Keine Gefühle für Andere

[jaos]

Hallo ihr alle, nettes Forum hier. Nach so etwas habe ich gesucht.. Ich weiß nicht, ob ich eine psychische Störung habe, ich versuche nur herauszufinden, wer ich eigentlich bin.

Also wie ihr aus dem Titel ersehen könnt, empfinde ich nichts bzw. nur wenig für Andere. Keine Liebe, keine tiefe Zuneigung, keine Trauer, kein Schmerz. Emotional gesehen bin ich Seichtwasser. Richard Fish, allerdings ohne die Borniertheit.

Gibt's hier Leute, die eine ähnliche gefühlsmäßige Leere haben? Es würde mir echt helfen, wenn ich mich mit jemandem darüber austauschen könnte. Leider traue ich mich nicht, mit einem meiner Freunde darüber zu reden, ich habe Angst, dass sie mich deswegen verurteilen. Ja, manche Gefühle habe ich, allerdings nur z.B. Angst, dass mir etwas schlechtes passiert, egoistischer Kram halt. Und in letzter Zeit, seit ich begonnen habe, über mich selbst nachzudenken, kann ich mich richtig im Selbstmitleid suhlen, dass es einfach ekelhaft ist. Aber so fühle ich wenigstens _etwas_.

Trauer um andere, auch sehr "nahestehende" Personen (sofern man das überhaupt so sagen kann), habe ich nie gespürt. Meine Mutter starb an Krebs, als ich 8 war, und ich habe sie nicht vermisst, ich habe nicht getrauert. Meine Großeltern starben alle vier im Lauf der Jahre, und ich habe nie geweint. Mein Vater und meine Schwester sind da völlig anders als ich. Sie haben sogar jedesmal sehr getrauert, als unser Hund oder Hauskatzen gestorben sind, im Gegensatz zu mir, wie ich wohl nicht mehr zu erwähnen bräuchte.

Ich bin jetzt 28 Jahre alt, ich bin männlich, schwul (nein, keine Probleme damit, falls diese Vermutung aufkommen sollte), habe die letzten 10 Jahre Drogen genommen (Ecstacy, Speed, Kiffen, LSD, habe aber alles vor einem halben Jahr drangegeben) und war auf Parties. Erfüllung hat mir das natürlich nicht gebracht, aber ich konnte es vermeiden, über die emotionale Leere in mir nachzudenken. Außerdem passt es zu meiner Fixirtheit auf Äußerlichkeiten: wenn ich Typen toll fand, dann immer nur wegen des Aussehens.

Übrigens war ich einmal tatsächlich verliebt, mit 17. Da hab ich alles durchlebt, hab Schmerz gespürt, Kribbeln und Schmetterlinge, Euphorie. Zu der Zeit habe ich zu akzeptieren gelernt, dass ich schwul bin. Der Schmerz war vor allem, weil ich dachte, er wäre hetero, und nicht im Traum daran dachte, dass wir mal zusammenkommen. Dann kam die Euphorie. Ich war ganze drei Monate mit ihm zusammen, dann hat er mich gelangweilt und ich hab ihn fallen gelassen. Nach über einem halben Jahr hab ich ihn wiedergetroffen, und er war immer noch verknallt in mich. Wir hatten Sex, und ich hatte ihm zwar gesagt, dass nichts mehr laufen würde, aber er hat sich doch Hoffnungen gemacht, worauf ich ihn ziemlich rücksichtslos abserviert habe. Danach hatte ich zwar noch ein paar Beziehungen, aber ohne Liebe, sogar ohne Verliebtheit. Das war natürlich nichts. Schluss gemacht habe immer ich.

