von Treue Seele » Di. 19.01.2010, 12:56
Hallo nika,
auch wenn es schon einige Tage her ist, dass du hier geschrieben hast, will ich dir trotzdem antworten.
In vielen Dingen die du von dir schreibst erkenne ich mich selbst wieder. Du bist nicht der Einzige dem es so geht. In Anderen scheinen wir auch völlig unterschiedlich. Daher kann ich dir auch nicht wirklich einen Rat geben, was du tun sollst.
Ich selbst bin auch so ein "Fels in der Brandung". Als Kind konnte ich oft nicht schlafen, weil ich Alpträume und ständig ein schlechtes Gewissen hatte. Ich hab mich oft in mich selbst zurückgezogen und Selbstgespräche geführt (das mache ich immer noch). Irgendwann ist es mir dann gelungen mit mir selbst ins Reine zu kommen. Seither kann ich wieder ruhig schlafen. Damit das so bleibt, zwinge ich mich zu einem hohen Grad offen und ehrlich zu sein. Ansonsten würde es mir unter Garantie wieder den Schlaf rauben. Leider steht man sich damit oft im Wege. Aus diesem Grund vermeide ich es lieber eine Antwort zu geben, wenn mir klar ist, das diese entweder gehäuchelt oder verletzend ausfallen wird. Das geht aber auch nicht immer.
In der Folge habe ich mich oft nur oberflächlich auf Beziehungen eingelassen. Da wird halt nicht erwartet, dass man immer eine Antwort gibt ...
So habe ich mir mein Leben eingerichtet und meine Emotionen auf ein erträgliches Maß eigedämmt. Nach und Nach habe ich mir Angewöhnt die Lösungen für meine Probleme in mir selbst zu finden. Als Entscheidung, ob eine Lösung brauchbar ist, dient mir die Logik. Ein Ergebnis war: ich bin wie ich bin. Es hat keinen Sinn so sein zu wollen, wie andere es von mir erwarten. Ich versuche nach außen also gar nicht erst etwas besonderes zu sein. Dazu gehört auch das ich mir erlaube meine innerer Leere (und die scheint mir oft unendlich zu sein) einfach leer zu lassen. Ich lasse mich durchs Leben treiben und freue mich, wenn ich etwas einsammeln kann was mir gefällt. Den Rest lasse ich vorbeiziehen.
Die Erkenntnis, dass ich nicht etwas Bestimmtes brauche, gibt mir die Gelassenheit, es mit mir selbst auszuhalten.
Nun ist es aber auch nicht so, dass ich dadurch vereinsamt bin. Ich habe immer wieder Leute um mich gehabt. Auf eine Partnerschaft konnte ich mich allerdings lange nicht einlassen. Das hatte vor allem Zwei Gründe: Zum einen konnte ich mir nicht vorstellen, was jemand an einem Langweiler wie mir finden kann und zum Anderen die Frage: Was mache ich, wenn ich festelle, das die Frau nicht die Richtige für mich ist. Soll ich dann aus Verantwortung bei Ihr bleiben und so meine große Liebe verpassen? Oder lasse ich es lieber gleich und warte.
In der Folge hatte ich sehr viele gute Freundinnen (ohne Sex) die ich irgendwie auch geliebt habe. Dazwischen immer wieder die Verliebtheit auf den ersten Blick die aber nie zugelassen habe. So habe ich mich immer gefreut, wenn ich in Ihrere Nähe war, aber ich konnte Sie nicht ansprechen und schon gar nicht meine Verliebtheit gestehen ...
Dann als ich die Hoffnung schon aufgegeben hatte, traf es mich aus heiterem Himmel. Ich habe mich Hals über Kopf in eine Frau verliebt und sie sich in mich. Wir haten eine Traumhafte Zeit zusammen und obwohl wir uns erstmal nur an den Wochenenden sehen konnten, fühlten wir uns wie Zwei Teile, die einfach zusammengehören. Dann (nach 2 Monaten) war ich eine Zeit mit einer Halzentündung ans Bett gefesselt (und es ging mir echt dreckig). Da haben wir eine zeitlang nur telefoniert. Als es mir langsam besser ging, war es irgendwie nicht mehr das selbe, obwohl sie mir ständig erklärt hat, wie sehr sie mich vermisst und wie dolle sie mich lieb hat. Wir haben uns zu der Zeit jedes Wochenende getroffen und jeden Tag telefoniert. Dann geschah das unbegreifliche. Ich war ein einziges mal nicht rechtzeitig am Telefon und konnte sie nicht zurückrufen. (Sie musste mich immer aus einer Telefonzelle anrufen und Mobiltelefone hatten wir nicht.) Am nächsten Tag hat sie mir dann gesagt, sie hat sich einfach mal vorgestellt, dass sie mich nie getroffen hätte und da sei es ihr viel besser gegangen. Ich habe sie nie wieder gesehen. Auf Briefe hat sie nicht geantwortet. Anrufen konnte ich nicht und einfach vorbeifahren wollte ich nicht. Ich wollte ja nicht, dass es Ihr wegen mir schlecht geht. Es hat mich voll aus der Bahn geworfen.
