Austausch mit Angehörigen...

Hier geht's um jede Form von zwischenmenschlichen Beziehungen, also um Liebe(skummer) und Partnerschaft (auch Sexualität), um Freunde, Bekannte, Angehörige und andere soziale Kontakte in Eurem Umfeld.

Austausch mit Angehörigen...

Beitragvon Nike » Di. 09.12.2008, 03:36

Ich bin jetzt - eine fünfmonatige Trennungsphase miteingerechnet - seit fast zwei Jahren mit meinem Freund zusammen.

Die ersten Anzeichen, dass er (wieder) psychische Probleme hat (das war schon einmal während seiner Jugend so), zeigten sich vor etwa eineinhalb Jahren.

Zuerst hatte er "nur" öfter "Migräne", welche sich aber nach und nach immer öfter verschlimmerte, sodass er oft auch Sehstörungen oder auch Atemnot bekam.
Nach und nach zog er sich dann immer mehr zurück - verbrachte die meiste Zeit vorm Computer, ging nur noch ungern weg, wollte/konnte sich auch nicht mehr um behördliche Angelegenheiten kümmern usw.

Dass er eine Therapie benötigt, war ihm schon ziemlich schnell klar. Zuerst versuchte er es mit einer ambulanten; jedoch schien der Therapeut nicht der Richtige für ihn zu sein, sodass das auch wieder ganz schnell im Sande verlief...
Eine stationäre Therapie hat er erst vor kurzem angefangen. Es stellte sich heraus, dass er Depressionen und eine Angsstörung hat. Später erkannte man dann aber auch, dass er anscheinend Züge von Borderline hat.

Das Problem ist, dass ich - als seine Freundin - ihm vor der Therapie natürlich so viel wie möglich abnehmen und ihm helfen wollte, sodass sich offenbar eine Art Abhängigkeitsverhältnis zwischen uns entwickelt hat...

Nun wurde ihm aufgetragen, zu mir ein bisschen auf Abstand zu gehen, um die Art unserer Beziehung überdenken zu können usw.

Für mich ist das alles sehr hart! Vor allem bange ich um unsere Beziehung, da ich - ehrlich gesagt - Angst habe, das alles nicht mehr durchzustehen. Seit eineinhalb Jahren habe ich nun in derBeziehung zurückgesteckt und ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalte. Vor allem wird es ja nach der Therapie noch einige große Veränderungen geben. Er muss dann einige große Schritte tun, um sein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen und ich weiß nicht, wieviel Rücksicht er dann auf unsere Partnerschaft nehmen wird bzw. dies überhaupt tun kann...

Es gibt niemanden, mit dem ich über diese Ängste so wirklich sprechen kann... Bitte, gibt es hier vielleicht jemanden, der ín einer ähnlichen Situation ist und mit dem ich mich austauschen kann??
Nike
 

Beitragvon Schneewolf » Di. 09.12.2008, 08:42

Nike, kann es sein, dass dieser Abstand auch dir gut tut ?
nutze die Zeit, über eure Beziehung nachzudenken
frage dich, ob dir eure Beziehung gut tut (sei aber ganz ehrlich zu dir selber) und ob ihm eure Beziehung gut tut
dann sortiere die positiven und die negativen Aspekte
was überwiegt ?

stell dir vor, du triffst die Entscheidung, die Beziehung weiter zu führen - was fühlst du dabei ? welche Gedanken tauchen in deinem Kopf auf ? schreib dir alles auf, damit du es schwarz auf weiß hast, jede Kleinigkeit

und dann stell dir vor, du triffst die Entscheidung, die Beziehung zu beenden - was fühlst du dabei ? welche Gedanken tauchen in deinem Kopf auf ? schreib auch alles auf

und dann vergleiche, was du in den beiden Situationen gespürt und gefühlt hast - vergleiche das, was du aufgeschrieben hast

in welcher der beiden Entscheidungen fühlst du dich wohler ?
auch du hast ein Recht darauf, dass es dir gut geht, dass du dich wohl fühlst

liebe Grüße
vom Schneewolf
Schneewolf
 

Beitragvon Nike » Di. 09.12.2008, 19:47

Lieber Schneewolf!
Vielen Dank für Deine Antwort und die aufmunternden Worte. Es ist gut möglich, dass ich die Zeit auch einmal für mich brauche - dennoch ist es nicht einfach. Es fällt mir schwer, momentan ständig überlegen zu müssen: "Wie kann die Therapie meines Freundes am besten laufen? Welches Verhalten meinerseits ist am ehesten angebracht?" Denn wir führen doch nach wie vor noch immer eine Beziehung, oder? Alleine, diese Frage zu stellen, halte ich von mir jedoch wieder für egoistisch. Kurzum: Die Beziehung kann eben nur weiterhin funktionieren, wenn es meinem Freund auch wieder besser geht - also muss ich eben noch ein wenig Geduld haben.

