Mit Mutter abschließen - nur wie?

Hier geht's um jede Form von zwischenmenschlichen Beziehungen, also um Liebe(skummer) und Partnerschaft (auch Sexualität), um Freunde, Bekannte, Angehörige und andere soziale Kontakte in Eurem Umfeld.

Mit Mutter abschließen - nur wie?

Beitragvon Pusteblume » Do. 03.03.2016, 19:32

Hallo ihr Lieben

ich bin noch ziemlich neu hier im Forum - und ich war mir auch erst gar nicht sicher, ob ich mein Anliegen hier hineinstecken solle -weil es sich mit mehr als einen Themenpunkt überschneidet. Hm.

Die Sache klingt nüchtern betrachtet simpel: Ich will mich emotional so weit von meiner Mutter entfernen, dass mich ihr Verhalten nicht mehr verletzen und ich mich von den vorangegangenen Wunden erholen kann.

Problem ist nur: Es klappt nicht.

Dazu muss ich erst einmal etwas weiter ausholen: Nachdem sich meine leiblichen Eltern getrennt hatten, hatte meine Mutter einen neuen Lebensgefährten gefunden und dann waren sie auch zusammen gezogen. Sie liebten sich und er war erst einmal fremd, aber okay. Das war 97 - MiniPusteblümchen war gerade 5 und vom eignen Vater tief enttäuscht(dazu später mehr). 2 Jahre ging das gut - ich hatte einen neuen Papa, der da war und Zeit für meine Geschwister und mir hatte.

Achtung, Triggergefahr!!!


Irgendwann 99 dann, als ich eingeschult wurde, begannen jedoch die ersten sexuellen Übergriffe seinerseits auf mich. Wie und durch was und in welcher Situation das geschah, weiß ich nicht, dieser Tag ist aus meinen Hirn ausradiert. Ich will da gar nicht ins Detail gehen, aber strafrechtlich fiel es zunächst unter sexuellen Missbrauch eines Kindes - bald unter schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes. Da erfuhr meiner Mutter zum ersten Mal davon, ziemlich zeitnah nach den ersten Übergriffen.

Was tat sie, was meint ihr?

Nichts. Na ja, fast nichts - sie sprach mit ihm und forderte ihn auf, das sein zu lassen.

Und das wars. Ich wurde keinen Arzt vorgestellt, es gab keine Anzeige, sie warf ihn nicht heraus. Nix. Und das oben genannte ist das, was sie mir sagte, was sie gesagt hätte. Ob das stimmt steht in den Sternen... Ihrer eigenen Aussage nach habe sie noch keinen Grund für Handeln gesehen - eine Gefahr für mich hätte sie nicht erkannt. :?

Er versprach also ganz brav, das nicht mehr zu tun. Und hielt sich natürlich kein bisschen dran. Der erste Umzug ins Nachbardorf kam - in der alten Wohnung nahm er mich zum Renovieren mit. Unter anderen.

Die neue Wohnung war toll - das Bad war Luxus pur - sogar mit einer Wellnessbadewanne. Die fand ich als Kind natürlich toll mit den ganzen Lichtern und den Sprudel und so. Am Anfang jedenfalls. Ich hatte früher gerne mit anderen gebadet und die große Wanne bot sich ja dazu an. Aber das verging mir sehr bald sehr gründlich. Sicher war ich nirgends, die Übergriffe wurden häufiger, er hatte ein paar Orte, an denen er sich wohl sehr sicher fühlte. Ich nicht. Ich fühlte mich bald nirgends sicher, nicht in der Wohnung, nicht in meinen Zimmer, im Bett schon gar nicht. Ich fing an, Nägel zu kauen und zeigte starke Stimmungsschwankungen und eine ausgeprägte Isolation.

Dann erfuhr meine Mutter es zum zweiten Mal. Sie hatte einen Verdacht und kam damit direkt zu mir(ich war 10 oder 11). Ich entsetzt und in Panik lief über vor Tränen der Schuld und des Schams.

Sie war stinksauer. Auf uns. Und ich fühlte mich schuldig und böse. Wie hatten wir ihr das antun können? Alles solche Sätze hörte ich von ihr - und die würde ich über Jahre hinweg weiterhin zu hören bekommen. Was wir ihr damit nicht zumuten würden, ob ich keine Gewissensbisse hätte etc...

Danach war für ein paar Monate tatsächlich Ruhe. Wir zogen wieder um. Dieses Mal hatte er aus verschiedenen Gründen(die aber nichts mit mir zu tun hatten) eine eigne Wohnung. Wo meine Geschwister, sein Sohn aus erster Ehe und ich natürlich übernachteten. Am Ende tat das nur noch ich.

