richtig Grenzen setzen

Hier geht's um jede Form von zwischenmenschlichen Beziehungen, also um Liebe(skummer) und Partnerschaft (auch Sexualität), um Freunde, Bekannte, Angehörige und andere soziale Kontakte in Eurem Umfeld.

richtig Grenzen setzen

Beitragvon Angelika » Di. 28.01.2014, 14:57

Gestern in den SHG`s hatten wir das Thema zwischenmenschliche Beziehungen und stellten fest,daß es ohne gesunde richtige und gut gesetzte Grenzen nicht geht.
Und da bin ich dann mal wieder an einer alten bekannten Baustelle angekommen.
Es fällt mir sehr schwer,mich vernünftig abzugrenzen oder Anderen eine Grenze zu setzen,die sie dann auch einhalten.
Letzte Woche gallopierte meine Tochter mal wieder mit wehenden Fahnen durch mich hindurch und hinterließ Gefühle der Schuld,Unfähigkeit und Selbsthass etc.
Ich hab darüber bereits mit meinem Therapeuten gesprochen,der meint,daß mein Ziel lauten müsse:
Ein Mitgefühl für meine Tochter zu entwickeln,ohne jegliche Selbstvorwürfe oder Schuldgefühle,denn vermutlich stecken hinter den Vorwürfen meiner Tochter eigenes Leid,und ein schwarz/weiß-Denken ("Du bist nur eine gute Mutter,wenn Du alles so machst,wie ich es brauche"),also auch noch Glorifizierung bis Totalabwertung.
Jetzt-so einige Tage später und mit ettlichen Gesprächen weiß ich das auch.aber zuerst treffen "Pfeile"erst mal voll rein.
Die professionelle Leiterin der Gruppen meinte gestern dazu,daß man dann den Grund beim Absender suchen sollte,und ihn machtloser macht.
Ein weiteres Beispiel:
Ein guter Musiker aus unserem Chor,den ich deshalb sehr schätze,sagte neulich zu einer Sängerin:
"Du siehst beim singen aus,wie ein abgestochenes Schwein"
Boah
das hätte er mal zu mir sagen sollen.
Aber diese Frau schien davon völlig unbeeindruckt zu sein.
Ich wäre vermutlich komplett dissoziiert und dem Selbsthass in vollem Umfang verfallen,wenn ich diese Frau gewesen wäre.
Ich ertappe mich in letzter Zeit auch darin,Alles daran zu setzen,diesem Mann zu gefallen-und weiteren Menschen auch,um nur ja nichts Negatives hören zu müssen.
Da verliere ich schon wieder mich selbst und mach mich unwichtig.
Also...
Die Gruppenleiterin meint,man könne in so einem Fall der Beleidigung den Grund beim Anderen suchen und sich selbst sagen,daß er ein ziemlicher Idiot sein muß,wenn er solche plumpen Aussagen trifft.Er ist nicht in der Lage,taktvoll oder rücksichtsvoll oder liebevoll zu sein.
Und mir tut dieser Kerl sogar Leid...
Ich bemüh mich,es ihm Recht zu machen (wie blöd ist das denn?)
Eigentlich müßt ich ihm eine sehr deutliche Grenze setzen,wie auch immer.
Also...
Mich würde es interessieren,was ihr mit Grenzen setzen so erlebt habt,wie es Euch damit geht ?
Angelika
 

Re: richtig Grenzen setzen

Beitragvon Bombay » Mi. 29.01.2014, 10:06

Hallo Angelika,
dieses Problem kenne ich leider nur zu gut. Ich habe damit auch große Schwierigkeiten, wobei es mittlerweile schon besser geht.
Dazu fällt mir eine Situation in der Sparkasse ein. Ich habe Kontoauszüge gezogen, kurz draufgeguckt und sie in Ruhe weggepackt, so wie es eigentlich jeder macht. Als ich fertig war, meckerte mich eine ältere Frau an: "Schneller ging's wohl nicht?" Meine Antwort war daraufhin: (ich kenne sogar noch meinen genauen Wortlaut :D ) "Meine Güte, so viel Zeit muss sein, die Kontoauszüge wegzupacken. Halten Sie mal den Ball flach!" Und das alles ohne Stottern, denn das ist normalerweise auch ein Problem von mir. Dann bin ich gegangen. Die Frau hat kein Wort mehr gesagt.
Vor einigen Monaten wäre das noch undenkbar gewesen. Dann hätte ich das einfach so hingenommen.
Es ist nach wie vor sehr schwierig und es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis das Setzen von Grenzen für mich zur Selbstverständlichkeit wird. Aber du wirst das auch schaffen! :) Gehe regelmäßig zu den SHGs und dann klappt das schon mit der Zeit.
Liebe Grüße, Bombay
Bombay
 