Es gibt einige gute Freunde, die allerdings in keinster Weise wissen, wie es wirklich in mir aussieht. In wiefern ich sie überhaupt als Freunde bezeichnen kann, weiß ich nicht: Eine tiefe emotionale Bindung habe ich zu keinem von ihnen. Ich bin gerne mit ihnen zusammen, aber ich glaube, sie sind für mich eher Unterhaltung und Mittel gegen die Langeweile. Könnt ihr nachvollziehen, warum ich mich nicht traue, mich einem von ihnen zu öffnen?

So ausschweifend schreibe ich das alles nur, damit ihr vielleicht erkennen könnt, was für ein Mensch ich bin. Ich halte das nicht mehr aus. Ich sehe keine Perspektive in meinem Leben. Wofür soll ich denn leben? Ich habe zwar nicht direkt den Wunsch, Suizid zu begehen, aber die Hoffnung ist weg. Ich bin ein schlechter Mensch. Manchmal glaube ich sogar, ich könnte jemanden kaltblütig ermorden, ohne etwas zu fühlen.

Gibt es hier irgend jemanden, der mich verstehen kann? Ich will endlich wissen, was mit mir nicht stimmt!

[verrückte-nudel1981]

Hallo jaos!

Ich kenne Dich zwar nicht, aber Du bist bestimmt kein schlechter Mensch, sondern siehst Dich nur als solch einen.
Du lebst für Dich selbst & solltest versuchen, das Bester daraus zu machen.
Ich habe selbst ein Problem damit, Nähe zuzulassen, aber bei mir ist es nicht so, dass ich für andere Menschen nichts empfinde. Ich habe immer nur Angst, verletzt zu werden. Hm, ich vermute mal, dass Du schon etwas für andere Menschen empfinden kannst, aber warscheinlich verdrängst Du diese Gefühle so sehr, so dass Du denkst, dass Du für niemanden etwas empfindest?!? Das ist nur eine Vermutung von mir. Ich würde Dir raten, eine Therapie zu machen & dann wirst Du im Laufe der Zeit herausfinden, warum Dein Leben so ist, wie es ist & wie Du bestimmte Dinge ändern kannst!

Liebe Grüße...

[jaos]

Hallo Nudel,

ich hoffe sehr dass es so ist, wie Du geschrieben hast. In den letzten Tagen habe ich einiges über Persönlichkeitsstörungen gelesen, aber da ich ja kein Experte bin, kann ich nicht viel damit anfangen, bzw. ich weiß nicht, ob's auf mich zutrifft. Vor allem über Psychopathie hab ich mich informiert, da gibt's zumindest ein paar Übereinstimmungen. Aber ich hab auch gelesen, dass das nicht heilbar ist, und ich will auf jeden Fall etwas ändern!

Kannst Du mir vielleicht einen Tipp geben, wohin ich mich wenden kann? Sollte ich jetzt zu einem Psychiater rennen und den vollheulen? Ist so eine Behandlung teuer?

Ich danke Dir für Deinen Beitrag. Gerade dass ich niemanden weiß, mit dem ich reden kann, macht mich echt fertig.

[verrückte-nudel1981]

Psychiater stehen in den gelben Seiten. Vereinbare dort einen Termin & der Psychiater kann Dir bei einem Gespräch Adressen von Psychologen geben. Wenn Du zum Psychiater gehst, brauchst Du eine Überweisung & das bezahlt die Krankenkasse. Beim Psychologen ist es allerding so, dass Du bei Deiner Krankenkasse eine Therapie beantragen musst & die entscheiden dann, ob diese bewilligt wird oder nicht.
Ich habe, außer meiner Psychiaterin, die auch Psychologin ist, niemanden, mit dem ich richtig über meine Probleme sprechen kann. Außer hier im Forum natürlich.

[AB]

Was du beschreibst klingt ähnlich wie eine schizoide Persönlichkeitsstörung. Hast du schon mal bei den Fachinfos nachgelesen. Vielleicht hilft dir das.

