Mein Kopf denkt wieder nicht ...

[Gh0st]

und das bedrückt mich sehr.

Ich hatte heute meinen ersten Tag in der Tagesklinik und bin wieder damit konfrontiert worden, dass ich erheblich in meinem Denken eingeschränkt bin.

Das äußert sich indem mir zb. in Gesprächen die Worte nicht einfallen, ich mich schlecht artikulieren kann und mir kaum etwas einfällt zu sagen. Es ist als ob ich ein seelenloser Zombie bin.
Es geht nämlich auch sonst kaum ein Gedanke durch meinen Kopf, geschweige denn mal ein Gedankengerüst.

Es ist als ob ein Schleier über meinen Gedanken liegt und diese dadurch nicht oder nur schlecht durchdringen können. Als wär da eine Art Widerstand der das Denken erschwert und die Gedanken nicht durchlässt.


Das schlimme daran ist, dass ich das merke das da was im Kopf nicht normal ist und ich es nicht ändern kann.

In der Abschlussrunde der Tagesklinik, wo man vor allen nochmal erzählt Wie der Tag / die Woche so war und was schön war ect. hab ich auch nur so vor mich hingestottert und unlogische Sätze gesagt wenn mir überhaupt etwas einfiel.

Das bin nicht Ich. So bin ich normal nicht und ich leide sehr darunter.

Hoffe einfach das es auch eine Begleiterscheinung des Lithiums ist, welches ich gerade absetze. Dann bin ich das Problem los.

Ich weiß einfach nichts was ich dagegen tun kann und ein Medikament, dass man wieder denkt gibt es auch nicht.

[Catharina]

Hallo Gh0st,

meine Mutter nimmt ebenfalls Lithium und sie leidet auch sehr darunter dass ihr laufend irgendwelche Wörter nicht einfallen. Du bist nicht allein mit dem Problem - das hilft dir zwar nicht weiter, aber ich hoffe dass sich diese Probleme mit den Wörtern und dem Denken wieder geben wenn du kein Lithium mehr nimmst.

[planb]

Das klingt wie Dissoziationen. Das kenne ich auch von mir. Abschweifen. Hast du das deiner Psychologin erzählt?

[Gh0st]

Ja, das habe ich erzählt. Jedenfalls so gut erklärt wie es mir mit dem Problem möglich war. Der Begriff Dissoziationen ist mir aber neu.

Nach der Beschreibung bei wikipedia kann ich mich damit aber eher weniger identifizieren.

[June]

Hi Ghost,

Was Du beschreibst kenne ich sehr gut. Hab zwar kein Lithium gekriegt, sondern Trevilor, aber diesen denkunfähigen Zustand hab ich auch erlebt. Außerdem war mir meine Kreativität abhanden gekommen.
Ich hab oft gedacht, so doof war ich doch früher nicht. Und hab auch gemerkt, wie ich von anderen abgewertet wurde, weil ich nicht die Worte fand. Hab mir aber abgewöhnen können, mich da reinzusteigern.
Außerdem fiel es mir lange Zeit nicht auf, weil die Depression vor der Einnahme schon fast alles geraubt hatte. Habs vor 1,5 Jahren abgesetzt. Da bin ich doch lieber unglücklich kreativ und denkfähig, als gleichgültig aber funktionsfähig.
Ich konnte mit dem Medikament sicher eine sehr schlimme Zeit überbrücken, ohne wäre es auf jeden Fall noch viel schwerer gewesen.
Ich bin dankbar, dass es solche Hilfen gibt, aber ich bin überzeugt, dass ich mit viel Lernen auch dauerhaft ohne leben kann.

Lieber Gruß, June

[Momo]

Ich bin dankbar, dass es solche Hilfen gibt, aber ich bin überzeugt, dass ich mit viel Lernen auch dauerhaft ohne leben kann.

@ June: Das ist schön zu lesen

[Gh0st]

War deine Denkunfähigkeit auf das Trevilor zurückzuführen June?

Das Trevilor hatte ich vor kurzem auch und habe jetzt auf dein anderes Antidepressivum umgestellt. Als 1. Schritt.

[June]

Hi Ghost,
erst konnte ich nicht denken, weil ich tief in meiner Depression versunken war. Da hat das Trevilor geholfen wieder einen Aufwärtstrend auszulösen. Aber später hat es mich gebremst, als ich bemerkte, dass ich ja eigentlich funktionierte, nur dass etwas fehlte. Die bloße Funktion hat ein Gefühl von Leere ausgelöst. Und da versuchte ich, mich zu erinnern, wie es mir geht, wenn ich zwischen meinen depressiven Phasen bin. Ich war immer froh über meine geistigen Fähigkeiten, und dann fehlten sie mir. Ich fühlte mich funktionsfähig, aber leer. Mit dem Absetzen wurde es kurzfristig schlimmer, ist aber auch nicht ungewöhnlich. Aber als es raus war, hatte ich endlich wieder diese Klarheit im Kopf. Gut, gesund bin ich noch lange nicht, das braucht Zeit. Ich kann aber wieder lesen, ohne einen Satz zehn mal anzusehen, schreiben, ohne lange die Worte oder Buchstaben suchen zu müssen. Ich fange gerade an, meine Bude umzuräumen und umzudekorieren, weil ich vor Ideen nur so strotze.
Eigentlich will ich damit nur sagen, dass ich glaube, dass erst meine Traurigkeit, und dann später doch das Trevilor alles gedämpft hat. Leider machen diese Dinger eben nicht nur die negativen Emotionen weg, sondern mildern auch die Guten. Jetzt ist vieles wieder da und ich erkenne schon einen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Absetzen der Tabletten und der Rückkehr der Denkfähigkeit.

Was bekommst Du denn stattdessen? Wie lange nimmst Du schon Medikamente?

[Gh0st]

Medikamente nehme ich schon seit 4 Jahren.

Jetzt nehme ich das Antidepressivum Sertralin. Hoffe das dämpft nicht so wie Trevilor. Habe jedenfalls da nichts drüber gelesen.

Dass es mir vielleicht erstmal schlechter geht nach dem Absetzen des Lithiums kann gut sein. Das war nach meinem letzten Absetzversuch auch so. Nur wurde mir das dann in der Klinik gleich wieder verordnet.

Aber wenn danach das Denken wieder richtig funktioniert ist es das allemal Wert. Könnte ja gut sein, dass es beim Absetzen vom Lithium genauso ist wie bei dir mit dem Trevilor.

Wurde heute kurz vom Oberarzt angesprochen, was im Vordergrund meiner Beschwerden steht. Habe dann gesagt das es diese Denkunfähigkeit sei. Er sprach dann aber von Denkhemmung. Das ist wohl der Fachausdruck dafür.

[June]

Sertralin hatte ich als erstes. Damit gings mir besser mit der Denkfähigkeit als später mit dem Trevilor.
Bin damit gut aus meinem Loch rausgekommen und habs dann nach ca. einem Jahr wieder abgesetzt. Aber ich hab mein Leben lang schon Phasenweise Depressionen und die nächste Phase kam ungleich schwerer. Da spielten noch andere Faktoren eine Rolle. Deswegen hat mir die Ärztin dann das Trevilor verschrieben.
Ich drück Dir die Daumen, dass auch bei Dir bald wieder Klarheit im Kopf entsteht.
Lieber Gruß, June