Re: richtig Grenzen setzen

Beitragvon Kathikatze » Mi. 29.01.2014, 14:57

Für mich war das früher ein sehr großes Problem.
Alles, was Du da beschreibst, kann ich heute so sehen... als Problem meines Gegenübers... als momentane Äußerung von schlechter Laune, Wut usw des anderen.
Aber das kann ich erst, seit ich Selbstbewusstsein entwickelt habe. Ein Gefühl dafür, wo meine Grenzen überhaupt sind. Ein Gefühl dafür, dass ich Sachen gut kann. Dass ich einen Selbstwert habe, einfach als Mensch, nicht mal weil ich etwas gut kann oder so.
Das habe ich in der Therapie gelernt.
Kathikatze
 

Re: richtig Grenzen setzen

Beitragvon Angelika » Mi. 29.01.2014, 16:41

Hallo Ihr Beiden :)
Da seid Ihr ja schon ein gutes Stück therapeutisch vorangekommen.
Ich mach ja schon fast mein ganzes Leben irgendeine Therapie,und so theoretisch sind mir Tips und Ratschläge nicht neu.
Und dennoch:
Ich habe Angst vor solchen Situationen,die leider viel zu schnell passieren,so dass man kaum eine Chance hat zu überprüfen,was da gerade wirklich passiert ist,wie ich mich fühle und warum,und wie ich mich nun angemessen verhalten kann.
Gefühlt isses leider eher folgendermaßen:
Jemand schiesst einen Pfeil gegen mich oder auch nur in ein Ziel,welches auch auf mich treffen könnte,
und dieser Volltreffer macht mich reaktionslos-ohnmächtig vor Schock und Schmerz und auch Wut,Angst,Panik...eigentlich das volle Programm unter Reaktionsunvermögen..Schockgefroren in sich selbst.
Aber es kommt auch auf die jeweilige Situation an,denn ich predige meinen Gruppenmitgliedern auch ständig,dass die Feuerwehr übt,bevor es brennt.
Wenn mich diese Frau am Kontoauszugsschalter auf diese Art angesprochen hätte,dann hätte ich wahrscheinlich auch geantwortet:"Ich wünsche Ihnen auch einen schönen Tag"...hätte freundlich dabei gelächelt und mich als Sieger gefühlt.
Meine eigenen Grenzen...
Ich glaub,die steck ich jeden Tag neu.
Manchmal brauche ich kaum Grenzen und mag Nähe,und manchmal mag ich mich verriegeln und verrammeln,weil ich Schutz brauche.
Ich vermute mal,daß das schwierig für meine Mitmenschen ist,da ich nicht berechenbar bin.
Heute so und morgen völlig anders.
Manchmal kann ich vor 1000 Menschen auftreten,und manchmal möchte ich mit Niemandem reden.
Gut,wenn ich schon mal selbst weiß,wo ich gerade stehe und was ich gerade brauche.
Aber leider weiß ich das nicht immer und PENG ist die nächste Verletzung da.
O.K.Das passiert wahrscheinlich nur,weil Derjenige,der mich verletzte,es so wollte oder noch kein Seminar in sozialkompetentem Verhalten absolviert hat,denn dann würde er sich anders ausdrücken.Sollte er es gewollt haben,dann sollte ich überprüfen,wo Derjenige steht.
Noch in meinem Herzen oder doch besser hinter mir,wo er mich dann auch besser an gewissen Stellen mal kann....
Als wir die Abgrenzungsübung machten,wo gewisse Menschen stehen,stellte ich grad meine Kinder erstmalig in den äusseren Kreis.Nicht weil ich sie nicht mehr lieb hab,sondern weil ich gerade da eine gute Abgrenzung brauch.Meinen Mann und meinen Therapeuten hab ich eng um mich herumgestellt,quasi als Abgrenzungshilfe.
Und alle anderen Menschen variieren in der Nähe-je nachdem.
Wenn ich mal eine Grenze setzen muß,fühlt es sich oft wie Abgrenzung,Ausgrenzung,völliges Alleinsein an.
Wie gesagt...Grenzen setzen ist ein großes Problem bei mir.
Und wenn ich doch mal eine Grenze setzen will,dann lachen mich gewisse Personen,die mich trotzdem weiter verletzen wollen auch noch aus und treten grad meine Grenze noch mehr ein.
Und dann folgt wieder die totale Auflösung meines Selbstwertgefühl s,was ja nur eingebildet ist und sich Jederzeit wieder auflösen kann,wenn sowas passiert.
Jeah....Traumatisierungen lassen grüssen.
Angelika
 

Re: richtig Grenzen setzen

Beitragvon Juggalo » Do. 30.01.2014, 22:36

Hallo, Angelika

Das Problem kenne ich auch nur allzu gut.
In meiner Kindheit wurden meine Grenzen einst total zerstört und seitdem weiss ich gar nicht, wo meine Grenzen sind. Um nicht über die Grenzen anderer zu schreiten, bin ich deswegen eigentlich sehr zurückhaltend und verschlossen.
Leider leidet meine Partnerin sehr darunter, weil sie, natürlich dadurch, das sie mir mit am nächsten steht, zu oft über meine Grenzen geht, und ich es erst bemerke, wenn es zu spät wird. Ich reagiere dann leider all zu oft mit Wut. Also um eines vorweg zu nehmen, ich schlage sie nicht, ich schlage mich dann. Abgesehen vom Schreien und Brüllen.