Die Überlegungen, zu denen Du mir geraten hast, lieber Schneewolf, haben sich schon tausend mal bei Spaziergängen in meinem Kopf abgespielt (zum Schreiben fehlt mir momentan die Ruhe).
Ich habe oft darüber nachgedacht, ob es nicht besser wäre, sich zu trennen. Allerdings bringe ich das nicht übers Herz - nicht, weil ich sonst ein schlechtes Gewissen gegenüber meinem Freund hätte oder weil ich lieber aus Mitleid mit ihm zusammenbleiben möchte, sondern, weil ich ihn nach wie vor noch immer sehr liebe. Würde ich mich trennen, dann wäre dies mit der Hoffnung verknüpft, dass wir eines Tages wieder zueinander finden. Ich kann das nicht tun! Zu einer Beziehung gehört doch auch, dass man auch in schlechten Zeiten füreinander da ist.

Mein Freund hat zu mir gesagt, dass er sich nicht sicher sein kann, ob wir uns nicht in unterschiedliche Richtungen entwickeln werden. Jedoch meinte er auch, dass ich ihm sehr wichtig bin und dass er micht nicht verlieren möchte.

Mein Problem ist im Prinzip nur, dass ich diese ganze Last nicht ganz alleine tragen kann und ich mir daher wünschen würde, mich mit jemandem austauschen zu können, der ähnliches durchmacht. Oder vielleicht könnte mir auch ein Betroffener erzählen, wie seine Angehörigen am besten mit ihm umgegangen sind o. ä.
Nike
 

Beitragvon Glühwürmchen » Di. 09.12.2008, 22:58

Hallo Nike!

Ich kann Schneewolf nur zustimmen...
Vielleicht tut dir ein bisschen Abstand ganz gut. Du bist doch auch mit der Situation überfordert (wie ich aus den Texten raus interpretieren kann), oder???

Du kannst deinen Freund nicht bei allen Dingen helfen. Das überlastet einem nur total!
Wenn ihm empfolen wurde, Abstand zu dir zu halten, hat das sicher seinen Grund... Aber ich kann deine Ängste auch verstehen :?

Hast du schon mal daran gedacht selbst eine Therapie zu machen?

Wünsche dir weiterhin alles Gute!

LG Glühwürmchen
Glühwürmchen
 

Beitragvon Nike » Mi. 10.12.2008, 00:16

Hallo Glühwürmchen!
Wie gesagt, der Abstand fällt mir nicht leicht, aber ich akzeptiere das und nutze die Zeit auch tatsächlich, um mich mal wieder ein bisschen mehr um mich zu kümmern. Nur meine Gedanken - die kann ich leider nicht abstellen, sodass sie ständig um meinen Freund herumgeistern... (Vielleicht kommt es ja GERADE durch den Abstand zu diesem "Gedankenfluss"?!) :/ Es macht mich einfach irgendwie... wahnsinnig... dass ich nicht weiß, was die Zukunft für unsere Beziehung bringen wird. Es ist so: Heute komme ich mit der Situation ganz gut klar und morgen, da mache ich mir wieder ständig Gedanken über alles. Dann fühle ich mich oft hilflos und allein gelassen. Manchmal bin ich dann auch einfach nur irgendwie traurig - oder sogar wütend...

Sicher ist es für den ein oder anderen nicht so ganz nachvollziehbar, was ich hier so alles schreibe, aber da gibt es so viele Gedanken und Emotionen in mir, dass ich nicht so recht weiß, wie ich diese geordnet widergeben kann...

Ich habe zwar schon einmal darüber nachgedacht, mich mit einem Therapeuten über all das auszutauschen, aber - so dumm es auch klingen mag - das passt mir momentan überhaupt nicht in meinen Zeitplan (Studium) und mir widerstrebt der Gedanke an eine weitere Sache, um die ich mich dann kümmern müsste (man nimmt ja nicht den erstbesten usw.).

Aber danke für die Reaktion und ich wünsche Dir ebenfalls alles Gute...
Nike
 

Beitragvon Elfenturm » Mi. 10.12.2008, 10:05

Hallo Nike,

ich kann Deine Situation gut nachvollziehen, da ich selbst "betroffener Angehöriger" bin. Allerdings hatte ich nun schon viele Jahre Zeit mich an die Situation zu gewöhnen, wenn man von gewöhnen überhaupt sprechen kann.