[Kleine]

jaos ich weis es ja nicht wie es bei dir ist aber bei mir ist immer innere leere da wenn ich sehr verletzt wurde angst hab verletzt zu werden oder wenn einfach alles zuviel wird

[blackEyez]

ich hab natürlich keine fachkompetenz, aber es hör sich mich so an als b du angst davor hättest deine gefühle, dein 'ich' zu zeigen. kann (bzw könnte) das sehr gut verstehen ist bei genauso. ich empfinde zwar etwas für andere, kann das aber nicht zeigen. villeicht kannst du es dir selbst nicht zeigen...

...vielleicht rede ich auch nur dummes zeug. wie so oft

[jaos]

Hallo ihr Lieben,

es hilft mir schon, dass ich das alles mal loswerden konnte. Die Fachinfos kenne ich noch nicht, werde ich mir mal ansehen. Bisher hab ich einfach nur mal versucht, mir Informationen zusammenzugoogeln, aber da weiß man ja nie, ob man das alles so glauben kann. Danke jedenfalls für den Tipp, AB. Und natürlich auch Dir, verrückte-nudel1981.

Liebe Kleine, ich kann mich nicht daran erinnern, wann mich jemand mal wirklich verletzt hat. Mittlerweile wünsche ich es mir fast, weil das ja bedeuten würde, dass ich für denjenigen etwas empfinden würde. Aber mir kommt mein Leben ziemlich jämmerlich vor, weil ich zu niemandem eine emotionale Verbindung habe.

BlackEyez, ich glaube nicht dass das Blödsinn ist. Ich weiß nur nicht, ob das bei mir so zutrifft. Aber ich scheue mich doch, zum Arzt bzw. Psychiater zu gehen. Auch wenn ich so die Probleme der anderen hier im Forum lese, kommt es mir so vor, als ob's mir doch ziemlich gut geht und ich nur eine blöde drama queen bin.

[Kleine]

hast du angst davor verletzt oder enttäuscht zu werden?oder hast du die vorfälle aus der vergangenheit noch nicht verarbeitet bzw willst du sie nicht an dich ran lassen weil es zu sehr weh tun könnte das du es deswegen verdrängst und keine gefühle zuläßt?

[jaos]

Zumindest kann ich mich an nichts dergleichen erinnern. Allerdings ist mir im Gedächtnis geblieben, dass ich nichts gefühlt habe, als andere tiefe Trauer gefühlt haben, wie beim Tod von Verwandten. Aber dieses Wissen habe ich lange verdrängt, weil das einfach nicht sein darf.

Schizoide Persönlichkeitsstörung, Asperger Syndrom, das könnte tatsächlich sein. Bzgl. letzterem bin ich eine Checkliste durchgegangen, die ich auf aspergia.de gefunden habe, und war verblüfft, dass ich dort einige Punkte fand, die genau auf mich zutreffen. Seit ich aufgehört habe, mich mit Drogen zu betäuben, habe ich viel über mich nachgedacht, und bin mir über einige negative oder ungewöhnliche Seiten klar geworden. 'Mangel an gesundem Menschenverstand', das hätte ich wirklich nicht gedacht, diesen Punkt so wortwörtlich wiederzufinden.

Aber alle Checklisten werden mir wohl nicht weiterhelfen. Ich denke, ich werde einen Termin beim Psychiater ausmachen.

[Bär]

Ich denke, das ist die einzig vernünftige Entscheidung, denn alles Rätselraten kann keine richtige Diagnose ersetzen. Mach am besten direkt heute einen Termin. Guck in den gelben Seiten nach, sobald du das hier liest, und ruf an.

Bär

[Mantus]

Bei mir ist es so, wenn ich z.B. in einem Fernsehbericht wie über den Sturm in Amerika, einen Hund oder ein anderes Tier auf dem Dach einer Hauses umgeben von Wasser sehe, am meisten angesprochen werde. Tiere tun mir immer mehr leid, dies sage ich aber nur hier. Aber zweifle schon auch an mir.

~ Beitrag wurde via WAP erstellt ~