Was die restliche Umwelt angeht, so kann ich kaum oder gar nicht mit Kritik (ob berechtigt oder nicht) umgehen. das führte soweit, das ich mich einfach nicht in der Lage fühle eine Arbeit anzutreten. Egal, welche arbeit, und welche Stelle es war, ich scheiterte im Endeffekt daran, das ich meine Grenzen nicht setzen kann. Im Lager und in der Produktion, herrscht eh meistens ein rauher Ton, und wenn die Mitarbeiter merken, das einer Angst zeigt, fressen die dich zum Frühstück.
Zuletzt habe ich als Altenpfleger gearbeitet. Bei den Bewohnern klappte es so einigermassen, das ich meine Grenzen abstecken konnte. Aber bei den Kollegen so gut wie gar nicht.

Das, was du über diesen Musiker berichtest, kenne ich. Ich bin selber Amateur-Musiker und hab schon in diversen Hobby-bis Semiprofessionellen Bands gespielt. Musiker können einfach arrogante Ärsche sein :wink:
Komischerweise konnte ich das da immer ganz gut. Aber das ist auch das einzige, wo ich sowas wie Selbstbewusstsein an den Tag lege.
Juggalo
 

Re: richtig Grenzen setzen

Beitragvon Angelika » Fr. 31.01.2014, 17:35

:(
Hab ich schon irgendwo erwähnt,dass ich aus Angst vor Kritik oder auch nur wirklich liebgemeinte Ratschläge Angst hab?
Deshalb finde ich auch keine passende Arbeitsstelle für mich.
1.Bin ich seit gut 25 Jahren in keinem längerfristigen erwähnenswerten Arbeitsverhältnis gewesen
2.Bin ich fast 48 Jahre alt
3.Schmerzpatient wegen Bandscheibenschäden und Borderlinekandidat seit mehr als 30 Jahren
und
4.hab ich einen Schwerbehindertenausweiß.

So bekomm ich garantiert keinen Arbeitsplatz,wenn ich mal über meinen Phobieschatten springen würde.
Aber Rente bekomm ich auch wahrscheinlich nicht (Klage läuft),weil ich ja vor 3 Jahren keinen langjährigen Job hatte,also keine Beiträge einzahlte.

Echt tolle Aussichten.

Ich hab mir ja vorgenommen,wenn ich in diesem Jahr aus meinem Klinikaufenthalt raußkomm,dann will ich mir ja einen Job suchen.Irgendeinen Minijob halt-Hauptsache,ich zahl Rente ein.
Des mach ich dann mind 3 Jahre und komm vielleicht dann ins EU-Rentenprogramm.
Aber vielleicht macht mir ja der Job auch Spass,das wäre schön.
Bislang kann ich so gut wie nichts machen,weil mir die Phobie vor m Versagen und Fehler machen den Schlaf raubt und mich extrem unter Druck setzt.
Angelika
 

Re: richtig Grenzen setzen

Beitragvon Angelika » So. 02.02.2014, 02:45

Geil war unser Auftritt!!!
Der Exchorleiter nimmt mich oft in den Arm und schaut mich zuversichtlich oder wohlwollend an,und das würde er nur tun,wenn ich wirklich gut bin.
Na ja,und dann hab ich ihm auch gesagt,dass er zu mir nicht sagen dürfe,dass ich ausseh,wie ein abgestochenes Schwein,wenn ich singe.
Am Ende des Auftritts hatte er mich aufrichtig und ehrlich gemeint gelobt,und mich mein "Strahlemädchen"genannt,weil ich eben gut performe und einfach nur gut rüberkomm.
Yeah!!!
Das tut sau gut.
dafür kann ich jetzt vor lauter Adrenalin nicht schlafen,und weil ich meine Medikamente nicht nehm,denn ich muß ja gleich wieder aufsteh n,um 6.30 h uff,denn nachher um 10.00 h ist schon wieder ein Auftritt und einsingen und Technik aufbau n is um 8.00 h,und wir fahren gute 25 km bis dahin.
Na ja...dann schlaf ich eben nächste nacht-is ja auch egal.
Angelika
 

Re: richtig Grenzen setzen

Beitragvon Kathikatze » So. 02.02.2014, 02:47

:D
Schön!
Kathikatze
 

Re: richtig Grenzen setzen

Beitragvon Angelika » So. 02.02.2014, 03:06

Ach ich knuddel Dich einfach mal,Kathi,weil ich ja ab und an hier lese,dass es Dir nicht gerade rosig geht.
Ich will das Glück nicht allein pachten,und Dir mal ein wenig Freude abgeben. :cuddle:
Angelika
 


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