Zu Deiner Situation kann ich nur empfehlen, nutze die Zeit, in der Dein Freund in der Therapie ist, um Kraft für Dich zu tanken, denn für später brauchst Du viel Kraft und vorallem Geduld, Geduld, Geduld.
Mach Dir jetzt nicht zuviele Gedanken über Eure Beziehung. Kümmere Dich um Dich selbst.
Wenn Dein Freund Abstand braucht (egal aus welchem Grund) dann akzeptiere dies, auch wenn es schwerfällt. Lass ihn entscheiden, wieviel Nähe er verträgt, und sei nicht enttäuscht oder frustriert, wenn er dich mal wegschickt. Lass ihn aber wissen, dass Du für ihn da bist, wenn er Dich braucht.

Du schreibst: "dass ich nicht weiß, was die Zukunft für unsere Beziehung bringen wird.". Das kannst Du nicht wissen, unabhängig von einer Krankheit oder sonstigen Umständen.
Natürlich empfindest Du die Depressionen und die Angststörung Deines Freundes als Bedrohung für Eure Beziehung.

Vielleicht hilft es Dir, wenn Du Dich einer Selbsthilfegruppe für Angehörige anschliesst, da kannst Du Dich mit allen Sorgen fallenlassen und hast Ansprechpartner vor Ort. Normalerweise gibt es diese in jeder größeren Stadt. Beim Sozialmed. Dienst bekommst Du bestimmt Telefonnummern. Dies ist nicht ganz so aufwändig wie eine eigene Therapeutensuche und auf jeden Fall ein Test wert.

Liebe Grüße

Elfenturm
Elfenturm
 

Beitragvon Nike » Mi. 10.12.2008, 23:33

Lieber Elfenturm!
Ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Es tut gut zu wissen, dass es auch Leute gibt, die die eigene Verfassung gut nachvollziehen können. Darf ich fragen, was Du denn für Erfahrungen gemacht hast?

Das, was Du geschrieben hast, habe ich mir auch schon überlegt: Ich versuche nun, mich nicht die ganze Zeit so unter Druck zu setzen, sondern die Zukunft auf mich zukommen zu lassen und mich ein bisschen mehr um meine anderen "Aufgaben" (Studium, Freunde etc.) zu kümmern. Diese Dinge kann ich wenigstens selbst beeinflussen, doch mein Freund muss mit der Therapie überwiegend alleine fertig werden, denn mehr, als ihn zu unterstützen, kann ich ja nicht... Wie schon gesagt, gibt es da nur immer wieder Phasen gibt, in denen ich einfach alles scheiße finde usw.

Das mit der Selbsthilfegruppe ist eigentlich keine schlechte Idee. Aber ich glaube, dass ich die Anonymität via Austausch im Internet mehr schätze, als von Angesicht zu Angesicht einer Gruppe von Leuten, die ich kaume kenne und vielleicht sogar allesamt nicht leiden kann (*g*), von meinen intimsten Sorgen und Gedanken zu berichten...
Sollte ich aber dennoch "keine Ruhe finden", werde ich mir dies wohl noch einmal durch den Kopf gehen lassen...
Nike
 

Beitragvon planb » Mi. 10.12.2008, 23:50

Die würdest du schon nach und nach kennen lernen. Und wenns dir dort nicht gefällt, gehst du einfach nich mehr hin.
planb
 

Beitragvon Elfenturm » Do. 11.12.2008, 09:45

Hallo Nike,

PlanB hat natürlich Recht: Du lernst die Leute kennen und wenn es nicht passt, kannst Du woanders hingehen.

Der Vorteil einer "Gruppe" ist, dass Du sofort und unmittelbar Reaktionen erhältst, Informationen bekommst, Hilfe erfährst.
Vorallem erhältst Du "regionale" Hilfe:
Du bekommst die Info`s, welcher Therapeut in Eurer Gegend als "gut" (vielleicht auch für DICH) bekannt ist, wo es gute Kliniken (regional) gibt, welche Erfahrungen mit welchen Anprechpartnern bei Arbeitsagentur, Sozmed Dienst oder Tageskliniken gemacht wurde.

Nicht zu unterschätzen ist auch die Dynamik, die in einer solchen Gruppe entstehen kann.
Du hast im Fall der Fälle (wenn Du sofort Hilfe brauchst, jemand der anwesend sein kann) Kontakte, die Du ansprechen kannst.
Preisgeben musst Du nur das was Du willst, nicht jeder deiner Gedanken muss der Gruppe mitgeteilt werden.

Sicher ist das Internet ein hervorragendes Medium um Info`s zu holen, gelegentlich auch um zu diskutieren. Aber es kann niemals den persönlichen Kontakt ersetzen, vorallem in Notsituationen nicht!!

Hast Du jemanden in Deiner Nähe, mit dem/der Du die ganze Problematik offen besprechen kannst? Das hilft unheimlich!

Liebe Grüße

Elfenturm
Elfenturm
 


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