Familie - die moralische Pflicht Verwandte mögen zu müssen..

Hier geht's um jede Form von zwischenmenschlichen Beziehungen, also um Liebe(skummer) und Partnerschaft (auch Sexualität), um Freunde, Bekannte, Angehörige und andere soziale Kontakte in Eurem Umfeld.

Familie - die moralische Pflicht Verwandte mögen zu müssen..

Beitragvon Steve » Mo. 28.04.2014, 11:53

Ich mache hier als neuer gleich mal Butter bei die Fische und möchte euch gern meine Ansichten und meinen Kummer zum Thema Familie erläutern.
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Seit dem Zeitpunkt wo ich anfing mein eigenes Leben zu leben, auf eigenen Füßen stand, Erfahrungen zu machen, mir ein eigenes Bild von der Welt zu machen und Veränderungen an meinem Lebensstil vorzunehmen entferne ich mich immer mehr von meiner Familie. So habe ich nach meinem Start ins eigene Leben versucht so viel wie nur möglich an Erfahrungen zu machen, habe vieles probiert und versucht herauszufinden wer ich eigentlich bin. Ich habe mich in vielen verschiedenen Sportarten und Tätigkeiten probiert. Ich hörte auf mich von Medien lenken zu lassen (besitze auch kein Fernsehen mehr) und bildete mich selbst durch lesen und recherchieren von Informationen im Internet sowie Themen-bezogenen Diskussionen in Sachforen. Ich fing an mich mit meiner Gesundheit auseinanderzusetzen, hörte auf mich von Fastfood und anderem Müll zu ernähren den man im Supermarkt bekommt und stieg um auf eine gesunde Ernährung. Seit fast einem Jahr lebe ich zudem (moralisch/ethisch bedingt) vegetarisch - dies aber nur als Übergang zum Veganismus, da sich dies für mich nach langer, intensiver Beschäftigung mit dem Thema als die einzig logische Art zu leben herausgestellt hat. Und genau das war ausschlaggebend. Seit ich mich mit gesunder Ernährung allgemein sowie mit der vegetarischen/veganen Lebensweise beschäftige kommt es immer wieder zum Streit. Es bringt mir einfach niemand Verständnis entgegen, nein es besteht ja nicht einmal ein Interesse. Man wird sofort abgestempelt... ich will das jetzt nicht vertiefen, da ich hier niemanden bekehren will oder missionarische Leistungen vollbringen will. Man kann sich glaube ich gut vorstellen worauf ich hinaus will.

Was dazu führt, dass ich mich absichtlich von ihnen entferne, ist diese Oberflächlichkeit welche in der heutigen Gesellschaft ja leider weit verbreitet ist und auch in meiner Familie herrscht. Es gibt und gab nie jemanden mit dem man ein tiefgründiges Gespräch führen kann, das tut und sucht auch niemand. Wozu auch? Sie leben jeder ein sehr einfaches Leben, lassen sich von Medien lenken und tun das was sie glauben tun zu müssen. Leider ist das genau die Art Mensch von der ich mich generell im Leben distanziere - warum sollte ich also bei bestimmten Personen eine Ausnahme machen nur weil ich mit ihnen verwandt bin? Ich sehe es mittlerweile nicht mehr ein diesen moralischen/gesellschaftlichen Zwang mitzumachen und befinde mich in einer Zwickmühle aus Moral und Verstand, wobei der Verstand zunehmend die Überhand hat.

Zur Zeit bin ich an einem Punkt angekommen, an dem mich mit meiner Familie nicht mehr verbindet als mein Nachname auf dem Papier und die leibliche Abstammung. Und im Prinzip ist das auch alles was eine Familie ist, alles andere was eine Familie sein kann (Halt, Verständnis, Liebe, Zufluchtsort, ...) sind Eigenschaften die man genau so gut in anderen Menschen finden kann. So abgebrüht meine Verständnis von einer Familie auch klingen mag, so muss ich dennoch dazusagen, dass ich, sofern ich einmal das Glück haben sollte die passende Frau zu finden, für mein Kind/meine Kinder später einmal trotzdem genau all dies sein möchte.

Mit dieser Einstellung fühle ich mich mittlerweile sehr allein, kann mir jedoch nicht vorstellen das dies der Fall ist weshalb ihr mich gern vom Gegenteil überzeugen dürft :-)
Steve
 

Re: Familie - die moralische Pflicht Verwandte mögen zu müss

Beitragvon Sayuri » Mo. 28.04.2014, 12:39

Nein, du bist nicht alleine :wink:
Ich spreche zwar nicht von mir, aber meinem Freund geht es wie dir. Er sieht nicht ein, dass er sich mit seiner Familie abgeben soll, nur weil es "Familie" ist. Und leider, was ich sehr schade finde, überträgt er das auch auf meine Familie und sagt sich, er kennt meine nicht, er will nichtmal seine sehen, wozu dann eine völlig Fremde. Von moralischem Zwang ist bei ihm nichts zu merken, er macht, wie es ihm den Kram passt. Ihn kümmert nicht, was die Gesellschaft denkt :)
Ich bin auch nicht sooo gerne bei meiner Familie, zumindest bei einem Teil davon. Aber ich habe ein zu starkes moralisches Empfinden, denke, dem Frieden willen fahre ich halt ab und an zu Besuch, es wird mich nicht umbringen..
Ich wäre gerne wie du oder mein Freund :wink: Einfach mal nein sagen können.
Sayuri
 