Hier begann es wieder - doch auch dieser Tag fehlt mir, ich weiß partout nicht, was an welchen Tag da passiert ist, dass es wieder losging. Ich war 12 Jahre alt. Hier eskalierte es nun vollständig - und als ich nach ein paar Monaten meine Regel nicht bekam, was ich völlig in Panik. Ich sagte das meiner Mutter, dass meine Blutung sich verspäte und sie meinte nur, dass das bei jungen Mädchen normal sei und dass nichts schlimmes sei und ich nur etwas warten müsse. Ich wartete also, aber nicht lange. Dann wollte sie wissen, ob ich denn Grund für meine Angst hätte. Hatte ich. Und sagte ich ihr auch. Sie erfuhr es zum dritten Mal - und war allen Ernstes tatsächlich überrascht -.-

Danach begann sie es zu dulden, sie wollte zwar, dass wir aufhören(was ich nicht konnte, ich hatte zu viel Angst davor, er hatte mich zu fest an sich gebunden), aber sie behandelte mich als eifersüchtige Rivalin, als Konkurrentin, für sie war ich kein Kind mehr. Sie half mir nicht, sie warf ihn nicht heraus, es gab keine Anzeige. Sie ließ mich ein paar Tage danach beim Frauenarzt lügen, damit der nicht hinter der Wahrheit kam. Eine Gebärmutterprellung blieb unbehandelt vom Arzt, weil dieser gesehen hätte, was los war. Er isolierte mich immer weiter, ich wurde zum schwarzen Schaf der Familie, wurde Mobbingopfer, begann, mich selbst durch psychische Gewalt zu verletzen, trat impulsiv, dann aggressiv, dann depressiv mehrmals in Erscheinung. Als ich mich einmal selber schnitt, drohte er mir, mich einweisen zu lassen. Meine Selbstverachtung nahm zu, ich war extrem labil, krankheitsanfällig, unkonzentriert und tollpatschig. Keiner half. Keiner fragte mich.

Die Übergriffe hörten nie auf - bis ich über das Internet meine jetzige Frau kennenlernte. Vorherige Versuche Beziehungen aufzubauen, hatte er erfolgreich im Keim erstickt. Ich sei eh egoistisch und nur auf meinen Vorteil bedacht, keiner würde es mit mir aushalten. Und er hätte es sehr schwer mit mir.

Dieses Mal gelang es mir - ich lernte eine wunderbare Frau kennen, verliebte mich, spürte Wärme, spürte Vertrauen, Zärtlichkeit, hunderte Kilometer voneinander getrennt.
Und auch sie erfuhr erst nach einen Jahr Beziehung, was passiert war. Damals fühlte ich mich noch schuldig und schlecht, als Verräterin, die ihrer Familie schaden wolle - mir wurde gar Geld angeboten. Doch ich wollte eine Anzeige und ich wollte sie selber machen, wenn ich mich dazu bereit fühle. Er kam mir vier Tage zuvor -.-

Seitdem warten wir auf den Prozess - und warten und warten...


Jetzt das Problem: Trotz aller Wut ihr gegenüber, aller Verachtung, weil sie mich nicht geschützt hat - ein Teil von mir will, dass sie sich mir gegenüber endlich als Mutter verhält. Ich träume viel häufiger von ihr, als von ihm - in meinen Träumen schreie und schüttelte ich sie (an) und will, dass sie mir Antworten gibt, dass sie zu mir steht. Denn sie steht immer noch zu ihm - wirft mit Dreck nach mir, tut mir weh, mit allen, womit sie kann, legt mir Steine in den Weg. Ich muss mich von ihr lösen, damit sie mir nicht mehr weh tun kann - nur wie, wie, das ist die Frage.

Denn sie kratzt immer wieder die Wunden auf und ich blute immer weiter aus...



Danke fürs Lesen


lg PB
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Re: Mit Mutter abschließen - nur wie?