Mittlerweile bin ich darüber hinweg.
Später habe ich dann bei einem Bekannten erfahren dass dieser vermutlich unter Borderline leidet. Mir waren viele Dinge in seinem Verhalten aufgefallen, die ich mir nicht erklären konnte. Als dann nach vielen Jahren der Begriff Borderline viel und ich unter dem Stichpunkt im Netz gesucht habe, war mir schlagartig klar, warum ich mir sein Verhalten so oft nicht erkären konnte. Gleichzeitig war es eine mögliche Erklärung, für das was ich mit meiner großen Liebe erlebt hatte. (Irgendwo habe ich mal gelesen: Ein Borderliner kehrt immer wieder zurück, außer er hat jemand anderen.) Dazu muss ich sagen, dass ich keinen wirklichen Beweis dafür habe und in 2 Monaten kann man das wohl auch kaum feststellen.
Wenn ich aber meine Beziehungen so erinnere, habe ich eine Persönlichkeit entwickelt, die immer wieder Menschen anzieht, die in mir einen Halt sehen, den ich auch geben kann. Ich erkenne meine eigenen Probleme in ihnen wieder und möchte ihnen gerne Helfen. (Deshalb schreibe ich hier auch.)
Mein Kontakt zu Borderline hat mir aber auch gezeigt, dass mein Bekannter mit den Lösungen die ich für mich gefunden habe überhaupt nichts anfangen kann. Der Tickt vollkommen anders. (Auch wenn mir viele Symptome so vertraut sind.) Das Einzige, wass ich ihm geben kann, ist dass er jemanden zum Reden hat, nicht alleine sein muss und ich ihm mal ins Gewissen reden kann, wenn er wieder maßlos wird.
So nika, jetzt habe ich viel über mich geschrieben, aber ohne diese lange Vorrede (die immer noch zu kurz ist) ist dass wass ich eigentlich sagen möchte wohl nicht zu verstehen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass ihr zusammenbleibt viele schöne Momente haben werdet. Unglaublich intensive Emotionen erleben werdet (im Positiven und im Negativen). Es wird dich aber auch unheimlich belasten.
Du wirst dir nie wirklich sicher sein können ob sie dir treu ist. Du wirst für sie vermutlich immer austauschbar bleiben. (Wenn sie in einer Kiese mit dir jemand anders kennenlernt, bei dem sie sich gerade besser fühlt und der sich auf sie einlässt, dann ist sie weg und du stehst alleine da.) Das habe jedenfalls bei meinem Bekannten so beobachtet. Wenn sie dich nicht verlässt, beginnt nach einer Kriese das ganze Spiel von Vorne. Immer und immer im Kreis. Es wird Phasen geben wo sie dich abgöttisch liebt. Dann kommen aber auch Zeiten wo sie es dir und auch sich selber nur vorspielet und es kann immer mal sein, dass sie wegen einer Nichtigkeit ausrastet und dich aufs übelste beschimpft und dir Vorwürfe macht.
Wenn du dich darauf einläßt rate ich dir, dass du dir immer die Freiheit erhälst, auch ohne sie leben zu können. Das betrifft alle Bereiche des Lebens (Geld, Wohnung, Job, Freunde, Emotionen, Zukunftsplanung, Familie ...) Verstehe das bitte nicht als halbherzige Liebe. Wenn du sie wirklich liebst, willst du ihr in ihren Kriesen Helfen, und das wirst du nur können, wenn du nicht von ihr abhängig bist.
Ich selber habe für mich erkannt, nichts ist schlimmer als keine Emotionen. Auch wenn es mich manchmal fertig macht. Ich bin dann immer wieder aufgestanden. Es bleibt aber ein Spiel mit dem Feuer.
Das sind nun meine persönlichen Gedanken dazu. Ich hoffe, du kannst was damit anfangen. Wenn nicht ist auch nicht schlimm.