Re: Familie - die moralische Pflicht Verwandte mögen zu müss

Beitragvon Vanilla » Mo. 28.04.2014, 19:58

Auch ich kenne das gut, du bist nicht allein.
Nur mit meiner etwas älteren Schwester habe ich noch/wieder seit Jahren guten telefonischen Kontakt.
Sie und meine Mutter, auch die jüngere Schwester wohnen weit entfernt, muss also keine Besuche machen.
Dir wurde dieses Leben gegeben, weil du stark genug bist um es zu leben.
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Ja, ich hasse meine MS und sie mich scheinbar auch. Aber manchmal sitzen wir auch zusammen und lachen gemeinsam über meinen Gang

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Re: Familie - die moralische Pflicht Verwandte mögen zu müss

Beitragvon Schlaflose Taube » Di. 29.04.2014, 20:40

Man muss seine Verwandten nicht bedingungslos mögen. Vor allem dann nicht, wenn sie Charaktereigenschaften aufweisen, mit denen man nicht klarkommt bzw. die den eigenen völlig entgegenstehen. Ich kann nachempfinden, wie das für dich ist, weil ich in einer ganz ähnlichen Beziehung zu meiner Mutter und meinen Großeltern stehe. Eigentlich sind sie soweit genauso, wie du deine Verwandten beschreibst: Oberflächlich. :faint:
Wie du versuche ich, mich wenn möglich weitestgehend von solchen Menschen fernzuhalten, da sie mir; in Kombination mit anderen Eigenschaften; das Leben schwer machen und ich darunter leide. Bei der Familie ist es nun leider so, dass man allein schon aufgrund der Verwandschaft zwangsweise an ihnen klebt. Schließlich wird man von diesen Leuten aufgezogen und verbringt meistens einen Großteil seines Lebens in dieser Gemeinschaft. Da gibt es also immer eine Verbindung, auch in der Zukunft, und wenn es nur die Erinnerung an die Vergangenheit ist.
Ich glaube nicht, dass man vollkommen bedingungslos lieben kann. Es gibt Menschen, die liebt man. Und es gibt Menschen, die liebt man nicht. Und es hat auch immer irgendwelche Gründe, warum man jemanden mag oder gut leiden kann. Ich meine jetzt keine materiellen Dinge, sondern Charaktereigenschaften, die man an der anderen Person schätzt. Irgendwas gibt es, was einem gefällt; und sei es nur, dass man den anderen nett findet. Wieso sollte das bei Blutsverwandten anders sein?
Ich bin bei dem Thema also ganz deiner Meinung. :wink:
Denkst du denn darüber nach, den Kontakt zu deiner Familie abbrechen zu lassen?
LG
Schlaflose Taube
 

Re: Familie - die moralische Pflicht Verwandte mögen zu müss

Beitragvon Steve » Di. 29.04.2014, 22:48

Schön zu wissen das ich nicht allein diese Ansicht habe, wär ja auch eigenartig wenn doch.

Ja ich habe daran gedacht den Kontakt komplett abzubrechen, das habe ich immerhin auch bei anderen Menschen getan die ich mal als Freunde angesehen habe, man sich aber im Endeffekt nicht wichtig war oder es einfach nichts mit Freundschaft zu tun hatte.

Seit gestern bin ich aber ganz durcheinander und kann keinen klaren Gedanken mehr zu dem Thema fassen. Meine Mutter samt meinem kleinen Bruder und ihrem neuen Ehemann ziehen um und würden mich sehr gern mit aufnehmen. Ich lebe derzeit gut 500km von ihnen entfernt und wollte eigentlich auch nicht wieder zu ihnen ziehen. "Problem" an der ganzen Sache: das ganze hätte für meine aktuelle Lage einige Vorteile - meine Ausbildung endet bald, meine Wohnung ist gekündigt und ich habe aktuell weder einen neuen Arbeitsplatz noch eine Wohnung nach Ausbildungsende. Ich könnte mir also dort erst einmal was aufbauen und hätte eine Unterkunft - jedoch bei Menschen die mir nicht großartig viel mehr bedeuten als irgend ein fremder - mit Ausnahme mein kleiner Bruder, ihm gegenüber empfinde ich doch etwas und sorge mich sogar um seine Erziehung, welche nicht wirklich gut ist, sodass ich gerne ihm den ein oder anderen richtigen Weg weisen würde.