Beitragvon cats47 » Fr. 04.03.2016, 13:38

Jedes Kind liebt und idealisiert seine Mutter egal was sie ihm angetan hat.
Das ist ein völlig normaler und durch die Abhängigkeit des Kindes von den
Eltern überlebensnotwendiger Vorgang.
Ich weiß nicht ob du das irgendwo geschrieben hast, vielleicht habe ich es
überlesen. Bist du in Therapie ?
Die Vergangenheit alleine aufzuarbeiten und zu einem Abschluß zu kommen
dürfte schwierig werden.
Vielleicht könntest du deiner Mutter einen Brief schreiben, in dem du ihr alles
sagst, deine ganze Wut, deinen ganzen Hass über das was sie dir angetan
hat. Diesen Brief schickst du nicht ab sondern verbrennst ihn in einer
kleinen Zeremonie. Ganz wie es für dich schlüssig ist. Vergräbst oder
verstreust die Asche, wie auch immer.
Manchmal hilft das los zu lassen.
Meine Mutter hat mir nichts wirklich Schlimmes angetan keine Mißhandlung
auch keinen Mißbrauch. Sie hat mich bloß nicht geliebt und abgewertet.
Auch heute noch 9 Jahre nach ihrem Tod bin ich durch die Opferrolle
in Hassliebe an sie gebunden und das vergiftet mein Leben.
Ich kann ihr nicht vergeben. Diese Stärke habe ich nicht. Es käme nicht
aus dem Herzen und nur dann funktioniert es.
Vergeben hat nichts mit verzeihen, mit die Schuld des anderen klein reden
zu tun. Überhaupt nicht. Man tut das nicht für die Täterin/den Täter
sondern einzig und allein für sich, für den eigenen Seelenfrieden.
Es gibt ein Konzept mit sich selbst in Frieden zu kommen wenn man
Vergebung als Weg für sich ausschließt. Ich glaube davon habe ich in einem
der Bücher von Susanne Hühn gelesen. Weiß nur nicht mehr in welchem.
Die (Täter-) Mutter loslassen zu können wäre so wichtig um vielleicht
irgendwann frei sein zu können, frei von ihr.
Ich wünsche dir ganz viel Kraft. :cuddle: :troest:
cats47
 

Re: Mit Mutter abschließen - nur wie?

Beitragvon Atisha » Fr. 04.03.2016, 15:35

Ich hatte wohl weniger schlimme Erlebnisse, drotzdem wünsche ich mir meine Mutter und meinen Adoptivvater vom Hals, sie sind mir egal. Ich will nix von denen und ignoriere sie nur noch.
Atisha
 

Re: Mit Mutter abschließen - nur wie?

Beitragvon Pusteblume » Fr. 04.03.2016, 19:16

Für mich ist es besonders problematisch, dass ich ja auch sehr viele gute und schöne Erinnerungen mit und von ihr haben - doch die Tatsache, dass sie zeitgleich mich nicht beschützte und als Rivalin betrachtete, vergiftet alles.

Fast alle meine Kindheitserinnerungen werden wie von Metastasen infiziert und verfinstern sich.

Ich glaube fast, es wäre leichter für mich, wenn ich überhaupt keine guten Erinnerungen an sie hätte - losgelöst von all dem war sie sehr fürsorglich und liebevoll. Und jetzt nutzt sie jede Chance, um mir wehzutun.

Beispiel: Seit 2005 hatte ich immer Meerlis - auch jetzt habe ich wieder zwei Fellnasen. In meiner Nacht-und-Nebel-Aktion letztes Jahr konnte ich natürlich keines der vier Tiere mitnehmen. Es war geplant, zwei von ihnen(sie wurden jeweils zu zweit gehalten) nachkommen zu lassen und dem hatten sie mehr oder weniger freiwillig und zähneknirschend nachgegeben. Im Februar war eines der Tiere gestorben, aber das war abzusehen, denn sie war schon länger krank gewesen. Ich also, ja, dann passt es trotzdem, dann nehmen wir das einzelne Schweinchen zu unseren Zweien, die freuen sich und sie hat Gesellschaft.

Nun ist ein Transport von Sachsen nach NRW ziemlich teuer und ich bin von A nach B bis Y gerannt, dann zuletzt half mir eine Stiftung, den Umzug zu bezahlen, sonst wären die Sachen nämlich weggeworfen wurden. Und was erfahre ich per Mail von meiner Anwältin? Ganz nebenbei erwähnt sie(meine Mutter), dass das Meeri schon seit Sommer tot ist und da ich mich ja nicht gemeldet habe, sahen sie keinen Grund, mir das zu sagen. :cry: :cry: :cry: :evil: :evil: :evil:

Das Nächste: Ich hatte von allen meinen Schweinen viele Fotos gemacht und wusste, dass die auf den Rechner von ihr und auf CD gebrannt sind. Na, ratet mal? Angeblich haben sie die ja nicht mehr - und ich kann nichts Gegenteiliges beweisen :cry: :cry: :cry: Alles, was mir von meinen Tieren bleibt, sind meine Erinnerungen -.-


Es ist zum Verzweifeln -.-


Zu deiner Frage: Ja, ich mache gerade eine Therapie, sie hilft auch ganz gut, reicht aber einfach nicht aus. Ich werde wohl eine Ergänzende dazu machen

lg PB
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Re: Mit Mutter abschließen - nur wie?

Beitragvon binemaus » Sa. 08.10.2016, 21:21

Lerne los zu lassen. ..

Meine Eltern wohnen im selben Ort,sie sind nun pflegebedürftig geworden. ...

Ich bürde mir nichts mehr auf, übernehme keine Verantwortung. ..

Hat gedauert, aber es klappt. ..

Früher sagte man dazu egoistisch. .Nein es ist selbsliebe und Achtsamkeit für sich selbst. ...
in jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der mich beschützt und hilft zu leben........
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