es mir seit einem knappen Jahr einfach nur reichlich beschissen. Sehne mich fast nach einer kleinen, manischen Phase. Naja, nach dem Anfangsstadium solcher Phasen, mein ich ;-)

Anyway- falls der ein oder andere meinen doch etwas ausführlichen Status hier zu Ende gelesen hat- wie gesagt, ich freue mich über Reaktionen, Kommentare, wasauchimmer. DANKE an Euch schonmal. Es tut gut, das mal so aufgeschrieben zu haben. Jetzt mal sehen.

Dieser wunderbar sonnige Septembertag da draussen! Ich will mich irgendwie jetzt in den Park bewegen, spazierengehen, Natur geniessen.... ach und ich wäre froh, wenn ich dabei die üblichen "guten" Gefühle
kriegen würde... im Moment aber... drückt mich alles runter. Ich hab für diese -für mich Schnelltipperin wenigen- Zeilen jetzt locker 2 Stunden gebraucht. Immer fällt mir der Körper schwer nach hinten in den Stuhl,
Pause. Wollte eigentlich schon früher draussen im schönen Wetter sein. Ich weiss noch, dass ich gern spazierengehe. Ich fühle es nicht mehr. Mach es aber trotzdem :-)

Euch allen noch einen schönen Nachmittag und Abend!
paula paranoia
 

Re: akute Krise

Beitragvon jazzpaula » Sa. 03.10.2015, 19:48

hallo paula paranoia,

ich hab dich größtenteils gelesen und denke dass es sicher sinnvoll ist diese gedanken dem arzt oder der bezugspflegerin in der klinik zu schreiben falls es dir nicht möglich ist, es anzusprechen.

ich hatte anfangs in der tagesklinik vor 2 jahren ähnlich agiert, ich konnte mich einfach nicht öffnen, wollte nicht zugeben was los ist, hab mich dafür geschämt, bis zu einer gruppentherapie in der ein thema kam das heftig triggerte. dazu kam, dass mich einer der therapeuten dann in der gruppe angesprochen hat, weil er merkte, ich reagiere innerlich sehr heftig, da raste ich raus in den nächsten raum und schnappte nach luft. die bezugspflegerin hinter mir her und ab da ließ ich es wenigstens stückchenweise zu, dass man mir hilft.

mir fällt es auch schwer die freude zu spüren und nicht zu verkopfen, aber das solltest du dir gestatten, denn aus "zwang" heraus passiert nix, im gegenteil es wird immer krampfiger. :cuddle:

ich wünsche dir, dass du ein stück vorwärts kommst und dir auch mal gestattest raus zu lassen was in dir ist.
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