Ich bin hin und her gerissen. Möchte niemanden ausnutzen und mir einen positiven Vorteil verschaffen, mich aber auch gleichzeitig nicht mit Menschen rumärgern von denen ich weiß das es allein durch meine Ernährung in diesem Haushalt immer wieder zu Streiterein kommen wird. Andererseits habe ich auch wieder einen funken Hoffnung in mir durch die neue Nähe zu ihnen doch wieder eine Beziehung aufbauen zu können und ihnen vielleicht in dem ein oder anderen Punkt die Augen öffnen zu können, bei mir hat es auch geklappt, warum soll es mit Unterstützung bei anderen nicht auch evtl. klappen?

Schwere Sache ...
Steve
 

Re: Familie - die moralische Pflicht Verwandte mögen zu müss

Beitragvon Maxi » Mi. 30.04.2014, 08:25

Hallo Steve,

ich kann dich nachvollziehen ich habe das selbe Problem mit meiner Familie dabei bin ich der jüngste der Kinder und auch von zu Hause abgehauen (bzw wurde ich rausgeschmissen tut nichts zur sache) . Da ich in der näheren umgebung wohne und meine Geschwister mich mit zum "Familien essen mit zu nehmen" hat sich die lage zwischen ihnen und mir ein wenig entspannt. Ich kann mit Ihnen nicht umbedingt Tiefgründige gesprche führen, inzwischen glaub ich das ich das auch nicht wirklich tun möchte da die emotionale Bindung nicht mehr gegeben ist. Ich unterhalte mich bei den Themen gerne mit meinem Bruder bzw meinen wenig übrig gebliebenen Freunden.

Das mit deiner Ernährung kannst du denk ich, wenn du vor hast mit ihnen mit zu ziehen, klären sobald du wieder Arbeit gefunden hast. Du musst dich dann nur mit ihnen einigen das du für dich selber kochst und das sollte kein Problem darstellen denk ich. Was ich super finde ist das du dich um deinen Bruder kümmern würdest, hätte mein Bruder mir in einigen Punkten (schwerpunkt Diskussionen führen) geholfen könnte ich heute immer noch nicht wirklich Diskutieren das fällt mir zwar immer noch schwer aber ich kann zumindest einen Standpunkt vertreten.

Wie du dich entscheidest ist auf jeden fall deine Entscheidung, wäre schön zu erfahren wie du dich entschieden hast wenn es so weit ist.
Maxi
 

Re: Familie - die moralische Pflicht Verwandte mögen zu müss

Beitragvon GefallenerEngel » Mi. 30.04.2014, 20:58

Wir haben uns unsere Verwandten nicht ausgesucht, also sind wir auch nicht verpflichtet sie zu mögen. Anders sieht es zb bei Lebenspartnern oder Freunden aus - da entscheidet man sich bewusst für diesen Menschen, was die Pflicht zur Konsequenz nach sich zieht und somit die Pflicht diese Person in Zukunft auch zu mögen/zu lieben. Bei leiblichen Verwandten ist das nicht so, da wird man hineingeboren und kann die Entscheidung nicht selber treffen.

Es ist naturgesetzwidrig, wenn einem suggeriert wird man solle seine Verwandten besuchen, sie im Alter pflegen usw. Davon profitiert nur der Staat, weil er selbst dann nicht so viele Bedürftige finanzieren muss. Ein kurzer Blick in die Tierwelt, und schon wird klar, dass der Gedanke einer vermeintlichen Familienpflicht, wie er bis heute in unserer Gesellschaft großgezogen wurde, nur falsch sein kann.

Es ist wie es ist. Knüpfen sich Bande der Liebe und Freundschaft zwischen erwachsenen Kindern und deren Eltern, zwischen Geschwistern, Onkeln, Tanten, Neffen, Nichten... dann ist das wunderbar. Geht man getrennte Wege, ist das auch gut und richtig so. Jeder soll seinen eigenen Weg gehen, und dieses Recht sollte endlich akzeptiert werden. Aber nein. Auch heute noch sind viele der Ansicht, dass man doch "so nicht leben soll und nicht glücklich wird". :twisted: Ich frage mich wirklich mit welchem Recht sich der eine oder andere in das Leben seines Nebenmenschen einmischt, sei es ein Verwandter, Bekannter oder Fremder, und ihm vorschreiben will was der Betreffende tun und was er nicht tun soll?? So etwas kann ich nicht ausstehen.

Jedem das Seine. Und man sollte doch die Lebensausrichtung eines anderen akzeptieren und respektieren, anstatt ihn mit seiner Intoleranz zu quälen... Ich habe auch einen Großonkel, der mir eines Tages vor etwa 9 Jahren die Leviten gelesen hat - ich sei ein Egoist, weil ich nur für mich selbst leben will, keine Familie gründen will usw... alles verpackt in ziemlich abwertende Worte und Vergleiche. :twisted: Seitdem habe ich ihn nur 2 oder 3 Mal gesehen und wir haben uns nicht mehr unterhalten. Ich bin sehr froh darüber, denn er hat mich damals sehr enttäuscht und verletzt. Mit solchen Personen würde ich nicht einmal reden, geschweige denn mit ihnen unter einem Dach wohnen.
GefallenerEngel
 


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